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„Suchet das Gute und nicht das Böse“

Wieder sagt Amos „Suchet“, dieses Mal aber nicht „sucht Gott“, sondern „sucht das Gute“. Wer Gott sucht, muss das Gute suchen, wer das Gute sucht, wird Gott finden, der hier der „HERR Zebaoth“ genannt wird, „der Umscharte“. Gott hat seine Engelmächte um sich, die mit ihm für Gerechtigkeit kämpfen und barmherzig den Menschen beistehen, die nach seinen Geboten leben.

Das Siebengestirn - die Plejaden.
„Der das Siebengestirn und den Orion macht – er heißt »HERR«“ (Bild: SnepterPixabay)

 

#predigtGottesdienst am 13. Sonntag nach Trinitatis, den 29. August 2010, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich im Gottesdienst der Evangelischen Paulusgemeinde mit einem Vers aus dem Buch des Propheten Amos 5, 4:

Suchet Gott, so werdet ihr leben.

Jedes Mal, wenn wir Gottesdienst feiern, befolgen wir diese Aufforderung. Wir machen uns auf die Suche nach Gott, indem wir Worte der Bibel hören und darüber nachdenken. Und wir hoffen, dass wir am Ende auch etwas mit nach Hause nehmen können, das uns zum Leben in unserem Alltag hilft.

„Suchet Gott, so werdet ihr leben.“ Ich wünsche uns allen, dass beides heute für uns wahr wird: Dass wir Gott suchen und finden. Und dass wir bewusst spüren, was das heißt: „Wir leben“.

Lied 445, 1-2+5-6:

1. Gott des Himmels und der Erden, Vater, Sohn und Heilger Geist, der es Tag und Nacht lässt werden, Sonn und Mond uns scheinen heißt, dessen starke Hand die Welt, und was drinnen ist erhält:

2. Gott, ich danke dir von Herzen, dass du mich in dieser Nacht vor Gefahr, Angst, Not und Schmerzen hast behütet und bewacht, dass des bösen Feindes List mein nicht mächtig worden ist.

5. Führe mich, o Herr, und leite meinen Gang nach deinem Wort; sei und bleibe du auch heute mein Beschützer und mein Hort. Nirgends als von dir allein kann ich recht bewahret sein.

6. Meinen Leib und meine Seele samt den Sinnen und Verstand, großer Gott, ich dir befehle unter deine starke Hand. Herr, mein Schild, mein Ehr und Ruhm, nimm mich auf, dein Eigentum.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten mit Worten aus dem Psalm 112:

1 Halleluja! Wohl dem, der den HERRN fürchtet, der große Freude hat an seinen Geboten!

2 Seine Nachkommenschaft wird groß im Lande; die Kinder der Aufrichtigen werden gesegnet sein.

3 Reichtum und Fülle wird in ihrem Hause sein, und ihre Gerechtigkeit bleibt ewiglich.

4 Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten.

5 Wohl dem, der barmherzig ist und gerne leiht und das Seine tut, wie es recht ist!

6 Denn er wird ewiglich bleiben; der Gerechte wird nimmermehr vergessen.

7 Vor schlimmer Kunde fürchtet er sich nicht; sein Herz hofft unverzagt auf den HERRN.

8 Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht…

9 Er streut aus und gibt den Armen; seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich. Seine Kraft wird hoch in Ehren stehen.

10 Der Gottlose wird’s sehen, und es wird ihn verdrießen; mit den Zähnen wird er knirschen und vergehen. Denn was die Gottlosen wollen, das wird zunichte.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Gott, du sagst: „Suchet mich, so werdet ihr leben.“ Aber wo finden wir dich?

In den Worten der Bibel, die oft so schwer zu verstehen sind? In der Schönheit und Erhabenheit der Natur, die uns zeigt, wie groß deine Allmacht ist?

Manchmal meinen wir, dich gefunden zu haben. Wir sind froh, dass wir dich kennen, dass du auf unserer Seite bist, dass du uns liebst.

