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„O Jesu, Gnadensonne!“

Wo Christus, das Gotteslamm, unsere Stadt hell macht, da gibt es keine Nacht mehr – jedenfalls nicht mehr die Nacht des Bösen, des Leides, der Schuld, des Unrechts, des Todes, der Hölle. Christus ist die Gnadensonne – im Licht dieser Sonne sind Sünde und Tod überwunden: uns ist das Leben geschenkt, ein Leben in Würde als geliebte Kinder Gottes.

Gleißende Sonne in dunkler Umgebung
Gleißende Sonne in dunkler Nacht (Bild: chuck herreraPixabay)
Christmette am Sonntag, den 24. Dezember 2006, um 23.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Eingang: Ave Maria

Guten Abend, liebe Gemeinde!

Herzlich willkommen zur Christmette mit dem Thema: „O Jesu, Gnadensonne“! In den Tagen, die im Lauf des Jahres am dunkelsten sind, denken wir heute mitten in der Weihnachtsnacht über die Sonne nach.

An Heiligabend 2006 begrüße ich Sie in der Pauluskirche mit dem Wort aus dem Buch der Richter 5, 31:

31 Die [den HERRN] lieb haben, sollen sein, wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht!

Wir feiern Gottesdienst in der Heiligen Nacht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir singen das Lied 34 von der Gnadensonne (1 und 2):

1. Freuet euch, ihr Christen alle, freue sich, wer immer kann; Gott hat viel an uns getan. Freuet euch mit großem Schalle, dass er uns so hoch geacht‘, sich mit uns befreund’t gemacht. Freude, Freude über Freude: Christus wehret allem Leide. Wonne, Wonne über Wonne: Christus ist die Gnadensonne.

2. Siehe, siehe, meine Seele, wie dein Heiland kommt zu dir, brennt in Liebe für und für, dass er in der Krippen Höhle harte lieget dir zugut, dich zu lösen durch sein Blut. Freude, Freude über Freude: Christus wehret allem Leide. Wonne, Wonne über Wonne: Christus ist die Gnadensonne.

Kurz vor Mitternacht an Heiligabend über die Sonne meditieren, das gibt es nur in der Pauluskirche. Von Christus, der Gnadensonne, haben wir gesungen. Und vielleicht war es daher gar nicht so unpassend, dass die Kirche im 4. Jahrhundert begann, das Weihnachtsfest zur Zeit der Wintersonnenwende zu feiern, um dem Fest des „unbesiegten Sonnengottes“ das Fest der wahren Sonne, des Lichtes der Welt, entgegenzusetzen.

Von der Macht der Sonne wissen auch die Schriften des Alten Testaments. Aber niemals wird sie im Volk Israel als ein Gott angebetet. Vielmehr wird sie als Werk der Schöpfung Gottes gepriesen, zum Beispiel im Psalm 19:

2 Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.

5 … Er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht;

6 sie geht heraus wie ein Bräutigam aus seiner Kammer und freut sich wie ein Held, zu laufen ihre Bahn.

7 Sie geht auf an einem Ende des Himmels und läuft um bis wieder an sein Ende, und nichts bleibt vor ihrer Glut verborgen.

So gewaltig der Einfluss der Sonne auf die Erde ist, so bleibt sie doch doch der Gewalt des Schöpfers unterworfen; daher heißt es im Buch Hiob 9:

7 Er spricht zur Sonne, so geht sie nicht auf, und versiegelt die Sterne.

Für biblische Erzähler ist es daher auch durchaus vorstellbar, dass Gott den Stillstand der Sonne herbeiführt, um seinem Volk Israel gegen feindliche Völker beizustehen, die möglicherweise genau diese Sonne als Gott anbeten. So erzählt das Buch Josua 10 folgende unglaubliche Geschichte:

12 Damals redete Josua mit dem HERRN an dem Tage, da der HERR die Amoriter vor den Israeliten dahingab, und er sprach in Gegenwart Israels: Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im Tal Ajalon!

13 Da stand die Sonne still, und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Ist dies nicht geschrieben im Buch des Redlichen? So blieb die Sonne stehen mitten am Himmel und beeilte sich nicht unterzugehen fast einen ganzen Tag.

Wie auch immer man sich dieses Geschehen real vorstellen mag, wahr ist damals wie heute: nicht die Sonne ist ein allmächtiger Gott, sondern sie ist und bleibt ein Geschöpf des einen allmächtigen Gottes. Im Schöpfungsbericht und im Psalm 136 erscheint sie als schlichte Lampe am Himmelszelt im Dienst der Menschen, um ihnen zu helfen, ihre Zeit einzuteilen:

1 Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, denn seine Güte währet ewiglich.

