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Wiedergeboren „zu der Seelen Seligkeit“

Wiedergeboren sind wir zu einer lebendigen Hoffnung. Wir haben von Gott etwas zu erben: inneren Reichtum, die Fähigkeit, zu vertrauen, zu hoffen, zu lieben. Seligkeit ist das Gefühl, in Gottes Armen geborgen zu sein, zu wissen, dass man niemals tiefer fallen kann als in seine Hände. Seligkeit verbindet uns auch mit anderen Menschen, denn auch sie sind Gottes geliebte Kinder.

Hand eines Kindes in der Hand der Eltern
Die Hand eines Kindes in der Hand der Eltern (Bild: Nisha GillPixabay)

#predigtGottesdienst am Sonntag Quasimodogeniti, 11. April 2010, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Eine Woche nach Ostern begrüße ich alle herzlich zum Gottesdienst in der Pauluskirche.

Quasimodogeniti heißt dieser Sonntag nach Ostern. Dieser Name klingt für unsere Ohren komisch, aber er ist auch sehr schön. Er ist lateinisch und heißt auf Deutsch: „Wie die Neugeborenen“.

Das passt gut zum Osterfest. Wenn es bei uns wirklich Ostern geworden ist, wenn Christus wirklich für uns auferstanden ist, dann wird auch unser Leben neu, vielleicht fühlen wir uns sogar wie neugeboren. Davon hören wir in in diesem Gottesdienst in den Texten und Liedern.

Lied 110:

1. Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja, in deiner Urständ fröhlich ist. Halleluja, Halleluja.

2. Das himmlisch Heer im Himmel singt, Halleluja, Halleluja, die Christenheit auf Erden klingt. Halleluja, Halleluja.

3. Jetzt grünet, was nur grünen kann, Halleluja, Halleluja, die Bäum zu blühen fangen an. Halleluja, Halleluja.

4. Es singen jetzt die Vögel all, Halleluja, Halleluja, jetzt singt und klingt die Nachtigall. Halleluja, Halleluja.

5. Der Sonnenschein jetzt kommt herein, Halleluja, Halleluja, und gibt der Welt ein‘ neuen Schein. Halleluja, Halleluja.

6. Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja, in deiner Urständ fröhlich ist. Halleluja, Halleluja.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wir beten mit Worten aus Psalm 116:

1 Ich liebe den HERRN, denn er hört die Stimme meines Flehens.

2 Er neigte sein Ohr zu mir; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.

3 Stricke des Todes hatten mich umfangen, des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not.

4 Aber ich rief an den Namen des HERRN: Ach, HERR, errette mich!

5 Der HERR ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig.

6 Der HERR behütet die Unmündigen; wenn ich schwach bin, so hilft er mir.

7 Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der HERR tut dir Gutes.

8 Denn du hast meine Seele vom Tode errettet, mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.

9 Ich werde wandeln vor dem HERRN im Lande der Lebendigen.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Großer Gott im Himmel, wir kleinen Menschen wollen oft so schrecklich groß und erwachsen sein, so, als ob wir immer stark sein und immer alles in der Hand haben könnten. Aber in Wirklichkeit sind wir manchmal doch auch schwach, haben Angst, sind traurig oder verzweifelt oder voller Wut. Wir sind erwachsen und fühlen uns doch manchmal hilflos wie ein kleines Kind. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Guter Gott, Vater Jesu Christi und unser Vater, du hast dir auf deine Größe nichts eingebildet. Du bist selber ein Mensch geworden, einer wie wir, nicht größer als wir. Alles, was wir fühlen, ist dir vertraut, du verstehst uns, wir brauchen uns vor dir wegen nichts zu schämen. Darum:

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Vater im Himmel, schenke uns Vertrauen zu dir, wie sich ein Kind seinen Eltern anvertraut, wenn sie gut zu ihm sind. Lass uns im Vertrauen zu dir wie neugeboren sein. Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja 40, 26-31. Stellen Sie sich vor, der Prophet steht nachts unter freiem, sternklarem Himmel und zeigt seinen Zuhörern, wie viele Sterne am Himmel stehen. Und daran knüpft er seine Predigt an:

26 Hebet eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt.

27 Warum sprichst du dann, mein Volk: »Mein Weg ist dem HERRN verborgen, und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber«?

28 Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich.

29 Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.

