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Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung, Erlösung

Vier gewichtige Worte – Jesus Christus wird mit all dem gleichgesetzt. Es gibt viele weise Menschen – Jesus ist die Weisheit in Person. Wir verzweifeln an der Herstellung von Gerechtigkeit – Jesus ist die Gerechtigkeit. Jesus verkörpert alles, was man zum Heiligwerden braucht. Und wenn wir Erlösung suchen, vom Bösen, vom Leiden, von Schuld: Jesus ist unsere Erlösung.

Jesus mit Heiligenschein und Dreieck Gottes um den Kopf, "Ich bin das Licht der Welt" auf der Brust - außerdem viele andere Symbole um ihn herum
Jesus ist Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung, Erlösung (Bild: Milos DuskicPixabay)

#predigtGottesdienst am 1. Sonntag nach Epiphanias, den 8. Januar 2006, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Vorgestern war der Tag der Erscheinung des Sterns von Bethlehem, gewöhnlich das Fest „Heilige Drei Könige“ genannt. In der evangelischen Kirche trägt dieser Tag den griechischen Namen „Epiphanias“, und an den Sonntagen nach Epiphanias geht es um das Licht, das mit der Geburt des Gottessohnes Jesus Christus in der Welt erschienen ist.

Heute, am 1. Sonntag nach Epiphanias, begleiten wir die weisen Männer aus dem Morgenland auf ihrem Weg nach Bethlehem. Darum ist die Kirche für den heutigen Sonntag noch weihnachtlich geschmückt geblieben. Finden wir in Bethlehem ein Licht, das in unser Leben hineinleuchtet, auch im Neuen Jahr?

Lied 73:

1. Auf, Seele, auf und säume nicht, es bricht das Licht herfür; der Wunderstern gibt dir Bericht, der Held sei vor der Tür, der Held sei vor der Tür.

3. Gib acht auf diesen hellen Schein, der aufgegangen ist; er führet dich zum Kindelein, das heißet Jesus Christ, das heißet Jesus Christ.

4. Drum mache dich behende auf, befreit von aller Last, und lass nicht ab von deinem Lauf, bis du dies Kindlein hast, bis du dies Kindlein hast.

5. Halt dich im Glauben an das Wort, das fest ist und gewiss; das führet dich zum Lichte fort aus aller Finsternis, aus aller Finsternis.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Der Stern von Bethlehem leuchtet noch in unserer Kirche, zwei Tage nach dem Fest Epiphanias. Der 6. Januar ist ein zweites kleines Weihnachtsfest, wenn die Männer aus dem Morgenland lange nach den Hirten auch noch an der Krippe im Stall ankommen. Welches Licht finden sie da? Strahlende Schönheit, Erleuchtung, Licht am Ende des Tunnels? Lasst uns das Licht suchen, das auch für uns von Weihnachten her in unseren Alltag hineinleuchtet!

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Finster sieht es aus, wenn wir keine Hoffnung haben. Grau in Grau erscheint uns alles, wenn wir im Leben keinen Sinn finden. Was versperrt uns die Sicht auf das Licht in der Welt? Sind es vielleicht dunkle Flecken auf der eigenen Brille, mit der wir, bildlich gesprochen, in die Welt hinausschauen, die wir nicht wahrnehmen, weil sie uns zu nahe sind? Sind es Dunkelheiten in unserem eigenen Herzen, die uns daran hindern, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken, Vertrauen zu wagen, Liebe zu leben? Guter Gott, wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Die Bibel ist gegen die Anwendung von Wahrsagerei und Magie. Wer auf Gott vertraut, muss nicht den Versuch unternehmen, die Zukunft in den Griff zu kriegen und das Schicksal herauszufordern. Aber wir werden gleich von Männern hören, die in der Bibel „Magier“ genannt werden und die wir heute als Astrologen bezeichnen würden. Von ihnen heißt es, dass sie sich von einem Stern an einen Ort leiten lassen, wo sie ihr Heil nicht mehr in der Deutung der Sterne, sondern im Vertrauen auf den Sohn Gottes suchen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat, nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.“

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott des Lichtes, erleuchte uns nun mit dem Wort der Bibel, wenn wir den Spuren der Magier aus dem geheimnisvollen Land des Ostens folgen. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus 2, 1-12:

1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:

2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.

