Bild: Helmut Schütz

„Die königliche Hochzeit”. Ein Gleichnis

Eine Arbeit von Helmut Schütz zum Neutestamentlichen Proseminar „Die exegetischen Methoden. Einführung und Bearbeitung ausgewählter Texte“ von Herrn Professor Dr. Egon Brandenburger im Wintersemester 1973/74 am Fachbereich Evangelische Theologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, zum ersten Mal hier veröffentlicht im April 2010.

Nachdem ich die Arbeit jetzt noch einmal gelesen habe, bin ich erstaunt über die schon damals bestehende Komplexität der Diskussion zur Gleichnisauslegung. Ob man inzwischen schlauer geworden ist, weiß ich nicht. Vielleicht haben wir uns damals zu viele Gedanken über das tertium comparationis gemacht, also über eine möglichst reine Parabeltheorie, während gegen eine Allegorese hier und da im Interesse der Gleichnishörer nichts einzuwenden ist. Das Thema der Ablehnung der Juden gerade in diesem Gleichnis beschäftigt mich nach wie vor. Eine Predigt zum Thema aus dem Jahr 2005 ist hier zu finden: Fest mit Hindernissen.

Helmut Schütz, am 25. April 2010

Der Beginn des Gleichnisses von der königlichen Hochzeit Matthäus 22, 1-3
Ein Gleichnis Jesu aus dem Matthäusevangelium

Inhalt

Zur Übersetzung der altgriechischen Zitate

Literaturverzeichnis

Übersetzung des Textes: Matthäus 22, 1-14

Auslegung des Textes

A. Entstehung und ursprünglicher Sitz der Parabel

I. Versuch der Rekonstruktion einer ursprünglichen Fest-Parabel

II. Versuche der Rückführung der Parabel auf Jesus

III. Entstehung der Parabel aus der Polemik der Christen gegen die Juden

Exkurs: Die Polarisierung zwischen Christen und Juden

B. Umformungen der Parabel

I. Die Umformung in der wachsenden christlichen Gemeinde: Paränese

Exkurs: Das Motiv vom Gast ohne Hochzeitsgewand

II. Die matthäische Redaktion: Verstärkung der Polemik

Exkurs: Aufstand und königliche Strafexpedition

Anmerkungen

Bemerkungen des Gutachters

Begutachtungen

Zur Übersetzung der altgriechischen Zitate

In die Anmerkungen, zu denen man mit einem einfachen Maus-Klick springen kann (und wieder zurück), habe ich Übersetzungen der altgriechischen Zitate eingefügt. Da ich wegen eventueller Browser-Probleme keine griechischen Fonts verwende, habe ich eine einfache Umschrift des altgriechischen Textes verwendet: Das griechische „ypsilon“ gebe ich mit “y” nur wieder, wenn es einzeln steht, in Verbindung mit „omikron“, wenn es wie „u“ ausgesprochen wird, schreibe ich „ou“. Von den Akzentuierungen verwende ich nur die Betonungszeichen, wobei ich an Stelle des Zeichens ~ das Zeichen ^ verwende. Für „eta“ schreibe ich „ee“ und „oo“ für „omega“. Die Aspiration am Anfang umschreibe ich mit „h“.

Literaturverzeichnis

Quelle:

Kurt Aland (Herausgeber), Synopsis quattuor evangeliorum, 4. Auflage, Stuttgart 1967

Hilfsmittel:

Walter Bauer, Wörterbuch zum Neuen Testament, Berlin, 5. Auflage 1958

Friedrich Blass /Albert Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen, 11. Auflage 1961

Alfred Schmoller, Handkonkordanz zum griechischen Neuen Testament, Stuttgart, 13. Auflage 1963

Kommentar:

Hermann L. Strack / Paul Billerbeck, Das Evangelium nach Matthäus, München, 5. Auflage 1926

Einzeluntersuchungen:

Herbert Braun, Jesus, Stuttgart/Berlin 1969 (Themen der Theologie, Band 1)

Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1971

Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968

Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 51-82

Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965

Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck)

Eberhard Jüngel, Paulus und Jesus, Tübingen, 1962

Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961

Sigfred Pedersen, Zum Problem der vaticinia ex eventu, in: Studia Theologica 19, Aarhus 1965, S. 167-188

Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99)

Karl Heinrich Rengstorf, Die Stadt der Mörder (Mt 22,7) in: Judentum, Urchristentum, Kirche. Festschrift für Joachim Jeremias, Berlin 1960 (BZNW 26), S.106-129

W. Salm, Beiträge zur Gleichnisforschung, Diss., Göttingen 1953

Luise Schottroff, Die Erzählung vom Pharisäer und Zöllner als Beispiel für die theologische Kunst des Überredens, in: Neues Testament und christliche Existenz, Festschrift für Herbert Braun, Tübingen 1973, S. 439-461

Siegfried Schulz, Q. Die Spruchquelle der Evangelien, Zürich 1972

Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 251-265

Anton Vögtle, Das Evangelium und die Evangelien, Düsseldorf 1971

Übersetzung des Textes (*A*)

Matthäus 22, 1-14:

1 Und Jesus fuhr fort und redete wieder in Gleichnissen zu ihnen und sprach:

2 Das Königreich der Himmel gleicht einem König, der für seinen Sohn eine Hochzeitsfeier veranstaltete.

3 Und er sandte seine Knechte aus, die Geladenen zur Hochzeit zu rufen, und (*B*) sie wollten nicht kommen.

4 Wieder sandte er andere Knechte aus und sprach: Sagt den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Stiere und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist fertig; kommt zur Hochzeit!

5 Sie aber gingen unbekümmert hinweg, der eine auf seinen (1) Acker, der andere an sein Geschäft.

6 Die übrigen aber ergriffen seine Knechte und misshandelten und töteten sie.

7 Der König aber (2) zürnte, er sandte seine Heere aus, vernichtete jene Mörder und verbrannte ihre Stadt.

8 Darauf sagte er seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig;

9 geht also an die Enden der Straßen, und wie viele ihr auch findet, ruft zur Hochzeit.

10 Und jene Knechte gingen hinaus auf die Straßen und brachten alle zusammen, die sie fanden, Böse und Gute; und der Hochzeitssaal (3) wurde voll von Gästen.

11 Als aber der König hereinkam, die Gäste anzusehen, sah er dort einen Menschen, der nicht mit einem Hochzeitsgewand bekleidet war (4);

12 und er sagte zu ihm: Freundchen (5), wie bist du hier hereingekommen, ohne ein Hochzeitskleid zu tragen? Der aber verstummte.

13 Darauf sagte der König den Dienern: Bindet seine Füße und Hände und werft ihn hinaus (6) in die äußerste Finsternis; dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

14 Viele aber (*C*) sind gerufen, wenige aber auserwählt.

Auslegung des Textes

Mt 22, 1-14 hat eine komplizierte Entstehungsgeschichte, wie ein Blick auf die Uneinheitlichkeit des Matthäustextes selbst, auf die synoptische Parallele Lk 14, 15-24 und die Parallele im Thomasevangelium, Logion 64 (6a), zeigt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit lassen sich drei Überlieferungsstufen des Textes voneinander abheben, nach deren chronologischer Abfolge die folgende Darstellung angeordnet ist.

