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„Ich komme zu dir, ich bin dein!“

Trauerfeier über einen Text, den die Verstorbene auf einem Zettel für sich als Trost und Halt aufgeschrieben hatte und der nun auch als Trost in der Trauer für ihre Angehörigen dienen soll.

Sonne bricht durch Wolken beim Sonnenuntergang
Abendstimmung – wohin gehen wir, wenn wir sterben? (Bild: Myriam ZillesPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

So spricht Gott (Jesaja 43, 1):

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

Der Tod hat Frau I. im Alter von [über 80] Jahren von uns genommen; sie ist nach einem langen Leben heimgegangen – heimgegangen zu dem, zu dem wir mit den Worten aus Psalm 16 (GNB) beten können:

1 Schütze mich, Gott! ich vertraue dir.

2 Ich sage zu dir: »Du bist mein Herr. Mein Glück finde ich allein bei dir!«

5 Herr, was ich brauche, du teilst es mir zu; du hältst mein Los in der Hand.

6 Mir ist ein schöner Anteil zugefallen; was du mir zugemessen hast, gefällt mir gut.

7 Ich preise den Herrn, der mir sagt, was ich tun soll; auch nachts erinnert mich mein Herz an seinen Rat.

8 Er ist mir nahe, das ist mir immer bewusst. Er steht mir zur Seite, darum fühle ich mich sicher.

9 Ich weiß mich beschützt und geborgen, darum bin ich voll Freude und Dank.

10 Herr, ich halte zu dir, darum wirst du mich nicht in die Totenwelt schicken. Du kannst mich doch nicht der Vernichtung preisgeben!

11 Du zeigst mir den Weg zum Leben. Deine Nähe erfüllt mich mit Freude; aus deiner Hand kommt ewiges Glück.

Liebe Familie I., liebe Trauergemeinde!

Ein steilles, zurückgezogenes Leben hat Frau I. geführt; ein langes Leben war ihr geschenkt, bis sie nun in ihren Kräften immer mehr abgenommen hat und kurz vor ihrem Geburtstag gestorben ist.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Im letzten Advent haben die Kinder vom Kindergottesdienst ihr noch Lieder vorgesungen – nicht zu viele, denn das Zuhören hat sie schon sehr angestrengt; und nun müssen wir Abschied von ihr nehmen.

Woran hat sie sich gehalten in ihrem ruhigen Leben, was hat ihr Kraft und Zuversicht gegeben? Sie hat wohl nicht viel darüber gesprochen, aber sie hat einen kleinen Zettel aufbewahrt, auf dem ein kurzer Text von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf, dem Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine, steht; an diesen Worten hat sie sich wohl aufgerichtet, wenn sie nachdachte über das Leben und das Sterben:

Wenn man einmal aus der Zeit geht, so kann man sagen: Ich komme zu dir, ich bin dein, ich habe an dich geglaubt in der Zeit; ich hatte dich nie gesehen, aber ich hatte dich lieb, und darum freue ich mich mit einer unaussprechlichen Freude, da ich zu dir kommen soll.

Ähnliche Worte hatte der Apostel Petrus in der ersten Pfingstpredigt gebraucht, er hat sich an sei erinnert, denn sie standen schon in seiner Bibel, in den Psalmen der hebräischen Bibel, und zwar in dem Psalm 16, den wir vorhin gebetet haben. So hat Petrus damals zu seinen Zuhörern gesprochen (Apostelgeschichte 2, 22-32.37-39 – GNB):

22 Ihr Leute von Israel, hört, was ich euch zu sagen habe! Jesus von Nazaret kam zu euch im Auftrag Gottes; das konntet ihr an den wunderbaren Taten sehen, die Gott durch ihn geschehen ließ. Ihr habt alles miterlebt,

23 und doch habt ihr ihn durch Menschen, die Gott nicht kennen, ans Kreuz schlagen lassen. Aber so hatte Gott es vorherbestimmt.