30 Männer werden müde und matt, und Jünglinge straucheln und fallen;

31 aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis
Lied 108:

1. Mit Freuden zart zu dieser Fahrt lasst uns zugleich fröhlich singen, beid, groß und klein, von Herzen rein mit hellem Ton frei erklingen. Das ewig Heil wird uns zuteil, denn Jesus Christ erstanden ist, welchs er lässt reichlich verkünden.

2. Er ist der Erst, der stark und fest all unsre Feind hat bezwungen und durch den Tod als wahrer Gott zum neuen Leben gedrungen, auch seiner Schar verheißen klar durch sein rein Wort, zur Himmelspfort desgleichen Sieg zu erlangen.

3. Singt Lob und Dank mit freiem Klang unserm Herrn zu allen Zeiten und tut sein Ehr je mehr und mehr mit Wort und Tat weit ausbreiten: so wird er uns aus Lieb und Gunst nach unserm Tod, frei aller Not, zur ewgen Freude geleiten.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Zur Predigt hören wir aus 1. Petrus 1, 3-9:

3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,

4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch,

5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.

6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen,

7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.

8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude,

9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.

Liebe Gemeinde!

„Ich fühle mich wie neugeboren!“ – Kennen Sie dieses Gefühl? Manchmal reicht es schon, wenn man z. B. frisch geduscht oder gebadet ist, um sich so richtig rundherum wohl zu fühlen wie ein neugeborenes Kind. Oder man wacht an einem schönen Frühlingsmorgen auf, die Sonne lacht ins Fenster, und alles ist vergessen, worüber man sich gestern noch Gedanken gemacht hat.

„Ich fühle mich wie neugeboren!“ So kann vor allem sprechen, wem das Leben noch einmal geschenkt worden ist. Zum Beispiel wer mit knapper Not einem Unfall entgangen ist, oder wer nach einer Phase tiefer Depression zu neuem Lebensmut erwacht. Oder wenn jemand nach einer Krebsoperation, Chemotherapie, Bestrahlung, nach vielen bangen Monaten und furchtbaren Ängsten doch noch für Jahre seines Lebens gesund wird und nun bewusster und dankbarer leben kann als zuvor.

„Ich fühle mich wie neugeboren!“ So kann man sich auch fühlen, wenn man vor einer Aufgabe gestanden hat, die einem sehr viel Angst gemacht hat. Man hat gewagt, etwas zu tun, mit der Hilfe anderer, wovor man am liebsten weggelaufen wäre. Und nun ist es vorbei, es ist geschafft, eine Hürde ist überwunden! Dann ist man doch innerlich ein Stück gewachsen, man hat mehr Zutrauen zu sich selbst gewonnen, man hat sich verändert: „Ich fühle mich wie neugeboren!“

Petrus spricht in seinem Brief gleich am Anfang auch von diesem Lebensgefühl, dass man sich wie neugeboren fühlen kann – er lobt Gott dafür, dass wir Christen durch ihn „wiedergeboren“ sind, neugeboren „zu einer lebendigen Hoffnung“.

3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung.

Schön, dass das dabeisteht: „wiedergeboren“ zu einer „Hoffnung“, einer „lebendigen Hoffnung“. Denn mit dem Geborenwerden kann man durchaus unterschiedliche Empfindungen verbinden. Wie sollte es denn eigentlich sein, wenn ein kleines Kind auf die Welt kommt: es sollte hoffen dürfen, hoffen auf Liebe und Glück, die Eltern sollten es spüren lassen, dass es ein Recht hat, auf dieser Erde zu leben und glücklich zu werden, es sollte von Herzen willkommen geheißen werden von Menschen, die ihm nahe sind.

Aber das ist leider nicht immer so. Wie viele Eltern sind selber nicht wirklich erwachsen, nicht wirklich reif, um für Kinder da sein zu können! Und so nehmen sie ihren Kindern die kindliche Lebensfreude, nehmen ihnen jede Hoffnung, so dass sie sich vielleicht nicht einmal mehr zu sehnen wagen – nach Liebe und Geborgenheit.

