Bild: Pixabay

Wettchance 1 zu 99

Jesus bevorzugt die, die sonst keine Chance haben, ruft gerade sie zurück ins Leben. Gott freut sich, wenn ein Mensch Vertrauen fasst, der hart und verbittert war. Gott freut sich, wenn ein Alkoholiker trocken wird und sein Leben in den Griff kriegt. Gott freut sich, wenn ein Mann als Stiefvater für das Kind der Freundin seine Mitverantwortung trägt.

Spielsteine mit aufgedruckten Zahlen beim Bingo
Welche Chancen haben Menschenkinder in Gottes Welt? (Bild vom Bingo: Rudy and Peter SkitteriansPixabay)

#predigtTaufgottesdienst am Sonntag, den 12. Juni 2005, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel und Einzug der Tauffamilien

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Zum Taufgottesdienst begrüße ich alle herzlich, besonders die fünf Kinder, die heute getauft werden, mit ihren Familien und Paten. Alle fünf sind übrigens Jungen… Herzlich willkommen in der Pauluskirche!

Der Gottesdienst hat das merkwürdige Thema: „Wettchance 1 zu 99“. Wir werden sehen, was das zu bedeuten hat.

Lied 331, 1-3+11:

1. Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.

2. Alles, was dich preisen kann, Cherubim und Seraphinen, stimmen dir ein Loblied an, alle Engel, die dir dienen, rufen dir stets ohne Ruh: »Heilig, heilig, heilig!« zu.

3. Heilig, Herr Gott Zebaoth! Heilig, Herr der Himmelsheere! Starker Helfer in der Not! Himmel, Erde, Luft und Meere sind erfüllt von deinem Ruhm; alles ist dein Eigentum.

11. Herr, erbarm, erbarme dich. Lass uns deine Güte schauen; deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen. Auf dich hoffen wir allein: lass uns nicht verloren sein.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

„Wettchance 1 zu 99“, ein eigenartiger Titel für einen Gottesdienst. Wir sind doch kein Wettbüro und wollen auch nicht werben für „Wetten dass…“. Das Thema hat mit der Geschichte zu tun, die wir nachher von Jesus hören werden.

Um Chancen geht es in diesem Gottesdienst. Wenn Kinder geboren werden, fragen wir uns: Welche Chancen werden sich ihnen in ihrem Leben bieten? In der Kirche sind wir zuversichtlich: Gott heißt jedes Kind auf dieser Erde willkommen und schenkt ihm seine ganz persönlichen Begabungen.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wenn es um Chancen geht, haben wir aber auch Grund zur Klage. Wie unterschiedlich sind die Begabungen verteilt! Wie weit sind wir in unserem Land von sozialer Chancengerechtigkeit entfernt! Aber bevor wir andere anklagen, sollten wir auch in uns gehen und uns fragen: Nutzen wir alle Chancen für unsere Kinder, die ihnen durch uns offen stehen? Oder bleiben wir ihnen schuldig, was nur wir ihnen geben können: Zeit und Aufmerksamkeit, Antwort auf ihre Fragen und eine konsequente Erziehung mit guten Grenzen? Wir rufen zu Gott:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Ich denke, wir haben mehr Grund zur Freude als zur Klage. Denn damit Kinder ihre Chancen entfalten können, vertraut er sie uns an. Bei uns erfahren sie Liebe, Geborgenheit und was sie sonst brauchen. Bei uns: Eltern, Paten, Nachbarn, Lehrer, Pfarrer, Konfi-Teamer. Es gibt viele Chancen, einem Kind dabei zu helfen, seine eigenen Chancen in sinnvoller Weise zu nutzen. So viel traut Gott uns zu – er vertraut uns Kinder an – er braucht unsere Mitarbeit.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott, hilf uns, dein Wort zu verstehen. Hilf uns, dir zu vertrauen. Hilf uns, die Liebe zu leben. Wir bitten dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören das Evangelium zur Taufe nach Matthäus 28, 16-20:

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes

20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Liebe Tauffamilien, liebe Gemeinde!

