Der Kirchturmkuchen von Olga Bagrij als Luftbildaufnahme von hinten...
Bild: Helmut Schütz

Hallo, Paulus-Kirchturm!

Jesus ist kein Architekt oder Bauherr im wortwörtlichen Sinn; er erzählt ein Gleichnis. Er meint, dass die Entscheidung, ihm nachzufolgen, genau so nüchtern kalkuliert sein muss wie der Bau oder die Sanierung eines Kirchturms, und fährt mit diesem Satz fort: „So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.“

Der von Olga Bagrij gebackene Kirchturmkuchen in Form der Pauluskirche
Der von Olga Bagrij gebackene Kirchturmkuchen in Form der Pauluskirche

#predigtTaufgottesdienst am Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr, den 10. November 2013, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Zum Taufgottesdienst begrüße ich alle herzlich in der Pauluskirche mit dem Wort zur Woche aus 2. Korinther 6, 2:

Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils.

Ein Tag der Freude ist dies für uns heute aus mindestens zwei Gründen. Zum einen taufen wir heute den kleinen Jungen … und seine Tante … und heißen die beiden mit ihrer Familie und ihren Paten herzlich willkommen!

Die Paulusgemeinde hat außerdem Grund zur Freude, weil eine für uns große Baumaßnahme zu einem guten Abschluss gekommen ist. Das feiern wir gemeinsam mit Stefanie Muskau und Silke Rothmann vom Architekturbüro Seidel und Muskau, die das Projekt zu unserer absoluten Zufriedenheit geleitet haben und die wir ebenfalls im Gottesdienst herzlich begrüßen. Der Kirchturm ist saniert, sein Dach neu gedeckt, und wir feiern das Wiedersehen mit ihm, nachdem er drei Monate hinter einem Gerüst und Bauplanen versteckt war. Die Glocken können wir ja schon seit 1. November wieder hören.

Kirchturm der evangelischen Pauluskirche GießenWir singen aus dem Lied 648 die Strophen 1, 2 und 6. Darin wird Jesus mit einem Turm verglichen: „Herr Jesu, sei uns Dach und Turm!“

1. Des Jahres schöner Schmuck entweicht, die Flur wird kahl, der Wald verbleicht, der Vöglein Lieder schweigen; ihr Gotteskinder, schweiget nicht und lasst hinauf zum ewgen Licht des Herzens Opfer steigen.

2. Gott ließ der Erde Frucht gedeihn; wir greifen zu und holen ein; wir sammeln seinen Segen. Herr Jesu, lass uns gleichen Fleiß an deiner Liebe Ruhm und Preis mit Herzensfreude legen.

6. Es braust der Sturm, der Wald erkracht, der Wandrer eilt, um noch vor Nacht zu flüchten aus den Wettern. O Jesu, sei uns Dach und Turm, wenn nun des Lebens rauher Sturm uns will zu Boden schmettern.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir sammeln Gottes Segen nicht nur in der Ernte dessen, was auf dem Feld oder im Garten wächst. Wir sammeln Gottes Segen dort, wo wir Liebe erfahren und verschenken. Wir sammeln Gottes Segen, wo uns ein Kind geschenkt wird und wo wir uns entschließen, es zu taufen oder selber getauft zu werden. Und wir sammeln Gottes Segen auch dort, wo wir uns bewusst machen, dass der erfolgreiche Abschluss einer Baumaßnahme ohne Probleme und ohne Unglück keine Selbstverständlichkeit ist.

Im Spätherbst Anfang November mit seinem wechselhaften, oft stürmischen Wetter feiern wir die Fertigstellung des Paulus-Kirchturms. In unserem Lied reimt sich Turm auf Sturm. Ein gut gedecktes Dach brauchen wir über dem Kopf, damit es bei Unwetter nicht in das Haus oder die Kirche hineinregnet. Und ein Turm, der viele Jahre lang schwere Glocken tragen soll, muss selber stabil sein, damit den Menschen nicht Betonbrocken auf den Kopf fallen und das Gebäude nicht irgendwann zusammenbricht. In einem übertragenen Sinn bitten wir Jesus, er soll uns Dach und Turm sein. Denn wir können nur Menschenmögliches tun, um unsere Gebäude zu errichten und zu erhalten, um für unsere Kinder zu sorgen und sie zu beschützen. Wir brauchen die Gewissheit, in allem, was wir tun, von Gott und seiner Liebe umgeben zu sein.

Kommt, lasst uns ihn anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wir beten mit Psalm 127:

1 Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.