Und dann wieder ist es, als ob wir dich verloren haben. Als ob du gar nicht da wärst. Wo bist du, Gott? Was für ein Gott bist du? Hast du etwas für uns übrig? Können wir uns auf dich verlassen? Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Gott, du bist uns näher, als wir denken. Gott, du kennst uns besser, als wir uns selber kennen. Danke, Gott, dass wir dein Wort in der Bibel hören und lesen können. Danke, Gott, dass wir deine Gemeinde haben, in der wir uns dein Wort erklären lassen und uns darüber austauschen können. Danke, Gott, dass du dich von uns finden lassen willst.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott, lass uns verstehen, was du mit unserem Leben zu tun hast. Schenke uns, was uns zum Leben dient: Nahrung und Wohnung, Arbeit und Freizeit, Schutz und Geborgenheit, Orientierung und Halt, Vertrauen und Liebe, Bewahrung und Trost in Not und Trauer. Um alles, was wir brauchen, bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus 1. Johannes 4, 7-12:

7 Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.

8 Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe.

9 Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.

10 Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden.

11 Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben.

12 Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen aus dem Lied 412 die Strophen 1 bis 4. Es ist ein Lied über die Liebe zu Gott und über die Brüderlichkeit – und natürlich ist die Liebe zu den Schwestern immer auch mit gemeint:

1. So jemand spricht: »Ich liebe Gott«, und hasst doch seine Brüder, der treibt mit Gottes Wahrheit Spott und reißt sie ganz darnieder. Gott ist die Lieb und will, dass ich den Nächsten liebe gleich als mich.

2. Wer dieser Erde Güter hat und sieht die Brüder leiden und macht die Hungrigen nicht satt, lässt Nackende nicht kleiden, der ist ein Feind der ersten Pflicht und hat die Liebe Gottes nicht.

3. Wer seines Nächsten Ehre schmäht und gern sie schmähen höret, sich freut, wenn sich sein Feind vergeht, und nichts zum Besten kehret, nicht dem Verleumder widerspricht, der liebt auch seinen Bruder nicht.

4. Wir haben einen Gott und Herrn, sind eines Leibes Glieder, drum diene deinem Nächsten gern, denn wir sind alle Brüder. Gott schuf die Welt nicht bloß für mich, mein Nächster ist sein Kind wie ich.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, vorhin am Anfang haben wir gehört: „Suchet Gott, dann werdet ihr leben.“ Und eben in der Lesung hieß es im 1. Johannesbrief: „Wenn wir uns untereinander lieben, dann bleibt Gott selber in uns.“ Das würde bedeuten: Wir können Gott in uns selber finden – wenn wir einander lieben. So einfach scheint das zu sein. Aber dann auch wieder nicht, denn: so einfach ist das auch wieder nicht, alle Menschen in unser Herz zu schließen.

Was meint denn die Bibel überhaupt mit dem Wort „Liebe“, wenn wir aufgefordert werden: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ oder „Du sollst sogar deinen Feind lieben!“? Dabei kann es ja wohl nicht um ein herzliches Gefühl der Zuneigung gehen, denn ich kann nicht alle Menschen mögen. Ich würde auch nicht erwarten, dass einer, der von seinem Ehepartner betrogen und gedemütigt wurde, ihm gegenüber noch irgendwelche positiven Gefühle aufbringt. Oder Eltern, die ihr Kind vernachlässigt oder missbraucht haben; sie haben jeden Anspruch auf Dankbarkeit von ihren Kindern verwirkt.

Was ich jetzt in der Predigt tun möchte, ist nicht einfach. Ich versuche, Gott zu finden, zu erklären, was die Bibel mit Liebe meint und wie sie uns zum Leben helfen kann, indem ich uns einen Abschnitt aus dem Prophetenbuch des Amos vorlese, und zwar einen Abschnitt, in dem das Wort Liebe gar nicht vorkommt (Amos 5, 4-15):

4 So spricht der HERR zum Hause Israel: Suchet mich, so werdet ihr leben.

5 Suchet nicht Bethel und kommt nicht nach Gilgal und geht nicht nach Beerscheba; denn Gilgal wird gefangen weggeführt werden, und Bethel wird zunichte werden.

