Bild: Helmut Schütz

„Der schöne Ostertag!“

Der Ostertag kann erst schön werden, wenn die Menschen ins Helle kommen, das Licht an sich heranlassen, das da zu leuchten beginnt. Obwohl die Frauen sehen, dass der Stein weggewälzt ist, obwohl sie die Botschaft des Engels hören, braucht es Zeit, bis sich die Osterbotschaft gesetzt und die Tiefe der Seele erreicht hat.

Bläserkreis und Pfarrer Helmut Schütz bei der Osterandacht 2005 am Steinkreuz auf dem Neuen Friedhof Gießen
Bläserkreis und Pfarrer Helmut Schütz bei der Osterandacht 2005 am Steinkreuz auf dem Neuen Friedhof Gießen

Osterandacht am Ostersonntag, den 27. März 2005, um 8.00 Uhr am Steinkreuz auf dem Friedhof Gießen
Vorspiel des Bläserkreises

„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“

Am Steinkreuz auf dem Friedhof am Rodtberg begrüße ich Sie herzlich am Ostermorgen 2005 zur traditionellen Frühandacht, um die Auferstehung Jesu Christi von den Toten zu feiern.

Den Posaunenbläserinnen und -bläsern um Herrn Alfred Joswig danke ich herzlich dafür, dass sie wie gewohnt in ehrenamtlicher Mitarbeit diese Feier musikalisch begleiten.
Osterandacht-Teilnehmer

Wir sammeln uns um die Osterbotschaft im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lasst uns nun mit dem Lied 111 den Weg der Frauen am Ostermorgen zum Grab Jesu mitgehen. Wir singen die Strophen 1 bis 3:

1. Frühmorgens, da die Sonn aufgeht, mein Heiland Christus aufersteht. Vertrieben ist der Sünden Nacht, Licht, Heil und Leben wiederbracht. Halleluja.

2. Wenn ich des Nachts oft lieg in Not verschlossen, gleich als wär ich tot, lässt du mir früh die Gnadensonn aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn. Halleluja.

3. Nicht mehr als nur drei Tage lang mein Heiland bleibt ins Todes Zwang; am dritten Tag durchs Grab er dringt, mit Ehr sein Siegesfähnlein schwingt. Halleluja.

Wir hören die Osterbotschaft nach dem Evangelisten Markus 16, 1-8:

1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

Wir singen aus dem Lied 111 vier weitere Strophen 11 bis 14:

11. O Wunder groß, o starker Held! Wo ist ein Feind, den er nicht fällt? Kein Angststein liegt so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja.

12. Wie tief Kreuz, Trübsal oder Pein: mein Heiland greift allmächtig drein, führt mich heraus mit seiner Hand. Wer mich will halten, wird zuschand‘. Halleluja.

13. Lebt Christus, was bin ich betrübt? Ich weiß, dass er mich herzlich liebt; wenn mir gleich alle Welt stürb ab, g’nug, dass ich Christus bei mir hab. Halleluja.

14. Mein Herz darf nicht entsetzen sich, Gott und die Engel lieben mich; die Freude, die mir ist bereit‘, vertreibet Furcht und Traurigkeit. Halleluja.

Liebe Gemeinde, wir wünschen uns ein frohes Osterfest, und ich habe heute für diese Andacht das Thema „Der schöne Ostertag“ gewählt.

Wenn wir allerdings in die Bibel schauen, können wir uns die Frage stellen: Ab welchem Zeitpunkt ist der Ostertag eigentlich ein schöner Tag? Wir haben gesungen: „Mein Herz darf nicht entsetzen sich“. Aber der älteste Bericht vom leeren Grab im Evangelium nach Markus 16, 8 endet mit den Worten:

„Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“

Teilnehmende an der Osterandacht 2005 auf dem Neuen Friedhof Gießen
Teilnehmende an der Osterandacht 2005 auf dem Neuen Friedhof Gießen

Wir singen aus dem Lied 117 die erste Strophe:

Der schöne Ostertag! Ihr Menschen, kommt ins Helle!

Der Ostertag kann erst schön werden, wenn die Menschen ins Helle kommen, wenn sie das Licht an sich heranlassen, das da zu leuchten beginnt. Obwohl die Frauen sehen, dass der Stein weggewälzt ist, obwohl sie die Botschaft des Engels hören, braucht es seine Zeit, bis sich die Osterbotschaft gesetzt und die Tiefe der Seele erreicht hat.

