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Liebe – eingebettet in Glaube und Hoffnung

Trauerfeier für einen Mann, der durch eine plötzlich aufgetretene Erkrankung sehr rasch gestorben ist. Da er viel Liebe hinterlassen hat, gehe ich in der Ansprache auf 1. Korinther 13, 13 ein und denke darüber nach, inwiefern Liebe durch den Zusammenhang mit Glaube und Hoffnung vollkommen wird.

Liebe - eingebettet in Glaube und Hoffnung: Kreuz, Herz und Ankel erscheinen auf Puzzleteilen, vom Herzen geht ein warmer Lichtschein aus
Gottes Liebe – verwurzelt im Glauben und vollkommen durch die Hoffnung (Bild: Gerd AltmannPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt, um Abschied zu nehmen von Herrn N., der im Alter von [über 50] Jahren gestorben ist.

Es ging alles so unfassbar schnell; wir sind erschüttert, dass er nicht mehr am Leben ist. Wir müssen ihn loslassen und fragen uns, wie wir das ertragen können. Wir erinnern uns an ihn: wie er war, was sein Leben erfüllt hat, in welcher Weise er uns begegnet ist.

Wir denken auch an Gott: Warum ließ er zu, was geschehen ist? Wo ist er mit seiner Liebe, seiner Barmherzigkeit? Zu ihm beten wir mit Worten aus Psalm 77:

2 Ich rufe zu Gott und schreie um Hilfe, zu Gott rufe ich, und er erhört mich.

3 In der Zeit meiner Not suche ich den Herrn; meine Hand ist des Nachts ausgereckt und lässt nicht ab; denn meine Seele will sich nicht trösten lassen.

4 Ich denke an Gott – und bin betrübt; ich sinne nach – und mein Herz ist in Ängsten.

5 Meine Augen hältst du, dass sie wachen müssen; ich bin so voll Unruhe, dass ich nicht reden kann.

6 Ich gedenke der alten Zeit, der vergangenen Jahre.

7 Ich denke und sinne des Nachts und rede mit meinem Herzen, mein Geist muss forschen.

8 Wird denn der Herr auf ewig verstoßen und keine Gnade mehr erweisen?

9 Ist‘s denn ganz und gar aus mit seiner Güte, und hat die Verheißung für immer ein Ende?

10 Hat Gott vergessen, gnädig zu sein, oder sein Erbarmen im Zorn verschlossen?

11 Ich sprach: Darunter leide ich, dass die rechte Hand des Höchsten sich so ändern kann.

12 Darum denke ich an die Taten des HERRN, ja, ich denke an deine früheren Wunder

13 und sinne über alle deine Werke und denke deinen Taten nach.

14 Gott, dein Weg ist heilig. Wo ist ein so mächtiger Gott, wie du, Gott, bist?

15 Du bist der Gott, der Wunder tut, du hast deine Macht bewiesen unter den Völkern.

16 Du hast dein Volk erlöst mit Macht, die Kinder Jakobs und Josefs.

20 Dein Weg ging durch das Meer und dein Pfad durch große Wasser; doch niemand sah deine Spur.

21 Du führtest dein Volk wie eine Herde durch die Hand des Mose und Aaron.

Liebe Trauergemeinde!

Gott ist der Gott, der Wunder tut. Aber es gibt Zeiten, da sehen wir nichts von seinen wunderbaren Taten. Da grübelt man in der Nacht, kann nicht einschlafen und will sich nicht trösten lassen. Da denkt man an glückliche Jahre und fragt sich, warum sie so schnell vorbei gegangen sind. Und selbst wenn wunderbare Dinge geschehen, wenn wir Liebe erfahren, wenn Kinder geboren werden, wenn uns gemeinsames Glück geschenkt ist, dann sehen wir doch oft nicht die Spur dessen, der uns unsichtbar begleitet und unser Leben mit Liebe und Segen erfüllt. Und wie kostbar ein Menschenleben ist, das wird uns manchmal erst so richtig bewusst, wenn ein Mensch gestorben ist.

Im Vertrauen auf den Gott, der uns leitet und festhält, auch wenn wir seine Spur nicht sehen, auch wenn unser Weg durch tiefe Wasser der Trauer führt, in denen wir zu versinken drohen, halten wir diese Trauerfeier. Wir besinnen uns auf das, was uns mit dem Leben von Herrn N. geschenkt war.