6 Suchet den HERRN, so werdet ihr leben, dass er nicht daherfahre über das Haus Josef wie ein verzehrendes Feuer, das niemand löschen kann zu Bethel –

7 die ihr das Recht in Wermut verkehrt und die Gerechtigkeit zu Boden stoßt.

8 Der das Siebengestirn und den Orion macht, der aus der Finsternis den Morgen macht und aus dem Tag die finstere Nacht, der das Wasser im Meer herbeiruft und schüttet es auf den Erdboden – er heißt »HERR« -,

9 der über den Starken Verderben kommen läßt und bringt Verderben über die feste Stadt.

10 Sie sind dem gram, der sie im Tor zurechtweist, und verabscheuen den, der ihnen die Wahrheit sagt.

11 Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt, und den Wein nicht trinken, den ihr in den feinen Weinbergen gepflanzt habt.

12 Denn ich kenne eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, wie ihr die Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor unterdrückt.

13 Darum muss der Kluge zu dieser Zeit schweigen; denn es ist eine böse Zeit.

14 Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt, so wird der HERR, der Gott Zebaoth, bei euch sein, wie ihr rühmt.

15 Hasset das Böse und liebet das Gute, richtet das Recht auf im Tor, vielleicht wird der HERR, der Gott Zebaoth, doch gnädig sein denen, die von Josef übrigbleiben.

Das ist die Sprache eines Propheten, der sich zu seiner Zeit im Volk Israel vor über 2700 Jahren nicht gerade beliebt gemacht hat. Denn er redete den Leuten ins Gewissen. Wenn wir genau hinhören und die zeitgebundenen Dinge aus den damaligen Verhältnissen auf unsere Zeit übertragen, fällt uns vielleicht auf, wie aktuell dieser Text ist.

Im ersten Vers wird uns klar gemacht, dass Gott in der Bibel ganz konkrete Menschen anspricht:

4 So spricht der HERR zum Hause Israel: Suchet mich, so werdet ihr leben.

Gott spricht das Volk Israel als ein „Haus“ an; ein ganzes Volk sieht er als eine Hausgemeinschaft, in der einer für den andern verantwortlich ist. Wir Christen sind durch Jesus Christus zu diesem Volk Gottes hinzugekommen; auch uns ruft der Gott dieses kleinen Volkes Israel zu, dass wir ihn suchen sollen.

Wo sollen wir Gott denn suchen? Zuerst sagt der Prophet, wo wir ihn nicht finden:

5 Suchet nicht Bethel und kommt nicht nach Gilgal und geht nicht nach Beerscheba.

In Bethel, Gilgal und Beerscheba hatten Menschen früher Gott gefunden. Jakob hatte in Bethel von der Himmelsleiter geträumt. In Gilgal hatten die Propheten Elia und Elisa gewirkt. Und Beerscheba war der Brunnen, an dem Abraham, der ersten Stammvater des Volkes Israel gewohnt hatte. Aber Amos will von all diesen Orten nichts mehr wissen – warum?

Denn Gilgal wird gefangen weggeführt werden, und Bethel wird zunichte werden.

Der Prophet scheint den Teufel an die Wand zu malen; er sieht ein schlimmes Schicksal für zwei der drei Orte voraus, die er genannt hat. Eine Generation später erwies sich seine Prophezeihung als wahr, denn im Jahr 721 vor Christus eroberte das Weltreich der Assyrer das Gebiet der zehn Nordstämme Israels, darunter auch die Städte Bethel und Gilgal. Beerscheba gehörte zu den beiden übrigen Stämmen im Süden und blieb verschont.

Das klingt alles ziemlich furchtbar, als ob man nichts am eigenen Schicksal ändern könnte. Aber das ist in der Bibel gerade nicht gemeint. Der Prophet Amos warnt, damit das Schlimme gerade nicht passiert:

6 Suchet den HERRN, so werdet ihr leben, dass er nicht daherfahre über das Haus Josef wie ein verzehrendes Feuer, das niemand löschen kann zu Bethel.

