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Der Psalm vom Guten Hirten

In einer Trauerfeier lege ich den Psalm vom Guten Hirten aus, der alles umfasst, was uns im Leben geschehen kann, vom Glück bis zum Unglück, von der Gastfreundlichkeit bis zur Feindschaft.

Der Psalm vom Guten Hirten: Kirchenfenster mit Jesus, umgeben von Schafen und mit einem Hirtenstab in der Hand, der einen vor ihm knienden Mann segnet
Jesus als der Gute Hirte segnet einen Menschen (Bild: falcoPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Frau T., die im Alter von [über 60] Jahren gestorben ist.

Wir denken zurück an ihr Leben. Wir denken daran, dass sie fehlt in der großen Familie. Und wir denken an Gott, von dem unser Leben herkommt und zu dem es im Tode wieder zurückkehrt.

Im Vertrauen auf Gott beten wir den Psalm 23 vom Guten Hirten:

1 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

Liebe Gemeinde!

Wir haben den Psalm vom Guten Hirten gebetet, mit dem wir uns bewusst machen, dass unser Leben von der Geburt bis zum Tod, ja bis zum ewigen Leben, eingebettet ist in Gottes Liebe und Begleitung.

Der Psalm 23 umfasst alles, was uns im Leben geschehen kann, vom Glück bis zum Unglück, von der Gastfreundlichkeit bis zur Feindschaft. Und doch liegt der Ton in diesem biblischen Gebet auf der guten Seite: Weil wir auf Gott vertrauen dürfen, wird es uns an nichts fehlen, werden wir keinen Mangel leiden an dem, was wir wirklich brauchen. Und was brauchen wir am nötigsten? Hoffnung und Liebe. Wer auf Gott vertraut, kann durchaus finstere Täler durchwandern, schlimme Zeiten, Krankheit, Feindseligkeit erleben. Aber er wird auch im Unglück Hilfe und Bewahrung erfahren, er wird spüren, dass ihm doch auch immer wieder Gutes und Barmherzigkeit im Leben folgen. Wer Liebe erfährt und verschenken kann, der kann dankbar sein für das Gute im Leben, und er kann schwere Zeiten durchstehen, ohne zu verzweifeln, weil es immer noch Hoffnung gibt.

Der Psalm vom Guten Hirten wirft ein besonderes Licht auf ein Menschenleben. Ganz gleich, welche Wege wir geführt werden – überall ist uns Gott nahe, der uns als ein Guter Hirte begleiten und leiten will. Er weiß, was wir brauchen, er ist unser Licht und unser Schutz sogar in den dunkelsten Tälern, er sorgt dafür, dass wir sogar im Angesicht feindlicher Menschen genug zu essen haben. Und niemals ist es so, dass uns nur Böses umgibt; in Form seiner Engel und liebevoller Menschen folgen uns Gutes und Barmherzigkeit unser Leben lang.

All das mag im Leben eines Menschen nicht immer offensichtlich zu erkennen sein, aber wir dürfen uns gerade in einer solchen Trauerfeier daran erinnern, dass uns die Liebe Gottes tatsächlich immer von allen Seiten umgibt, so lange wir leben, und sogar, wenn wir sterben.

Mit diesen Gedanken im Herzen dürfen wir uns auch an das Leben von Frau T. erinnern.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Am Anfang habe ich gesagt, dass uns der Psalm 23 dabei helfen kann, uns auf die Höhen und Tiefen eines Menschenlebens zu besinnen. Er kann uns auch eine Hilfe sein, wenn wir um einen Menschen trauern, den wir geliebt haben, und wenn wir überlegen, welchen Sinn unser eigenes Leben hat. Die einzelnen Verse des Psalms vom Guten Hirten mögen auf dem Weg der Trauer so etwas wie ein Geländer sein, an dem man sich ein wenig festhalten kann, wenn man sich unsicher fühlt und wenn man nicht genau weiß, wohin mit den eigenen schweren Gedanken und Gefühlen.

1 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Im Nachdenken über den Tod kann uns bewusst werden, dass wir unser Leben nicht selbstverständlich in der Hand haben. Wir sind in unserem Leben aber auch nicht einfach irgendwelchen Zufällen oder einem unpersönlichen Schicksal ausgeliefert, sondern, wenn wir der Bibel glauben, dann sind wir in den Händen eines Gottes, der es gut mit uns meint.

