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Der schöne Paradieskönig und sein tiefer Fall

Wie es von Adam und Eva heißt, dass sie Gottes einzigem Verbot ungehorsam werden und sein wollen wie Gott, so wird auch der König von Tyros ungehorsam, weil er der Versuchung des Reichtums erliegt. Er wird hochmütig, greift zur Gewalt, setzt sich an die Stelle Gottes. Und darum wird auch der Paradieskönig von Tyrus aus der Nähe Gottes vertrieben.

Ruinen einer Säulenhalle der antiken Stadt Tyrus - hat hier der Pardieskönig residiert, von dem der Prophet Hesekiel spricht?
Ruinen der antiken Stadt Tyrus, einer Stadt der Phönizier (Bild: Peggy ChoucairPixabay)

Turmgebet am Donnerstag, 26. Oktober 2006, 18.00 Uhr im Stadtkirchenturm Gießen

Herzlich willkommen beim Turmgebet im Stadtkirchenturm Gießen!

Wir sind versammelt im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

In dieser Andacht möchte ich Ihnen Worte des Gerichts des Propheten Ezechiel oder Hesekiel, wie er bei uns Evangelischen genannt wird, vorstellen. Sie gehören zu den harten Worten des von uns Christen so genannten Alten Testaments. Aber die Frage ist, ob diese alten Worte nicht auch unsere moderne Welt treffen und uns zum Nachdenken und zur Umkehr rufen können. Denn es geht in den Worten des Propheten über die Stadt und den König von Tyros um die Frage, ob es genügt, ein reiches Land zu sein, alle Luxusgüter zur Verfügung zu haben und sich wie Gott in Frankreich zu fühlen.

Wir hören Worte aus dem Buch des Propheten Hesekiel 26 bis 28, und unterbrechen die Klage des Propheten mit jeweils einer Strophe aus dem Lied 236.

Im Jahr 587 vor Christi Geburt hört der Prophet Hesekiel dieses Wort des Herrn (Hesekiel 26):

2 Du Menschenkind, weil Tyrus spricht über Jerusalem: »Ha! Die Pforte der Völker ist zerbrochen; nun fällt es mir zu; ich werde jetzt reich werden, weil Jerusalem wüst liegt!«,

3 darum spricht Gott der HERR: Siehe, ich will an dich, Tyrus, und will viele Völker gegen dich heraufführen, wie das Meer seine Wellen heraufführt.

7 Siehe, ich will über Tyrus kommen lassen Nebukadnezar, den König von Babel, von Norden her, den König der Könige, mit Rossen, Wagen, Reitern und einem großen Heer.

12 Sie werden deine Schätze rauben und deine Handelsgüter plündern. Deine Mauern werden sie abbrechen und deine schönen Häuser einreißen und werden deine Steine und die Balken und den Schutt ins Meer werfen.

14 Und ich will einen nackten Fels aus dir machen, einen Platz, an dem man Fischnetze aufspannt, und du sollst nicht wieder gebaut werden. Denn ich bin der HERR, der dies redet, spricht Gott der HERR.

EG 236, 1: Ohren gabst du mir

Warum wird die Stadt Tyros an der Küste des Mittelmeeres gelegen, so schwer gestraft? Tyros war in ihrer Blütezeit eine der größten Handelsstädte der damaligen Welt. Sie beherrschte den Weltmarkt wie heute die großen Konzerne. Darüber heißt es im Buch Hesekiel 27:

1 Und des HERRN Wort geschah zu mir:

2 Du Menschenkind, stimm ein Klagelied an über Tyrus

3 und sprich zu Tyrus: Die du wohnst am Zugang zum Meer und für die Völker mit vielen Inseln Handel treibst! So spricht Gott der HERR: O Tyrus, du sprichst: Ich bin die Allerschönste!

9 Alle Seeschiffe und ihre Schiffsleute fanden sich bei dir ein, um mit deinen Waren Handel zu treiben.

12 Tarsis hat für dich Handel getrieben mit einer Fülle von Gütern aller Art und Silber, Eisen, Zinn und Blei auf deine Märkte gebracht.

15 Die Leute von Rhodos sind deine Händler gewesen und viele Inseln haben Handel mit dir getrieben; sie haben mit Elfenbein und Ebenholz gezahlt.

17 Juda und das Land Israel haben mit dir gehandelt und haben Weizen aus Minnit, Feigen, Honig, Öl und Harz als Ware gebracht.

EG 236, 2: Augen gabst du mir

Das Loblied über den Reichtum und die Schönheit von Tyros wird im Mund Ezechiels zu einer Totenklage. Denn von Reichtum und Schönheit ist nichts mehr übrig geblieben (Hesekiel 27):

33 Als du deinen Handel auf dem Meer triebst, da machtest du viele Länder satt, mit der Menge deiner Güter und Waren machtest du reich die Könige auf Erden.

34 Nun aber bist du zerschmettert, hinweg vom Meer in die tiefen Wasser gestürzt, dass dein Handelsgut und all dein Volk in dir umgekommen ist.

EG 236, 3: Hände gabst du mir

Aber warum hat Gott Tyros so gestraft? Ezechiel hört von Gott den Grund dafür (Hesekiel 28):

1 Und des HERRN Wort geschah zu mir:

2 Du Menschenkind, sage dem Fürsten zu Tyrus: So spricht Gott der HERR: Weil sich dein Herz überhebt und spricht: »Ich bin ein Gott, ich sitze auf einem Göttersitz mitten im Meer«, während du doch ein Mensch und nicht Gott bist; dennoch überhebt sich dein Herz, als wäre es eines Gottes Herz, –

3 siehe, du hältst dich für klüger als Daniel, dass dir nichts verborgen sei

5 und habest in deiner großen Weisheit durch deinen Handel deine Macht gemehrt; nun bist du so stolz geworden, weil du so mächtig bist; –

6 darum spricht Gott der HERR: Weil sich dein Herz überhebt, als wäre es eines Gottes Herz,

7 darum siehe, ich will Fremde über dich schicken, die Gewalttätigsten unter den Völkern; die sollen ihr Schwert zücken gegen deine schöne Weisheit und sollen deinen Glanz entweihen.

