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Schocktherapie: den eigenen Willen kriegen!

Gott will das Volk mit einer Schocktherapie heilen. Ihr wollt Fleisch haben? Ihr seid unzufrieden mit dem ewigen Manna? OK, ihr kriegt euren Willen. So viel Fleisch kriegt ihr, bis ihr euch davor ekelt! Das Gefühl, satt und zufrieden zu sein, kann nicht durch immer mehr Befriedigungen gestillt werden, wenn man nie gelernt hat, dass es ein „Genug“ gibt.

Küken in einem Drahtkäfig der Massentierhaltung
Küken in einem Drahtkäfig – fragwürdige Fleischversorgung heute (Bild: PublicDomainPicturesPixabay)

direkt-predigtAbendmahlsgottesdienst am Pfingstsonntag, den 3. Juni 2001, um 10.00 Uhr in der Pauluskirche zu Gießen
Johann Friedrich Fasch: Largo

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Zuerst einmal herzlichen Dank an Frau Marquard, Herrn Dr. Schulz und Herrn d‘Amour, die den Gottesdienst mit einem Largo von Johann Friedrich Fasch eröffnet haben!

Heute feiern wir Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, ein Ereignis, das 50 Tage nach Ostern geschah. Nach dem Abschied von Jesus werden die Jüngerinnen und Jünger Jesu vom Heiligen Geist erfüllt, und die Gemeinschaft der Kirche wird geboren.

Den Heiligen Geist gibt es aber nicht erst seit Pfingsten. Zur Frage, wer der Heilige Geist ist, hören wir heute eine Geschichte aus dem Alten Testament.

Als erstes Lied singen wir das Pfingstlied 126, Strophe 1 bis 4 und 7:

1) Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist, besuch das Herz der Menschen dein, mit Gnaden sie füll, denn du weißt, dass sie dein Geschöpfe sein.

2) Denn du bist der Tröster genannt, des Allerhöchsten Gabe teu’r, ein geistlich Salb an uns gewandt, ein lebend Brunn, Lieb und Feu’r.

3) Zünd uns ein Licht an im Verstand, gib uns ins Herz der Lieb Inbrunst, das schwach Fleisch in uns, dir bekannt, erhalt fest dein Kraft und Gunst.

4) Du bist mit Gaben siebenfalt der Finger an Gotts rechter Hand; des Vaters Wort gibst du gar bald mit Zungen in alle Land.

7) Gott Vater sei Lob und dem Sohn, der von den Toten auferstand, dem Tröster sei dasselb getan in Ewigkeit alle Stund.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wer ist der Heilige Geist? Er ist näher als wir denken.

Der Heilige Geist bist du selbst, Gott in uns – dein Geist in unserem Geist, ein Licht in unserem Verstand, eine geistliche Salbe, die uns heilt und tröstet, der Finger an deiner rechten Hand, der uns liebevoll zurechtweist. Heiliger Geist – du wirkst in uns und bist nicht von uns selber.

Kommt, lasst uns anbeten. „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wer ist der Heilige Geist? So nahe er ist, er ist heiliger als wir denken.

Der Heilige Geist, das bist du selbst, Gott, du, der Eine. Neben dir ist kein anderer Gott, über dich können wir nicht beliebig verfügen.

Du bist kein Wettergott, bei dem wir das passende Ausflugswetter bestellen. Kein Fußballgott, der die richtige Mannschaft zum Sieg führt.

Besonders kritisch gehst du mit uns ins Gericht, wenn wir meinen, dass wir in den Himmel kommen, weil wir besser als andere sind.

Vergib uns, wenn wir dich unter unsere Kontrolle bekommen wollen. Vergib uns, wenn wir deine Heiligkeit nicht ernstnehmen.

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Wer ist der Heilige Geist? Uns ganz nahe, sogar in uns drin, und doch nicht verfügbar. Nicht mit Geld zu bezahlen, doch uns einfach geschenkt.