2 Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.

Gott, hilf uns, bei unserem Planen und Arbeiten nicht zu vergessen, dass du das Gelingen schenkst. Der Sinn unseres Tuns steht in deiner Hand. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Wir beten den Psalm 61, in dem Gott mit einem starken Turm verglichen wird:

2 Höre, Gott, mein Schreien und merke auf mein Gebet!

3 Vom Ende der Erde rufe ich zu dir; denn mein Herz ist in Angst; du wollest mich führen auf einen hohen Felsen.

4 Denn du bist meine Zuversicht, ein starker Turm vor meinen Feinden.

5 Lass mich wohnen in deinem Zelte ewiglich und Zuflucht haben unter deinen Fittichen.

6 Denn du, Gott, hörst, was ich dir verspreche, und verschaffst mir mein Recht, der ich deinen Namen fürchte.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Großer Gott, wir begleiten Kinder und Jugendliche und versprechen, sie christlich zu erziehen. Als junge Menschen suchen wir unseren eigenen Weg, unsere eigene Art zu glauben und zu leben. In unserer Kirchengemeinde freuen wir uns, wenn nicht nur unsere Gebäude erhalten bleiben, sondern auch die Gemeinschaft und sinnvolles Engagement wachsen und aufgebaut werden. Wir bitten dich, sei du der Bauherr unserer Gebäude und auch der Gemeinschaft in unseren Familien, in unserer Gemeinde, in unserem Gemeinwesen. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören das Taufevangelium nach Matthäus 28, 16-20:

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes

20 und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja.“

Lied 209: Ich möcht‘, dass einer mit mir geht

Liebe Familie …, liebe …!

Zwei aus einer Familie taufen wir heute, eine Tante und ihren Neffen, ein mit 12 Jahren immer noch junges Mädchen und einen kleinen Jungen, der nicht viel älter ist als ein halbes Jahr. Du, liebe …, hast selber entschieden, dich taufen zu lassen, für … haben diese Entscheidung die Eltern getroffen.

Wir haben gehört, dass Jesus selber dazu aufgefordert hat, Menschen zu taufen. Weil er, dieser jüdische Mann, den man ans römische Kreuz gehängt und getötet hat, dennoch von Gott alle Macht der Welt übertragen bekommen hat, weil seine Liebe stärker ist als sogar der grausamste Tod, darum macht es Sinn, an ihn zu glauben, ihm nachzufolgen, von ihm zu lernen, was es heißt, auf Gott zu vertrauen und für andere Menschen da zu sein.

Manche sagen, es ist gut, nur Menschen zu taufen, die das alles schon selber verstehen und Ja zu ihrer Taufe sagen. Andere sagen: Man hört sowieso nie auf zu lernen, wie das mit dem Glauben ist. Außerdem ist es zuerst Gott, der uns seine Liebe schenkt, schon als kleines Kind, darum ist es auch OK, Kinder zu taufen, wenn sie noch nicht verstehen, was man da mit ihnen macht. Wichtig ist nur, dass die Kinder später auch erfahren, was es bedeutet, getauft zu sein und zu Jesus zu gehören. Ich denke, beides hat seinen guten Sinn: den … als Säugling zu taufen und die … als Jugendliche zu taufen.

Dein Taufspruch, liebe …, steht im Buch Josua 1, 9:

[Sei] getrost und unverzagt…; denn … Gott… ist mit dir in allem, was du tun wirst.

In der Bibel sagt Mose seinem Nachfolger Josua diesen Satz: „Gott ist mit dir.“ Mose hat das Volk Israel bis zum Land Kanaan geführt, Josua hat die große Aufgabe vor sich, das Volk tatsächlich ins Land hineinzubringen. Dafür braucht Josua jede Ermutigung, die er kriegen kann. Mose weiß, dass Gott den Josua genau so begleiten wird, wie er es selbst erfahren hat. Er wird vieles tun und selber entscheiden müssen, aber er ist nicht allein dabei. Er hat vielleicht manchmal auch Angst, aber er darf diese Angst getrost überwinden und muss nicht verzagen, auch wenn Schwierigkeiten kommen. Dieses Bibelwort kann auch dir, liebe …, Mut machen auf deinem weiteren Weg ins Leben!

… bekommt einen ganz kurzen Taufspruch; er steht im 4. Buch Mose – Numeri 6, 24:

Der Herr segne dich und behüte dich.

