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Jona im Wal und Daniel in der Löwengrube

Was für ein „großer Fisch“ hätte den Jona verschlingen können, ohne ihm sämtliche Knochen im Leibe zu zerbrechen? War Jona vielleicht nicht im Magen, sondern in der Maulhöhle eines Pottwals? Wie konnte Daniel mit seinem unerschütterlichen Gottvertrauen in der Löwengrube überleben? Beide Errettungen im Vertrauen auf Gott bleiben wunderbar, auch wenn man sie auf natürliche Weise erklären kann.

Peter Paul Rubens, Daniel in der Löwengrube
Peter Paul Rubens, Daniel in der Löwengrube (Bild: anielbaez0Pixabay)

direkt-predigtGottesdienst am 13. Sonntag nach Trinitatis, den 30. August 2015, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Zur Gottesdienstreihe mit Tierpredigten ließ ich mich durch das Buch von Vitus B. Dröscher, Über die Tierwunder der Bibel, Esslingen 1990, inspirieren. Ich verwende zahlreiche Zitate aus diesem Buch (manchmal paraphrasierend, manchmal wörtlich zitierend, die Seitenzahlen unten beziehen sich auf dieses Buch). Da ich die Argumentation Dröschers immer nur stark gekürzt wiedergeben kann, kann ich nur empfehlen, seine Bücher selbst zu lesen.

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich in der Pauluskirche zum letzten Gottesdienst im August, in dem Herr Pfarrer Schütz eine vierte Tierpredigt halten wird; heute geht es um Jona im Wal und um Daniel in der Löwengrube.

Wir singen aus dem Lied 271 die Strophen 1 und 3 bis 5:
Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir loben Gott mit Worten aus dem apokryphen Buch der Stücke zu Daniel 3, dem Gesang der drei Männer im Feuerofen. Dieser Text ist eine Litanei, in der sich in jedem Vers zwei Sätze wiederholen. Ich nenne jeweils Geschöpfe Gottes, und Sie fordern diese Geschöpfe zum Gotteslob auf mit den Worten: „Lobt den Herrn!“ Dann beschließe ich den Vers mit den Worten „Preist und rühmt ihn ewiglich!“, und ich komme zum nächsten Vers.

39 Sonne und Mond, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

40 Alle Sterne am Himmel, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

41 Regen und Tau, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

42 Alle Winde, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

43 Feuer und Hitze, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

44 Frost und Kälte, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

Tropfen und Flocken, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

45 Tag und Nacht, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

46 Licht und Finsternis, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

47 Eis und Frost, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

48 Reif und Schnee, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

49 Blitze und Wolken, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

50 Die Erde lobe den Herrn, sie preise und rühme ihn ewiglich!

Kommt, lasst uns Gott anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Wir klagen zu Gott mit Worten des Jona, als er im Leib des großen Fisches war (Jona 2):

3 Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme.

4 Du warfest mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben. Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich,

5 dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen…

6 Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben, die Tiefe umringte mich…

7 … Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, HERR, mein Gott!

8 Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den HERRN, und mein Gebet kam zu dir…

Auch wir dürfen vor dir klagen, Gott, auch wir vertrauen uns dir an, wenn wir in Nöten sind. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Mehr noch loben wir Gott mit den Worten aus dem Buch der Stücke zu Daniel 3, so wie vorhin:

51 Berge und Hügel, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

52 Alles, was auf der Erde wächst, lobe den Herrn, preise und rühme ihn ewiglich!

53 Ihr Quellen, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

54 Meer und Wasserströme, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

55 Walfische und alles, was sich im Wasser regt, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

56 Alle Vögel unter dem Himmel, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

57 Alle zahmen und wilden Tiere, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

58 Ihr Menschenkinder, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

62 Ihr Geister und Seelen der Gerechten, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

63 Ihr Heiligen und die ihr von Herzen demütig seid, lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!

65 Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

66 Alle, die den Herrn fürchten, lobt den Gott aller Götter, preist ihn und rühmt, dass seine Güte ewiglich währt!

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott, wir kommen zu dir, um dich zu loben. Wir dürfen auch kommen, um zu bitten, zu klagen, ja sogar um dich anzuklagen. Du bist der Gott aller Götter, denn alles, was sich sonst auf Erden Gott nennt, verdient es nicht, angebetet zu werden. Wenn wir das Geld anbeten oder ein bestimmtes Ideal von Schönheit, wenn wir unser Herz an vergängliche Dinge hängen, dann laufen wir Gefahr, uns unglücklich zu machen. Hilf uns, dich zu erkennen, dich, den wahren, den eigentlichen, den einzigen Gott. Du machst uns stark, obwohl wir schwach sind. Du machst uns frei, obwohl wir uns in Zwängen gefangen fühlen. Du hast uns lieb, obwohl wir uns oft selber nicht leiden können. Hilf uns, auf dich zu vertrauen! Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören Worte Gottes, wie sie im Buch Jesaja 65 aufgezeichnet sind:

17 Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.

18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe.

19 Ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens.

21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen.

22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse.

25 Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen aus dem Lied 302 die Strophen 1 und 3 bis 5:

1. Du meine Seele, singe, wohlauf und singe schön dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn. Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd; ich will ihn herzlich loben, solang ich leben werd.

3. Hier sind die starken Kräfte, die unerschöpfte Macht; das weisen die Geschäfte, die seine Hand gemacht: der Himmel und die Erde mit ihrem ganzen Heer, der Fisch unzähl’ge Herde im großen wilden Meer.

4. Hier sind die treuen Sinnen, die niemand Unrecht tun, all denen Gutes gönnen, die in der Treu beruhn. Gott hält sein Wort mit Freuden, und was er spricht, geschicht; und wer Gewalt muss leiden, den schützt er im Gericht.

5. Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, ernährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, das Lob von Gottes Schöpfung haben wir besungen, die wilden Tiere des Landes und die Fische im wilden Meer. Von einem großen Fisch haben wir gehört, dass Jona in seinem Leib zu Gott gebetet hat, und ein anderer Prophet, Jesaja, hat die Vision von einer Welt gehabt, in der die Löwen nicht mehr andere Tiere oder gar Menschen fressen, sondern zu Vegetariern werden wie die Kühe. Mit all dem wollte ich uns auf zwei Geschichten der Bibel einstimmen, die sich seltsam und unglaublich anhören und die ich zugegebenermaßen eigentlich immer für bildlich gemeinte Erzählungen gehalten habe: Jona im Wal. Und Daniel in der Löwengrube.

Beginnen wir mit Jona. Der wurde zum Propheten wider Willen. Gott schickte ihn in die wildeste Großstadt seiner Zeit, nach Ninive, das man eher ein Sündenbabel hätte nennen sollen. Den Leuten dort sollte er ins Gewissen reden, sie zur Umkehr rufen. Ansonsten würde er die Stadt vernichten.

Jona macht sich sofort auf. Aber nicht in Richtung Ninive. Nee, nee, denkt Jona, das kannst du knicken, lieber Gott, das ist mir viel zu gefährlich. Wer weiß, was die mit Propheten machen, die Gottes Strafen ankündigen! Am Ende ende ich in einer Löwengrube.

Stattdessen geht Jona zum Hafen und sticht auf einem Schiff in See. Aber dann kommt ein Sturm auf, und die Leute denken: Daran muss einer schuld sein, der auf dem Schiff ist. Man mag es Aberglauben nennen, aber Jona spürt nun echt sein schlechtes Gewissen. Er sollte ja wirklich nicht hier auf der Flucht vor Gott sein, sondern unterwegs im Auftrag Gottes. Und darum bekennt er sich schuldig, lässt sich sogar ins Wasser werfen, damit der Sturm endlich Ruhe gibt. Tatsächlich funktioniert das. Der Sturm hört auf.