Du bist Heiliger Geist, Gott. Wenn ich mich von dir angerührt fühle in einer Predigt. Wenn ich spüre: Gott, du hast mich lieb. Wenn ich traurig bin und zugleich getröstet. Wenn ich Angst kenne und Mut gewinne.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Vater über uns im Himmel, erfülle uns mit Deinem Geist, mit dem Vertrauen zu Dir!

Jesus, unser Bruder auf Erden, unser Erlöser in Ewigkeit, rühre uns an mit dem Geist Deiner Liebe!

Gott, Heiliger Geist des Vaters und des Sohnes, komm zu uns mit Deinem Trost und Deiner Hoffnung!

Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Johann Friedrich Fasch: Allegro

Wir hören die Schriftlesung aus der Apostelgeschichte 2, 1-4:

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren die Jüngerinnen und Jünger Jesu alle an einem Ort beieinander.

2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen.

3 Und es erschienen ihnen Zungen – zerteilt – wie von Feuer; und der Geist setzte sich auf einen jeden von ihnen,

4 und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja,Halleluja, Halleluja.“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 128:

1) Heilger Geist, du Tröster mein, hoch vom Himmel uns erschein mit dem Licht der Gnaden dein.

2) Komm, Vater der armen Herd, komm mit deinen Gaben wert, uns erleucht auf dieser Erd.

3) O du sel’ge Gnadensonn, füll das Herz mit Freud und Wonn aller, die dich rufen an.

4) Ohn dein Beistand, Hilf und Gunst ist all unser Tun und Kunst vor Gott ganz und gar umsonst.

5) Lenk uns nach dem Willen dein, wärm die kalten Herzen fein, bring zurecht, die irrig sein.

6) Gib dem Glauben Kraft und Halt, Heilger Geist, und komme bald mit den Gaben siebenfalt.

7) Führ uns durch die Lebenszeit, gib im Sterben dein Geleit, hol uns heim zur ewgen Freud.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, mit dem Heiligen Geist ist das ähnlich wie mit dem Reich Gottes bei Jesus – wenn man etwas davon verstehen will, muss man Geschichten erzählen. Frau … liest Ihnen vor, was im 4. Buch Mose – Numeri 11, vom Heiligen Geist erzählt wird, und ich lege den Text aus.

Worum geht es? Das Volk Israel war von Mose aus Ägypten geführt worden, weg aus der Knechtschaft und Quälerei. Doch der Weg in das neue Land der Freiheit ist weit und beschwerlich, Mühen und Gefahren und Schmerzen sind auf dem Weg mitten durch die Wüste zu bewältigen. Ist es da ein Wunder, dass das Volk unzufrieden wird?

1 Und das Volk klagte vor den Ohren des HERRN, dass es ihm schlecht gehe.

Das kommt in der Bibel immer wieder vor: Menschen klagen vor Gott, und Gott nimmt das in der Regel nicht übel. Aber hier reagiert Gott anders, jedenfalls sieht das der Erzähler der Geschichte so:

Und als es der HERR hörte, entbrannte sein Zorn, und das Feuer des HERRN loderte auf unter ihnen und fraß am Rande des Lagers.

Sie klagen – und fühlen sich nicht erhört. Stattdessen flammt ein Feuer am Rand des Lagers auf. Das verstehen sie als Strafe Gottes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott Menschen straft, nur weil sie klagen. Fest steht nur: Wenn sie das so empfinden, müssen sie ein schlechtes Gewissen haben. Vielleicht sind sie innerlich hin- und hergerissen – zwischen der Anklage gegen einen untätigen Gott und ihrem schlechten Gewissen: Uns geht es schlecht, und du hilfst uns nicht! Gibt es dich überhaupt? Sonst müsstest du doch eingreifen! Wenn Gott schweigt, ist das ein Beweis für seine Nichtexistenz – oder dafür, dass er ungerecht ist? Oder sind wir zu dickfellig, dass wir ihn nicht wahrnehmen?