Schutz und Segen ist das Wichtigste, was wir einem Menschen für sein Leben wünschen können. In guter Obhut zu sein, bewahrt zu bleiben vor aller Gefahr, wer wünscht sich das nicht vor allem für seine Kinder? Noch wichtiger als der Schutz vor äußeren Gefahren ist dabei die Bewahrung vor falschen Wegen, auf die ein Mensch im Lauf seines Lebens sich locken lassen kann. Gesegnet lebt ein Mensch, wenn er die Liebe spürt, die er von Gott und anderen Menschen bekommt, und wenn er es lernt, diese Liebe auch anderen Menschen weiterzugeben.

Nun sprechen wir gemeinsam das Bekenntnis zu Gott, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, in dessen Namen wir … taufen:

Glaubensbekenntnis und Taufen
Lied 589: Komm, bau ein Haus
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Das kupferne Kreuz auf dem Turm der evangelischen Pauluskirche Gießen„Hallo, Paulus-Kirchturm!“, so stand es auf dem Plakat zur Einladung für den heutigen Gottesdienst. Es ist für viele in der Paulusgemeinde eine große Freude, dass der Kirchturm nun wieder in voller Größe zu sehen ist, nachdem die Schäden am Beton oben im Glockengeschoss und unten im Raum unter der Kirchentreppe beseitigt sind und der Turm auch ein neues Dach bekommen hat. Nach vielen Jahren sieht man auch wieder, dass das Kreuz auf dem Kirchturm aus Kupfer besteht; es hatte im Lauf der Zeit Grünspan angesetzt und ist gereinigt worden, damit es wenigstens für gewisse Zeit wieder im Sonnenlicht leuchten kann.

Als ich in der Bibel nachschaute, ob dort etwas über Kirchturmbauarbeiten steht, bin ich auf ein Gleichnis von Jesus gestoßen, das im Lukasevangelium steht (Lukas 14, 28-30.33):

28 Wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es auszuführen?

29 damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und kann’s nicht ausführen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn zu spotten,

30 und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und kann’s nicht ausführen.

Sehr nüchtern und vernünftig betrachtet Jesus hier die die Planung und Durchführung einer Baumaßnahme. Wenn wir daran denken, wie viel Hohn und Spott der neue Berliner Flughafen oder das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ auf sich ziehen, die durch Planungsmängel nicht fertig werden und erheblich teurer werden als ursprünglich veranschlagt, können wir in unserem kleinen Rahmen stolz darauf sein, dass unsere Kirchturmsanierung glücklich und ohne Mehrkosten von Statten gegangen ist.

Nun ist Jesus kein Architekt oder Bauherr im wortwörtlichen Sinn; er erzählt ein Gleichnis. Er meint offenbar, dass die Entscheidung, ihm nachzufolgen, genau so nüchtern und klar kalkuliert und überlegt sein muss wie der Bau oder die Sanierung eines Kirchturms, und fährt daher mit diesem Satz fort:

33 So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.

Jesus meint also, dass es uns auch etwas kostet, seine Jünger sein zu wollen. Allerdings in einer paradoxen Weise.

Denn für Gottes Liebe, für seine Vergebung müssen wir nichts bezahlen – die sind buchstäblich geschenkt. Aber wer sich mit Gottes Liebe beschenken lässt, wer sich von der Barmherzigkeit Jesu anstecken lässt, der weiß sich wie von selbst dazu herausgefordert, nun auch anderen diese Liebe weiterzugeben und sich für die Sache Jesu einzusetzen.

Darum sagt Jesus: Überlegt euch das gut, genau wie wenn einer einen Kirchturm bauen oder renovieren will: Habt ihr auch die nötigen Mittel, um den Bau zu Ende zu bringen?

Und jetzt fängt das Paradoxe, das scheinbar Widersinnige an: Um im Glauben Erfolg zu haben, braucht man möglichst leere Hände, damit Gott selber uns die Hände um so mehr füllen kann. Alle Dinge, an die wir uns gebunden fühlen, ein eigener falscher Stolz, also das Gefühl, alles allein schaffen zu können oder zu müssen, unser liebster Besitz, von dem wir wie von einem falschen Gott be-sessen sind, eigensüchtige Interessen, die uns daran hindern, uns wirklich so liebzuhaben, wie Gott uns liebhat, alles das kann uns daran hindern, im Sinne Jesu wirklich glücklich zu werden.

Denn dann sind wir nicht offen genug für das Glück, das im Teilen besteht.

Denn glücklich werden wir, indem wir angewiesen sind auf andere und zugleich für andere da sind.