5 Der die Himmel mit Weisheit gemacht hat, denn seine Güte währet ewiglich.

6 Der die Erde über den Wassern ausgebreitet hat, denn seine Güte währet ewiglich.

7 Der große Lichter gemacht hat, denn seine Güte währet ewiglich:

8 die Sonne, den Tag zu regieren, denn seine Güte währet ewiglich;

9 den Mond und die Sterne, die Nacht zu regieren, denn seine Güte währet ewiglich.

In ähnlicher Weise spricht Jesus in der Bergpredigt (Matthäus 5) von der Sonne: Sie ist ein Geschenk Gottes an alle Menschen. Sie ist damit auch ein Gleichnis für die Feindesliebe Gottes. Denn Gott wendet seine barmherzige Liebe auch denen zu, die sich durch Bosheit und Unrecht von ihm abwenden:

43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen.

44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen,

45 damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Wir haben gehört, wie Jesus selbst, den wir die Gnadensonne nennen, von der realen Sonne an unserem Himmel spricht. Nun singen wir im Adventslied 7, Strophe 4 bis 7, von der Hoffnung auf den Schein der Gnadensonne:

4. Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.

5. O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern; o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.

6. Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod. Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland.

7. Da wollen wir all danken dir, unserm Erlöser, für und für; da wollen wir all loben dich zu aller Zeit und ewiglich.

Die Sonne ist im Alten Testament also ganz klar ein Geschöpf Gottes. Doch man vergleicht durchaus auch Gott mit der Sonne, zum Beispiel im Psalm 84:

12 Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; der HERR gibt Gnade und Ehre. Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.

Aber Gott ist keineswegs einfach ein Sonnengott, wie es ihn zum Beispiel bei den Ägyptern gab. Beim Bau des Tempels redet König Salomo im 1. Buch der Könige ganz anders von Gott (1. Könige 8):

12 Da sprach Salomo: Die Sonne hat der HERR an den Himmel gestellt; er hat aber gesagt, er wolle im Dunkel wohnen.

Ausdrücklich ist es in der Bibel verboten, die Sonne anzubeten; mit keinem Bild ist Gott total gleichzusetzen, auch nicht mit der Sonne. Hören wir Worte aus dem Gesetz des Volkes Israel im 5. Buch Mose (Deuteronomium 4):

12 Und der HERR redete mit euch mitten aus dem Feuer. Seine Worte hörtet ihr, aber ihr saht keine Gestalt, nur eine Stimme war da.

19 Hebe … nicht deine Augen auf gen Himmel, dass du die Sonne sehest und den Mond und die Sterne, das ganze Heer des Himmels, und fallest ab und betest sie an und dienest ihnen. Denn der HERR, dein Gott, hat sie zugewiesen allen andern Völkern unter dem ganzen Himmel;

20 euch aber hat der HERR angenommen und aus dem glühenden Ofen, nämlich aus Ägypten, geführt, dass ihr das Volk sein sollt, das allein ihm gehört, wie ihr es jetzt seid.

Gott ist Sonne und Schild, aber er ist nicht identisch mit der Sonne am Himmel. Andere Völker mögen sie anbeten, dem Volk Israel ist das verboten. Gott ist der Befreier aus dem glühenden Ofen der Sklaverei in Ägypten, und er will, dass sein Volk niemals ein solches Unterdrückervolk wird wie das Reich der Pharaonen. Als Israel doch wie alle anderen damaligen Staaten wird und das Recht der Armen mit Füßen tritt, da erfährt es bald Niederlagen und Fremdherrschaft. Die Propheten erkennen darin nicht die Niederlage Gottes, sondern hier straft Gott sein eigenes Volk: Es hört nicht auf die Gebote, die den Weg in die Freiheit weisen. Daher muss es in den glühenden Ofen der Sklaverei zurück.

Aber die Propheten wären nicht die Künder des Willens Gottes, der ein treuer Gott ist, wenn sie nicht am Ende doch Hoffnung verkünden würden. Im letzten Kapitel unseres Alten Testaments spricht Gott durch den Mund des Propheten Maleachi 3 von der Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit:

17 So spricht der HERR des Heers der Engelscharen: Ich will mich meines Volkes erbarmen, wie ein Mann sich seines Sohnes erbarmt.