Das Bild vom Hirten und seinen Schafen ist ein sehr altes Bild; aber es gibt ihn immer noch, den Schäfer, der alle seine Schafe kennt; einer meiner 50er-Kollegen hatte noch vor wenigen Jahren eine kleine Herde – da, wo der Brauerei-Turm steht. So wie ein Hirt seine Schafe betreut, so wie ihm jedes einzelne lieb und teuer ist, so kümmert sich Gott um uns Menschen.

Natürlich ist es nur ein Bild, wir Menschen sind nicht einfach nur Herdentiere, Gott nimmt uns individuell ernst und kennt uns alle bis in unser tiefstes Inneres. Er will, dass uns nichts fehlt von dem, was wir wirklich brauchen. Und was brauchen wir am Nötigsten? Liebe, Geborgenheit, Orientierung im Leben. Das alles gibt uns Gott. Er verdient wirklich unser Vertrauen.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele.

Nicht nur für Schafe gilt dieses wunderbare Bild. Auch wir Menschen könnten in unserer Welt grundsätzlich genug zu essen und zu trinken haben, genug Erfrischung und genug Liebe für Leib und Seele. Genug für alle ist dann da, wenn wir Menschen uns wirklich als Gemeinschaft verstehen, wenn wir mit denen teilen, die zu wenig haben. Wenn wir uns Gott in diesem Sinne anvertrauen, dann haben wir alles, was wir brauchen, nämlich genug Liebe, um füreinander in Liebe da zu sein.

Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Dieser Satz ist besonders wichtig. Denn wenn wir Menschen nicht aufpassen, kommen wir leicht vom rechten Weg des Gottvertrauens ab. Es ist gut, sich von Gottes guten Geboten leiten zu lassen und mit klaren Sinnen durchs Leben zu gehen. So zeigt uns Gott Wege, die gut für uns sind. Denn sein Name ist heilig und gut, und dieser Name bedeutet: „Ich bin für euch da!“ Wer seinen Namen ernst nimmt, der weiß, dass wir unser Leben von ihm haben, um im Frieden, in Liebe und Gerechtigkeit auf dieser Erde füreinander da zu sein.

Und wenn wir einen schweren Weg zu gehen haben, müssen wir uns manchmal klarmachen, dass es Gott ist, der uns auch auf diesem Weg führt. Einmal müssen wir sterben oder Abschied nehmen von geliebten Menschen. Es ist gut, wenn wir uns auch auf dem Weg der Trauer von Gott leiten lassen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Dieser Vers erinnert daran, dass ein Leben unter der Führung des Guten Hirten nicht immer leicht ist. Aber es ist eine Hilfe für uns, zu wissen, dass er es ist, der uns auch durch dunkle Zeiten führt. Wo Belastungen für uns schwer zu ertragen sind, dürfen wir dennoch wissen: Gott lässt uns nicht allein. Er ist mit seiner Stärke bei uns und fängt uns auf, wenn wir am Ende sind mit unseren kleinen Kräften. So dürfen wir traurig sein und weinen, wir müssen aber nicht verzweifeln.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.

Feinde? Warum werden sie im Psalm erwähnt? Weil es nicht alle schaffen, im Frieden zu ruhen und zu leben, und weil es im Zusammenleben der so bunten Vielfalt von Menschen oft auch zu Konflikten, zu Streit und sogar zu Kriegen kommt. Dann mögen wir manchmal meinen: Keiner meint es gut mit uns! Und doch wird uns ein Tisch gedeckt, kriegen wir genug für Leib und Seele, was wir brauchen. Selbst in Zeiten von Not und Krieg und anderer Feindschaft soll nicht verhungern, wer auf Gott vertraut. Auch wer sterben muss, dessen Seele muss nicht verhungern – auch wer Feindschaft erlebt, muss nicht bitter werden.

Nun ist Frau T. in Gottes Ewigkeit abberufen worden, und Gott empfängt sie mit Ehren im Himmel:

Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

So begrüßte in alten Zeiten ein Gastgeber einen ihm besonders lieben Gast, bevor er ihn reichlich bewirtete. So wertvoll ist unser Leben in Gottes Augen, dass er uns wie einen Ehrengast empfängt. Wie kostbare Salbe gießt er seine Liebe über uns aus, und den Becher des Lebens schüttet er uns so voll, dass wir glücklich werden, wenn wir nicht verschütten, was er uns schenkt. Und wenn wir sterben wie jetzt Frau T., wird er uns im Himmel in die Arme schließen und willkommen heißen.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.

Es fällt manchmal schwer, das zu glauben. Folgt uns nicht oft auch Böses, Untreue, Verlassenwerden? Erleben wir nicht oft auch Enttäuschungen, sind wir nicht manchmal auch von uns selber enttäuscht?