3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem,

4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte.

5 Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten :

6 »Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.«

7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre,

8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete.

9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war.

10 Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut

11 und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.

12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

Herr, dein Wort ist unseres Fusses Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis
Lied 71, 1-4:

1) O König aller Ehren, Herr Jesu, Davids Sohn, dein Reich soll ewig währen, im Himmel ist dein Thron; hilf, dass allhier auf Erden den Menschen weit und breit dein Reich bekannt mög werden zur Seelen Seligkeit.

2) Von deinem Reich auch zeugen die Leut aus Morgenland; die Knie sie vor dir beugen, weil du ihn‘ bist bekannt. Der neu Stern auf dich weiset, dazu das göttlich Wort. Drum man zu Recht dich preiset, dass du bist unser Hort.

3) Du bist ein großer König, wie uns die Schrift vermeld’t, doch achtest du gar wenig vergänglich Gut und Geld, prangst nicht auf stolzem Rosse, trägst keine güldne Kron, sitzt nicht im steinern Schlosse; hier hast du Spott und Hohn.

4) Doch bist du schön gezieret, dein Glanz erstreckt sich weit, dein Güt allzeit regieret und dein Gerechtigkeit. Du wollst die Frommen schützen durch dein Macht und Gewalt, dass sie im Frieden sitzen, die Bösen stürzen bald.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, die beiden Weihnachtsevangelien nach Lukas und Matthäus berichten beide von Menschen, die das neugeborene Kind in Bethlehem besuchen. Bei Lukas kommen die Ärmsten der Armen zur Krippe, die Hirten vom Feld. Bei Matthäus kommen Magier von weither mit reichen Geschenken, wir nennen sie mit der Tradition der katholischen Kirche häufig die Heiligen Drei Könige.

So unterschiedlich diese Besucher sind, eins haben die Geschichten gemeinsam: Der Ort, zu dem beide sich aufmachen, Hirten und Könige, bleibt der gleiche: ein Ort mitten unter den einfachen Leuten. Nicht die Hirten müssen nach Jerusalem gehen, um vor den geschlossenen Toren eines Palastes zu stehen, während die königlichen Besucher das neugeborene Königskind bewundern dürfen. Nein, die Könige müssen von der Stadt der Paläste weg, um das wahre Königskind zu finden. Die Reichen müssen den Machtbereich des Königs Herodes verlassen, um sich der Macht eines ganz anderen Königs aussetzen zu können. Vor einem Kind, vor Gott in einem Kind, fallen sie in Bethlehem auf die Knie.

Wer Jesus finden will, muss also nicht zu den Mächtigen und Einflussreichen dieser Welt zählen. Und wenn er doch zu ihnen gehört, muss er vom hohen Ross herabsteigen. Genau dieses Thema behandelt der Apostel Paulus im 1. Kapitel seines 1. Briefes an die Korinther. Dieser Abschnitt ist für den heutigen 1. Sonntag nach Epiphanias als Predigttext vorgeschlagen (1. Korinther 1, 26-31):

26 Seht doch, liebe [Geschwister], auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen.

27 Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist;

28 und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist,

29 damit sich kein Mensch vor Gott rühme.

30 Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung,

31 damit, wie geschrieben steht (Jeremia 9, 22.23): „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!“

Paulus sagt also zu ganz normalen Leuten, die nicht reich oder mächtig oder angesehen sind, dass Gott gerade sie besonders liebt. Weil Gott es so will, gehören sie als allererste zu Jesus, zu seiner Gemeinde.

Und was finden sie bei diesem Jesus? Was haben sie davon, dass sie zu ihm gehören? Sie finden einen Jesus, „der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung“.