Gleich fünf Jungen sind heute in der Pauluskirche, damit wir sie taufen. Das älteste und das jüngste Taufkind sind Brüder, … ist schon über drei Jahre alt, sein kleiner Bruder … erst viereinhalb Monate. Die anderen drei Buben liegen altersmäßig dazwischen. … wird bald acht Monate alt, … 14 Monate und … im September 2 Jahre.

Allen Kindern gemeinsam ist das Anliegen ihrer Eltern, dass sie unter Gottes Schutz und Segen in ihr Leben hineingehen. Sie sind uns anvertraut, aber wir können sie ja in ihrem Leben nicht allein vor allen Gefahren bewahren. Darum haben Sie auch alle für Ihre Kinder Taufsprüche aus der Bibel ausgesucht, die den Wunsch ausdrücken, dass sie behütet aufwachsen und dass Gott bei ihnen sein soll.

Der Taufspruch für … steht im 5. Buch Mose – Deuteronomium 31, 8 (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

Der Herr … ist mit dir. Er lässt dich nicht fallen und verlässt dich nicht.

Ich finde es schön zu wissen, dass wir von Gott getragen sind. Wir glauben an einen starken und zuverlässigen Gott, der bei uns bleibt, was auch immer geschieht, und der uns niemals fallen lässt. Am Anfang sind es die Eltern, die ihrem Kind diese Geborgenheit vermitteln; später im Leben brauchen wir auch als Erwachsene die Gewissheit, dass wir in einer Welt leben, in der uns Gott einen absoluten Halt gibt, so dass wir nicht ins Bodenlose fallen werden.

…s Taufspruch aus Psalm 121, 8 lautet:

Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.

Ausgang und Eingang sind Grunderfahrungen in jedem Menschenleben von der Geburt an. Das fängt an, wenn der erste Strampler zu klein wird oder das Baby selber seinen Brei löffelt. Irgendwann ist das Kind kein Baby mehr, die Kindergartenzeit beginnt. Ausgang und Eingang, immer wieder geht im Leben etwas zu Ende, damit etwas anderes neu beginnen kann. Doch trotz aller Veränderungen dürfen wir darauf vertrauen, dass nicht alles den Bach runtergeht, was uns wichtig ist: Unsere Kinder sind und bleiben behütet in allem, was geschieht, denn Gott umschließt sie mit einer Liebe, die gegen Veränderungen immun ist, weil sie über der Zeit steht, weil sie ewig ist.

… und … bekommen beide den gleichen Taufspruch aus Psalm 91, 11:

[Gott] hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.

Dieses Bibelwort ist unser meistgewählter Taufspruch, vielleicht weil man es sich so gut vorstellen kann, wie die Engel Gottes ein Kind behüten. Gott selber in seiner Größe und Allmacht ist ja unsichtbar, man soll sich von ihm kein festes Bild machen, aber wenn wir an die Schutzengel denken, die Gott aussendet, damit wir in dieser gefährlichen und oft recht kalt wirkenden Welt nicht allein gelassen sind, spüren wir etwas von der Wärme und Nähe Gottes, ohne dass wir uns ausmalen müssen, wie er selber aussehen mag.

Am kürzesten ist der Taufspruch von … im Psalm 16, 1 (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

Behüte mich, Gott, denn ich vertraue dir.

So kurz er ist, so tief ist seine Bedeutung. Denn der Zusammenhang zwischen Gottes Behüten und unserem Vertrauen ist wichtig. Gott behütet unsere Kinder mit unserer Mithilfe. Er setzt uns ein, damit unsere Kinder genug Liebe kriegen: zuerste die Liebe seiner Eltern und Paten. Uns vertraut Gott unsere Kinder an, und wir brauchen das Vertrauen auf ihn, um unseren Kindern den Halt zu geben, den sie brauchen. Kinder brauchen Freiheit, aber auch Regeln und Grenzen, sie brauchen Konsequenz, damit sie nicht denken, es sei alles erlaubt, wenn man nur dreist genug über alle Werte und Gebote hinweggeht. Vor allem müssen Kinder sich darauf verlassen können, dass Menschen für sie da sind: Das können auch ältere Geschwister sein, ein Stiefvater oder eine Stiefmutter, Tante oder Onkel, Oma oder Opa, entscheidend ist, dass wir merken: Dieses Kind ist mir anvertraut. Wenn ich ihm meine Liebe schuldig bleibe, mache ich es Gott viel schwerer als nötig, um dieses Kind auf andere Weise zu behüten. „Behüte mich Gott, denn ich vertraue dir“: Wer gelernt hat, auf Gott zu vertrauen, der führt ein Leben unter Gottes Segen, unter Gottes Schutz, der wird sein ganzes Leben lang behütet sein. Amen.