Aber warum macht Jona das überhaupt? Will er tot sein, sich für die anderen opfern? Meint er, für seine Schuld büßen zu müssen, ohne dass es für ihn eine Zukunft gibt? Will er lieber tot sein als aus Vergebung zu leben?

Gott hat jedenfalls andere Pläne mit Jona. Immer noch die alten. Er will unbedingt ihn nach Ninive schicken. Und darum organisiert er eine wunderbare Rettung für den widerwilligen Propheten (Jona, Kapitel 2):

1 Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte.

2 Und Jona betete zu dem HERRN, seinem Gott, im Leibe des Fisches.

11 Und der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.

Das Gebet des Jona haben wir vorhin schon mitgebetet. Unten im Leib des Fisches beginnt Jona, der sich schon auf den Tod eingerichtet hatte, wieder zu leben, indem er klagt und schreit, indem er weint vor Angst und Verzweiflung, weil er denkt, Gott hätte ihn verstoßen. Er betet in der Tiefe, im Dunkeln, im Innern des Fisches, und – o Wunder! – er weiß einfach, Gott hört seine Stimme, er ist nicht allein da unten, er hat das Gefühl, dass er vom Verderben bereits erlöst ist, obwohl er dem Tode immer noch nahe ist.

So mag es auch uns gehen, wenn wir verzweifelt und in Angst sind, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Das Gebet des Jona kann uns dann eine Hilfe sein, kann uns Mut machen, ebenfalls zu Gott zu schreien, wenn wir uns fühlen, als seien wir von einem Ungeheuer im tiefen Meer verschluckt.

Insofern ist es gar nicht so wichtig, ob die Geschichte von Jona sich tatsächlich so hätte abspielen können, wie sie erzählt wird oder nicht. Der Zoologe Vitus B. Dröscher hat sich aber Gedanken darüber gemacht, ob nicht doch auch die Sache mit dem Fisch möglich sein könnte.

Was für ein „großer Fisch“ hätte den Jona denn überhaupt verschlingen können, ohne ihm sämtliche Knochen im Leibe zu zerbrechen? Ein Hai jedenfalls nicht,

„denn dieser sägt einen Menschen mit seinem barbarischen Gebiss erst in mehrere Teile und verschluckt ihn dann stückweise“. (S. 116)

Dann muss es ein Wal gewesen sein. Aber auch die größten Meeressäuger, Blau- und Finnwal, die bis zu 31 bzw. 25 Meter lang werden,

„scheiden aus zwei Gründen aus. Einmal ist ihr Schlund so eng, dass gerade eben ein Hering hindurchpasst. Die bis zu 200 Tonnen schweren Giganten ernähren sich nämlich von zigarettenkleinen Krillkrebsen, die sie allerdings zu Hunderttausenden mit einem Haps in sich hineinbaggern. Zum anderen können diese großen Bartenwale auch gar nicht im Mittelmeer existieren, eben weil dort keine ‚Riesenwolken‘ von Krillkrebsen vorkommen.“ (S. 116)

Pottwale, bis zu 20 Meter lang und 50 Tonnen schwer, hat es im Mittelmeer früher aber gegeben.

„Ihre Lieblingsspeise holen sie sich aus Tiefen zwischen 1000 und 2000 Metern vom Meeresgrund: Riesenkraken!“ (S. 116-117)

Außerdem fressen sie zum Beispiel Haie, und zwar schlucken sie ihre Beutetiere unversehrt in einem Stück herunter.

„Zwar besitzt der Wal im Unterkiefer einen ‚Gitterzaun‘ aus 46 bis zu 18 Zentimeter langen Zähnen, aber diese sind nur zum Festhalten der Beute da. Kauen können die Tiere damit nicht.“ (S. 117)

Trotzdem: Tatsächlich im Magen eines Pottwals überleben hätte Jona trotzdem nicht können, denn erstens wäre er dort rasch verdaut worden und zweitens wäre er bei einer Tauchfahrt des Pottwals zum Meeresgrund zweifellos von dem ungeheuren Wasserdruck zerquetscht worden.

