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Straßenbauarbeiten in der Wüste

Gott will zu jedem Menschen kommen, egal wie es in ihm aussieht, ob er sich leer fühlt wie eine Wüstenlandschaft oder reich an Erfahrungen ist wie eine schöne Gebirgsgegend. Kaum zu glauben: Eine Straße soll bis in die Wüste führen, bis in die innere Leere meines Lebens, bis in mein Versagen hinein?

Eine Straße führt durch die Wüste
Eine Straße führt durch die Wüste (Bild: brisch27Pixabay)

direkt-predigtGottesdienst am 3. Sonntag im Advent, den 11. Dezember 1994, um 10.00 Uhr in der Landesnervenklinik Alzey

Herzlich willkommen im Gottesdienst am 3. Advent! Advent heißt Ankommen – jemand will bei uns ankommen – Gott will bei uns ankommen. Umgekehrt haben sich Menschen immer wieder gefragt: Wie kommen wir eigentlich bei Gott an? Wie erreichen wir es, dass wir anerkannt und angenommen sind? Wie ist es, wenn wir uns nicht gut genug fühlen, wenn wir das Empfinden haben: Gott ist zornig auf uns, er straft uns, er hat uns verlassen? Um diese Fragen geht es heute im Gottesdienst: Wie kommen wir bei Gott an? – wie will Gott bei uns ankommen?

Als erstes Lied singen wir das Lied Nr. 11 im neuen Gesangbuch, Strophen 1 und 7 und 8:

1) Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir, o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier? O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei, damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei.

7) Ihr dürft euch nicht bemühen noch sorgen Tag und Nacht, wie ihr ihn wollet ziehen mit eures Armes Macht. Er kommt, er kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust, all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bewusst.

8) Auch dürft ihr nicht erschrecken vor eurer Sündenschuld; nein, Jesus will sie decken mit seiner Lieb und Huld. Er kommt, er kommt den Sündern zu Trost und wahrem Heil, schafft, dass bei Gottes Kindern verbleib ihr Erb und Teil.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir beten mit dem Psalm 85:

2 HERR, der du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande / und hast erlöst die Gefangenen Jakobs;

3 der du die Missetat vormals vergeben hast deinem Volk / und alle seine Sünde bedeckt hast;

4 der du vormals hast all deinen Zorn fahren lassen / und dich abgewandt von der Glut deines Zorns:

5 hilf uns, Gott, unser Heiland, / und lass ab von deiner Ungnade über uns!

6 Willst du denn ewiglich über uns zürnen / und deinen Zorn walten lassen für und für?

7 Willst du uns denn nicht wieder erquicken, / dass dein Volk sich über dich freuen kann?

8 HERR, erweise uns deine Gnade / und gib uns dein Heil!

Kommt, lasst uns anbeten. „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Gott im Himmel, von deinem Zorn hören wir in der Bibel immer wieder. Menschen haben immer wieder erfahren: nicht mit allem bist du einverstanden, was Menschen tun. Nicht mit allen unseren Taten können wir Menschen bei dir ankommen. Nicht egal ist es dir, wenn Menschen andere Menschen verletzen und belästigen, erniedrigen und verachten. Nicht weil du die Menschen hasst, sondern weil du sie liebst, bekommst du oft einen Zorn auf das, was sie tun. Gott, hilf uns dich recht zu verstehen in deinem Zorn. Und lass uns dann auch begreifen, was es bedeutet, dich anzuflehen: Herr, willst du denn ewiglich über uns zürnen? Gott, wenn wir fragen: Wie können wir bei dir ankommen? – dann lass uns erfahren, dass du selbst bei uns ganz neu ankommen willst! Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 3, 1-11:

1 Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste von Judäa

2 und sprach: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!

3 Denn dieser ist’s, von dem der Prophet Jesaja gesprochen und gesagt hat: »Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und macht eben seine Steige!«

4 Er aber, Johannes, hatte ein Gewand aus Kamelhaaren an und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber waren Heuschrecken und wilder Honig.

5 Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und ganz Judäa und alle Länder am Jordan

6 und ließen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden.