Noch einmal klagt das Volk, diesmal auf dem Weg über den Vermittler Mose:

2 Da schrie das Volk zu Mose, und Mose bat den HERRN; da verschwand das Feuer.

Warum hört Gott jetzt auf die Fürsprache des Mose und nicht gleich auf sein Volk? Ich denke, Mose betet voll Vertrauen, die Leute im Volk jedoch glauben gar nicht, dass ihr Gebet erhört werden könnte. Das wird deutlich, als die Klagen des Volkes sofort weitergehen:

4 Da fingen … die Israeliten wieder an zu weinen und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben?

5 Wir denken an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, und an die Kürbisse, die Melonen, den Lauch, die Zwiebeln und den Knoblauch.

6 Nun aber ist unsere Seele matt, denn unsere Augen sehen nichts als das Manna.

Das Volk Gottes ist unzufrieden mit Gott. Der gönnt einem nichts Gutes. Die ägyptischen Götter müssen besser gewesen sein, fangen die Israeliten an zu denken, die haben wenigstens dafür gesorgt, dass man ordentlich zu essen hatte, und nicht immer nur Manna.

7 Es war aber das Manna wie Koriandersamen und anzusehen wie Bedolachharz.

8 Und das Volk lief hin und her und sammelte und zerrieb es mit Mühlen oder zerstieß es in Mörsern und kochte es in Töpfen und machte sich Kuchen daraus; und es hatte einen Geschmack wie Ölkuchen.

9 Und wenn bei Nacht der Tau über das Lager fiel, so fiel das Manna mit darauf.

Es war ein Gottesgeschenk für das Überleben in der Wüste, dieses Manna, aber jetzt hängt es ihnen zum Hals heraus!

10 Als nun Mose das Volk weinen hörte, alle Geschlechter miteinander, einen jeden in der Tür seines Zeltes, da entbrannte der Zorn des HERRN sehr. Und auch Mose verdross es.

Jetzt wird klar, was für eine Klage das Volk auf dem Herzen hat. Sie könnten zufrieden sein. Sie sind beschenkt worden. Aber was sie kriegen, ist ihnen nicht genug. Sie wollen mehr. Sie wollen ihren Willen durchsetzen. Dass sie ihren Hunger stillen können, ist ihnen nicht genug. Sie wollen mehr, um jeden Preis.

Und so rennen sie dem Mose die Bude ein. Alle Familien des Volkes senden ihre Vertreter zu Mose, sie stehen herum in der Tür seines Zeltes, sie hören nicht auf zu murren und zu jammern: Mose, gib uns mehr als dieses blöde ewige Manna, gib uns endlich Fleisch zu essen, wir sind doch keine Vegetarier!

Mose weiß nur einen Ausweg, er betet zu Gott, seinem Herrn.

11 Und Mose sprach zu dem HERRN: Warum bekümmerst du deinen Knecht? Und warum finde ich keine Gnade vor deinen Augen, dass du die Last dieses ganzen Volks auf mich legst?

12 Hab ich denn all das Volk empfangen oder geboren, dass du zu mir sagen könntest: Trag es in deinen Armen, wie eine Amme ein Kind trägt, in das Land, das du ihren Vätern zugeschworen hast?

Nun klagt Mose vor Gott. Er fühlt sich überlastet. Er fühlt sich wie eine Amme, die an ihrer Brust ein ganzes Volk von kleinen Kindern versorgen soll – und er fühlt sich ausgesaugt, leergepumpt von den überzogenen Ansprüchen dieser ewig unzufriedenen Menschen.

Er klagt weiter:

13 Woher soll ich Fleisch nehmen, um es all diesem Volk zu geben? Sie weinen vor mir und sprechen: Gib uns Fleisch zu essen.

14 Ich vermag all das Volk nicht allein zu tragen, denn es ist mir zu schwer.

Der große Mose ist gerade in diesem Stoßseufzer besonders groß und ein Vorbild für alle, die in der Versuchung stehen, sich zu viel Verantwortung aufzubürden: „Ich kann es nicht allein, es ist mir zu schwer!“ Sogar der große Prophet Mose sieht allerdings keinen Ausweg aus seiner Lage. Er ist verzweifelt und wünscht sich am Ende sogar den Tod. Lieber tot sein als ein elender Versager:

15 Willst du aber doch so mit mir tun, so töte mich lieber, wenn anders ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, damit ich nicht mein Unglück sehen muss.