A. Entstehung und ursprünglicher Sitz der Parabel

I. Versuch der Rekonstruktion einer ursprünglichen Fest-Parabel

Lukas und Matthäus haben als Vorlage für ihr Festgleichnis, das sie in unterschiedlicher Intensität beide allegorisch verstanden und ausgestaltet haben (7), eine gemeinsame Tradition benutzt (8). Abgesehen zunächst von Zusätzen und Brüchen bei Matthäus (9) entsprechen sich auf der einen Seite inhaltlich die Feier (10), die Absage aller Gäste (11), die Einladung neuer Gäste (12) und die Sentenz mit dem Urteil über die Erstgeladenen (13), gleichen sich sogar bis in den Stil und die Wortwahl hinein die Passagen über die Aussendung der Knechte an die Erstgeladenen (14), über den Zorn des Gastgebers und den neuen Befehl an die Knechte (15), gibt es aber auf der anderen Seite eine Reihe von Abweichungen gerade in den inhaltlich entsprechenden Abschnitten (16), so dass keiner der beiden Texte direkt aus dem anderen abgeleitet werden kann (17). Welche Elemente die Vorlage beider Texte in ihrer ursprünglichen Form enthalten hat, kann unter Zuhilfenahme des Thomas-Logions (nur) annähernd erschlossen werden (*D*):

  1. irgendein Mann veranstaltet ein Mahl (18).
  2. Er lädt Gäste ein (19).
  3. Er sendet seinen Sklaven zur Stunde des Mahls, der den Geladenen sagen soll: Kommt, denn es ist bereit (20).
  4. Die Gäste entschuldigen sich alle und kommen nicht (21) mit unterschiedlichen Begründungen.
  5. Der Sklave berichtet seinem Herrn über die Absage aller (22).
  6. Der Mann zürnt (23).
  7. Er sagt zu dem Sklaven: Gehe hinaus auf die Straßen. Welche du findest, bringe her (24).
  8. Der Sklave führt den Befehl aus, und der Gastsaal füllt sich (25).

Als kommentierender Abschluss könnte schon hier eine Sentenz über das Ausgeschlossensein der Erstgeladenen vom Mahl angefügt gewesen sein, die in allen erhaltenen Versionen enthalten ist (26).

Der rekonstruierte Handlungsablauf stellt eine Parabel dar, eine „erfundene Geschichte“, in der „Personen, Kulissen und Requisiten“ im Rahmen des Wahrscheinlichen wirkungsvoll angeordnet werden, um einen Sachverhalt anschaulich zu verdeutlichen (27). Im Gegensatz jedoch zum Parabelverständnis einiger Autoren (28) hängt der Sinn dieser Parabel gerade an ihren ungewöhnlichen, nahezu unwahrscheinlichen Zügen 4) und 7) (*E*); mit Eichholz gehe ich davon aus, dass hier „die Abweichung vom Gängigen gerade gewollt“ ist (29). „Weil die zuerst Geladenen versagen, werden andere zum Festmahl berufen, denen es eigentlich nicht zugedacht war“ (30), das ist die Aussage, auf die mit allem Nachdruck hingearbeitet wird.

II. Versuche der Rückführung der Parabel auf Jesus

Es hat viele Versuche gegeben, das Gleichnis in dieser oder ähnlicher (31) Form Jesus zuzuschreiben. Hahn geht dabei von der einfach falschen Ausgangsposition aus, das Besondere an diesem Gleichnis sei „das Nebeneinander der ausgeschlagenen und der angenommenen Einladung zum Mahl“ (32), obwohl er kurz zuvor „zweifellos“ von einem „Umschwung mitsamt dem Zorn des Hausherrn“ (33) und kurz darauf vom „zeitlichen Vorrang“ (34) der absagenden Gäste spricht. Genau das geschichtliche Nacheinander und die Kausalität der Abfolge von Absage und neuer Einladung ist aber konstitutiv für das Gleichnis. So steht Hahns Nachweis der Echtheit dieses Gleichnisses, an der „nicht zu zweifeln“ (35) sei, von vornherein auf tönernen Füßen (*F*). Um das Gleichnis in Jesu Munde als allgemeine „Anrede und Aufforderung zum Kommen. Keiner ist ausgeschlossen“ erscheinen zu lassen, wird der „polemische Zug“, der in diesem Nacheinander liegt, als „nicht entscheidend für das Verständnis“ (36) ohne weitere Begründung abgetan (*FF*).

Der Polemik (*G*), die sich in allen drei erhaltenen Textformen widerspiegelt und eine einseitige und durchgehende Verurteilung der Erstgeladenen enthält (37) versucht Jeremias gerecht zu werden, indem er dieses Gleichnis – wie viele andere – als apologetische Betätigung Jesu vor den Pharisäern auffasst, der damit seine Wendung zu den Verachteten rechtfertigt und so auch um sie, die Pharisäer, wirbt (38). Unter diesem Gesichtspunkt der Rechtfertigung bekommt der Umschwung im Handeln des Gastgebers einen so nachgeordneten Stellenwert, dass mit Haenchen zu urteilen ist: „Weil Gott die Bettler zum Mahl beruft, bleiben ihm die Reichen fern, und nicht umgekehrt“ (39). Da die Pharisäer ja vom Gleichnis lernen sollen, also dem Inhalt der Bildhälfte zumindest zustimmen müssen, um nach der Parabeltheorie vom tertium comparationis dann auch der Sachhälfte gezwungenermaßen zustimmen zu müssen, muss Jeremias ferner die ungewöhnlichen Punkte der Bildhälfte zu eliminieren suchen, was zu einer Umdichtung des Gleichnisses führt (40).

Immerhin versucht Jeremias, einem wesentlichen Erfordernis sachgemäßer Gleichnisinterpretation nahezukommen, der Darstellung der Rollen von Erzähler und Hörer des Gleichnisses (41). Von dieser Voraussetzung geht auch Eta Linnemann aus, die sich im Rahmen des Schottroffschen Begriffs der Gleichnisse (*H*) als „hervorragende Beispiele überredender Rede“ bewegt, deren Erzähler sich „in der Rolle des Lehrers“ befindet (42). Für sie geht es weniger um die Rechtfertigung von Jesu Handeln vor den Pharisäern, auch nicht so sehr um eine Nivellierung der Polarität zwischen Jesus und den Pharisäern; sie will das Gleichnis ähnlich wie Jeremias in der Konfrontation Jesu mit den Frommen Israels ansiedeln, allerdings stärker als dieser als Überführungsgleichnis verstehen. Die Pharisäer sollen dem in der Bildseite ausgedrückten Sachverhalt ihre Zustimmung geben, um dadurch im analogen Sachverhalt der Sachhälfte, über den sie sich mit Jesus nicht einig sind, zur Entscheidung gezwungen zu werden (43). Nach Linnemann geht es Jesus um sein Verständnis der gegenwärtigen Zeit, in der Jesus „Tischgemeinschaft mit den Verlorenen“ hat, als der Zeit von Gottes Herrschaftsanbruch; dass diese Herrschaft jetzt anbricht, wird von den Pharisäern nicht ernst genommen (44). Um aber diesen Sachverhalt in der Bildhälfte wiederzufinden, führt sie eine unhaltbare Konstruktion ein, nach der die Erstgeladenen nicht absagen (*I*), sondern lediglich ihre Entscheidung, zu kommen, auf einen späteren, genehmeren Zeitpunkt verschieben wollen (45). Die verdoppelte Einladung von Gästen am Schluss des von ihr als ursprünglich angesehenen Lukasgleichnisses interpretiert sie dann auch folgerichtig als eifriges Bemühen des Gastgebers, den Ausschluss der Erstgeladenen wirksam abzusichern (46). Ähnlich Jeremias will sie dadurch das Ungewöhnliche der Einladung beliebiger Leute entschärfen (47). Doch sie scheitert wie dieser an den eigenen Prinzipien der Parabelinterpretation (tertium comparationis, keine zu ungewöhnlichen Züge), da gerade durch ihre Interpretation die Parabel zur Allegorie gerät: Die Ungewöhnlichkeit der von ihr entschärften Züge verschiebt sich nämlich nur auf die Tatsache, dass der Gastgeber den Zuspätkommenden einen Denkzettel verpassen will, was doch nur vom Linnemannschen „Zeitverständnis Jesu“, von der Sachhälfte her verständlich wird. Abgesehen von dieser ihrer Hauptthese argumentiert sie in den gleichen Bahnen wie Hahn: „Während das Geschick der widerwilligen Gäste in der Parabel schon entschieden ist, steht es für Jesu Hörer noch offen“ (48); sie macht nicht mit dem Nacheinander von Absage und neuer Einladung wirklich ernst.