Sich loszusagen von allem, was man hat, das macht in Jesu Augen erst richtig frei.

Im Extremfall kann das sogar bedeuten, sein eigenes Leben loszulassen. Tatsächlich haben im Einsatz für Jesus viele Menschen ihr Leben hingegeben, schon als im römischen Reich die ersten Christen verfolgt wurden, dann später in Zeiten von Konfessions- und Religionskriegen, schließlich auch in der Hitlerzeit oder heute in Staaten, wo Christen fanatisch bekämpft werden.

In unserem Land heute geht es ruhiger zu, die Kirche hat zwar nicht mehr so viele Mitglieder wie früher, wird aber weitgehend respektiert und jedenfalls nicht blutig verfolgt. Trotzdem bleibt das Wort Jesu eine Herausforderung für uns: „Sagt euch von allem los, was ihr habt, sonst könnt ihr nicht meine Nachfolger, Jüngerinnen, Schüler sein!“

Ich könnte es mir einfach machen und sagen, dass sich damit jedenfalls kein Prunk und Protz vereinbaren lässt, und auf das Beispiel des neuen Papstes hinweisen, der bewusste Zeichen für eine bescheidene Amtsführung und für eine Kirche setzt, die sich für die Armen dieser Welt einzusetzen hat. Aber ich kann mich auch selber fragen, wie viel ich selber habe, wie viel in meinem Besitz, wie viel von meiner Zeit mir so wichtig ist, dass ich es nicht gerne loslasse und mit anderen teile, sondern ganz allein für mich behalten und bewahren möchte.

Gewiss verlangt Jesus nicht von jedem, sein Haus, seine Familie, seinen ganzen Besitz aufzugeben. Damals gab es zum Beispiel Frauen, die Jesus von zu Hause aus unterstützten, denn auch er brauchte ja Kleidung und Essen und ein Dach über dem Kopf zum Schlafen, selbst wenn er persönlich seinen Beruf als Zimmermann aufgegeben hatte, um ganz in seiner Verkündigung von Gottes Reich und in der Heilung von Leib und Seele vieler Menschen aufzugehen.

Aber wer bewusst auf Jesus vertraut, wer die Liebe Gottes für das Allerwichtigste im Leben hält, wer sich dafür entschieden hat, sein Leben in der Verantwortung vor diesem Gott zu führen, der muss sich klar machen, dass es viel kosten kann, diese Entscheidung sein Leben lang durchzuhalten. Wie oft geht es darum, über den eigenen Schatten zu springen, wenn mir jemand Unrecht getan hat. Will ich unbedingt Recht behalten, oder reiche ich die Hand zur Versöhnung, damit es wieder Frieden gibt? Wie viel von meiner Zeit setze ich ein, um Menschen zu besuchen und im Zuhören oder mit guten Worten zu begleiten? Wie viel von meinem Besitz will ich teilen?

Ähnlich kann sich eine Kirchengemeinde fragen: Welche Anliegen unterstützen wir zum Beispiel mit unseren freien Kollekten? Unsere Paulusgemeinde sammelt zwar immer wieder auch für eigene Anliegen wie die Kirchturmsanierung oder neuerdings für neue Sitzkissen auf den Kirchenbänken, aber wichtig ist es uns auch, Hilfe nach außen weiterzugeben und zum Beispiel Einrichtungen wie die Jugendwerkstatt, die Bahnhofsmission, die Gießener Tafel und anderes zu unterstützen. Als Jüngerinnen und Jünger Jesu zu leben, bedeutet also immer wieder auch, sich loszusagen von einem Besitz, der uns nur um uns selber kreisen lässt, und die Freiheit zu gewinnen, auch verzichten, schenken, teilen zu können. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 254, mit dem wir uns dazu verpflichten auf ein Baugerüst zu steigen, allerdings die meisten von uns nur im übertragenen Sinne – es soll uns helfen, am Reich Gottes der Liebe mitzubauen:

1. Wir wolln uns gerne wagen, in unsern Tagen der Ruhe abzusagen, die’s Tun vergisst. Wir wolln nach Arbeit fragen, wo welche ist, nicht an dem Amt verzagen, uns fröhlich plagen und unsre Steine tragen aufs Baugerüst.

2. Die Liebe wird uns leiten, den Weg bereiten und mit den Augen deuten auf mancherlei, ob’s etwa Zeit zu streiten, ob’s Rasttag sei. Wir sehen schon von weitem die Grad und Zeiten verheißner Seligkeiten: nur treu, nur treu!