„Andererseits ist erwiesen, dass noch niemals ein Pottwal einen einzelnen im Meer schwimmenden Menschen angegriffen hat, so, wie es Haie tun.“ (S. 118)

„Menschen, die ihm kein Leid zugefügt haben, sind noch nie von einem Pottwal angegriffen worden. Walweibchen tun das nicht einmal dann, wenn der Mensch dabei ist, sie umzubringen.“ (S. 119)

Dasselbe gilt für Delphine und Tümmler, Schwert- und Killerwale.

„All diese Tiere, die Haie töten können, sind offensichtlich dem Menschen so zugetan, dass sie ihn weder schlagen noch beißen oder gar töten können“ (S. 119),

schreibt Vitus Dröscher.

„Wenn japanische Fischer einen Delphinschwarm in eine Meeresbucht getrieben haben und wenn sie dann zwischen die Tiere waten und sie mit langen Lanzen abstechen, dass sich das Meer blutrot färbt, bedürfte es nur eines kleinen Schlages mit der Schwanzflosse, um den Todfeind zur Seite zu schleudern. Aber nicht einmal das tun die Delphine mit den Menschen. Es ist, als ob sie des großen Friedensreiches schon teilhaftig wären. Gott allein weiß, warum.

Von Delphinen wissen wir auch seit der griechischen Antike, dass sie ertrinkende Menschen an die Meeresoberfläche heben und ans rettende Ufer bringen. Der Drang zu dieser paradiesischen Hilfeleistung entstammt dem Verhalten dieser ‚Wunderkinder des Meeres‘ bei der Geburt. Sobald das Neugeborene erschienen ist, schieben sich zwei, drei, manchmal sogar noch mehr Lebensretter unter das Baby und tragen es nach oben, damit es seine ersten Atemzüge tun kann. Auch verletzten Schwarmgenossen leisten sie so lange diesen Rettungsdienst, bis diese wieder gesund sind und aus eigener Kraft atmen können.

Ganz ähnlich verhalten sich auch Pottwale. Ist während der Geburt aber nur eine ‚Hebamme‘ zur Stelle, kann diese das immerhin schon vier Meter lange Junge nicht mit ihrem Kopf oder Rücken tragen, da es immer wieder seitlich abrutscht. In diesem und nur in diesem Fall öffnet die Helferin ihr Riesenmaul, umfasst mit ihm ganz zärtlich das Neugeborene und bringt es so zum Luftholen an die Oberfläche.“ (S. 119-120)

„So weit die Tatsachen. Wäre es nicht denkbar, dass der von Gott gesandte Wal mit Jona nicht ebenso umgegangen ist wie eine der geschilderten ‚Hebammen‘ mit einem Neugeborenen?“ (S. 120)

So mag Jona nicht im Bauch, nicht im Magen, sondern in der Maulhöhle eines Pottwals gewesem sein, denn die

„ist mit drei Metern Länge und zwei Metern Höhe wahrhaftig ein beachtlicher ‚Innenraum‘, in dem es Jona schon einige Zeit ausgehalten haben könnte, sofern das Tier in dieser Zeit nicht tiefer getaucht ist und drei Tage und drei Nächte lang gefastet hat.

Das An-Land-Speien zum guten Ende der Geschichte wird auch mehr ein Pusten gewesen sein. Der hilfreiche Riese fasst immerhin 2000 Liter Luft in seinen Lungen. Seine normale Blasfontäne steigt acht Meter hoch. Der Mensch ist da nicht viel mehr als ein Kaugummi.“ (S. 121)

So viel zu den wunderbaren Eigenschaften und Verhaltensweisen mancher Wale, die die Geschichte von Jona nicht mehr ganz so unwahrscheinlich erscheinen lassen. Dass Jona nach seiner wunderbaren Errettung sich dann doch mutig nach Ninive aufmacht, erwähne ich heute nur kurz am Rande. Denn ich will ja noch auf eine andere wunderbare Geschichte eingehen, die von Daniel.