7 Als er nun viele Pharisäer und Sadduzäer sah zu seiner Taufe kommen, sprach er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?

8 Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Buße!

10 Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Darum: jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

11 Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, ihm die Schuhe zu tragen; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja,Halleluja,Halleluja.“

Wir singen aus dem neuen Gesangbuch das Lied 312, 1-7:
Kam einst zum Ufer nach Gottes Wort und Plan ein Prediger und Rufer, Johannes hieß der Mann
Gnade und Friede sei mit uns allen von Gott, unserem Vater, und Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

Wir hören den Predigttext aus dem Propheten Jesaja 40, 1-8:

1 Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

2 Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden.

3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!

4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden;

5 denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat’s geredet.

6 Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde.

7 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!

8 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.

Liebe Gemeinde!

Kennen Sie das Gefühl: Ich bin von Gott gestraft? Warum muss ausgerechnet ich dieses Schicksal erleiden? Womit habe ich das verdient?

Immer wieder sind einzelne Menschen oder ganze Völker so ratlos gewesen und haben gezweifelt an sich und an Gott und an einer Gerechtigkeit in der Welt. Und wenn dann einer gesagt hat: Ja, Gott hatte doch auch allen Grund, zornig zu sein und zu strafen, dann hat vielleicht ein anderer gedacht: mir kommt das aber trotzdem ungerecht vor, denn es gibt auch böse Taten, die nicht bestraft werden, und es gibt herzensgute Menschen, die ein allzu hartes Schicksal tragen müssen.

Als der Prophet Jesaja die Worte sprach, die wir gehört haben, da steckte sein Volk Israel mitten in einer schlimmen Katastrophe. Krieg hatte es gegeben, Tote und Verwundete, verbrannte Häuser, vertriebene Menschen, auseinandergerissene Familien, das Gotteshaus in Jerusalem, der schöne Tempel, total zerstört.

Warum das alles? Es hätte ja sein können, dass man nun dachte: Gott ist machtlos. Unser Gott hat verloren gegen den Gott der anderen, der Stärkeren. Aber auf diese Idee kam man damals nicht. Im Volk Israel war man vielmehr davon überzeugt: Auch im Unglück bleibt der eine Gott der ganzen Welt unser Gott, dem wir wichtig sind. Die Katastrophe kam, weil Gott es so wollte. Er hatte nicht mehr zusehen wollen, wie in seinem eigenen auserwählten Volk so viel Unrecht geschehen war. Darum sagt Jesaja:

2b Jerusalem hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden.

Ein Wort lässt aufhorchen, das Wörtchen „doppelt“. Wieso straft Gott sein Volk mit doppelter Strafe? In diesem Wort steckt ein Stück Auflehnung drin gegen Gott – warum legst du uns doppelte Last auf, wenn wir nur einfache Strafe verdienen? Ich höre eine Anklage wie bei Hiob: Bist du, Gott, nicht auch ungerecht gegen unschuldige Menschen, z. B. gegen Kinder, die im Krieg genau so betroffen sind wie die Erwachsenen? Dieses „doppelt“ lässt darauf schließen, dass es auch damals schon gar nicht so einfach war, zu sagen: Gott straft die Bösen, Gott belohnt die Guten. So genau kann man das gar nicht sortieren. Es kann wohl zum Teil zutreffen, dass böses Verhalten auch böse Folgen haben kann für den, der böses tut. Aber es bleibt auch Leid übrig, das man nicht einfach als gerechte Strafe deuten kann; es bleibt bei vielen Menschen das Gefühl, ich bin zumindest zu hart, doppelt gestraft.

Jesaja stellt das einfach fest. Er klagt Gott nicht weiter an, er wendet sich erst recht nicht von ihm ab, für ihn ist es einfach eine Tatsache, dass Menschen in ihrer Geschichte mit Gott auch Erfahrungen machen, die weh tun, die kaum erträglich sind. Gott ist zwar eine unsichtbare Macht, ist nicht einfach ein Mensch, aber er kann dem Menschen wie ein Mensch begegnen, er kann ärgerlich, empört und zornig sein. Und das ist immer noch besser, als wenn er nur eine unpersönliche Macht wäre, für die wir Menschen völlig gleichgültig wären.