Erinnerungen an das Leben und die plötzliche Erkrankung des Verstorbenen

Für alle, die ihn geliebt haben, ist es unfassbar und traurig, dass er so plötzlich aus ihrer Mitte gerissen wurde. Sie vermissen ihn unendlich. Aber Sie haben auch gesagt, dass Sie wissen und fühlen: Herr N. hat sehr viel Liebe hinterlassen, er wird immer bei Ihnen sein.

Von der Liebe handelt auch der Bibeltext, den Sie sich für diese Traueransprache gewünscht haben. Er steht in 1. Korinther 13, 13:

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Dieser Vers bildet den Abschluss eines ganzen Kapitels, das der Apostel Paulus über die Liebe verfasst. Da schreibt er unter anderem (1. Korinther 13):

4 Die Liebe ist langmütig und freundlich…,

5 sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu,

6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit;

7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

8 Die Liebe hört niemals auf.

Das klingt idealistisch, wie ein Maßstab, der uns unweigerlich überfordern muss.

Aber so sieht Paulus das gar nicht. Für ihn ist Liebe zunächst einmal etwas, womit wir Menschen von Gott beschenkt sind. Und wer sich von Gott geliebt weiß, der kann seinerseits Liebe weitergeben und in seiner ganzen Haltung ausstrahlen. Ich denke, etwas Ähnliches entspricht auch unserer Lebenserfahrung: Geliebtsein und Lieben bedingen und durchdringen einander; nur wer Liebe empfangen hat, kann auch Liebe verschenken, und wer lieben kann, erfährt umgekehrt auch wiederum, dass viel Liebe zu ihm zurückkehrt.

Ich finde es schön und tröstlich, dass Sie von Herrn N. sagen können, dass er viel Liebe hinterlassen hat. Im Sinne des Apostels Paulus ist das das Größte, was man von einem Menschen sagen kann, denn die Liebe ist die Größte unter allen bleibenden Dingen.

Paulus stellt nun außerdem die Liebe in eine Reihe mit dem Glauben und der Hoffnung. So bettet er die Liebe ausdrücklich in eine Beziehung zu Gott ein. Mit dem Glauben meint er ein Vertrauen darauf, dass wir Geschöpfe eines Gottes inmitten einer von ihm geschaffenen Welt sind, der es gut mit uns meint und dessen Ziel eine mit ihm und miteinander versöhnte Menschheit ist. Dieser Glaube widerspricht nicht naturwissenschaftlicher Erkenntnis, vielmehr handelt er von dem, worüber die Wissenschaft keine Aussagen machen kann, nämlich vom letztgültigen Sinn des menschlichen Lebens.

Dieser Sinn des Lebens liegt nach Paulus in der Liebe. Der Gott, der selber die Liebe ist, hat uns Menschen erschaffen zu seinem Ebenbild, zu einem Ebenbild seiner Liebe. Wo wir also Liebe empfangen und Liebe weitergeben, da verwirklichen wir uns so, wie Gott uns gemeint hat.

Was nach Paulus außerdem bleibenden Bestand hat, ist die Hoffnung. Sie ist wichtig, weil wir Menschen nicht vollkommen sind. Auch im Blick auf die Liebe sind wir das nicht. Zwar sehnen wir uns alle nach Liebe und halten die Liebe für einen hohen Wert, denn wir möchten um unserer selbst willen akzeptiert werden und wünschen uns, in einer Gemeinschaft von Menschen zu leben, die selbstverständlich füreinander da sind.

Trotzdem sind die Verhältnisse und auch wir selbst oft nicht so. Wer Enttäuschungen erfährt, wer vielleicht auch mit sich selbst nicht so ganz zufrieden ist, der mag Schwierigkeiten damit haben, sich selbst vorbehaltlos zu lieben und erst recht anderen in einer Haltung der Liebe gegenüberzutreten. In dieser Situation ist Hoffnung eine Haltung, die mit Zuversicht in die Zukunft blickt. Wir können mehr von Gott erwarten, als wir oft denken. Gott traut uns viel zu.

Und sogar über die Grenze des Todes hinaus reicht die christliche Hoffnung. Was hier auf Erden unvollkommen geblieben ist, das bringt Gott in seiner Ewigkeit zur Vollendung. Er nimmt uns in unserem Tode mit liebevollen Händen auf und bewahrt das auf, was in unserem Leben an Liebe da war, auch alle Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe.