Auf diese Klage des Mose hört Gott. Aber anders als Mose es sich gedacht hat. Gott schenkt dem Mose nämlich nicht den Tod, erfüllt ihm diesen verzweifelten Wunsch nicht. Er schenkt ihm etwas Besseres, indem er Mose eine neue Idee eingibt:

16 Und der HERR sprach zu Mose: Sammle mir siebzig Männer unter den Ältesten Israels, von denen du weißt, dass sie Älteste im Volk und seine Amtleute sind, und bringe sie vor die Stiftshütte und stelle sie dort vor dich,

17 so will ich herniederkommen und dort mit dir reden und von deinem Geist, der auf dir ist, nehmen und auf sie legen, damit sie mit dir die Last des Volks tragen und du nicht allein tragen musst.

Mose soll Mitarbeiter bekommen. Er soll sie aussuchen unter den Ältesten des Volkes, unter denen, die erfahren genug sind, um Verantwortung tragen zu können. Feierlich will Gott einen Teil des Geistes, der auf Mose ruht, wegnehmen und an die anderen verteilen.

Interessant, diese Formulierung: Dem Mose muss auch etwas weggenommen werden, wenn er entlastet werden will. Das kann einem sehr schwerfallen. Es ist ja auch schön, gebraucht zu werden und unentbehrlich zu sein. Und wie groß kann die Angst sein, an Bedeutung zu verlieren, wenn man etwas nicht mehr kann, wenn man eine Aufgabe in andere Hände übergeben muss!

Und was hat Gott mit dem unzufriedenen Volk vor?

18 Und zum Volk sollst du sagen: Heiligt euch für morgen, so sollt ihr Fleisch zu essen haben; denn euer Weinen ist vor die Ohren des HERRN gekommen, die ihr sprecht: »Wer gibt uns Fleisch zu essen? Denn es ging uns gut in Ägypten.« Darum wird euch der HERR Fleisch zu essen geben,

19 nicht nur einen Tag, nicht zwei, nicht fünf, nicht zehn, nicht zwanzig Tage lang,

20 sondern einen Monat lang, bis ihr’s nicht mehr riechen könnt und es euch zum Ekel wird, weil ihr den HERRN verworfen habt, der unter euch ist, und weil ihr vor ihm geweint und gesagt habt: Warum sind wir aus Ägypten gegangen?

Gott will das Volk offenbar mit einer Schocktherapie heilen. Ihr wollt Fleisch haben? Ihr seid unzufrieden mit dem ewigen Manna? OK, ihr kriegt euren Willen. So viel Fleisch kriegt ihr, bis ihr euch davor ekelt! Ist es Zufall, dass mich das erinnert an unser Leben im Fleischüberschuss und an die Aufregung um BSE und Maul- und Klauenseuche?

Gottes Schocktherapie sieht unbarmherzig aus. Aber vielleicht können sie nur so etwas lernen. Nämlich, dass sie einem Denkfehler aufsitzen. Sie meinen ja: Wenn wir Fleisch haben, ist unser Problem gelöst. Gott weiß schon jetzt: Auch dann wird ihr Hunger nicht gestillt sein. Auch dann werden sie wieder unzufrieden sein. Das Gefühl, satt und zufrieden zu sein, kann nicht durch immer mehr Befriedigungen von außen gestillt werden, wenn man nie gelernt hat, dass es für alles ein „Genug“ gibt. Ein Kind, das sich geliebt weiß und Geborgenheit kennt, das kann im wahrsten Sinne des Wortes gestillt werden und in sich ruhen. Aber nichts Äußerliches kann die ungestillte Sehnsucht nach Liebe ausfüllen und stillen.

Die Leute im Volk sind unzufrieden. Sie wollen immer mehr. Sie setzen Mose und Gott unter Druck. Doch vor dem, was sie eigentlich brauchen, laufen sie davon. Sie fliehen vor dem Gefühl, in einer Welt des Mangels auf jemanden angewiesen zu sein, der sie Tag für Tag versorgt. Sie fliehen vor dem Gefühl der Verletzlichkeit in einer Welt der Gefahren. Sie fliehen vor der Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, nach Vertrauen zu einem Gott, den man nicht erpressen, sondern nur bitten kann.