3. Wir sind nicht einsam blieben, wir wolln uns üben mit größern Gnadentrieben als eins allein. Wir sind am Stamm geblieben der Kreuzgemein. Drum gilt’s gemeinsam lieben, sich mit betrüben und unsre Lasten schieben, die Christi sein.

4. Wir sind in ihm zufrieden; was uns hienieden als Last von ihm beschieden, hat sein Gewicht; doch ist das Joch für jeden drauf eingericht‘. Drum mag der Leib ermüden: wir gehn im Frieden, von Jesus ungeschieden, und sterben nicht.

Und nun, liebe Gemeinde, komme ich, obwohl die Predigt zu Ende ist, doch noch einmal zurück auf den Predigttext. An einem Tag wie heute dürfen wir nämlich Jesu Gleichnis auch ganz wörtlich nehmen und auf unsere Kirchturmbaumaßnahme beziehen.

Davon wollen jetzt die beiden verantwortlichen Architektinnen, Stefanie Muskau und Silke Rothmann, ein wenig erzählen und danach werde ich Bilder zeigen.

Stefanie Muskau und Silke Rothmann als verantwortliche Architektinnen der Baumaßnahme
Stefanie Muskau und Silke Rothmann als verantwortliche Architektinnen der Baumaßnahme
Ansprachen von Stefanie Muskau und Silke Rothmann

Im Gottesdienst wurden die folgenden Bilder nur zum Teil mit dem von mir (Helmut Schütz) vorbereiteten Text gezeigt, da die Architektinnen zuvor die Baumaßnahmen in eigenen Worten erläutert hatten.

An dieser Stelle beschenkten uns Stefanie Muskau und Silke Rothmann mit einem süßen Knusperhaus, und der Kirchenvorstandsvorsitzende, Christoph von Weyhe, überreichte ihnen zum Zeichen der Dankbarkeit der Paulusgemeinde je einen Blumenstrauß.

Zunächst einmal freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, die Sanierung unseres Kirchturms und die Erneuerung der hinteren Treppe zum Gemeindesaal vernünftig zu planen und durchzuführen, ohne dass nennenswerte Mehrkosten entstanden sind. Die genaue Schlussabrechnung liegt noch nicht vor, aber die Kosten sind im Rahmen der insgesamt veranschlagten 90.000 Euro geblieben. Es hat immerhin auch sechs Jahre gedauert, bis das Geld für die Kirchturmsanierung von der Kirchenverwaltung in Darmstadt geflossen ist und wir unseren Eigenanteil weitgehend durch Spenden aufgebracht haben. Es waren übrigens seit 2007 genau 8.795,74 Euro, die speziell für die Kirchturmsanierung gespendet wurden, das ist für unsere Gemeinde eine ganz erhebliche Summe, und wir danken all denen sehr herzlich, die ihrer Kirche etwas von ihrem eigenen Geld zur Verfügung gestellt haben! Insgesamt sind sogar noch mehr Spenden in das Projekt geflossen, denn wir konnten auf weitere Kollektenmittel zurückgreifen, die allgemein für Renovierungszwecke oder ohne besondere Zweckbestimmung gespendet worden waren. Insgesamt hat die Paulusgemeinde 12.000 Euro aus der Kollektenkasse und 6.000 Euro aus Rücklagen in die Maßnahme eingebracht.

Warum musste überhaupt etwas am Kirchturm getan werden?

Wenn der Beton so aussieht [wie auf dem ersten Bild der folgenden Bildergalerie], ist klar, da muss etwas getan werden, sonst fallen uns irgendwann große Betonbrocken auf den Kopf oder die ganze Konstruktion bricht über unseren Köpfen zusammen.

Bereits vor sechs Jahren waren Schäden am Betongitter des Pauluskirchturms und im Kellerraum unter der Kircheneingangstreppe festgestellt worden, so dass der Kirchenvorstand am 10. November 2007 den Beschluss fasste, eine Betonschadensdiagnose zu erstellen. Jedoch gelang es erst für das Jahr 2013, die Finanzierung der Sanierung sicherzustellen.

Am 1. August 2013 begann die durch Silke Rothmann vom Architekturbüro Seidel und Muskau betreute Sanierung des Betongitters im Glockengeschoss mit der Einrüstung und Verpackung des Kirchturms.

Apropos Kindergarten. Als die Kinder Anfang August in den Ferien waren, wurde noch eine weitere Baumaßnahme zügig in Angriff genommen und innerhalb von drei Wochen fertiggestellt.