Demgegenüber macht Ragaz in seiner Deutung gerade die Ungewöhnlichkeit des Gleichnisinhalts und gerade das Nacheinander von Absage und Neueinladung zum Zentralen. Die Ablehnung von etwas „Geschenktem und Freudigem“ ist „in der Tat seltsam. Aber es soll auch etwas Seltsames illustrieren“ (49), nämlich, dass die „offizielle Religion“, an die Jesus sich auch wende, die „Art, wie die neue Wahrheit Gottes sich anmeldet“, nicht akzeptiert. „Dann kommt das Gericht und die Wahrheit sucht sich andere Träger…, das Volk…, die Völkerwelt…, (die) Ungläubigen“ (50). Doch auch Ragaz muss hierbei zu der Konstruktion greifen, dass Jesus das Gleichnis „am Ende seiner Bahn im Blick auf seine Arbeit an Israel“ spricht (51). Wahrscheinlicher ist doch, dass ein solches Fazit Jesus nachträglich in den Mund gelegt wird (*J*). Jesus richtete sich ja gerade nicht in erster Linie an die „offizielle Religion“, sondern ging an ihr vorbei zu den von ihr Verachteten; daher lehnte sie ihn ab (52) (*K*).

Die besprochenen Deutungen richten aber den Blick auf Motive dieses Gleichnisses, die durchaus in die Landschaft der Verkündigung Jesu hineinpassen: Die Bedeutung der Mahlgemeinschaft insbesondere mit Ausgestoßenen (53), die Ablehnung der Versklavung an den Besitz (54). Doch ob sich diese und andere Vorstellungen dieses Gleichnisses auch auf ein diesem vorangegangenes Jesuslogion beziehen können, bleibt im Bereich bloßer Vermutung; „die Zuordnung zu Jesus unterliegt zunehmend dem Verdacht, dass hier der theologische Wunsch der Vater des historischen Gedankens sei“ (55).

III. Entstehung der Parabel aus der Polemik der Christen gegen die Juden

Wahrscheinlicher ist in der Tat, dass erst die Christengemeinde nachträglich aufgrund ihrer Erfahrungen mit Jesus eine Deutung seines Handelns vornimmt (56). „Die christliche Gemeinde hat bisweilen aus der von ihr erlebten Geschichte heraus die Botschaft Jesu – zum Teil sogar sehr tief – gewandelt“ (57). Nur so lässt sich das so krasse und unwiderrufliche Nacheinander von Absage, Verwerfung (*L*) und Neueinladung einer anderen Gruppe zufriedenstellend deuten, indem die Entstehung des Gleichnisses in den Prozess der immer stärkeren Abgrenzung der christlichen Gemeinde von (*M*) den Juden eingeordnet wird. Wie Haenchen ausführt, gingen die ersten Judenchristen ja noch davon aus, dass Israel das auserwählte Volk sei; ihnen wurde es zum Problem, dass ausgerechnet das Volk, an das zuerst die Botschaft Jesu ging, diese nicht annahm (58). Aus der Reflexion über das Erwählungsproblem ging in der Zeit stärkerer Abgrenzung im Nachhinein dieses Gleichnis hervor (59) (*N*).

Exkurs: Die Polarisierung zwischen Christen und Juden (60)

Paulus löst das Judenproblem Röm 9, 6 durch die Unterscheidung zwischen erwählten und nicht-erwählten Israeliten (auch Röm 2, 28), wobei die Erwählten die Judenchristen als die Juden nach dem Geist sind (Gal 4, 26.29; Röm 2, 28: der ist ein Jude, der es innerlich ist). Röm 11,11ff.15f. will er die Rettung der Juden nicht ganz aufgeben, spricht er von einzelnen (V. 14), die er retten will, von ganz Israel (V. 25f.), das am Ende der Tage gerettet wird. In 11,11 ist ein Satz ausgesprochen, der das Motto unseres Gleichnisses sein könnte: Infolge ihrer Verfehlung ist das Heil zu den Heiden gekommen; dies hat aber hier noch die Funktion, die Rolle der Juden positiv zu interpretieren, was im Gleichnis nicht mehr der Fall ist: die Juden sind nur verstockt, werden eifersüchtig auf den Missionserfolg der Christen bei den Heiden werden und sich daher schließlich bekehren. Doch Röm 11,19 zeigt, dass es schon zur Zeit des Römerbriefs Heidenchristen gab, die so krass wie im Gleichnis den Wechsel der Erwählung behaupten. Und später, wie sich in Mt 8,11f. und Lk 13,28-30 zeigt, ist die von Paulus noch angegriffene Auffassung unbestritten, dass die Söhne des Reiches hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird. Die Verwerfung der Juden und Hinwendung zu den Heiden bleibt auch weiterhin bestehen (Apg 28, 28). Im Johannesevangelium wird durch gnostische Einflüsse selbst der Gott der Juden zum Teufel (8, 44); die Judenablehnung erreicht ihren Höhepunkt (literarisch).

Das Gleichnis gehört in die Reihe der Deutungsversuche dieses Wandels im ursprünglichen Selbstverständnis der Christen, die in Lk 4, 25-27 (aus dem AT her argumentierend) ansatzweise, in Apg 28, 28 schließlich ganz massiv die Verwerfung Israels und die Erwählung der Heiden begründen. (*O*)

Über den soziologischen Ort und die Art der Verwendung dieses Gleichnisses sind nur Vermutungen anzustellen (*P*). Die Verwendung als Überführungsgleichnis in der Missionspredigt vor Juden scheint (*Q*) durch den Inhalt des Gleichnisses gerade ausgeschlossen zu sein. Ort der Entstehung dürften daher Versammlungen der Christen sein, die ihre traditionellen Überzeugungen aufarbeiten und revidieren müssen aufgrund der Erfahrungen mit ihren ehemaligen Glaubensgenossen. Sie verlegen die Entstehung der jetzigen Polarisation schon in die Zeit der Predigt Jesu zurück (*R*).

Den Stoff für das Gleichnis mögen sie durchaus in den wesentlichen Zügen dem rabbinischen Gleichnis vom bösen Zöllner und frommen Pharisäer entnommen haben (61), doch wenn dort „nicht die Gäste, die ja gar nicht kommen wollen, sondern der Gastgeber… der bloßgestellte“ ist (62), der nur seine Speisen nicht umkommen lassen will, so hat hier eine Umkehrung dieses Sachverhalts stattgefunden: Mit keinem Wort ist hier die Person des Gastgebers herabgesetzt oder das Verhalten der absagenden Gäste auch nur irgendwie verständlich gemacht; hier wird gerade souverän gegen die Auffassung dieser Erstgeladenen Front gemacht, dass es eine „Schande“ sei, „zu Tische in der Gesellschaft der gesetzesunkundigen Leute“ zu liegen (63) (*S*).

Die Schwierigkeiten, in die u. a. Jeremias und Linnemann aufgrund ihrer Parabeltheorie vom tertium comparationis geraten, sind oben schon dargestellt worden (64). So möchte ich mit Jüngel „das Gleichnis“ nicht als „bloße Alternativmöglichkeit zur Allegorie“ verstehen (65), sondern so, dass Einzelzüge ihr Recht bekommen können in direktem Bezug zum gemeinten Sachverhalt, wobei die Bildebene nicht zur bloßen allegorischen Chiffre wird (66). Obwohl hier also noch keine Rationalisierung der Bildersprache im Ganzen vorliegt, die ein Dechiffrierverfahren allegorischer Einzelzüge durchgehend erfordern würde (67), ist ein Zug wohl schon im Original in direktem Bezug zur Sachhälfte auszudeuten gewesen: Die zweifache Einladung der ersten Gäste 2) und 3); sie, also die Juden, sind zunächst eingeladen, erwählt, und bringen bei der zweiten Einladung, als das Mahl fertig ist, zur Zeit Jesu Verkündigung des Heils, ihre Absage. Wenn es die Sitte der doppelten Einladung wirklich gegeben hat, so scheint diese Deutung zumindest damit verbunden worden zu sein (68).

Nach Schulz verweist die Anhängung der kommentierenden „légoo hymîn“-Floskel (68a) schon zur Zeit der schriftlichen Fixierung in der Quelle Q auf ein frühes allegorisches Verständnis der Parabel überhaupt (69). Ob die Q-Fassung bereits eine Fortentwicklung einer nichtallegorischen ursprünglicheren Parabel ist, kann nicht entschieden werden.

Die Reflexion über die Situation in der wachsenden Kirche findet hier – wie in Apg 28, 28 – noch nicht statt; die zunächst Nicht-Erwählten sind allein deshalb würdig zu kommen, weil sie kommen und die Reihen der Christen füllen: „sie werden ihm (dem Heil Gottes) auch Gehör schenken“ (70) (*T*).