Doch selbst Mose versteht nicht, was Gott vorhat. Nicht einmal er glaubt, dass Gott so viel Fleisch besorgen kann:

21 Und Mose sprach: 600 000 Mann Fussvolk sind es, mit denen ich lebe, und du sprichst: Ich will ihnen Fleisch geben, dass sie einen Monat lang zu essen haben.

22 Kann man so viele Schafe und Rinder schlachten, dass es für sie genug sei? Oder kann man alle Fische des Meeres einfangen, dass es für sie genug sei?

Auf diesen offen geäußerten Zweifel bekommt Mose Gottes knappe Antwort:

23 Der HERR aber sprach zu Mose: Ist denn die Hand des HERRN zu kurz? Aber du sollst jetzt sehen, ob sich dir mein Wort erfüllt oder nicht.

Da ist das Vertrauen des Mose wiederhergestellt und er stellt sich seiner neuen Aufgabe – die darin besteht, dass er viel Verantwortung abgeben darf und soll.

24 Und Mose ging heraus und sagte dem Volk die Worte des HERRN und versammelte 70 Männer aus den Ältesten des Volks und stellte sie rings um die Stiftshütte.

25 Da kam der HERR hernieder in der Wolke und redete mit ihm und nahm von dem Geist, der auf ihm war, und legte ihn auf die siebzig Ältesten. Und als der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in Verzückung wie Propheten und hörten nicht auf.

Die Stiftshütte ist so eine Art Kirchenzelt mitten im Lager der Israeliten, wo sie Gott anbeten. Um diese Wanderkirche herum stehen 70 ausgewählte Leute, vergleichbar mit einem gewählten Kirchenvorstand oder der Mitarbeiterversammlung einer Gemeinde.

Und dann geschieht das, weshalb wir diesen Text heute am Pfingstsonntag auslegen: Gott selbst kommt herunter vom Himmel, allerdings in einer Wolke verhüllt, und zunächst kann wie bisher nur Mose ihn reden hören – er allein hat bis zu diesem Zeitpunkt Gottes Geist in sich – dieses Vertrauen zu Gott, diese Fähigkeit, im eigenen Geist Gottes Geist wahrzunehmen und von den eigenen allzumenschlichen Interessen zu unterscheiden.

Und dann nimmt Gott von Moses Geist und legt davon etwas auf die 70 Ältesten – das ist wie mit den Feuerzungen in der Pfingstgeschichte des Lukas: Da kriegt jeder Apostel etwas ab vom Heiligen Geist, der in Jesus war.

Und als der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in Verzückung wie Propheten und hörten nicht auf.

Wie in der Pfingstgeschichte reden die Ältesten plötzlich wie Propheten, geraten in ein besonderes inneres Glück, eine Verzückung, sie sind erfüllt mit neuer Kraft, Feuer und Flamme für ihren Gott, sie wollen nun gern Mose helfen und mit ihm gemeinsam für das Volk da sein.

Ich stelle mir diese Verzückung ganz realistisch und ganz schlicht vor. Diese Ältesten gehören ja auch zu den Israeliten, die geklagt und gemurrt haben gegen Mose und Gott – jetzt sind sie angerührt von Gott, jetzt ist Vertrauen gewachsen mitten in ihrem Zweifel. Nicht alle ihre Wünsche müssen erfüllt werden, und Gott ist doch bei ihnen. Sie haben viel verloren, aber sie sind nicht verloren. Sie sind nicht vollkommen, aber Gott traut ihnen viel zu.

Das ist Heiliger Geist: Ich baue mein Leben auf Vertrauen auf. Ich traue mich zu fühlen, was ich fühle, was manchmal weh tut, ich lasse mich auch darauf ein, was der andere fühlt, der mit mir lebt. Ich spüre Angst und Trauer, das Leben ist oft hart, und doch lasse ich mich dadurch nicht hart machen, sondern verlasse mich auf Liebe, suche Menschen, denen ich vertrauen kann.