Petrus geht davon aus: Wer keine Hoffnung mehr hat, der ist im Grunde innerlich wie tot. Und deshalb ist es so wichtig, neugeboren werden zu können – und dabei nicht einfach aus dem warmen Mutterschoß hinausgeworfen zu werden in eine kalte, harte und grausame Welt, sondern hineingeboren zu werden in eine Welt, in der es auch Hoffnung gibt – in der es sich zu hoffen lohnt, in der die Hoffnung auf Liebe und Geborgenheit nicht immer nur enttäuscht wird.

„Lebendige Hoffnung“ – warum gibt es sie? Warum können wir hoffen, auch wenn wir schon so oft maßlos enttäuscht wurden? Und wenn man es trotz allem wagt, noch einmal neu anzufangen, warum nur soll man immer wieder an alte Wunden erinnert werden? Warum?

3 Gelobt sei Gott, … der uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Petrus sagt: aus einem einzigen Grund, weil nämlich Jesus Christus vom Tod auferstanden ist. Der Jesus, der die Liebe und Barmherzigkeit Gottes nicht nur verkündigt hatte, sondern der selber in seinem Leben die Liebe war, den konnte man nicht für immer totmachen. Diese Liebe, die von Gott kommt, ist für alle Zeit und Ewigkeit stärker als der Tod, stärker als der Hass, stärker als jede Angst.

Darum also können wir hoffen. Hoffnung müssen wir uns nicht erkämpfen, Hoffnung wird uns geschenkt. Das Glück unseres Lebens müssen wir uns nicht ganz allein schmieden, indem wir uns immer wieder zusammenreißen und unsere Gefühle und unsere innerste Sehnsucht unterdrücken. Nein, wir dürfen den Hoffnungen, die in uns ja schon drin sind, freien Lauf lassen, wir dürfen uns wie neugeboren fühlen, denn Gott hat uns lieb als seine Kinder, wir sind ihm willkommen auf seiner Erde als seine Töchter und Söhne, wir dürfen durch ihn in unserem Leben immer wieder einen neuen Anfang erleben, immer wieder neue Schritte wagen.

Wie gesagt, die Hoffnung, von der Petrus spricht, hat ihren Grund in der Auferstehung Jesu von den Toten. Das heißt: Wir haben nicht nur eine Hoffnung für dieses irdische Leben, sondern auch darüber hinaus.

Umgekehrt gilt aber auch: Weil wir uns über das ewige Leben keine Sorgen machen müssen, können wir schon vor unserem Tod im Vertrauen auf Gott getröstet und zuversichtlich leben. Wir dürfen dessen gewiss sein: von der Ewigkeit her ist unser Leben schon jetzt kostbar und wertvoll, denn Gott, unser Vater, hat uns lieb. Petrus drückt das mit einem Bild aus: er spricht von einem „Erbe im Himmel“.

3 Gelobt sei Gott, … der uns wiedergeboren hat…

4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch.

Wir haben von Gott etwas zu erben. Das ist natürlich nicht so gemeint, als ob Gott selber sterben könnte und wir dann ein Erbteil bekommen, sondern in diesem Bild wird betont: gerade weil Gott lebt und gerade weil er seinen Sohn vom Tode auferweckt hat, sind auch wir seine von ihm geliebten Söhne und Töchter.

Und das Erbe, das er uns zugedacht hat? Das ist unser innerer Reichtum, das innerste Wesen unserer Seele, unsere Fähigkeit, zu vertrauen, zu hoffen, zu lieben. Mit drei Worten bezeichnet Petrus dieses Erbe näher, diesen uns geschenkten Reichtum unserer Seele: „Unvergänglich, unbefleckt, unverwelklich“.

„Unvergänglich“ nennt Petrus dieses Erbe, niemand kann es uns wegnehmen, kein Mensch, und würde er uns noch so mächtig vorkommen, auch nicht die Schatten der Vergangenheit, die uns immer wieder bedrängen, und nicht einmal der Tod.

„Unbefleckt“ ist dieses Erbe, weil Gott uns liebt mit unseren Fehlern, weil er selbst uns unsere Schuld vergibt, weil er selbst alle Flecken von unserer Seele abwäscht.

Und „unverwelklich“ ist es, weil nur die äußere Schönheit und die äußere Stärke im Menschenleben dahinwelkt und verdorrt wie eine Blumen in ihrem kurzen Leben, die innere Schönheit und Stärke der Seele aber nicht.