Nur ein Gott, der zu Gefühlen fähig ist, ist ja auch zur Liebe fähig. Der Gott, der zornig werden kann, ist ja der gleiche, der sein Volk im Grunde von Herzen liebt. Und deshalb ist der Hinweis auf Gottes Zorn in der Rede des Jesaja nur ein kleiner Nebensatz. Viel wichtiger ist ihm etwas anderes, nämlich, dass das Volk nach all dem schlimmen Leiden wieder getröstet werden soll:

1 Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

2a Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist.

Mit Gott zu leben, mit ihm Erfahrungen zu machen, dass heißt also nicht unbedingt: eine Erklärung für alles zu haben. Es heißt vielmehr: da passiert etwas, da kann etwas anders werden. Wo vorher harte Worte fielen, wird jetzt freundlich geredet. Wo ein Strafgericht am Platz war, ist jetzt der Streitfall beigelegt und wieder Friede eingekehrt. Wo es ein Donnerwetter gegeben hat, ist jetzt die Luft wieder rein. Knechtschaft und Unterdrückung sind nicht für ewige Zeiten von Gott gewollt. Und wenn jemand Schuld auf sich geladen hat, soll er einen neuen Anfang machen dürfen: Schuld ist vergeben.

Offenbar geht das alles von Gott selber aus. Menschen müssen sich „keinen abbrechen“, um sich bei Gott wieder „lieb Kind zu machen“. Gott setzt nicht Menschen unter Druck: Wenn ihr brav seid, bin ich mit euch nicht mehr böse! Nein, um bei Gott anzukommen, ist gar keine zwanghafte Anstrengung von uns aus notwendig. Er kommt vielmehr von sich aus auf uns zu. Deshalb ruft der Prophet dieses eine Wort gleich am Anfang seiner Rede so fröhlich aus: „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist.“

An dieser Stelle halten wir inne im Text und singen das Lied 15, 1-6. Es ist unserem Bibeltext nachgedichtet:
„Tröstet, tröstet“, spricht der Herr, „mein Volk, dass es nicht zage mehr.“

Ja, liebe Gemeinde, Gott kommt auf uns zu, nicht wir müssen uns krampfhaft auf Gott zu bewegen. Jesaja sagt es in seinen Worten, wie schön er das findet:

5 Die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat’s geredet.

Dass Menschen nicht mehr gefangen bleiben müssen, dass ihre Schuld vor Gott nicht mehr ins Gewicht fällt, dass die Trauernden Trost erfahren, das alles ist etwas so Großartiges, Herrliches, Supertolles, dass es kaum zu glauben ist. Und doch kommt dieser Trost und diese Befreiung wirklich auf uns zu; der Prophet ist sogar davon überzeugt, dass alle es sehen werden, alles Fleisch, alle Lebewesen auf Erden. Woher er das weiß? Von Gott selbst, sagt der Prophet. Propheten waren ja Menschen, die in ihrem inneren Erleben plötzliche Eingebungen hatten, und da wussten sie: Das ist Gottes Stimme, Gott will durch mich den Menschen etwas Wichtiges mitteilen.

Von Gott selber geht dieser Trost und diese Befreiung aus, allerdings sollen wir Menschen trotzdem etwas tun, um den Kontakt zwischen Gott und Menschen zu erleichtern. Deshalb hört Jesaja zunächst auch von Gott einfach eine Anrede an sich selbst und an alle, die bereits an Gott glauben: Tröstet! Tut ihr etwas, damit nicht nur ihr, sondern auch andere getröstet werden! Helft ihr mit, dass auch andere den Zugang zu Gott finden!

Gott will zu uns kommen. Aber was ist, wenn er gar nicht zu uns durchdringen kann, wenn wir ihn nicht an uns heranlassen? Dann heißt es: aufräumen, wegräumen, was zwischen Gott und uns im Weg steht:

3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!

4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden.