B. Umformungen der Parabel

Während die Lukasfassung die ursprüngliche Intention des Gleichnisses noch recht klar wiedergibt – durch die Einfügung in den Zusammenhang der Tischreden und die Einrahmung in die Verse Lk 14, 15 und 14 wird jedenfalls der polemische Charakter des Textes gegen die Juden (*U*) ganz deutlich (71), hat Matthäus stärkere Uneinheitlichkeiten und Umformungen formaler und inhaltlicher Art aufzuweisen. Die allegorisierenden Verse 6f. und 11ff. sind Zusätze gegenüber der anfangs herausgestellten Tradition (*V*); in den Versen 2-5 und 8-10 hat eine starke Überarbeitung stattgefunden; der Einleitungsvers ist redaktioneller Art, der Schlussvers zumindest in Spannung mit dem Vorangegangenen (*W*). Die Überarbeitung geht in zwei Richtungen, eine mit paränetischer, lehrhafter, eine mit noch stärker polemischer Intention (*X*). Da die matthäische Redaktion aber sonst ihre Stoffe stilistisch-inhaltlich-intentional nur in einer Richtung einheitlich zu gestalten pflegt, kann Matthäus selbst dieses Gleichnis kaum „‚in einem Zuge‛ redigiert und niedergeschrieben haben“ (72) (*Y*). Zeitlich ist die in paränetischem Interesse vorgehende Umformung früher anzusetzen, da der Redaktor Matthäus selbst für die polemischen Erweiterungen verantwortlich ist und er dieses Gleichnis in einen Komplex polemischer Gleichnisse eingeordnet hat; demnach dürfte er kein weiteres Interesse an zusätzlichen paränetischen Umformungen gehabt haben (*Z*). Die Verse 11-13 als nachmatthäischen Zusatz zu verstehen, ist nicht möglich, da die Abtrennung auch stärkere Eingriffe in den Versen 8b-10 implizierte und Vers 10 als Schluss blass wäre; eher wäre noch Vers 9 als Schluss denkbar (73). Aber dies scheitert daran, dass die Anwendung 8b sich auch schon auf den Schluss bezieht durch das eigentlich für den Gang des Gleichnisses bis Vers 10 überflüssige „áxioi“ (73a) (es fehlt in Lk und Thomas; es werden keine die Würdigkeit der neuen Gäste anzeigenden Eigenschaften genannt).

I. Die Umformung in der wachsenden christlichen Gemeinde: Paränese

In einer Zeit, in der die Gemeinde wächst und nach vollzogener Abgrenzung von den Juden Unstimmigkeiten innerhalb der Gemeinde in den Vordergrund treten, ist die paränetische Umformung des Textes erklärlich (*a*). Die neuen Erwählten erweisen sich nicht alle in gleicher Weise ihrer Erwählung würdig, es gibt Auseinandersetzungen, und so kommt es zu inneren Abgrenzungen. Da fügt man dem vorliegenden Gleichnis einen allegorisierenden Zusatz an zum Zweck der Differenzierung: Das Motiv vom Gast ohne Hochzeitsgewand. Inhaltlich sprengt es das Bild der Parabel, denn von auf der Straße aufgelesenen Gästen kann man schlechterdings keinen Festanzug erwarten (74). Formal dagegen schließt sich die Disziplinierung des Unwürdigen (*b*) durch den König fast nahtlos an die Füllung des Hochzeitssaals an.

Exkurs: Das Motiv vom Gast ohne Hochzeitsgewand

Es handelt sich in den Versen 11-13 nicht um das Fragment eines ursprünglichen Gleichnisses (*c*). Wohl kann man in einzelnen Motiven eine Berührung mit einem rabbinischen Gleichnis feststellen, in dem es um die Buße vor dem Eintritt ins Mahl des Heils geht, nicht um die Entfernung eines Gastes während des Mahls (75), doch ausgehend von solchen Vorstellungen und bestimmten Begriffen (*d*) mit festem „den Lesern vertrautem Bedeutungsinhalt“ (76) hat hier eher eine planvolle allegorische Komposition ohne Vorlage einer eigenständigen Parabel stattgefunden (76a). Die Darstellung des Auftritts des Königs und seiner Anrede an den unwürdigen Gast lebt lediglich von der doppelten Nennung des Begriffs „éndyma gámou“ (76b); die Reaktion des Angeredeten bleibt farblos. Der folgende Vers schildert die Bestrafung des Unwürdigen in Wendungen, die mehr und mehr eindeutig allegorisch zu nehmen sind; der Hinauswurf eines der Gastgeber nicht genehmen Gastes wäre innerhalb der Bildhälfte noch verständlich, die grausame Willkür des Herrschers, den Hinauszuwerfenden zunächst zu fesseln (77), und vollends der Begriff der „skótos tò exóoteron“ (77a) macht deutlich, dass hier von den Höllenstrafen die Rede ist. Diese Vorstellung wird schließlich in der „Lehrsprache“ der matthäischen Gemeinde (78) noch durch das beliebte Motiv des „ho klauthmòs kaì ho brygmòs tôon odóntoon“ (78a) (vgl. Mt 8, 12) ergänzt. Lediglich in dem Wechsel der Wortwahl von „doûlos“ (78b) zu „diákonos“ (78c) kann eine Begründung für die Existenz einer eigenständigen Vorlage für dieses Zusatzstück gesehen werden; doch kann die veränderte Bezeichnung auch einfach die Unterscheidung der „Diener beim Mahl“ von den anderen Sklaven enthalten (79). Auch sonst hat Matthäus nie zwei Gleichnisse zu einem verschmolzen (78) (*e*).

„Inhaltlich“ berührt sich dieses „Gleichnismotiv… stark mit den Kontrastgleichnissen in Mt 24f., die der Wachsamkeits- und Gerichtsparänese dienen“ (78). Es geht weder um die Herausstellung der Notwendigkeit der Taufe für das Heil (80), denn der Eintritt in den Raum des Heils ist ja gerade schon erfolgt, noch um eine Rechtfertigungstheologie, nach welcher der bestraft wird, der die ihm zugerechnete Gerechtigkeit, das ihm von Gott angezogene Festkleid (entsprechend Jes 61, 10) ausschlägt (81), denn „das Kleid wird ja gerade nicht geschenkt“ (82). Es geht deutlich um etwas, was jedem, der sich seiner Position als Christ würdig erweisen will, selbstverständlich zu eigen sein sollte: die „Werke der Gerechtigkeit“ (83), die „Kongruenz zwischen… Glauben und Leben“ (84) (*f*).

In einer Zuspitzung dieser Theologie wird in der angehängten Anwendung in Vers 14 aus der Unwürdigkeit des Einen die Nicht-Erwähltheit der Vielen (*g*). Diese Anwendung scheint sich weder auf den Hauptteil noch auf den Anhang des Gleichnisses beziehen zu können, da der Hauptteil ja keine Auswahl unter vielen Berufenen kennt, sondern nur einen Ersatz der alten durch die neuen Berufenen, und da im Anhang das Zahlenverhältnis der Vielen und der Wenigen ausgetauscht zu sein scheint. Doch liegt die Anwendung durchaus in der konsequenten Linie der paränetischen Umformung des Gleichnisses, die in der Erzählung vom Hochzeitsgewand die Schwere der Strafe für die Unwürdigkeit, in Vers 14 die geringe Anzahl der Würdigen beschreibt (85). Das Gleichnis lehrt nun die Mahnung: Die Juden sind zwar verworfen und die Christen grundsätzlich erwählt, doch auch die Christen müssen sich würdig erweisen und kommen einmal ins Endgericht (*h*).

Formal passt sich der Schluss deshalb so gut dem Erzählungsgang an, weil die Anfügung durch eine Überformung des ganzen Gleichnisses begleitet und eingeleitet wurde. Der gesamte zweite Teil, der von der Einladung der neuen Gäste handelt, wird durch die Vorziehung der lukasentsprechenden Sentenz nach Vers 8b und die Einfügung des Begriffs „áxios“ (85a) unter das Motto der Würdigkeit (*i*) gestellt. Die neuen Gäste sind nicht mehr einfach nur deshalb der Einladung würdig, weil sie kommen und das Haus füllen, sondern es wird zum Problem, dass „poneeroì te kaì agathoí“ (85b) (Mt 22, 10), also auch Unkraut unter dem Weizen (vgl. Mt 13, 36-43) unter ihnen befinden.