Tauflied 211: Gott, der du alles Leben schufst

Dass unsere Kinder behütet sind, wenn sie im Vertrauen auf Gott aufwachsen, davon erzählt unser Glaubensbekenntnis eine Geschichte in Bildern, von der Schöpfung bis zum ewigen Leben. Vor allem erzählt es von Jesus, der das Vertrauen zum Vater im Himmel auf einzigartige Weise verkörpert und vorgelebt hat, als der Sohn Gottes selbst. Wir sprechen das Glaubensbekenntnis gemeinsam, stellvertretend auch für unsere fünf Taufkinder:

Glaubensbekenntnis und Taufen
Lied 351, 1-4:

1. Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich; sooft ich ruf und bete, weicht alles hinter sich. Hab ich das Haupt zum Freunde und bin geliebt bei Gott, was kann mir tun der Feinde und Widersacher Rott?

2. Nun weiß und glaub ich feste, ich rühm’s auch ohne Scheu, dass Gott, der Höchst und Beste, mein Freund und Vater sei und dass in allen Fällen er mir zur Rechten steh und dämpfe Sturm und Wellen und was mir bringet Weh.

13. Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freud und Singen, sieht lauter Sonnenschein. Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ; das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde! Um die Chancen, die ein Kind in unserer Welt hat, ging es in diesem Gottesdienst. Um die Gaben, die Gott ihm mitgibt, um die Engel Gottes, die es behüten, um das Vertrauen, das nötig ist, um die eigenen Chancen zu nutzen. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass jedes Kind seine eigenen Chancen hat und auch nutzen kann, wenn wir als Erwachsene es liebevoll begleiten und erziehen.

Aber ist diese Sichtweise nicht zu blauäugig? Sehen wir nicht tagtäglich, wie ungerecht die Chancen unter den Menschen und schon unter den Kindern verteilt sind? Warum ist das eine Kind behindert und das andere hochbegabt? Weshalb muss das eine Kind darunter leiden, dass man es auslacht, und ein anderes setzt sich immer durch? Warum wächst das eine Kind wohlbehütet auf, und für ein anderes hat niemand Zeit, und niemand nimmt es tröstend in den Arm, ja, es bekommt sogar Schläge, wenn es weint?

Unter den Erwachsenen setzt sich das fort. Da gibt es die Gewinnertypen, die stolz ihre Erfolge präsentieren: mein Haus, mein Auto, meine Geschäftsbilanz. Und auf der anderen Seite gibt es die Loser, die sich kaum trauen, unter die Leute zu gehen, weil sie nicht genug Geld haben, um im Lokal etwas zu bestellen. Oder es gibt die anderen, die nur noch bei denen zu finden sind, mit denen sie einen trinken können; zwar schämen sie sich dafür, aber sie betäuben ihre Scham und kommen aus dem Kreislauf der Sucht nicht heraus. Und dann gibt es noch die, die Erfolg haben, weil sie über Leichen gehen. Ein anständiger Mensch will mit ihnen nichts zu tun haben. Eigentlich zählen auch sie zu den Verlieren im Leben.