8 Sie sollen dich hinunterstoßen in die Grube, dass du den Tod eines Erschlagenen stirbst mitten auf dem Meer.

9 Was gilt‘s, wirst du dann vor deinen Henkern noch sagen: »Ich bin Gott«, während du doch nicht Gott bist, sondern ein Mensch und in der Hand deiner Henker?

EG 236, 4: Lippen gabst du mir

Es war schon damals so: Die Führer eines Volkes reißen, wenn sie versagen, ihre Völker mit in den Abgrund. Ezechiel nennt den obersten Verantwortlichen für den Untergang von Tyros beim Namen, den König von Tyros. Eigentlich hatte er alles von Gott geschenkt bekommen, was er sich nur wünschen konnte. Wir hören aus dem Mund Gottes sogar in bildhafter Sprache, dass der König im Garten des Paradieses gewohnt habe (Hesekiel 28):

11 Und des HERRN Wort geschah zu mir:

12 Du Menschenkind, stimm ein Klagelied an über den König von Tyrus und sprich zu ihm: So spricht Gott der HERR: Du warst das Abbild der Vollkommenheit, voller Weisheit und über die Maßen schön.

13 In Eden warst du, im Garten Gottes, geschmückt mit Edelsteinen jeder Art, mit Sarder, Topas, Diamant, Türkis, Onyx, Jaspis, Saphir, Malachit, Smaragd. Von Gold war die Arbeit deiner Ohrringe und des Perlenschmucks, den du trugst; am Tag, als du geschaffen wurdest, wurden sie bereitet.

14 Du warst ein glänzender, schirmender Cherub und auf den heiligen Berg hatte ich dich gesetzt; ein Gott warst du und wandeltest inmitten der feurigen Steine.

EG 236, 5: Leben gabst du mir

Aber wie es von Adam und Eva im Garten Eden heißt, dass sie Gottes einzigem Verbot ungehorsam werden und sein wollen wie Gott, so wird auch der König von Tyros ungehorsam, weil er der Versuchung des Reichtums erliegt. Er wird hochmütig, greift zur Gewalt, setzt sich an die Stelle Gottes. Und darum wird er wie Adam und Eva aus dem Paradiesgarten Eden, aus der Nähe Gottes vertrieben (Hesekiel 28):

15 Du warst ohne Tadel in deinem Tun von dem Tage an, als du geschaffen wurdest, bis an dir Missetat gefunden wurde.

16 Durch deinen großen Handel wurdest du voll Frevels und hast dich versündigt. Da verstieß ich dich vom Berge Gottes und tilgte dich, du schirmender Cherub, hinweg aus der Mitte der feurigen Steine.

17 Weil sich dein Herz erhob, dass du so schön warst, und du deine Weisheit verdorben hast in all deinem Glanz, darum habe ich dich zu Boden gestürzt und ein Schauspiel aus dir gemacht vor den Königen.

EG 236, 6: Menschen gabst du mir

Die Klage Hesekiels haben wir gehört. Aber Gott gibt seinem Volk und der Welt und auch Völkern wie dem antiken Tyros Hoffnung. Der Prophet Jesaja spricht sie so aus (Jesaja 51):

3 Ja, der HERR tröstet Zion, er tröstet alle ihre Trümmer und macht ihre Wüste wie Eden und ihr dürres Land wie den Garten des HERRN, dass man Wonne und Freude darin findet, Dank und Lobgesang.

4 Merkt auf mich, ihr Völker, und ihr Menschen, hört mir zu! Denn Weisung wird von mir ausgehen, und mein Recht will ich gar bald zum Licht der Völker machen.

5 Denn meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten. Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm.

6 Hebt eure Augen auf gen Himmel und schaut unten auf die Erde! Denn der Himmel wird wie ein Rauch vergehen und die Erde wie ein Kleid zerfallen, und die darauf wohnen, werden wie Mücken dahinsterben. Aber mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen.

EG 428, 1-3: Komm in unsre stolze Welt

Schenke uns die Einsicht, Gott, dass wir von dir Trost und Kraft bekommen.

Und manchmal nimmst du uns die Kraft, damit wir spüren: Es ist nicht selbstverständlich, stark zu sein.

Schenke uns deine Liebe, damit wir wissen: Wir sind nicht allein auf der Welt.

Unser Leben hat seinen Sinn in dir. In dir finden wir Ruhe und die Erfüllung, nach der wir uns sehnen. Und wenn wir sterben müssen, dann lass uns selig sterben und getrost Abschied nehmen von dieser Welt.

Zeige uns die Aufgabe, die du für uns vorgesehen hast. Und lass uns nicht unzufrieden sein, wenn es nur eine bescheidene Rolle ist, die wir spielen sollen.

Du ersparst uns nicht Leid und Tränen – aber lass uns in allen Sorgen und Nöten nicht allein! Amen.

Vater unser

Es segne dich Gott, der Vater. Er sei der Raum, in dem du lebst. Es segne dich Jesus Christus. Er sei der Weg, auf dem du gehst. Es segne dich der Heilige Geist. Er sei das Licht, das dich zur Wahrheit führt. Amen.

EG 483: Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden

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