18 Ihr werdet am Ende doch sehen, was für ein Unterschied ist zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient.

19 Denn siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen. Da werden alle Verächter und Gottlosen Stroh sein, und der kommende Tag wird sie anzünden, spricht der HERR der Heerscharen, und er wird ihnen weder Wurzel noch Zweig lassen.

20 Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln. Und ihr sollt herausgehen und springen wie die Mastkälber.

Eine Sonne der Gerechtigkeit erwarten also damals die Juden. Jahrhundertelang geknechtet unter Assyrern und Babyloniern, Persern und Römern, sehnen sie sich nach Freiheit und Frieden. Welche Sonne der Gerechtigkeit erwarten wir? Haben wir es aufgegeben, ein Recht auf Arbeit für alle zu erhoffen, ein Recht auf Geborgenheit in der Familie für unsere Kinder und eine Zukunft im Beruf für unsere Jugend, ein Recht auf menschenwürdiges Leben unabhängig von Nationalität und sozialer Schicht?

Das Alte Testament nennt Ungerechtigkeit gottlos, weil Gott für sein Volk der Befreier aus der Sklaverei und aus dem Unrecht ist.

Und so legt das Alte Testament am Ende die Sehnsucht nach der Sonne der Gerechtigkeit in harten Worten aus (Maleachi 3):

21 Ihr werdet die Gottlosen zertreten; denn sie sollen Staub unter euren Füßen werden an dem Tage, den ich machen will, spricht der HERR der Heerscharen.

22 Gedenket an das Gesetz meines Knechtes Mose, das ich ihm befohlen habe auf dem Berge Horeb für ganz Israel, an alle Gebote und Rechte!

So schrecklich diese Worte klingen: sie rufen nicht zu einem Heiligen Krieg der Frommen gegen die Gottlosen auf. Staub werden die Gottlosen nicht durch eine Tat von Menschen, sondern Gott weiß den Tag, an dem ihr Leben endet, und wer von Recht und Gerechtigkeit nichts wissen will, hat dann nichts mehr zu erwarten. Mit einem Ausblick auf die Wiederkunft des Propheten Elia endet das Alte Testament:

23 Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.

24 Der soll das Herz der Väter bekehren zu den Söhnen und das Herz der Söhne zu ihren Vätern, auf dass ich nicht komme und das Erdreich mit dem Bann schlage.

Das sind die letzten Worte der Bibel, unmittelbar bevor das Matthäusevangelium mit der Frohen Botschaft von Jesus Christus neu einsetzt. Sie reden von echter Versöhnung in der Gemeinschaft der Menschen, zwischen Vätern und Söhnen, Töchtern und Müttern, von einer Hoffnung, die voraussetzt, dass Menschen ihr Herz bewegen lassen, zur Umkehr fähig werden. Dazu ist ein wahres Wunder notwendig.

Die christliche Kirche war und ist der Überzeugung, dass die Sonne der Gerechtigkeit, die am Ende des Alten Testaments verheißen wird, in Jesus Christus auf dieser Erde aufgegangen ist.

Wir singen aus dem Lied 262 die Strophen 1 und 4 bis 6; das ist kein Weihnachtslied, aber es passt zu unserem Thema:
Sonne der Gerechtigkeit, gehe auf zu unsrer Zeit

„Schaffe Licht in dunkler Nacht“, diese Zeile aus unserem Lied ist weihnachtlich. Weihnachten ist dort am notwendigsten, wo es am dunkelsten ist. Und genau dort geschieht dann auch Weihnachten. Nicht ohne Grund schildert das Neue Testament die Geburt Jesu Christi mit dunklen Einzelheiten. Matthäus berichtet vom Kindermörder Herodes und vom rechtschaffenen Josef, der ursprünglich Frau und Kind verlassen will. Lukas erwähnt die harte politische Situation unter der römischen Zwangsherrschaft.

Hören wir die Weihnachtsgeschichte nach Lukas als Antwort auf die Sehnsucht nach der Sonne der Gerechtigkeit und singen wir nach den drei Abschnitten jeweils eine Strophe aus Lied 46.

1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.

4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war,

5 damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.

6 Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.

7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

1. Stille Nacht, heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht nur das traute, hochheilige Paar. Holder Knabe im lockigen Haar, schlaf in himmlischer Ruh, schlaf in himmlischer Ruh.

8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.

9 Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird;

11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.