Daniel gehörte zu den Juden, die mit vielen anderen Menschen aus Israel nach Babylon verschleppt wurden. Als dort König Darius aus Medien an die Macht kommt, ist er von Daniels Führungsqualitäten so begeistert, dass er vorhat, ihn als seinen Stellvertreter im ganzen Reich einzusetzen, so wie es einst der Pharao mit Josef in Ägypten getan hatte. Aber es gibt missgünstige Kreise im Reich, die Intrigen gegen Daniel schmieden (Daniel 6):

5 Da trachteten die Fürsten und Statthalter danach, an Daniel etwas zu finden, das gegen das Königreich gerichtet wäre. Aber sie konnten keinen Grund zur Anklage und kein Vergehen finden; denn er war treu, so dass man keine Schuld und kein Vergehen bei ihm finden konnte.

6 Da sprachen die Männer: Wir werden keinen Grund zur Anklage gegen Daniel finden, es sei denn wegen seiner Gottesverehrung.

Sie überreden den König, ein strenges Gebot zu erlassen, dass 30 Tage lang niemand etwas von irgendeinem Gott oder Menschen erbitten darf außer vom König. Und wer das trotzdem tut, der soll zu den Löwen in die Grube geworfen werden.

11 Als nun Daniel erfuhr, dass ein solches Gebot ergangen war, ging er hinein in sein Haus. Er hatte aber an seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem, und er fiel dreimal am Tag auf seine Knie, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er es auch vorher zu tun pflegte.

Daniels Feinde kennen ihn genau, sie wissen, dass er nicht anders handeln kann. Und so laufen sie zum König und denunzieren Daniel als Übertreter eines Gesetzes der Perser und Meder.

14 Daniel, einer der Gefangenen aus Juda, der achtet weder dich noch dein Gebot, das du erlassen hast; denn er betet dreimal am Tage.

Damit scheint das Todesurteil für Daniel besiegelt zu sein, denn seine Feinde bestehen darauf, dass der König dem Gesetz der Meder und Perser Folge leistet, das auch er nicht aufheben darf.

17 Da befahl der König, Daniel herzubringen. Und sie warfen ihn zu den Löwen in die Grube. Der König aber sprach zu Daniel: Dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, der helfe dir!

18 Und sie brachten einen Stein, den legten sie vor die Öffnung der Grube; den versiegelte der König mit seinem eigenen Ring und mit dem Ringe seiner Mächtigen, damit nichts anderes mit Daniel geschähe.

19 Und der König ging weg in seinen Palast und fastete die Nacht über und ließ kein Essen vor sich bringen und konnte auch nicht schlafen.

20 Früh am Morgen, als der Tag anbrach, stand der König auf und ging eilends zur Grube, wo die Löwen waren.

21 Und als er zur Grube kam, rief er Daniel mit angstvoller Stimme. Und der König sprach zu Daniel: Daniel, du Knecht des lebendigen Gottes, hat dich dein Gott, dem du ohne Unterlass dienst, auch erretten können von den Löwen?

22 Daniel aber redete mit dem König: Der König lebe ewig!

23 Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Löwen den Rachen zugehalten hat, so dass sie mir kein Leid antun konnten; denn vor ihm bin ich unschuldig, und auch gegen dich, mein König, habe ich nichts Böses getan.

24 Da wurde der König sehr froh und ließ Daniel aus der Grube herausziehen. Und sie zogen Daniel aus der Grube heraus, und man fand keine Verletzung an ihm; denn er hatte seinem Gott vertraut.