24 Er hat ihn auch aus der Gewalt des Todes befreit und wieder zum Leben erweckt; der Tod konnte ihn unmöglich gefangenhalten.

25 Schon David hat von ihm gesagt: »lch habe den Herrn immer vor Augen. Er steht mir zur Seite, darum fühle ich mich sicher.

26 Das erfüllt mein Herz mit Freude und lässt mich jubelnd singen. Selbst wenn ich sterbe, habe ich die Zuversicht,

27 dass du, Herr, mich nicht bei den Toten lässt; du gibst deinen treuen Diener nicht der Verwesung preis.

28 Du hast mir den Weg zum Leben gezeigt; in deiner Nähe bin ich froh und glücklich.«

29 Brüder [und Schwestern], ich darf offen zu euch über unseren großen König David sprechen. Er starb und wurde begraben, und sein Grab ist noch heute bei uns zu sehen.

30 Aber er war ein Prophet, und Gott hatte ihm feierlich zugesagt, einer seiner Nachkommen werde auf Gottes Thron sitzen.

31 David sah also voraus, was Gott vorhatte, und seine Worte beziehen sich auf die Auferstehung des versprochenen Retters. Von diesem gilt: »Gott ließ ihn nicht bei den Toten, und sein Körper ist nicht verwest.«

32 Diesen Jesus also hat Gott vom Tod erweckt, das können wir alle bezeugen.

37 Dieses Wort traf die Zuhörer mitten ins Herz, und sie fragten Petrus und die anderen Apostel: »Brüder, was sollen wir tun?«

38 Petrus antwortete: »Kehrt jetzt um und macht einen neuen Anfang! Lasst euch alle auf den Namen Jesu Christi taufen! Dann wird Gott euch eure Schuld vergeben und euch seinen heiligen Geist schenken.

39 Was Gott versprochen hat, ist für euch und eure Kinder bestimmt und für alle, die jetzt noch fern sind und die der Herr, unser Gott, hinzurufen wird.«

Soweit die Predigt des Petrus, die ich einmal ausführlich zu uns sprechen lassen wollte. Von Jesus ging für ihn die Zuversicht aus, die selbst im Sterben nicht aufhört. Von Jesus ging die Kraft eines Geistes aus, der gerade die bescheidenen, die stillen, die schwachen Menschen stark machen, froh machen und verändern kann. Er ist nicht bei den Toten geblieben und schenkt uns die Hoffnung, dass auch für uns der Tod nicht die letzte Lebenswirklichkeit bleibt, durch die alles Schöne und Sinnvolle im Leben im Grunde entwertet wird. Das Leben wird für uns kostbarer, wenn wir es als Geschenk von dem annehmen, der will, dass wir leben im vollen Sinn dieses Wortes -getragen in der Zuversicht und im Vertrauen zum Vater Jesu, herausgefordert dazu, unsere Lebensaufgaben gelassen und mutig anzupacken, bestimmt dazu, in der Gemeinschaft mit Gott und mit unseren Nächsten unsere Erfüllung zu finden.

Frau I. hat auf den Glauben an diesen Gott, den wir mit dem Gebet Jesu auch Vater nennen dürfen, hingewiesen, als sie das Wort von Zinzendorf für ihre Grabrede aufbewahrt hat. „Du hast mir den Weg zum Leben gezeigt, und ich werde glücklich sein, weil ich bei dir sein darf“ (nach Apostelgeschichte 2, 28) – so haben David und Jesus zu Gott gebetet. Ich möchte es nun noch einmal mit den Worten von Zinzendorf sagen und dabei an Frau I. denken:

Wenn man einmal aus der Zeit geht, so kann man sagen: Ich komme zu dir, ich bin dein, ich habe an dich geglaubt in der Zeit; ich hatte dich nie gesehen, aber ich hatte dich lieb, und darum freue ich mich mit einer unaussprechlichen Freude, da ich zu dir kommen soll.

Amen.

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