Dieser eine Satz hat es in sich. Er erläutert, was das heißt: Jesus ist das Licht der Welt. Vier gewichtige Worte werden genannt, und Jesus Christus wird mit all dem gleichgesetzt. Es gibt viele weise Menschen – Jesus ist die Weisheit in Person. Wir verzweifeln an der Herstellung von Gerechtigkeit auf Erden – Jesus ist die Gerechtigkeit. Ebenso, wenn einer ein Heiliger werden will: der muss sich an Jesus wenden, er verkörpert alles, was man zum Heiligwerden braucht. Und erst recht, wenn wir Erlösung suchen, Erlösung vom Bösen, vom Leiden, von eigener und fremder Schuld: wir müssen keinen anderen Erlöser suchen; Jesus ist unsere Erlösung.

Für den Rest der Predigt gehe ich jetzt an den vier großen Worten entlang, um zu schauen, wie sie sich verändern, wie sie neu zum Leuchten kommen, wenn jedes dieser so unpersönlich klingenden Konzepte – Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung, Erlösung – auf einmal ein Gesicht bekommt – das Gesicht von Jesus Christus.

Beginnen wir mit der Weisheit. Was verbinden wir mit diesem Wort? Die weisen Männer an der Krippe kommen aus dem Morgenland. Kommen sie vielleicht sogar aus dem Fernen Ostern und bringen ein Wissen über Yin und Yang mit, über das Gleichgewicht der männlichen und weiblichen Kräfte in der Welt? Wir wissen nicht, welche Weisheitslehren sie kennen; wir wissen nur, dass in Bethlehem die weisen Männer vor dem Jesuskind knien, weil es der Sohn Gottes ist, für sie der Inbegriff einer höheren Weisheit, als sie sie bisher kennen.

Der Evangelist Johannes sagt: im Menschen Jesus verkörpert sich das Wort Gottes selbst, sein Logos, seine Weisheit. Diese Weisheit Gottes ist Vernunft, aber nicht nur kalter Verstand. Sie ist verbunden mit unendlicher Liebe. Im Alten Testament heißt es von dieser Weisheit Gottes, dass sie bei der Schöpfung als sein Liebling dabei ist und ihre Freude daran hat, auf dem Erdkreis und mit den Menschenkindern zu spielen. Im Neuen Testament lesen wir, wie Jesus mit Kindern sehr behutsam umgeht und sicher auch mit ihnen spielt. Wir lesen, wie er offen auf Freund und Feind zugeht und respektvoll auch mit Frauen diskutiert. In dieser liebevollen Art und Weise verkörpert er die Weisheit, auf die die ganze Struktur und Ordnung der Schöpfung hinausläuft. Ohne die Liebe Jesu fehlt der Schöpfung die Liebe, die ihre Zerrissenheiten, ihre Brüche, ihre Grausamkeiten überwinden und heilen kann.

Dass sich in Jesus die Weisheit verkörpert, macht das Nachdenken anderer Menschen nicht überflüssig. Es ist ja nicht so, dass Jesus der einzige Weise wäre. Aber wie die Magier aus dem Osten beim Kind in der Krippe sozusagen eine Mitte für ihre Weisheit finden, auf die sie in Zukunft all ihr Denken ausrichten würden, so kann jede menschliche Philosophie bei Jesus lernen, eine Philosophie mit Herz zu sein. Odo Marquard meint zum Beispiel als skeptischer Philosoph: Wir endlichen, sterblichen Menschen können es uns nicht leisten, auf Gottesgeschenke wie Trost und Sinn und Liebe zu verzichten. Von einer solchen Philosophie kann die christliche Theologie ein Stück Bescheidenheit lernen, denn es ist Jesus, den wir gleichsetzen dürfen mit der Weisheit. Unsere menschliche Lehre von Gott erfasst immer nur einen kleinen Teil der Wahrheit.