Wie kann ein Engel Gottes den Löwen den Rachen zuhalten? Ist das ein übernatürliches Wunder, an das man eben glauben muss, wenn man ein frommer, ein gläubiger Mensch sein will? Oder erzählt man vom wunderbaren Gottvertrauen Daniels eine auch äußerlich wunderbare Geschichte, selbst wenn sie sich nicht buchstäblich so zugetragen hat? Der Naturforscher Vitus B. Dröscher fragt sich, ob sich das Wunder nicht vielleicht doch im Rahmen der wunderbar von Gott geschaffenen Naturgesetze zugetragen haben kann. Dabei spielt er eine Reihe von Möglichkeiten durch.

Sind die Löwen vielleicht dressiert wie heute im Zirkus? Aber dann müsste Daniel mit ihnen schon von klein auf trainiert haben, damit sie keine Angst vor ihm haben und ihn als Rudelführer akzeptieren.

Oder hat König Darius die Löwen vielleicht zuvor überfüttern lassen, so dass sie schlicht keinen Hunger auf Daniel haben? Dagegen spricht, was die Bibel im nächsten Vers erzählt:

25 Da ließ der König die Männer, die Daniel verklagt hatten, holen und zu den Löwen in die Grube werfen samt ihren Kindern und Frauen. Und ehe sie den Boden erreichten, ergriffen die Löwen sie und zermalmten alle ihre Knochen.

Eine grausame Strafe für die Denunzianten und ihre Familien. Sie zeigt, dass die Löwen schon am Abend zuvor nicht satt genug sein konnten, um Daniel deswegen zu verschonen.

Aus der Zeit des römischen Kaisers, der wenige Jahre nach Jesu Kreuzigung regierte, ist jedoch die Geschichte des Sklaven Androclus bekannt,

„der zum Tode verurteilt und in der Arena wilden Löwen zum Fraß vorgeworfen wurde, weil er seinem Herrn entflohen war. Ein besonders großer Mähnenträger stellte sich jedoch schützend vor ihn und verteidigte ihn mit Erfolg gegen seine gierigen Artgenossen.

Dieser Löwe war nämlich jenes Tier, in dessen Höhle Androclus auf seiner Flucht durch Nordafrika Zuflucht gesucht und in der er das durch einen großen Dorn in der Pfote verletzte Tier ärztlich behandelt hatte. Über viele Jahre hinweg vergaß der Löwe diesen Freundesdienst nicht und rettete nun seinem einstigen Wohltäter das Leben – ein für diese Großkatzen typisches Treueverhalten.“ (S. 124-125)

Aber in Daniels Fall kann auch diese Erklärung nicht weiterhelfen. Dann müsste Daniel ja einem der Löwen in der Grube bereits vorher begegnet sein, und das wäre zu weit hergeholt. Davon wird in der Erzählung nichts angedeutet. Allerdings überlegt Vitus Dröscher weiter, wie Androclus dem Löwen in der Höhle überhaupt so nahe gekommen sein konnte, um ihm den Dorn aus der Pranke zu ziehen. Normalerweise würde ein Löwe „trotz Schmerzen und Gehbehinderung“ (S. 126) einen Menschen niemals an sich heranlassen, sondern ihn sofort umbringen.

Die verblüffend einfache Lösung besteht darin:

„Als Androclus die Höhle zum erstenmal betrat, muss das Tier dort im Dunkeln bereits geschlafen haben. Satte Löwen schlummern pro Tag bis zu zwanzig Stunden lang.

Nun hat es mit dem Schlaf wildlebender Tiere eine ganz wunderbare Bewandtnis. Der deutsche Huftierforscher Professor Fritz Walther entdeckte sie 1965 bei den Zebras auf den ostafrikanischen Steppen. Gegen Abend erkundete er mit dem Fernglas den Schlafplatz einer Herde, schlich sich in der Dunkelheit zu Fuß an und legte sich zwischen den Tigerpferden nieder. Gegen Morgen schlief er wider Willen ein.