Wie das erste Entsetzen der Frauen in Freude verwandelt worden ist, können wir in der Berichterstattung der anderen Evangelisten schön weiterverfolgen.

Auch Lukas notiert das Erschrecken der Frauen (Lukas 24, 5):

„Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde.“

Lukas zufolge richten sie sogar die Botschaft den Jüngern aus (Lukas 24, 9):

„Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen.“

Aber dort fiel ihre Verkündigung nicht sofort auf fruchtbaren Boden, denn (Lukas 24, 11)

„es erschienen ihnen diese Worte, als wär’s Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.“

Selbst am Abend, als ihnen ihr Herr Jesus persönlich erscheint, können sie sich zunächst nur verwundern und es vor Freude nicht glauben. Auf diese Geschichte gehe ich nachher im Gottesdienst der Pauluskirche näher ein (Lukas 24, 41).

Und Matthäus? Er weiß von gemischten Gefühlen der Frauen zu erzählen (Matthäus 28, 8):

„Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen.“

Auch unter den männlichen Jüngern erwähnt er welche, die glauben und einige, die zweifeln (28, 17).

Wir singen die 2. Strophe aus dem Lied 117:

Was euch auch niederwirft, Schuld, Krankheit, Flut und Beben

Genau wie es problematisch ist, am Karfreitag auf Kommando traurig zu sein, ist es verständlich, wenn sich am Ostermorgen nicht automatisch Freude einstellt. Schuld, Krankheit, Flut und Beben – das sind Worte, die Zweifel wecken, besonders in den Monaten nach dem 2. Weihnachtstag 2004. Hat der, der am Kreuz getötet wurde, wirklich dieses Kreuz – und das Kreuz aller Menschen! – ins Leben getragen?

Am intensivsten beschäftigt sich der späteste Evangelist mit dem Thema der Trauer nach dem für alle seine Freundinnen und Freunde zunächst unfassbaren Tod Jesu am Kreuz. Johannes konzentriert sich auf die Trauer einer einzelnen Frau, der Maria Magdalena. Sie empfindet das leere Grab in übergroßem Schmerz zuerst überhaupt nicht als Trost und hat nicht einmal Ohren für die Botschaft der Engel im Grab. Erst die Begegnung mit Jesus in einer persönlichen Vision öffnet ihr die Augen dafür, dass Jesus nicht im Grab zu finden ist, sondern lebt (Johannes 20, 16). Ihre Liebe zu ihm läuft nicht ins Leere. Und auch die Jünger werden erst getröstet, als ihnen Jesus persönlich erscheint (Johannes 20, 20):

„Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“

Wir singen aus dem Lied 117 die 3. Strophe:

Muss ich von hier nach dort – er hat den Weg erlitten

Der Ostertag wird erst ein schöner Tag, wenn die Botschaft weitergegeben wird und ankommt, dass Jesus lebt, dass er wahrhaftig auferstanden ist. Für einige beginnt der schöne Ostertag am Ostermorgen, für andere am selben Abend. Andere Erzählungen, die sich in Galiläa am See Genezareth oder auf dem Weg zwischen Jerusalem und Emmaus abspielen, deuten darauf hin, dass die Jünger, die in der Nacht zum Karfreitag das Weite gesucht haben, erst später von der Osterbotschaft erreicht werden: Sie öffnen ihr Herz für Trost und Licht und neue Hoffnung, als sie schon zurückgekehrt sind an ihre Fischernetze, in ihre Herkunftsorte; da haben sie, ohne es so offen zu zeigen wie die Frauen, ihr eigenes Stück Zittern und Entsetzen ebenfalls hinter sich. Während die Frauen bewusst den Ort der Trauer am Grab Jesu aufsuchen, versuchen die Männer ihre Verzweiflung möglichst wenig zu spüren; die Fischer lenken sich mit Arbeit ab, und auch die Emmausjünger verlassen niedergeschlagen den Ort ihrer enttäuschten Hoffnungen: „Wir aber dachten, er würde Israel erlösen!“

Doch wie lange es auch dauert und an welche Orte sie sich verkrochen haben mögen, die Osterbotschaft erreicht sie doch. Sie erkennen Jesus zu Hause beim Brotbrechen oder während ihrer Arbeit beim Netzeauswerfen. Manche erfahren sehr handgreifliche Visionen, in denen sie ihn essen sehen und seine Wunden berühren dürfen. Und die beiden bedeutendsten Apostel der jungen Kirche, Petrus und Paulus, erfahren ihr Ostern darin, dass ihr Herr Jesus ihnen vergibt – Petrus nach der dreimaligen Verleugnung, Paulus, nachdem er die Christengemeinde fanatisch verfolgt hatte.

