Loslassen

Manchmal muss man trauern um Menschen, die einem nur Böses angetan haben. Man kann von ihnen nicht loslassen, weil man immer noch die Vorstellung hat: Irgendwann müssen sie mir doch geben, was sie mir schulden. Wie schwer fällt es, sich einzugestehen: Ich werde nie von dir bekommen, was ich mir immer gewünscht habe, und trotzdem habe ich dich immer liebgehabt.

Erwachsene Liebe ist nicht nachtragend

Ein schönes Ende der Josefsgeschichte stelle ich mir so vor: Die Brüder Josefs werden endlich wirklich erwachsen. Auch sie können weinen über das, was sie entbehrt haben. Sie sehen ein: ihre Gewalttat damals war keine Lösung. Auch sie erkennen Gottes wunderbare Wege – aus ihrer Bosheit ließ Gott Gutes wachsen. Und vielleicht empfinden sie jetzt Josef gegenüber sogar brüderliche Gefühle.

Reich bei Gott

Unser Leben ist nicht reich durch das, was man hat oder kann, sondern durch den, der alles schenkt. Wer sich durch einen Misserfolg daran erinnern lässt, dass nicht alles selbstverständlich ist, kann auch dafür dankbar werden, dass Gott neue Kraft und neuen Mut schenkt. Sogar jemand, der nicht mehr arbeitsfähig ist, kann Gott für die Ernte seines Lebens danken.

Wegwerfmenschen?

Wenn Gott überhaupt Unterschiede macht, dann gerade umgekehrt: Er kümmert sich zuerst um die Verlorenen. Ihm sind die Mühseligen wichtiger als die Sorglosen, die Beladenen wichtiger als die Unbelasteten, die Behinderten wichtiger als die Nicht-Behinderten, die Kranken wichtiger als die Gesunden, die Sünder wichtiger als die Frommen. Nicht weil es bessere Menschen wären, sondern weil sie ihn einfach mehr brauchen.