Plötzlich erhielt er einen zarten Hufschlag aufs Gesäß. Eine Zebrastute blies ihm aus ihren Nüstern ins Gesicht: ‚Aufstehen, du Schlafpelz! Es geht zur Weide!‘ Auch für die übrigen Tiere war er fortan einer der ihren. Nach dem Prinzip: ‚Wer mit uns zusammen geschlafen und uns nachts nichts Böses zugefügt hat, kann unmöglich unser Feind sein!‘, bahnte sich auf diese wunderbare Weise ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Tier und Mensch an. Bei Antilopen und Gazellen erwies sich dieser Kunstgriff als ebenso erfolgreich. Seither wenden ihn Tierpfleger manchmal in zoologischen Gärten an, um zu ihren Schützlingen einen besonders engen persönlichen Kontakt herzustellen.

So kann auch zwischen Androclus und dem Löwen der Freundschaftsbund gleichsam im Schlaf geschlossen worden sein. ‚Der Herr gibt’s den Seinen im Schlaf.‘ Und so wäre es auch durchaus denkbar, dass der Mederkönig Darius den gegen seinen Willen zum Tode verurteilten Daniel abends erst dann in die Löwengrube werfen ließ, als die Tiere schon schliefen.“ (S. 126-127)

Immerhin wird in der Erzählung von Daniel tatsächlich berichtet, wie viele Gedanken er sich machte, seinen besten Mitarbeiter zu retten, und ihn darum erst nach Sonnenuntergang in die Löwengrube werfen ließ.

15 Als der König das hörte, wurde er sehr betrübt und war darauf bedacht, Daniel die Freiheit zu erhalten, und mühte sich, bis die Sonne unterging, ihn zu erretten.

Das eigentliche Wunder der Geschichte wäre dann dieses unerschütterliche Gottvertrauen, mit dem Daniel sich auch in der Löwengrube bei den zunächst schlafenden Löwen in der Hand Gottes geborgen fühlte, wie es Psalm 127, 2 so schön ausdrückt:

2 Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.

„Am anderen Morgen waren die ‚Bestien‘ dann unfähig, ihrem Mitschläfer, der im Gottvertrauen keinen hysterischen Anfall bekommen hatte, ein Leid zuzufügen.“ (S. 127)

Das mag die wunderbare Art und Weise gewesen sein, in der der Engel des Herrn den Löwen ihren Rachen zugehalten haben mag. Aber über die anderen, die erst am Morgen unter die Löwen geworfen wurden, fielen sie heißhungrig her.

Jona im Wal, Daniel in der Löwengrube, beide Errettungen durch Gott bleiben wunderbar, auch wenn man sie auf natürliche Weise erklären kann. Denn die Schöpfung Gottes selbst ist ja ein unvorstellbar großes Wunder, wenn man sie nur genau genug betrachtet. Darum möchte ich die Reihe der Tierpredigten mit Psalm 139, 14, beschließen:

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Ich denke, an dieser Stelle passt es gut, ein Abendlied von Jochen Klepper zu singen, das vom tiefen Gottvertrauen handelt. Wir singen aus dem Lied 486 die Strophen 1 bis 3 und 6 bis 8:

Ich liege, Herr, in deiner Hut und schlafe ganz mit Frieden
Fürbitten und Gebetsstille und Vater unser

Wir singen aus dem Lied 326 die Strophen 1 und 4:

1. Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut, dem Vater aller Güte, dem Gott, der alle Wunder tut, dem Gott, der mein Gemüte mit seinem reichen Trost erfüllt, dem Gott, der allen Jammer stillt. Gebt unserm Gott die Ehre!

4. Ich rief zum Herrn in meiner Not: »Ach Gott, vernimm mein Schreien!« Da half mein Helfer mir vom Tod und ließ mir Trost gedeihen. Drum dank, ach Gott, drum dank ich dir; ach danket, danket Gott mit mir! Gebt unserm Gott die Ehre!

Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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