12 Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

2. Stille Nacht, heilige Nacht! Hirten erst kundgemacht, durch der Engel Halleluja tönt es laut von fern und nah: Christ, der Retter, ist da, Christ, der Retter, ist da!

15 Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.

16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.

17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war.

18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten.

19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.

20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

3. Stille Nacht, heilige Nacht! Gottes Sohn, o wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund, da uns schlägt die rettende Stund, Christ, in deiner Geburt, Christ, in deiner Geburt.

Das Kind in der Krippe ist die Sonne der Gerechtigkeit. Als einer der ersten erkennt das ein alter Mann mit Namen Simeon. Er wartet, wie es kurz nach der Weihnachtsgeschichte des Lukas heißt, „auf den Trost Israels“ (Lukas 2):

27 Und er [Simeon] kam auf Anregen des Geistes in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz,

28 da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach:

29 Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast;

30 denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen,

31 den du bereitet hast vor allen Völkern,

32 ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.

Für alle Völker ist Jesus Christus das Licht, für die Heiden wie für die Juden.

Wir singen aus dem Lied 37 die Strophen 1, 3 und 4:

1. Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohlgefallen.

3. Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht‘, wie schön sind deine Strahlen!

4. Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen; und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen. O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer, dass ich dich möchte fassen!

Was bedeutet es nun konkret, dass Jesus die Sonne der Gerechtigkeit ist? Was hat Jesus zu tun mit der doch ziemlich krassen Verheißung aus dem Propheten Maleachi, die wir gehört haben? Hören wir dazu eine Erzählung, die der Evangelist Matthäus 17 so überliefert:

1 Jesus nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.

5 [Und es] überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!

10 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elia kommen?

11 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elia soll freilich kommen und alles zurechtbringen.

12 Doch ich sage euch: Elia ist schon gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was sie wollten. So wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen.

13 Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte.

Hier und heute, im Dunkel der Nacht, hören wir vom Leuchten des Gesichtes Jesu und seiner Kleider. Wie die Sonne strahlt sein Gesicht, es spiegelt das Licht des Schöpfers selbst wider. Die Stimme Gottes bestätigt es: Dieser Mensch ist der, auf den wir hören sollen, der uns den Weg zur Gerechtigkeit, zur Liebe und zum Frieden öffnet.

Die Jünger haben aber eine ernste Frage. Sie kennen den Schluss des Alten Testamentes, den wir gehört haben, und fragen Jesus: Wie ist das denn mit Elia? Erst soll doch er wiederkommen, bevor Gerechtigkeit und Frieden anbrechen. Muss nicht erst „der große und schreckliche Tag des HERRN“ kommen, müssen nicht erst die Gottlosen unter den Füßen der auf Gott Vertrauenden zu Staub geworden sein?

Jesu Antwort macht klar, warum vor ihm Johannes der Täufer kommen muss. Im Täufer verkörpert sich ein letztes Mal die Hoffnung darauf, dass sich die Menschen allein aufgrund von Appellen an ihre Umkehrbereitschaft ändern. Das tun sie nicht. Stattdessen bringen sie Johannes den Täufer um.

Was ändert sich nun aber mit der Geburt Jesu, mit seinem Wirken auf der Erde? Das Schicksal Jesu unterscheidet sich vom Schicksal des Johannes nicht grundlegend. Auch Jesus wird umgebracht werden, das sieht Jesus selbst am klarsten. Aber genau dieser Tag des Todes Jesu wird der schreckliche Tag des HERRN sein, an dem Gott selbst in seinem Sohn stirbt, damit nicht wir alle, wir Sünder, wir Gottlosen, sterben müssen. Darum ist Jesus als die Sonne der Gerechtigkeit zugleich die Gnadensonne! Den schrecklichen Tag des HERRN erleidet er am eigenen Leibe, entreißt uns damit der Vernichtung! Gerechtigkeit kann nur durch Menschen geschaffen werden, die erlöst sind vom tödlichen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, von Hass und Vergeltung, von Egoismus und Ausbeutung, durch Menschen, die Jesus zur Liebe erlöst.

Wir singen aus dem Lied 35 die Strophen 1 bis 3:

1. Nun singet und seid froh, jauchzt alle und sagt so: Unsers Herzens Wonne liegt in der Krippen bloß und leucht‘ doch wie die Sonne in seiner Mutter Schoß. Du bist A und O, du bist A und O.

2. Sohn Gottes in der Höh, nach dir ist mir so weh. Tröst mir mein Gemüte, o Kindlein zart und rein, durch alle deine Güte, o liebstes Jesulein. Zieh mich hin zu dir, zieh mich hin zu dir.