Noch ein anderes Wort hat Petrus für diesen inneren Reichtum der Seele, den Gott uns schenken will, schon hier auf Erden und in voller Entfaltung dereinst im Himmel: „Seligkeit“:

3 Gelobt sei Gott, … der uns wiedergeboren hat…

4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch,

5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.

Seligkeit ist das Gefühl, in Gottes Armen geborgen zu sein, zu wissen, dass man niemals tiefer fallen kann als in seine Hände. Seligkeit ist ein Glück, das uns auch mit den anderen Menschen in ganz neuer Weise verbindet – weil auch die anderen Menschen Gottes geliebte Kinder sind.

„Offenbar“ wird diese Seligkeit „erst zu der letzten Zeit“, also wohl erst im Himmel. Ganz vollkommene Glückseligkeit können wir wohl hier auf der Erde noch nicht erfahren. Sie kann zwar in manchen Augenblicken erfahren werden, aber sie hat immer ihre Grenzen, sie hat ihre Zeit, und dann kommen auch wieder Zeiten der Bedrängnis, Zeiten des Wartens, Zeiten der Angst.

Aber zweierlei kann uns nicht genommen werden: Die Erinnerung an vergangene Erfahrungen von Glück, von Vertrauen, von Geborgenheit. Und die Hoffnung darauf, dass unsere vollkommene Seligkeit, unser Erbe bei Gott im Himmel, dort schon für uns „bereit“ liegt und uns nicht genommen werden kann. Denn so wie Jesus Christus vom Tode erweckt wurde, so sind auch wir zum Leben berufen – zu einem erfüllten Leben in Zeit und Ewigkeit.

Aber Petrus scheint einen Einwand zu ahnen, einen Einwand gegen das, was er am Anfang gesagt hat und was ich eben ausgelegt habe. Der Einwand könnte lauten: Was habe ich von einer Seligkeit, die später einmal kommt, im Himmel? Nun gut, manche mögen einmal Glück erlebt haben, aber kann man von allein von schönen Erinnerungen leben? Und was ist mit den anderen, die noch nie das Gefühl hatten, wirklich einfach da sein zu dürfen, wirklich wichtig und wertvoll zu sein, einfach weil sie von Gott geschaffen sind? Was ist mit denen, die sogar Angst bekommen, wenn ihnen jemand sagt: „Du darfst dich selber liebhaben!“? Ihnen macht Petrus Mut aus eigener Erfahrung:

6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen.

Das hat Petrus selbst erfahren. Er hatte als Jünger Jesu immer wieder starken Glauben beweisen wollen. Er wollte so gern ein zuverlässiger Nachfolger Jesu sein, ein Fels im wahrsten Sinne des Wortes, so wie Jesus ihn genannt hatte. Und dann hatte er so schwer versagt. Dann hatte er Jesus nicht beigestanden in seiner Angst. Dann hatte er Jesus nicht einmal kennen wollen, als es ihm ans Leben ging. Petrus war in tiefster Verzweiflung gewesen – bis dann das Wunder geschah – bis es auch für Petrus Ostern wurde, bis Petrus Vergebung erfuhr von dem auferstandenen Christus. Ja, Petrus hat es selbst erfahren, was es heißt, wie neugeboren zu sein! Er, der Versager, wurde nicht bestraft und verdammt, ihm wurde sogar viel zugetraut, er sollte ein Leiter der Gemeinde sein.

Und dann gebraucht Petrus noch ein anderes Bild:

6 Ihr werdet euch freuen,

7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.

Er vergleicht den Glauben, das Vertrauen zu Gott mit dem „vergänglichen Gold“. Beim Gold kommt es darauf an, dass es wirklich echt ist. Dann ist es kostbar und viel wert. Woran erkennt man, ob es echtes Gold ist oder nicht? Es wird „durchs Feuer geläutert“, sagt Petrus. Mit dem Glauben, der viel kostbarer ist als Gold, ist es ähnlich. Woran erkennt man, ob ein Vertrauen zu Gott, ein Glaube an Gott, echt ist? Auch ein Glaube muss Bewährungsproben bestehen, muss manchmal durchs Feuer gehen, muss viel Angst aushalten. Manchmal bekommt einer gerade dann, wenn er ein neues Leben beginnt, wenn er neue Erfahrungen macht mit dem Vertrauen, am meisten Angst. Es gibt so vieles, was einen zurückziehen möchte in die gewohnten, schrecklichen Bahnen des früheren Lebens. Was einen geprägt hat über Jahres des Lebens hin – kann man es so einfach abstreifen? Soll das alles nicht mehr gelten? Brauche ich das alles wirklich nicht mehr zu fürchten, was mir immer solche Angst gemacht hat? Und: Kann ich wirklich Abschied nehmen von falschen Hoffnungen, falschen Sehnsüchten, auch von manchem falschen Stolz? Wer durch Vertrauen wie neugeboren wird, geht auch hindurch durch große Schmerzen, durch Traurigkeit, durch Angst, so wie auch ein Kind nur unter Wehen zur Welt kommen kann.