Zurück zur Sanierung des Kirchturms.

Heute feiern wir den Abschluss der Kirchturmsanierung, unter anderem mit einem Kirchturmkuchen, den Frau Olga Bagrij gemeinsam mit ihrem Sohn Gabriel gebacken hat. Der Gabriel hat nämlich die Treppenstufen gemacht, das hat er mir am Donnerstag im Kindergartenstuhlkreis verraten!

Lied 497:

1. Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun und Werk in deinem Willen ruhn, von dir kommt Glück und Segen; was du regierst, das geht und steht auf rechten, guten Wegen.

2. Es steht in keines Menschen Macht, dass sein Rat werd ins Werk gebracht und seines Gangs sich freue; des Höchsten Rat, der macht’s allein, dass Menschenrat gedeihe.

9. Tritt du zu mir und mache leicht, was mir sonst fast unmöglich deucht, und bring zum guten Ende, was du selbst angefangen hast durch Weisheit deiner Hände.

12. Der Weg zum Guten ist gar wild, mit Dorn und Hecken ausgefüllt; doch wer ihn freudig gehet, kommt endlich, Herr, durch deinen Geist, wo Freud und Wonne stehet.

Unsere Fürbitten bringen wir vor Gott, zu dem wir gemeinsam rufen: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

Der Riesen-Taifun „Haiyan“ hat auf den Philippinen Tod und Zerstörung verursacht. Wir beten für Tote und Verletzte, für die, die alles verloren haben, für alle, die jetzt vor Ort helfen – so, wie sie können. Gott, du Baumeister und Bewahrer deiner Schöpfung: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Gestern vor 75 Jahren brannten auch in Gießen die Synagogen. Wir bitten, dass in unserem Land die Menschenwürde nie wieder dermaßen mit Füßen getreten wird wie in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, dass Menschenverachtung schon in ihren Anfängen erkannt und verhindert wird, dass wir es uns niemals erlauben, Menschen verächtlich zu behandeln, nur weil sie anders sind. Gott, du Vater Israels und Jesu Christi: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

Aus Krisenländern wie Syrien fliehen immer mehr Menschen. Wir beten für alle, die Menschen nicht nach ihrer Herkunft beurteilen, für alle, die Flüchtlingen mit Respekt begegnen, für alle, die ihnen auf verschiedenste Weise Halt und Heimat werden. Gott, du Beistand derer, die man zu Fremden macht: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

Der Europäische Gerichtshof hat das Asylrecht für verfolgte Homosexuelle anerkannt. Wir beten für alle, die wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert und verfolgt werden, für alle, auf die man mit Fingern zeigt, für alle, die wegen ihres Glaubens oder ihrer Volkszugehörigkeit um ihr Leben fürchten müssen. Gott, du Erbauer von Recht und Gerechtigkeit: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

In dieser Kirche haben wir heute ein junges Mädchen und einen kleinen Jungen getauft. Wir beten für sie, dass sie die Liebe und den Halt finden, den sie brauchen und dass sie auf ihre eigene Weise an dich glauben; wir beten für ihre Familie und ihre Patinnen, dass alle immer füreinander da sind, wo sie gebraucht werden. Gott, der du die Liebe bist: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

In der Pauluskirche feiern wir heute den Abschluss unserer Kirchturmsanierung und auch, dass unsere Kita-Kinder über eine sichere Treppe in ihren Turnsaal gehen können. Wir beten, dass wir unser Pauluszentrum auch in Zukunft erhalten können, dass wir mit Augenmaß und guter Planung auch weitere notwendige Baumaßnahmen finanzieren und durchführen können, damit Menschen hier im Frieden zusammenkommen und ein kleines Stück von Gottes Reich verwirklichen können. Gott, du Architektin des Friedens: „Wir bitten dich, erhöre uns.“

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir noch auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser

Zum Schluss singen wir noch ein Lied, das vom Bauen handelt. Alle Gebäude, die wir bauen und zu erhalten versuchen, dienen ja letzten Endes dazu, Gottes Reich aufzubauen, nämlich eine Gemeinschaft, in der es sich für Menschen zu leben lohnt, in der Gerechtigkeit und Frieden regiert. Davon singen wir das Lied 627:

Schalom, Schalom! Wo die Liebe wohnt, da wohnt auch Gott
Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Hier noch ein paar Bilder vom anschließenden Kirchencafé:

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.