Das Haus Josef ist ein anderer Name für das Volk Israel; zum zweiten Mal wird es vom Propheten aufgefordert, sich doch lieber auf Gott zu verlassen als auf die Menschen in Bethel. Seit langem war Bethel nämlich zu einem Ort geworden, wo man heidnische Götter anbetete und von dem einen Gott Israels nichts mehr wissen wollte.

Aber was ist denn für den Propheten Amos so schlimm an den Städten, wo man Gott nicht mehr finden kann, wie man es früher konnte, zur Zeit Abrahams, Jakobs und Elias? Im nächsten Vers wird er konkret. Er macht seinen Zuhörern einen gewaltigen Vorwurf:

7 Ihr verkehrt das Recht in Wermut und stoßt die Gerechtigkeit zu Boden.

Im Land gelten Recht und Gerechtigkeit nichts mehr. Die Gerechtigkeit wird in den Schmutz getreten. Das Recht vor allem der armen Leute wird in Wermut verwandelt, also sie erleiden ein bitteres Schicksal oder sehen sich gezwungen, ihr Elend im Schnaps zu ertränken, denn Wermut ist ein bitteres alkoholisches Getränk.

Gott suchen, das heißt für Amos also: Erinnert euch daran, was Gott für ein Gott ist! Er ist ein Gott der Gerechtigkeit, er will, dass alle Menschen zu ihrem Recht kommen.

Im nächsten Vers holt Amos ganz weit aus, um zu beschreiben, wer der Gott Israels eigentlich ist:

8 Der das Siebengestirn und den Orion macht, der aus der Finsternis den Morgen macht und aus dem Tag die finstere Nacht, der das Wasser im Meer herbeiruft und schüttet es auf den Erdboden – er heißt »HERR«.

Siebengestirn und Orion, das sind Sternbilder am Himmel. Gott ist der Gott nicht nur eines kleinen Volkes, sondern der Schöpfer des ganzen Weltalls. Gott lässt auf jede finstere Nacht wieder einen Morgen folgen und auf jeden hellen Tag wieder eine dunkle Nacht. Und die gewaltigen Ozeane sind für Gott wie Wasser in einer Schüssel, er kann sie rufen und über dem Land ausschütten. Das klingt für unsere Ohren schrecklich, wenn wir an Überschwemmungen denken und wir uns fragen, warum Gott sie denn zulässt oder gar verursacht. Der Prophet Amos stellt diese Frage nicht. Er will uns klar machen, wie groß Gott ist, dass es keine Macht gibt, die stärker ist als Gott. Und diesen allmächtigen Gott hat Israel auf seiner Seite. Das hat wenig mit Größenwahn zu tun, denn Israel hat sich das nicht ausgesucht. Umgekehrt: Gott sucht ein kleines Volk aus, um ihm zu zeigen, wer er ist.

Wer ist Gott denn? Er heißt „HERR“, so steht es in der Lutherbibel in Großbuchstaben. So übersetzt Luther den Namen Gottes. Im Hebräischen steht da „JHWH“; dieses Wort sprachen die Juden nie aus, um den Namen Gottes nicht aus Versehen zu missbrauchen. Auf Deutsch heißt dieser Name so viel wie: „Ich bin da.“ Oder: „Ich bin, der ich bin.“ Oder noch besser: „Wo ich bin, da geschieht etwas mit euch, da werdet ihr frei, da findet ihr das Leben.“ Dieser Name für Gott ist also kein Eigenname wie Karl oder Elisabeth, wie Zeus oder Aphrodite; er ist eine Beschreibung für das, was Gott tut: Gott ist einer, der sein Volk in die Freiheit führt, der armen Menschen Recht verschafft. Gott will, dass die Menschen im Frieden leben können.