Überdies ist durch das ganze Gleichnis hindurch eine lehrhafte, allegorisierende Ausgestaltung im Sinne der „Lehrterminologie und Anschauungswelt der matthäischen Kirche“ festzustellen, in der auch sonst das Bild von der Hochzeit (Mt 25, 1-13) und vom Menschen-Sohn als Bräutigam geläufig ist, die beide ursprünglich nicht im Gleichnis verankert waren und auch keine besondere Funktion haben (von der eigentlichen Hochzeit ist nicht die Rede, die Braut taucht nicht auf, auch der Bräutigam nach Mt 22, 2 nicht mehr). Auch die Erhöhung des Gastgebers zum König ist vom matthäischen Bild König = Gott her zu erklären, die den Plural der Knechte automatisch nach sich zog (86).

II. Die matthäische Redaktion: Verstärkung der Polemik

Die matthäische Redaktion hat den Text mit seiner zwiefachen Spitze – gegen die Juden, gegen die unwürdigen Christen – aufgenommen und in den Zusammenhang zweier anderer polemisch sich von den Juden abgrenzender Stücke gestellt: Mt 21, 28ff. und 21, 33ff. Recht gewaltsam musste der ursprüngliche Zusammenhang von Mt 21, 46 und 22, 15 unterbrochen werden. um durch einen redaktionellen Einleitungsvers die Einfügung zu ermöglichen. „eîpen en parabolaîs“ (86a) ist eine für Matthäus geläufige Wendung, ebenso die sicher nicht ursprüngliche Einleitung des eigentlichen Gleichnisses mit der Matthäuswendung „hoomoióothee hee basileía tôon ouranôon“ (86b) (87). Die Wendung „apokritheís“ (87a) scheint sich nicht ganz bruchlos in den Zusammenhang einzufügen, da in Mt 21, 45f. keine Rede erfolgt ist, auf die zu antworten wäre, aber es lässt sich begreifen als Einführung einer nochmaligen und deutlicheren Rede Jesu (88).

Von der durch diese redaktionellen Änderungen ermöglichten Einfügung her wird nun auch die Polemik in ihrer Verschärfung im ersten Teil des Gleichnisses gegenüber der Vorlage verständlich. Parallel zum Winzergleichnis Mt 21, 33ff. wird die Ablehnung der Einladung in drei Stufen dargestellt, indem sie hier bis zur Misshandlung und Tötung der Sklaven gesteigert wird (89). Kunstvoll wird das Wortmaterial der ursprünglich zusammengehörenden Einladung in einen ersten knappen (V. 3), einen zweiten breiter ausgemalten, Einladungsblock aufgespalten (wobei „állous doúlous“ (89a) eine Nachbildung von Mt 21, 36 ist und in streng aufgebauter, zweigliedriger Parallele die Ablehnungsbegründung knapp dargelegt wird: Besitz – Geschäft); weniger bruchlos ist diesen Versen dann, überzogen wirkend, als dritter Streich die Nachbildung von Mt 21, 35 angefügt: Misshandlung und Tötung der königlichen Knechte, dem die ebenso übersteigerte Strafexpedition des Königs folgt.

Exkurs: Aufstand und königliche Strafexpedition

Die Verse 6 und 7 haben bis auf die Wendung „ho dè basileús oorgísthee“ (89b) keinen Anhalt in der Vorlage. Sie stören den inneren Zusammenhang des Bildbestands des Gleichnisses erheblich: zwischen Zubereitung und Essen des Mahls kann keine Schlacht geschlagen, die Sentenz 8b in ihrer zahmen Wortwahl nicht auf das Verbrechen von 6 bezogen werden. Die Allegorisierung ist hier mit Händen zu greifen (*j*). Das Motiv von V. 7 geht sicherlich auf den von Rengstorf vielfach belegten topos zurück, den er folgendermaßen beschreibt: „Ein erzürnter Herrscher veranlasst eine militärische Strafexpedition gegen unbotmäßige Untertanen… und lässt sie und ihre Stadt völlig vernichten“ (90). Jedoch ist seinen Schlussfolgerungen nicht zuzustimmen (91); eindeutig ist 6f. ein Einschub und wahrscheinlich ist er nur wegen der „geschichtlichen Erinnerung“ (92) an die Zerstörung Jerusalems mit eben den Worten des topos hier eingefügt worden (93). Auch Pedersen widerlegt dies nicht mit seinem Verweis auf Jeremiastellen, in denen die Missachtung von Gottes Knechten, seinen Propheten, mit dem Gericht bestraft wird (94). Um das Gleichnis derart in seiner Einheit zu stören, war außer der Parallelisierung mit dem Winzergleichnis ein realer Anlass notwendig.

Die Einfügung der königlichen Strafaktion V. 7 bot sich an, anknüpfend an den Erfahrungen des Jahres 70 sowie an verschiedenen literarischen topoi eine Steigerung gegenüber dem Winzergleichnis zu erreichen, nämlich die Gerichtsdrohung Mt 21, 43 mit realem Hintergrund zu füllen.

Den schon vorher umgeformten Schlussteil des Gleichnisses verändert Matthäus nicht noch einmal in der polemischen Richtung; die Polemik gegen die Juden ist mit dem Höhepunkt in V. 7 abgeschlossen. Den Schluss hat Matthäus trotz anderer Gestaltungsintention nicht gestört, da schon im Winzergleichnis Mt 21, 41 und 43 paränetische Züge enthalten sind, die von den Frucht bringenden neuen Erwählten sprechen. Es wäre nicht einmal undenkbar, dass Matthäus selbst erst V. 13b gemäß Mt 8, 12 hinzufügt (95).

Das Resultat ist eine skizzenhafte Darstellung der Heilsgeschichte von der Sendung der alttestamentlichen Propheten über die Zerstörung Jerusalems bis zum Endgericht. Da die Analogien zur Winzergeschichte auch an anderen Stellen nur bis zu einen gewissen Grad zum Tragen kommen (96), ist dabei eine Deutung der beiden ersten Knechtegruppen auf alttestamentliche Gestalten nicht zwingend; auch die genaue Deutung der anderen Einzelzüge ist angesichts der komplizierten Entstehungsgeschichte des Matthäustextes nicht möglich (97).

Anmerkungen

(1) „ídion“ („eigenen“) ist trotz seiner Stellung unbetont; vgl. Friedrich Blass /Albert Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen, 11. Auflage 1961, S. 179 (§ 286.1).

(2) Die von der Koine und anderen Handschriften gebotene Variante „kaì akoúsas ho basileùs eksînos“ („und als jener König hörte“) ist eine an Lk 14, 21 orientierte Einfügung, die erst später erfolgt ist.

(3) Trotz breiter Bezeugung der Variante „gámos“ („Hochzeit“) durch die Koine und andere Handschriften ist sie als Angleichung an den durchgängigen Stil dieses Textabschnitts nicht als ursprünglich anzuerkennen.

(4) Vgl. Friedrich Blass /Albert Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen, 11. Auflage 1961, S. 259 (§ 416.1).

(5) Anrede an jemanden, dessen Namen man nicht weiß; Walter Bauer, Wörterbuch zum Neuen Testament, Berlin, 5. Auflage 1958, Spalte 622; vgl. Mt 20, 13. Nach Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 137 ist diese Anrede „gütig und vorwurfsvoll zugleich“, doch an dieser Stelle kommt die Güte kaum noch zum Tragen.

(6) Vgl. Anm. 11.

(6a) Kurt Aland (Herausgeber), Synopsis quattuor evangeliorum, 4. Auflage, Stuttgart 1967, S. 525.

(7) Siehe Abschnitt B.

(8) Die Version des Thomasevangeliums ist hier als ohnehin spätere, gnostische Ausprägung des Gleichnisses noch außer Acht gelassen; vgl. Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 149 f.

(9) Vgl. Abschnitt B.

(10) Mt 22, 2b – Lk 14, 16b.