Diese Worte klingen so, als ob da einer zu Straßenbauarbeiten aufruft. He, Leute, hier soll eine Prachtstraße gebaut werden, damit Gott zu uns kommen kann. Sie soll überall hinführen, auch in unwegsame Gebiete, auch durch Wüste und Steppe. Und damit das klappt, müsst ihr ein bisschen mit anpacken, müsst Erde abtragen oder aufschütten, damit auf der Straße nachher keine Felsen liegen, keine Schlaglöcher zu finden sind und die Fahrbahn nicht plötzlich absackt.

Was mag dieses Bild für unser Glaubensleben bedeuten? Es kann ja wohl nicht gemeint sein, dass Gott wie mit einem Rasenmäher alle Menschen auf gleiche Größe und Eigenart zurechtstutzen will. Ich denke vielmehr, dass Gott zu jedem Menschen kommen will, egal wie es in ihm aussieht, ob er sich leer fühlt wie eine Wüstenlandschaft oder reich an Erfahrungen ist wie eine schöne Gebirgsgegend.

In der Wüste einen Weg zu bereiten, ist scheinbar einfacher als im Gebirge. Die Schwierigkeit ist nur, dass das kaum zu glauben ist: Eine Straße soll bis in die Wüste führen, bis in die innere Leere meines Lebens, bis in mein Versagen hinein? Gott will mich annehmen, der ich ihm nicht viel bieten kann? Genau das verspricht uns Gott! Er will in unsere innere Wüste erfrischendes Wasser hineinleiten. Weil das auch Angst macht, weil wir so etwas vielleicht noch nie erlebt haben, darum müssen wir uns darauf auch vorbereiten. Dass Gott uns liebhat, einfach so, dass wir für ihn wertvolle Menschen sind, einfach so, das müssen viele Menschen erst einmal vorsichtig an sich heranlassen und dann gründlich verdauen.

Auf der anderen Seite: Wer als tiefsinniger Mensch die Dinge bis ins letzte durchdenkt, oder wer als gewissenhafter Mensch sehr hohen Maßstäben folgt, der mag sich genau so nach Gott sehnen, manchmal steht er sich jedoch vielleicht selber im Weg, wenn er denkt: Ich stehe höher, ich denke tiefer nach als andere Menschen. Dann versperrt er selber den Weg, auf dem Gott auch zu ihm kommen will.

Ein weiteres Mal unterbrechen wir die Predigt für ein Lied, das Lied 10, 1-4:

Mit Ernst, o Menschenkinder, das Herz in euch bestellt, bald wird das Heil der Sünder, der wunderstarke Held, den Gott aus Gnad allein der Welt zum Licht und Leben vesprochen hat zu geben, bei allen kehren ein.

Bereitet doch fein tüchtig den Weg dem großen Gast; macht seine Steige richtig, lasst alles, was er hasst; macht alle Bahnen recht, die Tal lasst sein erhöhet, macht niedrig, was hoch stehet, was krumm ist, gleich und schlicht.

Ein Herz, das Demut liebet, bei Gott am höchsten steht; ein Herz, das Hochmut übet, mit Angst zugrunde geht; ein Herz, das richtig ist und folget Gottes Leiten, das kann sich recht bereiten, zu dem kommt Jesus Christ.

Ach, mache du mich Armen zu dieser heilgen Zeit aus Güte und Erbarmen, Herr Jesu, selbst bereit. Zieh in mein Herz hinein vom Stall und von der Krippen, so werden Herz und Lippen dir allzeit dankbar sein.

Liebe Gemeinde, ein drittes Mal hört Jesaja eine Stimme. Erst hatte er trösten sollen, weil Gott auf dem Weg zu uns Menschen ist, um uns frei zu machen von Knechtschaft und inneren Zwängen. Dann hatte er dazu aufgerufen, eine ebene Bahn zu schaffen, dass Gott auch wirklich bei uns ankommen kann. Und was kommt nun noch?

6 Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen?

Jesaja soll predigen, und er weiß nicht, was. Und deshalb fragt er nach. Offenbar muss ein Prediger nicht immer gleich alles wissen. Er darf auch ein Fragender bleiben. Er darf auch mit leeren Händen dastehen und muss nicht von sich aus alles beantworten können.