Aber weil Gott diesen Namen trägt, weil er Recht und Gerechtigkeit will, ist er nicht für jeden ein immer nur lieber Gott:

Er heißt »HERR«,

9 der über den Starken Verderben kommen lässt und bringt Verderben über die feste Stadt.

Der Prophet Amos ist überzeugt: Menschen, die sich auf ihre äußere Stärke und Gewalt verlassen, können letzten Endes gegen Gott nichts ausrichten. Bis jetzt sind noch alle Weltreiche mit ihren brutalen Herrschern untergegangen, von den Assyrern, Babyloniern und Römern bis hin zu den Reichen von Hitler und Stalin. Aus dieser Zuversicht zieht er den Mut, sich auch den Menschen entgegenzustellen, die zu seiner Zeit ihre Macht missbrauchen:

10 Sie sind dem gram, der sie im Tor zurechtweist, und verabscheuen den, der ihnen die Wahrheit sagt.

Im Stadttor wurde damals Recht gesprochen; wer korrupt ist, wer auf Kosten anderer lebt, versucht, einer Verurteilung zu entgehen und hört nicht gern die Wahrheit über sein Verhalten.

Aber der Prophet redet dennoch Klartext:

11 Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt, und den Wein nicht trinken, den ihr in den feinen Weinbergen gepflanzt habt.

12 Denn ich kenne eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, wie ihr die Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor unterdrückt.

Sünden sind für den Propheten Amos nicht nur private Verfehlungen, sondern er mischt sich ein, wo im Großen Unrecht geschieht. Würde er heute leben, dann würde er vermutlich auch denen ins Gewissen reden, die an der weltweiten Finanzkrise verdienen. Interessant ist nun: Amos jammert aber nicht einfach nur über „die da oben“. Er zeigt nicht einfach nur mit dem Finger auf diejenigen, die ihm sowieso nicht zuhören. Er sagt:

13 Darum muss der Kluge zu dieser Zeit schweigen; denn es ist eine böse Zeit.

Ein solcher Satz klingt auf der einen Seite hart, aber er enthält auch eine gewisse Entlastung. Ich will nicht sagen, dass unsere Zeit nur schlecht ist. In unserem Land wird im Großen und Ganzen gut Recht gesprochen. Wir haben eine alles in allem noch funktionierende soziale Marktwirtschaft. Aber es gibt auch große Probleme, wenn wir nur an die wachsende Zahl derer denken, die auf die „Tafeln“ angewiesen sind, um satt zu werden, und erst recht, wenn wir Menschen in anderen Ländern in den Blick nehmen, die verarmen, weil andere immer reicher werden. Wenige haben die Macht, an diesen Verhältnissen wirklich etwas zu ändern, darum ist es manchmal besser zu schweigen, als in fruchtlosem Klagen steckenzubleiben oder in Depressionen zu versinken.

Aber der Prophet Amos will nicht nur schweigen, er redet auch uns durchschnittliche Menschen mit unserem ganz normalen durchschnittlichen Leben an:

14 Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt, so wird der HERR, der Gott Zebaoth, bei euch sein, wie ihr rühmt.

Wieder das Wort „suchet“, dieses Mal aber nicht „sucht Gott“, sondern „sucht das Gute“. Offenbar ist für Amos beides das Gleiche. Wer Gott sucht, muss das Gute suchen, wer das Gute sucht, wird Gott finden. Wer sich gegen das Böse und für das Gute entscheidet, nur bei dem ist wirklich der Gott, der hier der „HERR Zebaoth“ genannt wird. Diesen hebräischen Ausdruck lässt Luther in seiner Übersetzung einfach so stehen. Wörtlich übersetzt ist Zebaoth „der Umscharte“. Gemeint ist, dass Gott kein einsamer Gott ist; er hat seine Engelmächte um sich, die mit ihm für die Gerechtigkeit kämpfen und zugleich barmherzig den Menschen beistehen, die nach seinen Geboten leben.