Schon zur Zeit Jesu gab es solche Verlierertypen, man nannte sie damals Zöllner und Sünder. Zöllner waren die damaligen Abkassierer der römischen Besatzungsmacht. Sie trieben Steuern ein und schlugen für sich selber möglichst viel Geld heraus. Ihr Beliebtheitsgrad war weit unter Null. Und die Sünder, die standen auf der sozialen Trittleiter ganz weit unten, in der Nähe der Huren, die Jesus manchmal in einem Atemzug mit ihnen nennt. Eigentlich sind Sünder diejenigen, die sich nicht an Gottes Gebote halten. Aber hier sind die gemeint, auf die man öffentlich mit dem Finger zeigt: Der ist selber schuld an seinem Elend. Was muss er so viel saufen! Soll er sich doch eine anständige Arbeit suchen! Solche Leute haben keine Chancen im Leben – damals Zöllner, Sünder, Huren, heute Dealer, Prostituierte, Eckensteher. Zuerst kommen alle andern, ganz zuletzt solche Menschen, ist es nicht so?

Von Jesus hören wir nun im Text zur Predigt eine Geschichte, in der es anders läuft. Sie steht im Evangelium nach Lukas 15, 1-7:

1 Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören.

2 Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.

3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:

4 Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet?

5 Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude.

6 Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.

7 Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Chancenlose gehen zu Jesus hin, weil sie sich bei ihm noch eine letzte Chance erhoffen. „Es nahten sich ihm allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören.“ Die damaligen Gewinner im Leben sind empört. Pharisäer und Schriftgelehrte sind angesehene Männer mit hohen Ansprüchen an sich selbst und andere. Sie empören sich über Jesus: „Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.“ Für sie stellt sich Jesus auf eine Stufe mit Menschen, die das Gesetz nicht achten, die mit den verhassten Römern zusammenarbeiten und die dafür sorgen, dass es alles immer schlimmer wird im Land.

Jesus erzählt ihnen eine kleine Begebenheit aus dem Alltag eines Schafhirten, etwas ganz Normales; jeden Tag kommt so etwas vor. „Ihr wisst doch“, sagt er, „wenn ein Schäfer eins seiner Schafe vermisst, dann holt er es zurück, egal welche Mühe es ihn kostet. Da müssen die andern 99 aus seiner Herde schon mal in der Wüste warten, bis er wieder zurück ist. Das mutet er ihnen zu. Aber er lässt nicht locker, bis er das eine Schäfchen, das sich verlaufen hat, wiedergefunden hat.“

Seine Zuhörer müssen zugeben: Genau so ist es. Kein Schäfer kann es sich leisten, einfach auf ein Schaf zu verzichten. Wenn die Herde 100 Tiere umfasst, ist ein verlorenes Schaf 1 Prozent Verlust für seine Geschäftsbilanz, das ist viel. Er muss es suchen; er kann die Wolle, die Milch und später das Fleisch des einen Schafes nicht einfach abschreiben. Die Freude des Hirten ist für die Zuhörer nachvollziehbar, wenn er das eine Schaf findet und zurück zur Herde bringt. Die Freude ist sogar so groß, dass er mit seinen Freunden und Nachbarn ein Schäfchenwiederfindefest feiert.

Dieses Beispiel überträgt Jesus auf uns Menschen: „So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“ Jesus stellt uns vor Augen, dass Gott auch so eine Art Geschäftsbilanz hat, in der kein Mensch fehlen darf, in der jeder Mensch eine wichtige Rolle spielt. Wenn schon einem Hirten das eine verlorene Tier wichtiger ist als das Wohlergehen der anderen 99, wieviel wichtiger ist für Gott dann ein Mensch, der vom rechten Weg abgekommen und auf verlorenem Posten gelandet ist!

In der Realität besteht nun das Problem, dass ein verlorener Mensch zwar einen wichtigen Posten in Gottes Geschäftsbilanz darstellt, aber hier auf Erden scheint er für die Gesellschaft nur eine Belastung darzustellen. Er beansprucht Unterstützung, vielleicht wird er kriminell und bedroht Eigentum und Leben anderer Menschen. So denken die Gegner Jesu und warnen vor solchen Elementen. Wie kann sich Jesus mit ihnen einlassen!