(11) Mt 22, 5 – Lk 14, 18-20.

(12) Mt 22, 9-10 – Lk 14, 21c-23.

(13) Mt 22, 8b – Lk 14, 24.

(14) Mt 22, 3a.4 – Lk 14, 16c.17. Dem lukanischen „ekálesen polloús“ („er rief viele“) entspricht das „kalésai toùs kekleeménous“ („zu rufen die Gerufenen“); das „apésteilen tòn doûlon autoû“ („er schickte seinen Sklaven“) ist im Mt-Text lediglich verdoppelt und erweitert zu „apésteilen toùs doúlous autoû“ („er schickte seine Sklaven“) und „apésteilen állous doúlous“ („er schickte andere Sklaven“) – die inhaltliche Verschiedenheit, dass bei Mt die erste Einladung schon ungenannt vorausgesetzt ist, während sie bei Lukas explizit genannt wird, spielt hier keine Rolle, jedenfalls nimmt Mt die lukanische ursprüngliche Einladung terminologisch im Zuge der Verdoppelung der Knechtsaussendung auf; die zweite Einladung wird bei Lk wie bei Mt durch einen wörtlich ausgeführten Befehl an die Knechte initiiert: „eipeîn toîs kekleeménois“ („zu sagen den Gerufenen“) und „eípate toîs kekleeménois“ („sagt den Gerufenen“), der spezifiziert wird als Ausruf: „érchesthe“ und „deûte“ (beides: „kommt“), mit der Begründung: „éedee hétoimà estin“ („es ist schon bereit“) und „pánta hétoima“ („alles ist bereit“).

(15) Mt 22, 7a.8a – Lk 14, 21b: „oorgísthee“ („wurde zornig“)- „orgistheîs“ („zornig geworden“); „tóte légei toîs doúlous autoû“ („da sagt er seinen Sklaven“) – „tóte … eîpen tôo doúloo autoû“ („da sprach er zu seinem Sklaven“).

(16) Mt bietet in seinen Zusätzen 22, 6f. und 22,11-14, aber auch in seiner Terminologie („basileús“ = „König“, „gámos“ = „Hochzeit“) und speziell in der Verdoppelung der ersten Aussendung der Knechte einen gegenüber der Lk-Textform weiter entwickelten Text; doch auch Lukas weist Ausweitungen bestimmter, bei Mt. in knapper Form erhaltener Motive auf: die Explizierung der Entschuldigungen Lk 14, 18-20, die Verdoppelung und Ausschmückung der Knechtsaussendung am Schluss des Gleichnisses.

(17) Gegen Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 94ff., die aber nur durch halsbrecherische Konstruktionen (vgl. Anm. 45) die Lk-Fassung mit geringen Einschränkungen als direkten Vorläufer der Mt-Fassung und als ursprüngliches Jesus-Gleichnis darzustellen vermag.

(18) König, Sohn und Hochzeit bei Mt sind allegorisierende Zusätze; vgl. Abschnitt B. I., letzter Abschnitt.

(19) Dass sich die Einladung bei Lk auf „polloús“ („viele“) bezieht, ist ein Zusatz im Zuge der allegorisierenden Ausdeutung, so Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 147. Zu Mt vgl. Anm. 14. Im Thomas-Logion wird man die Überschrift „Ein Mann hatte Gäste“ noch als Niederschlag dieser allerersten Einladung werten dürfen.

(20) Zu Mt und Lk vgl. Anm. 14. Die Einladung durch den Knecht – in etwas anderen Worten – gewinnt im Thomasevangelium einen besonderen Akzent durch die viermalige Wiederholung der Aktivität des Knechts, des gnostischen Mittlers.

(21) Bei allen Unterschieden in der Formulierung ist eins allen gemeinsam: die Gäste sagen durchwegs ab.

(22) Bei Mt fiel dieses Element aufgrund der Einfügung der Verse 6f. heraus; vgl. Anm. 2.

(23) Dass dieses Element bei Thomas weggefallen ist, deutet besonders auf den gnostischen Charakter dieser Textversion, die gnostische Gottheit reagiert „ganz ohne Emotion“, so Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 150.

(24) Wesentlich ist, dass trotz unterschiedlicher Formulierungen in einem Punkt Gemeinsamkeit besteht: die neuen Gäste sind beliebige Leute von der Straße; die Wendung „welche du finden wirst“ bei Thomas bzw. „hósous eàn eúreete“ („wieviele ihr immer findet“) bei Mt scheint dem ursprünglichen Wortlaut am nächsten zu kommen.

(25) Der Abschluss ist nur sehr ungenau zu rekonstruieren; entscheidend ist hier: diese Gäste kommen. Thomas interessiert sich für die konstruktive Seite, den Erfolg des Auftrags des Knechtes, gar nicht mehr, was auch der gnostischen Tendenz der vorwiegenden Abwertung der Welt entspricht.

(26) Nach Siegfried Schulz, Q. Die Spruchquelle der Evangelien, Zürich 1972, S. 399, ist die Lk-Version 14, 24 („légoo … hymîn“ = „ich sage … euch“) „integrierter Bestandteil“ der von ihm der Spruchquelle Q zugeordneten Parabel. Die Mt-Version 8b ja hat im Zuge der Umformung des Gleichnisses größere Veränderungen erfahren (vgl. Abschnitt B. I., vorletzter Abschnitt); ebenso ist auch die Schluss-Sentenz des Thomas-Logions ganz im gnostischen Interesse der Abwehr aller weltlichen Geschäfte umgeformt.

(27) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 19.

(28) Vgl. Abschnitt A. II. (Jeremias und Linnemann)

(29) Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1971, S. 66. So auch Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 174: „Es soll auch etwas Seltsames illustrieren“.

(30) Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 153.

(31) Vgl. Anm. 17.

(32) Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 66.

(33) Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 65.

(34) Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 66.

(35) Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 70

(36) Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 69: In ähnliche Widersprüche verwickelt sich Anton Vögtle, Das Evangelium und die Evangelien, Düsseldorf 1971, S. 215, nach dem „Jesus dieses Gleichnis als drohende Mahnung an alle Israeliten gerichtet“ hat. Das „‚Anstatt der Israeliten: die Heiden!‛“ soll sich aber „im Sinne des Gleichnisses Jesu gerade nicht verwirklichen“.

(37) Vgl. Anm. 26.

(38) Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 125, auf das vorliegende Gleichnis expliziert S. 178 f. Ähnlich spricht auch Siegfried Schulz, Q. Die Spruchquelle der Evangelien, Zürich 1972, S. 401, für den Kontext von Q von der „theologischen Begründung für die ärgerniserregende Aussage vom Menschensohn als dem ‚Freund der Zöllner und Sünder‛“.

(39) Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 154.

(40) Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 177ff. Dagegen richtig Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 152f. Zur teilweisen Berechtigung der Bezugnahme auf das von Jeremias angegebene rabbinische Gleichnis vgl. Abschnitt A. III., viertletzter Abschnitt.

(41) Vgl. Luise Schottroff, Die Erzählung vom Pharisäer und Zöllner als Beispiel für die theologische Kunst des Überredens, in: Neues Testament und christliche Existenz, Festschrift für Herbert Braun, Tübingen 1973, S. 439: „Gleichnisse waren… immer nur sachgemäß zu interpretieren, wenn man beschrieb, wie sie wirken sollen. Die Rolle des Hörers muss also bei der Gleichnisauslegung beschrieben werden“.

(42) Luise Schottroff, Die Erzählung vom Pharisäer und Zöllner als Beispiel für die theologische Kunst des Überredens, in: Neues Testament und christliche Existenz, Festschrift für Herbert Braun, Tübingen 1973, S. 439. In der Terminologie von Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 97: „Jesus… müht sich darum, seinen Hörern zur rechten Erkenntnis zu helfen“.

(43) In diesem Sinne ist das Gleichnis Beweismittel: Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 32ff.

(44) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 97: „Die Pharisäer glauben nicht daran, dass jetzt Gottes Herrschaft anbricht“.