Es heißt auch an einer Stelle der Bibel, dass Gott bei sich einen Krug hat, in den er alle Tränen sammelt, die wir Menschen vergießen, und vielleicht sogar die, die ungeweint bleiben (Psalm 56, 9). Gemeint ist mit diesem biblischen Bild, dass es für Gott unendlich wichtig ist, was wir wünschen und fühlen, was uns weh tut und wonach wir uns sehnen.

Mit anderen Worten: Gott ist barmherzig und gibt uns niemals auf. Er weiß, dass wir Menschen Schwierigkeiten damit haben, als Ebenbild seiner Liebe zu leben. Das ist der tiefste Grund dafür, dass Gott in Jesus Christus Mensch wurde: in ihm verkörpert sich Gottes Liebe vollkommen. Und sogar als Menschen diese Liebe zu töten versuchten, am Karfreitag, hörte Gott nicht auf, an uns Menschen zu glauben. Am Osterfest, das wir gerade gefeiert haben, hat Gott seinen Sohn aus dem Tode erweckt, um allen Menschen deutlich zu machen: seine Liebe ist stärker als der Tod, seine Hoffnung macht an der Schwelle des Todes nicht halt, im Vertrauen auf Gott gehen auch unsere Verstorbenen in Ewigkeit nicht verloren.

Kinder fragen: Warum müssen Menschen sterben? Wo gehen sie dann hin? In unserem Kindergarten sprechen wir auch immer wieder über diese Fragen. Manchmal sind ihre Fragen klüger als unsere erwachsenen Antworten.

Was von dem Körper eines Menschen übrig bleibt, der gestorben ist, damit gehen wir behutsam um; wir wählen bewusst aus, wo jemand bestattet werden soll, um einen besonderen Ort zu haben, mit dem sich unsere Erinnerungen an ihn verknüpfen können; im Fall von Herrn N. wird es so sein, dass er neben seinem Vater liegen wird.

Aber was ein Mensch tatsächlich gewesen ist, dass er ein liebevoller Mensch war und was ihn verbunden hat mit so vielen Menschen, all diese Dinge, die man früher mit dem Wort „Seele“ gemeint hat, das liegt nicht in einem Grab, das bleibt woanders aufgehoben. Alle Bilder, die wir uns vom Himmel ausmalen, alle Bilder, die in der Bibel vom ewigen Leben und vom Paradies aufgeschrieben sind, sie handeln davon, dass wir im Tod nicht einfach zu Staub zerfallen. Ja, das tun wir auch, aber in der Hoffnung sind wir zugleich bei Gott, bleiben wir in seiner Erinnerung und in seiner ewigen Herrlichkeit aufbewahrt. Wir kommen von Gott, aus seiner ewigen Liebe, und kehren auch zu ihm zurück. In dieser Zuversicht können wir auch Herrn N. getrost loslassen und ihn den liebevollen Händen Gottes anvertrauen. Amen.

Barmherziger Gott, wir dürfen vor dir unser Herz ausschütten, unsere Traurigkeit und Verzweiflung auf dich werfen. Lass uns auch spüren, welche Wunder du tust. Das größte Wunder, das von dir kommt, ist die Liebe, mit der du uns als deine Geschöpfe beschenkst und mit der wir füreinander da sein können. Wir sind dir dankbar für alle Liebe, die Herr N. empfangen und geben konnte, und für all die Liebe, in der wir auch in der Zukunft geborgen und getragen sein werden.

Wir bitten dich, barmherziger Gott, nimm du Herrn N. in deine liebevollen Hände und schenke ihm die Erfüllung und Vollendung seines Lebens in deinem himmlischen Reich.

Auch unser Leben ist ärmer geworden: Gott, hilf uns, damit fertigzuwerden. Wir bringen unsere Trauer vor dich, all unsere schweren Gedanken. Vergib uns, wo wir einander etwas schuldig geblieben sind. Lass uns offen aussprechen, was wir auf dem Herzen haben. Schenke uns die Erfahrung, dass Belastungen, über die man sprechen kann, gemeinsam besser getragen werden können. Wenn Tage kommen, die uns leer erscheinen, wenn wir zweifeln an deiner Liebe oder am Sinn unseres Lebens, dann halte uns fest, schenke uns offene Ohren, die unsere Klage hören, schenke uns offene Arme, in denen wir uns auch schweigend geborgen und getröstet fühlen. Du starker Gott, lass uns den Glauben und die Hoffnung nicht verlieren, durch die wir das Dunkle ertragen und die Liebe bewahren. Amen.

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