Jesus besteht darauf, dass eine solche Rechnung für Gott nicht aufgeht. In unseren Augen mag ein Mensch ein Verlierer sein, aber Gott traut ihm zu, ein neues Leben anzufangen. Wir alle sind nach Gottes Ebenbild erschaffen und können diese Menschenwürde nicht verlieren, darum geht Jesus gerade auf die Chancenlosen zu und sagt ihnen: „Gott vergibt dir, Gott liebt dich, du glaubst gar nicht, was für ein liebevoller Mensch du werden kannst.“

Die Schriftgelehrten und Pharisäer sind vielleicht eifersüchtig auf Jesus, weil er sich mit den Sündern mehr abgibt als mit ihnen. Jesus bevorzugt die, die sonst keine Chance haben, ruft gerade sie zurück zu Gott, zurück zur Liebe, zurück ins Leben. Bei einer Wettchance von 1 zu 99 im Spiel des Lebens müssen Chancenlose nicht mehr als Verlierer enden. Sünder, die zu Gott umkehren, erklärt Jesus zu Gewinnern im Reich Gottes. „Gott freut sich über einen Sünder, der Buße tut“, sagt er. In heutiger Sprache heißt das: Gott freut sich, wenn ein Mensch Vertrauen fasst, der vorher hart und verbittert war. Gott freut sich, wenn aus einem Loser ein Gewinner wird. Gott freut sich, wenn ein Alkoholiker trocken wird und sein Leben in den Griff kriegt. Gott freut sich, wenn ein Mann als Stiefvater für das Kind seiner Freundin da ist, für das er Mitverantwortung trägt, ob er will oder nicht. Gott freut sich, wenn einer, der sich schon aufgegeben hatte, neuen Lebensmut gewinnt. Keiner von uns ist ohne Chance, auch wenn wir alle Sünder sind. Wenn wir auf Gott vertrauen, kommen wir auf den richtigen Weg und können unser Leben meistern. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 353, 3-4+7-8:

3. Wenn ein Schaf verloren ist, suchet es ein treuer Hirte; Jesus, der uns nie vergisst, suchet treulich das Verirrte, dass es nicht verderben kann: Jesus nimmt die Sünder an.

4. Kommet alle, kommet her, kommet, ihr betrübten Sünder! Jesus rufet euch, und er macht aus Sündern Gottes Kinder. Glaubet’s doch und denket dran: Jesus nimmt die Sünder an.

7. Mein Gewissen quält mich nicht, will mich das Gesetz verklagen; der mich frei und ledig spricht, hat die Schulden abgetragen, dass mich nichts verdammen kann: Jesus nimmt die Sünder an.

8. Jesus nimmt die Sünder an; mich hat er auch angenommen und den Himmel aufgetan, dass ich selig zu ihm kommen und auf den Trost sterben kann: Jesus nimmt die Sünder an.

Gott, du bist für uns da wie ein guter Hirte, der einem verlorenen Schaf nachgeht. Behüte die Kinder, die wir heute getauft haben und hilf uns dabei, sie auf ihrem Weg zu begleiten. Hilf uns, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen für die Kinder, die uns anvertraut sind in der Familie und in der Nachbarschaft, in der Schule und im Konfi-Unterricht. Hilf uns, dass wir in der Kirche keinen aufgeben, nur weil er keinen Zugang zu unseren Gottesdiensten findet. Gib uns genug Phantasie und Ausdauer, damit wir in der Gemeinde mit neuen Ideen auf junge und alte Menschen zugehen. Lass uns umkehren von bösen Gedanken und bösen Wegen und mach uns fähig zum Vertrauen und zur Liebe. Amen.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 562:

1. Segne und behüte uns durch deine Güte, Herr, erheb dein Angesicht über uns und gib uns Licht.

2. Schenk uns deinen Frieden alle Tag hienieden, gib uns deinen guten Geist, der uns stets zu Christus weist.

3. Amen, Amen, Amen. Lobet all‘ den Namen unsers Herren Jesus Christ, der der Erst‘ und Letzte ist.

Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne dich und er behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er wende sein Angesicht dir zu und gebe dir Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.