(45) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 95f und 159ff. Unhaltbar ist ihre These einfach deshalb, weil sie keinen Anhalt am Text von Lk 14, 18-20 hat. Sie zieht zur Begründung die Ursprünglichkeit der Verse Lk 14, 22-23 heran, die für sie ein bewusstes Ausschließen der Erstgeladenen enthalten (vgl. aber Anm. 71). Umgekehrt begründet sie aber die Auffassung, Lk 14, 22f. sei keine allegorische Erweiterung, mit der Undenkbarkeit der „Berufung der Heiden“ zum Zweck des Ausschlusses der „Frommen in Israel“, ein Ausschluss, der aber erst aufgrund ihrer These vom späteren Kommen der Gäste zustande kommen müsste. Dieser Zirkelschluss beruht anscheinend darauf, dass Linnemann ihre Lieblingsthesen (Echtheit der Lk-Parabel, Parabeltheorie des tertium comparationis und des Beweismittels qua Verschränkung, daher hier speziell das Zuspätkommen der Gäste) je für sich nicht in Frage stellt und wechselseitig stützt.

(46) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 96. Vgl. Anm. 45.

(47) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 160. Zwar will sie „für den ungewöhnlichen Zug der Ablehnung aller… den Anlass in der Sachhälfte“ suchen. Bei der Einladung der „Bettler und Obdachlosen“ vergisst sie aber wieder ihre gerade formulierte Einsicht, „dass gerade die ungewöhnlichen Züge der Gleichnisse auf die Sachhälfte zurückgehen“ und erklärt sie mit der Notwendigkeit, schnell Lückenbüßer zu gewinnen, um die anderen auszuschließen. Vgl. die in gleicher Intention arbeitenden Versuche Jeremias‘, Anm. 40.

(48) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S 97.

(49) Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 171.

(50) Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 176f. Auch Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck), S. 432, deutet in ähnlicher Weise, wenn er von der „unverkennbar polemischen Haltung“ Jesu gegenüber den „in ihrem Vollkommenheitsdünkel unrettbar verlorenen Gegner seines Evangeliums“ spricht, die sich in diesem Gleichnis ausdrücke.

(51) Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 175.

(52) Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 153 f.

(53) Vgl. z. B. Lk 7, 34; Herbert Braun, Jesus, Stuttgart/Berlin 1969 (Themen der Theologie, Band 1), S. 76: „Aus den synoptischen Speisungsgeschichten kann man entnehmen: Jesus hielt Mahle mit seinen Anhängern und seinen Hörern“.

(54) Vgl. z. B. Mk 10, 23.25; Mk 10, 17-22.

(55) Luise Schottroff, Die Erzählung vom Pharisäer und Zöllner als Beispiel für die theologische Kunst des Überredens, in: Neues Testament und christliche Existenz, Festschrift für Herbert Braun, Tübingen 1973, S. 440.

(56) Wie Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 175, und Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 69 („Jesu eigenes Wirken erhält somit durch dieses Gleichnis eine Deutung“) im Grunde auch nahelegen, nur dass sie die Deutung von Jesus selbst gesprochen wissen wollen.

(57) Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 154.

(58) Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 154f.

(59) Ähnlich, wie Leonhard Ragaz, Die Gleichnisse Jesu, Hamburg, 1971 (Stundenbuch 99), S. 177, im Nachhinein das Verhältnis von Sozialismus und traditionellem Christentum an Hand der Auslegung dieses Gleichnisses deutet.

(60) Vgl. Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 154f.

(61) Hermann L. Strack / Paul Billerbeck, Das Evangelium nach Matthäus, München, 5. Auflage 1926, S. 880: „Einmal bereitete er ein Frühmahl… für die Ratsherren; aber sie kamen nicht. Da sagte er: Die Armen sollen kommen und es verzehren, damit es nicht umkomme“.

(62) W. Salm, Beiträge zur Gleichnisforschung, Diss., Göttingen 1953, S. 145.

(63) Hermann L. Strack / Paul Billerbeck, Das Evangelium nach Matthäus, München, 5. Auflage 1926, S. 880 (zu Mt 22, 3b).

(64) Vgl. Abschnitt A. II.

(65) Eberhard Jüngel, Paulus und Jesus, Tübingen, 1962, S. 137.

(66) Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1971, S. 68.

(67) Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1971, S. 68.

(68) Hermann L. Strack / Paul Billerbeck, Das Evangelium nach Matthäus, München, 5. Auflage 1926, b. 880 f.: „Keiner von ihnen (den Jerusalemern) ging zu einem Gastmahl…, bevor er nicht zweimal gerufen… war“ scheint diese Sitte für Jerusalem zu belegen.

(68a) „ich sage … euch“

(69) Siegfried Schulz, Q. Die Spruchquelle der Evangelien, Zürich 1972, S. 399. Für Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 263, bietet Lk das Gastmahlsgleichnis der Tradition.

(70) Apg 28, 28.

(71) Allerdings weist auch Lk einerseits paränetische Erweiterungen auf: in der Ausgestaltung der Absagebegründungen 14, 18-20 sowie in der Hinzufügung der ersten Aussendung des Knechts zu den Armen, Krüppeln usw. 14, 21b entsprechend Lk 14, 13, in der der lukanische Akzent auf dem Problem arm-reich zum Tragen kommt (Lk 14, 23 dürfte im Kern ursprünglicher sein, da hier das auch in den Parallelen bezeugte „hodoùs“ steht). Außerdem differenziert Lk durch die Verdoppelung dieser Schlussaussendung allegorisch zwischen dem „Heimholen der ‚Zöllner und Sünder‛ in das Gottesreich“ und der „Heidenmission“, wodurch die Eta Linnemann so notwendigen Züge vom noch vorhandenen Platz und vom Vollwerden des Hauses als Begründung für die zweite Aussendung notwendig werden (vgl. Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 147).

(72) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 254, sowie zum Ganzen S. 251 ff.

(73) So Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 101, Anm. k.

(73a) „würdig“, „wert“ im Plural

(74) Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 62: „Die beliebte Auskunft, es sei Sitte gewesen, den Geladenen ein Festgewand zu schenken, scheidet aus, weil eine solche Sitte für die Zeit Jesu nicht belegt ist“. Vgl. Anm. 82.

(75) Hermann L. Strack / Paul Billerbeck, Das Evangelium nach Matthäus, München, 5. Auflage 1926, S. 878.

(76) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 256.

(76a) Gegen Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 62f.

(76b) „Hochzeitsgewand“

(77) Friedrich Blass /Albert Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen, 11. Auflage 1961, S. 113, halten zwar die von der Cantabrigiensis-Handschrift und den meisten altlateinischen und alt-syrischen Handschriften bezeugte Lesart „árate autòn podôon kaì cheirôon kaì bálete“ („ergreift ihn an Füßen und Händen und werft ihn“) für ursprünglich, wohl weil weniger allegorisch klingend. Mit Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck), S. 425, scheint mir dies aber doch die spätere Umformung der anderen Lesart zu sein, deren Inhalt, die „Fesselung im Hochzeitssaal“ als „unköniglich“ empfunden wurde, denn die Bestimmung „an Füßen und Händen“ passt wohl auf die Fesselung, nicht aber auf einen Befehl zur Ergreifung eines Menschen.

(77a) „die Finsternis draußen“

(78) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 257. [Warum ich 3 x auf die Anmerkung 78 verwiesen habe, kann ich nicht mehr rekonstruieren; vielleicht sind bei einer Änderung des Textes zwei Zitate verlorengegangen; das kann ich aber nicht mehr nachprüfen, da mir die Literatur nicht mehr vorliegt.]

(78a) „das Heulen und das Knirschen der Zähne“

(78b) „Sklave“

(78c) „Diener“

(79) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 257, Anm. 15.

(80) So auch Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck), S. 428.

(81) Gegen Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 187f.

(82) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), 8. 259; vgl. auch Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 62, der dort ebenfalls vom „Prinzip der Würdigkeit“ spricht und die Schenkung des Festgewands, sich selbst widersprechend, ausscheidet. – Falls es die Sitte der Schenkung gegeben hätte, so wäre sie sicher ausdrücklich erwähnt worden, analog zur doppelten Einladung der Erstgeladenen, vgl. Anm. 68.

(83) Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck), S. 428.

(84) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 260.