Wirklich freuen können wir uns, wenn wir vertrauen können wie ein Kind, wenn wir geliebt sind, wenn uns niemand unsere Würde nehmen kann. Wo das sich erfüllt in unserem Leben, da wird Jesus offenbar, da beginnt das Reich Gottes mitten unter uns. Ich denke, das ist Wirklichkeit von der Art, die sich hinter den Worten des Petrus verbirgt:

6 Ihr werdet euch freuen,

7 … wenn offenbart wird Jesus Christus.

8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude,

9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.

Noch einmal betont Petrus: „Ihr werdet euch freuen“, ihr habt allen Grund dazu, wenn ihr es wagt, Vertrauen zu haben zu dem Gott, der in Jesus Christus bei uns auf der Erde war. Dieses Vertrauen kann auch heute noch wachsen und reifen, kann auch in Ihnen und mir, in jedem von uns wachsen und zur Reife kommen. Und jeder, der ein Stück von diesem Vertrauen in sich hat, der kann einem anderen davon wieder ein Stück weitergeben. So kann einer der Seelsorger des anderen werden, so kann einer dem anderen helfen, dem Ziel seines Lebens ein Stück näher zu kommen. Und dieses Ziel, wir haben es vorhin schon gehört, nennt Petrus: „der Seelen Seligkeit“ – eine Lebenserfüllung, die uns niemand nehmen kann. „Wie die neugeborenen Kinder“ nimmt uns Gott in seine Arme, wie ein kleines Kind hat Gott uns lieb, im Vertrauen auf ihn können wir uns die Zeit nehmen, zu wachsen und der Erfüllung unseres Lebens immer näher zu kommen. Und indem wir wachsen, bleiben wir auch als heranwachsende und erwachsene Menschen Gottes mündige Kinder, die mit aufrechtem Gang durchs Leben gehen, in der Verantwortung vor Jesus, dem Menschensohn. Er ist der Sohn Gottes, indem er der menschlichste aller Menschen ist. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied 390:

1. Erneure mich, o ewigs Licht, und lass von deinem Angesicht mein Herz und Seel mit deinem Schein durchleuchtet und erfüllet sein.

2. Schaff in mir, Herr, den neuen Geist, der dir mit Lust Gehorsam leist‘ und nichts sonst, als was du willst, will; ach Herr, mit ihm mein Herz erfüll.

3. Auf dich lass meine Sinne gehn, lass sie nach dem, was droben, stehn, bis ich dich schau, o ewigs Licht, von Angesicht zu Angesicht.

Lasst uns beten.

Gott, unser Vater, weil deine Liebe zu uns echt ist, darum können wir auch das Vertrauen zu dir wagen. Wir danken dir für jeden Menschen, der uns Mut macht, der uns aufrichtet, der uns zum Vertrauen einlädt. Und wir bitten um deine Kraft, die in Schwachen mächtig ist, so dass wir den Weg des Vertrauens weitergehen, auch wenn dieser Weg durch Traurigkeiten und Ängste führt.

Schenke uns die Weisheit, Gott, dass wir das Ziel unseres eigenen Lebens erkennen. Seligkeit kann sich niemand von uns erkämpfen oder erarbeiten. Seligkeit bekommen wir geschenkt. Von dir beschenkt mit deiner Liebe, werden wir erkennen, wozu wir auf der Welt sind, dass wir es zeigen, jeder an seinem Platz: wir sind von dir geliebt, du gibst deine Welt nicht auf, du lässt niemanden von uns verloren gehen. Denn wir sind deine Kinder, die du lieb hast, und du bist unser Vater im Himmel. Amen.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem ganz persönlich auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 395: Vertraut den neuen Wegen
Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Gott segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. Amen.

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