Und doch, wenn wir auf Gott vertrauen können, werden wir niemals das Gute vergessen, das Gott uns in unserem Leben geschenkt hat. Wenn wir genau hinsehen, erfahren wir doch immer wieder auch Gutes und Barmherzigkeit. Und wir selber dürfen uns immer wieder dazu aufraffen, Böses mit Gutem zu beantworten. Und wir können es schaffen, barmherzig umzugehen nicht nur mit anderen Menschen, sondern auch mit uns selbst.

Ich denke, das ist es, was uns am meisten dankbar machen kann: Wenn wir das Gefühl haben, dass trotz aller Probleme, die es in jedem Menschenleben gibt, das Gute und die Liebe, die wir erfahren, alles andere aufwiegt. Wir dürfen uns verfolgt fühlen von dem Guten und von der Barmherzigkeit, die Gott uns zugedacht hat. Niemals gibt er uns auf, und wir können auch in tiefster Traurigkeit nicht tiefer fallen als in seine Hände.

Und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

So schließt der Psalm 23 mit der Zuversicht, dass wir, wenn wir sterben, im Haus Gottes Ruhe und Frieden finden, in den Wohnungen des Himmels, in seiner unendlichen Liebe. Wenn unser Leben zu Ende ist, sind wir doch nicht vollkommen am Ende. Denn wenn wir im Tod diese Erde verlassen, nimmt uns Gott mit Ehren an. Wir dürfen bleiben im Hause des Herrn, das ist uns verheißen für die Ewigkeit. Wie auch immer wir uns den Himmel vorstellen, ob wir vom ewigen Frieden redem oder vom Ruhen in Gott: wir dürfen gewiss sein, dass wir in unserem Tode nicht verloren gehen. Wer hier auf Gott vertraut, bekommt als Geschenk die ewige Seligkeit. Wer hier Liebe gelebt hat, Liebe empfangen und verschenken konnte, der bleibt in Gottes Liebe geborgen. In diesem Sinne können wir Frau T. getrost loslassen und den liebevollen Händen Gottes anvertrauen. Amen.

Wir beten noch einmal den Psalm 23 in einer eigenen Übertragung:
Gott ist bei mir,
darum bin ich getrost
und voller Zuversicht.

Mir wird nichts mangeln.
Ich habe, was ich brauche.

Ich lasse mich leiten
auf dem rechten Weg,
auch wenn die Versuchung groß ist,
schwach zu werden.

Wenn ich traurig bin,
finde ich Trost,
auch in den dunkelsten Zeiten
meines Lebens.

Ein Tisch
bleibt für mich gedeckt,
sogar wenn ich Feindschaft erlebe.

Und vor Gott bin ich ein wertvoller,
geachteter Mensch,
der mir die volle Erfüllung
meines Lebens gönnt,
statt mir den Becher
nur halbvoll einzuschenken.

Wenn ich so mein Leben betrachte,
mit dankbarem Herzen,
dann nehme ich wahr,
dass ich nicht nur Böses,
sondern auch Gutes erfahre,
dass die Welt nicht nur
voll von Enttäuschungen
und Betrug ist.

Nein, es gibt Barmherzigkeit
auch für mich, mein Leben lang.

Am Ende nimmt mich der Gott,
dem ich vertraue, mit Ehren an:
Ich darf mir den Himmel vorstellen
wie ein Haus mit vielen Wohnungen.

Da werde ich ewig leben,
ruhig und im Frieden.

Treuer Gott, du hast uns das ewige Leben verheißen. Hilf uns, dass wir uns auf deine Liebe verlassen und im Leben und im Sterben auf deine Gnade und Barmherzigkeit vertrauen.

Wir denken an Frau T., die du aus unserer Mitte genommen hast. Wir danken dir für alles, was du ihr an Liebe erwiesen hast, und auch für all das Gute, das uns durch sie gegeben war. Und wenn wir einander etwas schuldig geblieben sind, bitten wir um deine Vergebung.

Wir bitten dich für alle, die um sie trauern. Wir bitten für uns alle, dass wir uns bewusst machen, wie kostbar unser Leben ist und wofür wir jeden Tag dankbar sein können. Hilf uns, den Menschen gerecht zu werden, die uns anvertraut sind, und schenke uns die Kraft, unser Leben zu meistern.

Gib mir Kraft für einen Tag, Herr, ich bitte nur für diesen, dass mir werde zugewiesen, was ich heute brauchen mag. Amen.

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