3. Groß ist des Vaters Huld, der Sohn tilgt unsre Schuld. Wir warn all verdorben durch Sünd und Eitelkeit, so hat er uns erworben die ewig Himmelsfreud. O welch große Gnad, o welch große Gnad!

Wir haben einen Blick auf den Schluss des Alten Testamentes geworfen, wo die Sonne der Gerechtigkeit verheißen wird, die wir Christen in Jesus Christus verkörpert finden. Am Schluss des Neuen Testaments ermöglicht uns ein anderer Johannes einen noch weiteren Ausblick auf das Ende der Zeit. Er sieht mit den Augen seines Herzens den auferstandenen Christus im Himmel: Jesus, der den schrecklichen Tag des HERRN am Kreuz auf sich nimmt, wird von eben diesem HERRN auferweckt und bekommt von ihm alle Macht über Leben und Tod. In Offenbarung 1 schreibt Johannes:

13 [Ich sah] einen, der wie ein Mensch aussah, …

16 und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht.

17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte

18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Und am Ende seiner Offenbarung 21 und 22 sieht Johannes, wie die Stadt Gottes, die am Ende der Zeiten auf die Erde herabkommen wird, keine Nacht mehr kennt und keine Sonne mehr braucht:

23 Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.

24 Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht; und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in sie bringen.

25 Und ihre Tore werden nicht verschlossen am Tage; denn Nacht wird es dort nicht mehr geben.

3 Es wird nichts mehr geben, was der Fluch Gottes trifft.

5 Es wird keine Nacht mehr sein, und sie bedürfen keiner Leuchte und nicht des Lichts der Sonne; denn Gott der Herr wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Wo Christus, das Gotteslamm, unsere Stadt hell macht, das heißt, wo Gott selber die Menschen erleuchtet, die auf ihn vertrauen, da gibt es keine Nacht mehr – jedenfalls nicht mehr die Nacht des Bösen, des Leides, der Schuld, des Unrechts, des Todes, der Hölle. Christus ist die Gnadensonne – im Licht dieser Sonne sind Sünde und Tod überwunden: uns ist das Leben geschenkt, ein Leben in Würde als geliebte Kinder Gottes, ein Leben im Licht. Amen.

Wir singen aus dem Lied 40 die Strophen 1 bis 3:

1. Dies ist die Nacht, da mir erschienen des großen Gottes Freundlichkeit; das Kind, dem alle Engel dienen, bringt Licht in meine Dunkelheit, und dieses Welt- und Himmelslicht weicht hunderttausend Sonnen nicht.

2. Lass dich erleuchten, meine Seele, versäume nicht den Gnadenschein; der Glanz in dieser kleinen Höhle streckt sich in alle Welt hinein; er treibet weg der Höllen Macht, der Sünden und des Kreuzes Nacht.

3. In diesem Lichte kannst du sehen das Licht der klaren Seligkeit; wenn Sonne, Mond und Stern vergehen, vielleicht noch in gar kurzer Zeit, wird dieses Licht mit seinem Schein dein Himmel und dein Alles sein.

O Jesu, Sonne der Gerechtigkeit, mach uns aufmerksam auf die Zerrissenheit einer Welt, in der Reichtum ungerecht verteilt ist und die Würde von Menschen mit Füßen getreten wird. Lass uns nicht müde werden im Einsatz für mehr Gerechtigkeit und Frieden.

O Jesu, Gnadensonne, erwärme durch die Strahlen deiner Liebe unser ängstliches Herz. Mach uns Mut, im Gottvertrauen zu leben, weil du die Welt und Tod und Teufel überwunden hast. Lass uns Lachen und Weinen aus deiner Hand nehmen, lass uns dankbar in der Verantwortung vor dir leben, lass uns wissen, dass du uns nicht überforderst. Schenk uns echte Weihnachtsfreude! Amen.

In der Stille bringen wir vor dich, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Abkündigungen

Der Herr segne dich und er behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir wie die Sonne und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden. Amen.

Wir singen das Lied 44:

1) O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Welt ging verloren, Christ ist geboren: Freue, freue dich, o Christenheit!

2) O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Christ ist erschienen, uns zu versühnen: Freue, freue dich, o Christenheit!

3) O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Himmlische Heere jauchzen dir Ehre: Freue, freue dich, o Christenheit!

Klavier- und Trompetenmusik zum Ausklang

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