Instrumentalkreis: Johann Friedrich Fasch – Allegro

Liebe Gemeinde, damals wie heute ist es schwer, sich auf Vertrauen einzulassen. Man möchte nicht so verletzbar sein. Ist Gott nicht doch weit weg? Ist Liebe nicht eine Illusion? Soll man nicht lieber gleich ohne Gott leben, ohne Liebe, ohne Hoffnung, ohne Vertrauen?

Leider endet unsere Geschichte traurig. Auch die 70 Ältesten haben nicht sofort mehr Erfolg beim gesamten Volk als Mose. Nach wie vor steht dem Volk die andere Möglichkeit offen: das Vertrauen zu Gott ist gut, aber Kontrolle ist besser. Sich auf Liebe zu verlassen, erscheint zu unsicher, besser man sucht die Lebenserfüllung in der Gier nach immer mehr und mehr – mehr Geld, Vergnügen, Essen, Fleisch muss her.

Darum endet die Geschichte mit der Schocktherapie Gottes, die er dem Volk angekündigt hatte:

31 Da erhob sich ein Wind, vom HERRN gesandt, und ließ Wachteln kommen vom Meer und ließ sie auf das Lager fallen, eine Tagesreise weit rings um das Lager, zwei Ellen hoch auf der Erde.

32 Da machte sich das Volk auf und sammelte Wachteln diesen ganzen Tag und die ganze Nacht und den andern ganzen Tag; und wer am wenigsten sammelte, der sammelte hundert Scheffel. Und sie breiteten sie rings um das Lager aus, um sie zu dörren.

Auch der Überfluss ist vom Wind Gottes gesandt – von Gottes Geist. Das Volk hätte den Fleischüberfluss als Segen annehmen, maßvoll genießen können, dankbar für Gottes Güte. Aber das können sie nicht. Sie sammeln so viel wie möglich, suchen das Heil in möglichst viel von allem. Dieser Weg führt ins Verderben. Immer mehr Wollen – das macht nicht satt.

33 Als aber das Fleisch noch zwischen ihren Zähnen war und ehe es ganz aufgebraucht war, da entbrannte der Zorn des HERRN gegen das Volk, und er schlug sie mit einer sehr großen Plage.

34 Daher heißt die Stätte »Lustgräber«, weil man dort das lüsterne Volk begrub.

Schade. Nicht geisterfüllt, sondern lüstern sind die Menschen, die nie zufrieden sein können, die nicht ihre leeren Hände Gott entgegenstrecken wollen, die sich nicht beschenken lassen wollen mit dem Geist Gottes: mit Vertrauen, Hoffnung, Liebe! Lüstern – das ist eine Lust ohne Freude. Der Geist Gottes dagegen schenkt wahres Glück – Freude mitten im Leid, Trost in Trauer, Lebenslust, die ein Genug kennt. Ich kann Gottes gute Gaben genießen, ohne anderen etwas wegnehmen zu müssen. Mein Hunger wird gestillt, meine innere Unruhe wird verwandelt in Frieden. Schenke uns deinen Geist, o Gott, schenke uns ein fühlendes Herz, Trost und Ruhe für unsere Seele, Kraft und Mut für den neuen Tag. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen aus dem Lied 135 die Strophen 1, 2 + 6:

1) Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen, zündet Opfer an; denn der Geist der Gnaden hat sich eingeladen, machet ihm die Bahn! Nehmt ihn ein, so wird sein Schein euch mit Licht und Heil erfüllen und den Kummer stillen.

2) Tröster der Betrübten, Siegel der Geliebten, Geist voll Rat und Tat, starker Gottesfinger, Friedensüberbringer, Licht auf unserm Pfad: gib uns Kraft und Lebenssaft, lass uns deine teuren Gaben zur Genüge laben.

6) Hilf das Kreuz uns tragen, und in finstern Tagen sei du unser Licht; trag nach Zions Hügeln uns mit Glaubensflügeln und verlass uns nicht, wenn der Tod, die letzte Not, mit uns will zu Felde liegen, dass wir fröhlich siegen.