(85) Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 103, versteht den Vers durchaus in diesem Sinne als „gewissenschärfende Warnung, die zu der Allegorie hinzugefügt wurde“; Georg Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1971, S. 76, sieht ebenfalls in diesem Sinn den Vers als Abwehr des „Pharisäismus als allezeit aktuelle Möglichkeit“, der die Gefahr bleibt, „die die Kirche wie ihr Schatten begleitet“.

(85a) „würdig“, „wert“

(85b) „Böse und Gute“

(86) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 261. Eta Linnemanns Vermutung, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 100, das Motiv der Würdigkeit, das in Vers 8b eingeführt wird, erfordere den Nachweis der „Würdigkeit des Gastgebers“ und damit den Königstitel für den Gastgeber, ist demgegenüber zweitrangig. Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 62, nimmt an, dass das von ihm vorausgesetzte Gleichnis vom „Mann ohne Festgewand“ die Einführung des Königs in Mt 22, 2 veranlasst habe; dazu vgl. Abschnitt B. I., Exkurs.

(86a) „sprach er in Parabeln“

(86b) „verglichen wurde das Königtum der Himmel“

(87) Vgl. Mt 13, 3.10.13.33.34 und Mt 13, 24; 18, 23; 25, 1. Der Ausdruck „basileía tôon ouranôon“ („Königtum der Himmel“) findet sich nur bei Mt.

(87a) „antwortend“

(88) Vgl. Adolf Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu, Zweiter Teil, Darmstadt, 1963 (Nachdruck), S. 407 f.

(89) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 254f. Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 163, Anm. 18, widerlegt diese Auffassung nicht, indem sie auf die stilistische Ähnlichkeit von Mt 22, 3a.4 mit Lk 14, 16c.17 hinweist; der Grund der Veränderung der Mt-Version ist doch die allegorisierende Absicht. Vgl. Anm. 14.

(89a) „andere Sklaven“

(89b) „der König aber zürnte“

(90) Karl Heinrich Rengstorf, Die Stadt der Mörder (Mt 22,7) in: Judentum, Urchristentum, Kirche. Festschrift für Joachim Jeremias, Berlin 1960 (BZNW 26), S. 106ff.

(91) Zu sehr steht seine Ablehnung der Datierung des Mt-Evangeliums aufgrund von Mt 22, 6f. und damit sein Versuch, die Einheitlichkeit des Gleichnisses zu erweisen, im Dienste seiner Auffassung vom Mt-Evangelium als dem ältesten Evangelium; vgl. Ernst Haenchen, Die Bibel und wir, Tübingen 1968, S. 141f.

(92) Karl Heinrich Rengstorf, Die Stadt der Mörder (Mt 22,7) in: Judentum, Urchristentum, Kirche. Festschrift für Joachim Jeremias, Berlin 1960 (BZNW 26), S. 125.

(93) So auch Ferdinand Hahn, Das Gleichnis von der Einladung zum Hochzeitsmahl, in: Verborum Veritas, Festschrift für Gustav Stählin, Wuppertal 1970, S. 56, Anm. 24. Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 162, Anm. 16, begründet ausführlich die Ablehnung des Rengstorfschen Gedankens der Einheit des Gleichnisses.

(94) Sigfred Pedersen, Zum Problem der vaticinia ex eventu, in: Studia Theologica 19, Aarhus 1965, S. 188 und 183f.

(95) Vgl. Abschnitt B. I. (Exkurs).

(96) Z. B. werden im Winzergleichnis die Knechte schon beim erstenmal getötet.

(97) Wolfgang Trilling, Zur Überlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochzeitsmahl Mt 22,1-14, in: Biblische Zeitschrift, Neue Folge 4 (1960), S. 264, Eta Linnemann, Gleichnisse Jesu, Göttingen, 1961, S. 101f. und Joachim Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen, 7. Auflage 1965, S. 65f. kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Bemerkungen des Gutachters

Der Gutachter für meine Proseminararbeit war nicht mit allem einverstanden, was ich damals geschrieben habe. Auf seine Randbemerkungen, die ich ans Ende der Anmerkungen gestellt habe, verweise ich im Fließtext mit in Sternchen eingefassten Buchstaben.

(*A*) Sorgfältige und gut überlegte Übersetzung mit Anmerkungen

(*B*) adversativ

(*C*) „gàr“

(*D*) „Tradition“ (s. o.) = „Vorlage“? → nach Q-Grundlage fragen

(*E*) ja

(*F*) meines Erachtens richtige Kritik

(*G*) Muss das „Polemik“ sein?

(*H*) (anachronistisch)

(*I*) !

(*J*) ja

(*K*) (Da scheint mir Paulus [?] doch der bessere „Interpret“ zu sein.)

(*L*) Textgrundlage dafür ausreichend?

(*M*) wohl doch zu einseitig gesehen

(*N*) Möglich – doch steht dann das obige Kriterium für sachgemäße Gleichnisauslegung wieder in Frage. Und: Der Verfasser muss dann das Zaunmotiv (Matthäus || Lukas; fehlend im Thomasevangelium) als endgültige Verwerfung voraussetzen; ebenfalls wohl Lk 14, 24 als ursprünglich, und zwar auch als betrachtend-reflektierendes End-Urteil. Muss man so deuten?

(*O*) Der Verfasser sieht gewiss ein wenig beachtetes (und vielleicht auch verdrängtes) Problem. Aber er verfolgt es etwas zu einseitig und einäugig.

(*P*) Oben hat der Verfasser mehr als eine Vermutung ausgesprochen.

(*Q*) Der Verfasser hat dies Kriterium allerdings oben als allein sachgemäß gegenüber anderen Interpreten angewendet.

(*R*) s. o., und: Funktion? Also: der Verfasser sieht sehr wohl und sehr gut das Problem – doch ist die Lösung meines Erachtens noch offen.

(*S*) Textbasis dafür? Wo ist auch nur angedeutet, dass die Erstgeladenen mit Sündern oder Heiden beim Mahl zusammentreffen werden?

(*T*) Der Schlussteil ist stilistisch abrupt. Auch die theologische Durchdringung ist hier wenig überzeugend.

(*U*) Die polemische Funktion scheint mir oben nicht nachgewiesen zu sein; der Verfasser hat den „Ort“ innergemeindlich vermutet.

(*V*) ja

(*W*) ja

(*X*) „Polemik“ hat meines Erachtens ein reales Gegenüber – aber ist das Matthäusevangelium an Juden gerichtet? Also…

(*Y*) ?

(*Z*) Arbeiten zur Matthäus-Redaktion beachten!

(*a*) Geschichte des Urchristentums und der Gattung Paränese beachten

(*b*) ?

(*c*) (These; Begründung erst später)

(*d*) Nachweis?

(*e*) 3 x Anmerkung 78?

(*f*) matthäisch?

(*g*) ja – doch Formulierung?

(*h*) ja – doch wieder problematische Formulierung → G. Bornkamm, Enderwartung und Kirche bei Matthäus

(*i*) Diese „Würdigkeit“ wäre theologisch aber [?] zu interpretieren, meines Erachtens gerade im Zuge matthäischer Theologie

(*j*) ja

Begutachtungen

Warum zwei gutachterliche Stellungnahmen vorliegen, weiß ich nicht mehr. Möglicherweise ist die zweite, die auf einem gesonderten Blatt stand, von einem Zweitgutachter abgegeben worden? Oder doch von Prof. Brandenburger selbst?

Die Arbeit ist fast in jeder Hinsicht eine hervorragende Leistung – auch wenn man in Anschlag bringt, dass der Verfasser erst im 5. Semester das neutestamentliche Proseminar absolviert hat. Sehr gut. Brandenburger (23. Mai 1974)

 

Eine offenbar durch Schottroffs bisher nur fragmentarisch vorliegende Vorstellungen zur Gleichnisinterpretation geprägte, überaus kritische, dabei nicht einseitige, die exegetischen Methoden souverän handhabende Arbeit.

Ob – im Anschluss an Trilling – eine doppelte Redaktion nicht zu spekulativ ist, sei dahingestellt. Immerhin wird damit ein Erklärungsversuch unternommen, zwei Aussageintentionen von Mt 22, 1-14 auf der Ebene von Historie (Redaktion) zusammenzubinden.

Eine Korrektur dieser Arbeit macht Freude: uneingeschränkt: sehr gut!

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.