Der schöne Ostertag, jeder erlebt ihn auf seine Weise, sei es in der Begegnung mit Engeln oder mit Jesus selbst oder in einem Wort, das tröstet, vergibt und zum Aufstehen ermutigt.

Ihnen wünsche ich, dass Sie ihn heute erleben – den schönen Ostertag. Amen.

Wir singen das Lied 116:

1. Er ist erstanden, Halleluja. Freut euch und singet, Halleluja. Denn unser Heiland hat triumphiert, all seine Feind gefangen er führt. Lasst uns lobsingen vor unserem Gott, der uns erlöst hat vom ewigen Tod. Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!

2. Er war begraben drei Tage lang. Ihm sei auf ewig Lob, Preis und Dank; denn die Gewalt des Tods ist zerstört; selig ist, wer zu Jesus gehört. Lasst uns lobsingen vor unserem Gott, der uns erlöst hat vom ewigen Tod. Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!

3. Der Engel sagte: »Fürchtet euch nicht! Ihr suchet Jesus, hier ist er nicht. Sehet, das Grab ist leer, wo er lag: er ist erstanden, wie er gesagt.« Lasst uns lobsingen vor unserem Gott, der uns erlöst hat vom ewigen Tod. Sünd ist vergeben, Halleluja! Jesus bringt Leben, Halleluja!

Lasst uns beten:

Der schöne Ostertag – ja, lass ihn schön werden, heute und morgen. Gib, dass wir an schönem Wetter Freude haben, uns aber auch durch Regen nicht die Laune verderben lassen. Lass an den Feiertagen zur Ruhe kommen, wer Ruhe bitter nötig hat. Lass Frieden einkehren, wo Streit ist.

Der schöne Ostertag – gib uns den Mut, ins Helle zu kommen! Dass wir Resignation und depressive Stimmungen hinter uns lassen können, dass wir schwere Sorgensteine von unserer Seele abwerfen können.
Der schöne Ostertag – hilf uns, Krankheit und Belastungen zu bestehen oder zu ertragen. Lass uns nicht verzweifeln, wenn uns Unglück trifft. Vergib uns, wenn wir schuldig geworden sind. Schenke uns einen neuen Anfang, wo wir am Ende sind. Lass uns auf den vertrauen, der unser Kreuz ins Leben trägt.

Der schöne Ostertag – lass ihn uns auch zum Trost werden, wenn wir um Menschen trauern oder dem Tod ins Auge sehen müssen. Du bist in Jesus den Weg gegangen, der uns Angst macht, du bist ihn gegangen bis zum Ende, wo nicht der Untergang, sondern das ewige Leben auf uns wartet. Amen.

Wir beten mit Jesu Worten:

Vater unser

Wir singen das Lied 110:

1. Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja, in deiner Urständ fröhlich ist. Halleluja, Halleluja.

2. Das himmlisch Heer im Himmel singt, Halleluja, Halleluja, die Christenheit auf Erden klingt. Halleluja, Halleluja.

3. Jetzt grünet, was nur grünen kann, Halleluja, Halleluja, die Bäum zu blühen fangen an. Halleluja, Halleluja.

4. Es singen jetzt die Vögel all, Halleluja, Halleluja, jetzt singt und klingt die Nachtigall. Halleluja, Halleluja.

5.Der Sonnenschein jetzt kommt herein, Halleluja, Halleluja, und gibt der Welt ein‘ neuen Schein. Halleluja, Halleluja.

6. Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja, in deiner Urständ fröhlich ist. Halleluja, Halleluja.

Nun geht mit Gottes Segen in diesen Ostertag:

Der Herr segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

Nachspiel des Bläserkreises

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