Nun feiern wir am Pfingstfest das heilige Abendmahl miteinander. Wer kommen will, mag gleich nach vorn in den großen Kreis kommen, die anderen bleiben bitte noch in der Kirche auf ihrem Platz.

Im Abendmahl sind wir eingeladen, zu spüren, dass wir von Gott genug bekommen – in Brot und Kelch stillt Gott unseren Hunger nach Leben und Stärkung, unseren Durst nach Vergebung und Liebe.

Gott, nimm von uns, was uns von dir trennt: Unglauben, Lieblosigkeit, Verzagtheit. Hochmut, Trägheit, Lebenslügen. In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Seele belastet:

Beichtstille

Wollt Ihr Gottes Treue und Vergebung annehmen durch seinen Heiligen Geist, so sagt laut oder leise oder auch still im Herzen: Ja!

Auf euer aufrichtiges Bekenntnis spreche ich euch die Vergebung eurer Sünden zu – im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Der Herr sei mit euch. „Und mit deinem Geiste.“

Die Herzen in die Höhe! „Wir erheben sie zum Herren.“

Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserem Gott. „Das ist würdig und recht.“

Würdig und recht ist es, Gott ernst zu nehmen als den der heilig ist in seiner Güte und Freundlichkeit zu uns Menschen. Würdig und recht ist es, uns selber anzunehmen als Menschen, in denen Gottes Geist wirken will, von Gott geliebt und verantwortlich für unser Leben. Zu dir rufen wir und preisen dich, Heiliger Gott:

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind seiner Ehre voll. Hosianna in der Höhe. Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.

Vater unser und Abendmahl

Jesus spricht: Gleichwie mich der Vater in die Welt gesandt hat, so sende ich euch. Empfangt den Geist der Wahrheit, den Tröster, der euch zuversichtlich leben lässt. Geht hin im Frieden. Amen.

Wir singen das Lied 124:

1) Nun bitten wir den Heiligen Geist um den rechten Glauben allermeist, dass er uns behüte an unserm Ende, wenn wir heimfahrn aus diesem Elende. Kyrieleis.

2) Du wertes Licht, gib uns deinen Schein, lehr uns Jesus Christ kennen allein, dass wir an ihm bleiben, dem treuen Heiland, der uns bracht hat zum rechten Vaterland. Kyrieleis.

3) Du süße Lieb, schenk uns deine Gunst, lass uns empfinden der Lieb Inbrunst, dass wir uns von Herzen einander lieben und im Frieden auf einem Sinn bleiben. Kyrieleis.

4) Du höchster Tröster in aller Not, hilf, dass wir nicht fürchten Schand noch Tod, dass in uns die Sinne nicht verzagen, wenn der Feind wird das Leben verklagen. Kyrieleis.

Abkündigungen

Gott, wir danken dir für die Gaben, die wir empfangen – Brot, Kelch, Gemeinschaft deiner Liebe, deinen Heiligen Geist. Lass uns ganz auf deinen Geist bauen, der uns hilft zu leben, zu vertrauen, zu lieben. Schenke uns deinen Geist, der uns sogar hilft, selig zu sterben und die Menschen loszulassen, die wir im Tod verlieren.

Insbesondere schließen wir heute in unsere Fürbitte die Menschen ein, die wir in den vergangenen beiden Wochen bestattet haben: … . Schenke uns Trost, wenn wir einen schweren Verlust erlitten haben und lehre uns bedenken, dass unser Leben kostbar ist. Hilf uns, wenn wir einen Weg der Trauer zu gehen haben, dass wir den Schmerz aushalten können und auch Dankbarkeit spüren, dass wir bewahren, was uns geschenkt war und Vergebung annehmen können. So bitten wir um deinen Heiligen Geist. Amen.

Und nun lasst uns mit Gottes Segen in den Sonntag gehen – wer möchte, ist im Anschluss noch herzlich zum Beisammensein mit Kaffee oder Tee im Gemeindesaal eingeladen.

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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