Es ist eine Herausforderung, den Gott zu suchen, der die Gerechtigkeit will. Amos stellt noch einmal klar:

15 Hasset das Böse und liebet das Gute, richtet das Recht auf im Tor, vielleicht wird der HERR, der Gott Zebaoth, doch gnädig sein denen, die von Josef übrigbleiben.

Für den Propheten Amos geht es tatsächlich unmittelbar um Leben und Tod. Wer das Böse hasst und das Gute liebt, der hat noch eine Chance zu überleben in einer schlimmen Zeit. Jeder, der damals im Stadttor, heute im Gerichtssaal nach bestem Wissen und Gewissen nach Gerechtigkeit strebt, trägt dazu bei, dass die Menschengesellschaft nicht in Unmenschlichkeit abrutscht. Auch jeder, der seine Stimme gegen Unrecht und Korruption erhebt, jeder, der Vorurteile überwindet, zuerst in sich selbst, jeder, der Nein sagt, wenn abfällig über jemand anders gesprochen wird.

Ist das wirklich so einfach? „Hasset das Böse, liebet das Gute, dann findet ihr Gott und ihr werdet leben!“ Ja, die Bibel ist überzeugt, dass das der einfache, gerade Weg ist, der zu Gott führt.

Von Jesus Christus wissen wir, dass das auch der Weg ist, der von Gott zu uns führt. Denn Jesus sucht uns und holt uns ab, da, wo wir sind, wo es uns schwer fällt, das Böse zuzugeben, das wir getan, und Gute zu tun, das wir bisher unterlassen haben. Jesus vergibt uns und nimmt uns mit auf den Weg zu Gott. Wer Jesus nachfolgt, wird Gott finden. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 182: Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt

Lasst uns unsere Fürbitten vor Gott bringen. Jede Bitte endet mit: „Gott, du bist die Liebe“, darauf antworten wir gemeinsam: „Wir suchen dich!“

Barmherziger Gott, der du die Liebe bist, den wir finden, wenn wir das Gute suchen, der du in uns bist, wenn wir einander lieben.

Wir beten zu dir für die Menschen in Pakistan; ihre Not wird immer dramatischer, je länger die Überflutungen andauern. Wir bitten für alle, die von der Katastrophe betroffen sind, und für alle, die helfen, wo sie nur können. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir bitten für alle Menschen, die aus anderen Ländern und Kulturen zu uns gekommen sind. Wir denken besonders an alle, die hier nur schwer heimisch werden, und für alle, die Wege zueinander suchen. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir beten für alle, die in der Kirche besondere Verantwortung tragen, für den Kirchenvorstand hier vor Ort und für die Kirchenleitung auf allen Ebenen unserer Landeskirche. Wir beten, dass sie alles tun, damit Menschen Vertrauen haben können zu denen, die verkündigen und unterrichten und in der Seelsorge eingesetzt sind. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir bitten für alle, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen; wir beten auch für die vielen, die ihren Lebensstil nur langsam verändern können. Wir denken auch an die Menschen, die schon heute unter den Folgen des Klimawandels leiden. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir beten für alle Schwerkranken und Sterbenden. Und wir beten für alle, die ihnen beistehen und die ihnen Würde und Stärke geben. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir beten für unser Gemeindemitglied … . Sie ist im Alter von … gestorben und wir haben sie im Vertrauen auf deine Liebe kirchlich bestattet, denn du nimmst sie mit Ehren in deinem Himmel auf und schenkst ihr ein unvorstellbar schönes, unvergängliches Leben in deinem Frieden. Wir beten auch für ihre Angehörigen, dass sie in ihrer Traurigkeit nicht allein bleiben, sondern Trost finden. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Wir beten für das Brautpaar … . Sie werden am kommenden Samstag in der Pauluskirche getraut werden. Begleite sie in ihrer Ehe und bewahre ihre Liebe zueinander mit deiner Liebe. „Gott, du bist die Liebe: Wir suchen dich!“

Was wir ganz persönlich auf dem Herzen haben, bringen wir in der Stille vor dich, Gott:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 395: Vertraut den neuen Wegen
Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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