Und indem Jesaja so dasteht vor Gott, so offen ist für diese höhere Macht, da empfängt er mit seiner ihm eigenen Antenne für göttliche Worte dann auch eine Antwort auf seine Frage, was er denn predigen soll:

Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde.

7 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!

8 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.

Jesaja hört zunächst eine harte Wahrheit. Alles Leben auf Erden ist endlich, wie Gras muss es verdorren. Und alles, was Menschen mit ihrer Liebe und Güte zuwegebringen – wie eine Blume muss es verwelken. Gott hat uns Menschen seinen Lebensatem eingehaucht, er hat uns sozusagen etwas geliehen von seiner eigenen Lebenskraft. Das heißt aber auch: Irgendwann geht dieses Leben hier auf Erden zu Ende. Für das Gras und die Blumen in der Steppe Israels war der kalte Wind tödlich; an diesen Wind denkt Jesaja, wenn er sagt: „Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!“

Nun, bis hierhin mag das wahr sein, aber das wäre noch keine Predigt. Die eigentliche Predigtwahrheit folgt in dem kleinen Schlusssätzchen: „aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“ Mag es auch nichts anderes geben, an dem man sich in unserer Welt festhalten kann, es gibt doch das Wort unseres Gottes, das für immer bestehen bleibt. Und dieses Wort ist letztlich ein freundliches Wort für uns Menschen: „Ich habe euch lieb! Selbst wenn ich zeitweise mit euch Ärger habe und zornig auf euer Verhalten bin, bleibe ich doch euer Vater im Himmel, der euch nicht das Verderben an den Hals wünscht. Ich will doch, dass euer Leben gelingt! Ich will doch, dass ihr glücklich werdet!“

Advent bedeutet: offen werden für dieses Wort Gottes, das zu uns kommen will, alle Jahre wieder neu in unser Leben hinein. Gott hat dieses Wort nicht nur von weitem zu uns gesprochen, nicht nur von seinem Himmelsthron heruntergerufen zu uns, nein, er ist heruntergestiegen von seinem Thron, er kommt auf die Erde, sein Wort wird Fleisch in einem kleinen Menschenkind. In Jesus erfüllt sich, was Jesaja gehört hat: „das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“ In dem Kind und in dem Mann Jesus ist endgültig klar: Gott will uns als Person gegenübertreten, will bei uns ankommen mit seiner Liebe, wartet auf unsere Liebe, die wir übrig haben für ein bedürftiges Kind und für einen Gottessohn in seiner verletzlichen Menschlichkeit. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Wir singen ein neues Adventslied aus unserem neuen Gesangbuch, das Lied Nr. 20, 1-5:

Das Volk, das noch im Finstern wandelt – bald sieht es Licht, ein großes Licht

Gott im Himmel, wir warten auf die Erfüllung deiner Verheißungen. Komm zu uns, rühre uns an, schenke uns echte Weihnachtsfreude, echten Trost, echte Hoffnung auf Befreiung. Lass uns neue Schritte sehen auf unserem Weg, die hinausführen aus unserer Enge, hinaus aus Zwängen. Schenke uns Menschen, bei denen wir spüren: Hier gehöre ich dazu, hier werde ich verstanden, hier finde ich eine Aufgabe, hier hat mein Leben seinen Platz und seinen Sinn. Schenke uns Geduld, wenn alles dunkel ist und kein Ausweg zu sehen ist.

Gemeinsam beten wir mit Jesu Worten:

Vater unser

Wir singen aus dem Lied 1 die Strophen 1 und 4 und 5:

1) Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit, ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit sich bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer reich von Rat.

4) Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, eu’r Herz zum Tempel zubereit‘. Die Zweiglein der Gottseligkeit steckt auf mit Andacht, Lust und Freud; so kommt der König auch zu euch, ja Heil und Leben mit zugleich. Gelobet sei mein Gott voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

5) Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnaden ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit. Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr.

Abkündigungen

Nun geht hin mit Gottes Segen:

Gott, der Herr, segne euch, und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. Amen.

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