Kommen wir zum Begriff der Gerechtigkeit. Für die meisten in unserem Kulturkreis verbindet sich mit Gerechtigkeit das Bild der Waage, des Ausgleichs der Interessen. Ob die Weisen aus dem Morgenland die römische Göttin Justitia kannten, ist ungewiss. Sie wird mit verbundenen Augen dargestellt, weil Gerechtigkeit für jeden gelten soll, ohne Ansehen der Person. Diese Vorstellung gibt es aber ähnlich auch schon im Alten Testament. Jeder Mensch, ob Mann oder Frau, ob arm oder reich, hat Rechte und soll zu seinem Recht kommen. Ursprünglich gibt es nur einen König und Richter über Israel, nämlich Gott selbst, und der garantiert, dass niemand im Volk ohne Rechte, ohne Eigentum und ohne Würde dasteht. Als Israel dann doch ein Königreich mit menschlichen Königen wird, treten die Propheten oft genug diesen Machthabern gegenüber und fordern Gerechtigkeit für die entrechteten Leute, die es inzwischen auch in Israel gíbt. König Herodes ist nur ein abschreckendes Beispiel für eine Machtausübung, die nicht an Gerechtigkeit, sondern nur am Eigennutz interessiert ist, und notfalls über Leichen geht. Aber wie ist es möglich, Menschen wie Herodes zu entmachten? Diejenigen, die damals die Gewalt der Mächtigen mit revolutionärer Gegengewalt bekämpfen und abschaffen wollen, scheitern am Ende auf grausame Weise. Sie erreichen nur, dass Jerusalem mit dem Tempel am Ende in Schutt und Asche liegt und das Volk der Juden in alle Welt zerstreut wird.

Christen erkennen in der Begegnung mit Jesus, dass Gerechtigkeit ein anderes Gesicht trägt: Gerechtigkeit erreicht nur der, der dem Bösen mit Gutem, der Gewalt mit Liebe entgegentritt. Gerechtigkeit erreicht nur, wer nicht mitmacht im Kreislauf der Ungerechtigkeit und Gewalt. Doch was ist, als dieses Konzept scheinbar nicht aufgeht? Die Feinde Jesu scheinen ja Recht zu behalten mit ihrer zynischen Menschenverachtung: Sie nageln Jesus ans Kreuz und wollen einen Gott der armen Leute auf den Müllhaufen der Geschichte werfen. Das Paradoxe war: sie können die Gerechtigkeit nicht besiegen, denn Gott selber weckt seinen gekreuzigten Sohn vom Tode auf und setzt ihn neben sich auf seinen himmlischen Thron, macht ihn zum Weltenrichter. Jesus ist der einzige, der das Recht hat, im Weltgericht über Barmherzige und Unbarmherzige zu urteilen. Als Jesus am Kreuz stirbt, ist er kein Loser, sondern er besiegt diejenigen, die zu schwach sind, um dem Bösen zu widerstehen, zu schwach für die Liebe, zu schwach für Gerechtigkeit. Jesus ist die Gerechtigkeit, indem er am Kreuz für Gerechte und Ungerechte stirbt.

Es gibt im Alten Testament noch eine andere Bedeutung von Gerechtigkeit, nämlich dass ein einzelner persönlich ein Gerechter ist – das heißt: ein Mensch, der vor Gott bestehen kann, weil er den Willen Gottes tut, wie er in den Geboten Gottes drinsteht. Das gleiche ist mit dem Wort Heiligung gemeint, mit dem dritten unserer großen Worte. Was für ein Symbol gibt es für die Heiligung? Mir fiel nur der Heiligenschein ein, aber als ich einen solchen im Internet suchte, fand ich fast nur witzige Bilder von Leuten, die eher zum Spaß sich selber oder irgendwelche Politiker mit einem solchen Schein abbilden. Am neutralsten sieht noch der Versuch eines Lampenherstellers aus, eine Leuchte in Form eines Heiligenscheins zu entwerfen.

Nur: wie erwirbt man sich tatsächlich einen Heiligenschein? Oder in anderen Worten der Bibel: Wie werde ich gerecht vor Gott? Martin Luther gräbt in der Reformationszeit eine alte Wahrheit aus der Bibel ganz neu aus: diese Form von Gerechtigkeit ist ein Geschenk, das Gott uns macht. Nur wenn Gott uns vergibt, wenn Jesus selber unsere Sünde trägt und nicht nachträgt, dann sind wir frei von Sünde und Unrecht, nur dann sind wir Gott recht. Wenn wir uns anrühren lassen von Gott, wenn wir seine Vergebung annehmen, wenn wir seine Liebe in uns aufnehmen und uns von ihr verwandeln lassen, dann gehören wir zur Gemeinschaft der Heiligen. Das ist auch etwas, was Menschen im Kontakt mit Jesus erfahren. Sie begegnen ihm und spüren ein solches Vertrauen, dass sie es nicht mehr nötig haben, egoistisch zu bleiben, ihre Krallen gegeneinander auszufahren. Sie können Liebe für sich persönlich annehmen und sie erleben: Das Reich Gottes ist mitten unter uns. Ein Stück vom heiligen Leben ist schon hier auf der Erde möglich, nur bruchstückhaft, aber ganz real, da wo Jesus persönlich zum Inbegriff unserer Heiligung wird.

Zuletzt Erlösung: Menschen wünschen sich Erlösung im Sinne von Befreiung aus Zwängen politischer, sozialer, religiöser Art. Menschen, die starke Schmerzen leiden, die in einer ausweglosen Notlage stecken, wünschen sich Erlösung notfalls auch durch den Tod. Die Bibel kennt und würdigt diese Wünsche. Sie weiß um die Wahrheit, dass Erlösung nicht so zu haben ist, dass man die Realität verleugnet und dass es einfach nichts mehr gibt, was weh tut. Erlösung hat immer mit einem Kreuz zu tun, das man tragen muss und das manchmal unerträglich schwer sein kann.

Die Bibel weiß aber eben auch um Erlösung, die man mitten in unerträglichen Situationen erfährt. Sie erzählt von der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten, von der Rückführung der Verbannten aus Babylon. Sie gibt die Klagegebete Hiobs wieder, der inmitten qualvoller Schmerzen seinen frommen Freunden widerspricht, die ihm unterstellen, dass er von Gott gestraft sei; nein, er pocht selbstbewusst auf seine Würde vor Gott, er besteht darauf, dass der Gott, der ihn schuldlos leiden lässt, auch sein Erlöser sein wird.

Jesus als der Sohn Gottes verkörpert Erlösung in einem Sinn, der noch darüber hinausgeht: er stirbt am Kreuz und besiegt den Tod, die Sünde, die Hölle, alles, was uns Menschen von Gott und seiner Liebe trennen kann.

So viel steckt in dem einen Satz des Paulus: „Durch Gott seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.“ Wir sind „in“ Jesus, wenn wir Teil seiner Gemeinde sind, die Paulus an einer anderen Stelle den Leib Christi nennt. Wer zu Jesus gehört, hat die Chance, mit Jesus und anderen Christen auch ein bisschen weise und gerecht und heilig zu sein, und wir haben mit Gewissheit die Aussicht auf Erlösung. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung, Erlösung, sind so etwas wie vier andere Namen für Jesus Christus. Darum singen wir jetzt ein Lied von den schönen Namen Gottes:

Lied 625: Wir strecken uns nach dir

Gott, Schöpfer des Lichtes, erleuchte uns mit den Strahlen deiner Liebe, dass es in unserer Seele hell wird, dass in unserem Geist Klarheit einzieht und dass im Kontakt zu anderen Menschen nicht das kalte Gesetz regiert, möglichst cool sein zu müssen, sondern die Wärme eines gegenseitigen Respektes.

Gott, wir bitten dich, lass dein Licht leuchten in unser Herz und auf unseren Weg, damit wir behütet sind in unserem Leben und getrost unseren Aufgaben nachgehen. Wir bitten dich, dass wir weder Augen noch Herz vor deinem Licht verschließen, dass wir aufmerksam bleiben auf das Gute, das uns geschenkt ist, und auf die Menschen, die auf uns angewiesen sind. Wo wir hart waren gegen Menschen in unserer Umgebung, lass uns unsere Haltung überdenken. Wo wir verletzt wurden, lass uns in Ruhe darüber sprechen.

Gott, wir bitten dich um dein Licht auch in den Kriegen und Krisengebieten dieser Welt. Schenke den Verantwortlichen den klaren Blick, dass alle Taten und Unterlassungen Menschen betreffen, ihnen nützen oder schaden können. Amen.

Was wir außerdem auf dem Herzen haben, bringen wir in der Stille vor Gott:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 640: Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehn
Abkündigungen

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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