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Schatten einer lichten Wolke

Eine lichte Wolke überschattet das scheinbare Idyll der Gemein­schaft mit Jesus, Mose und Elia auf dem Berg. Irgendwann kommt Abschied, Traurigkeit, viel­leicht Enttäuschung. Doch die Stimme Gottes begleitet uns, hilft uns, Halt zu gewinnen, auch wenn wir manche Zeit des Lebens allein ver­bringen, Entscheidungen allein treffen müssen.

Sonnenlicht fällt durch helle und dunkle Wolken
Schatten einer lichten Wolke (Bild: Karsten PaulickPixabay)
direkt-predigtGottesdienst am Letzten Sonntag nach Epiphanias, den 9. Februar 1992, um 9.30 Uhr in Armsheim und am Sonntag Septuagesimae, den 16. Februar 1992, um 9.30 Uhr in der Kapelle der Landesnervenklinik Alzey

Ich begrüße Sie herzlich im Gottesdienst am Letzten Sonntag nach Epiphanias. Wir stehen am Ende der letzten Ausläufer der Weihnachtszeit und lassen uns noch einmal vom Licht erleuchten, das von Weihnachten ausstrahlt, bevor in einigen Wochen die Passionszeit beginnt, die von dem Leid Jesu zu berichten weiß.

In der Predigt geht es heute auch um eine Geschichte, die in der Mitte steht – mitten zwischen dem Leben Jesu, wie er anderen geholfen hat, und der Zeit, in der er Schreckliches von anderen erleiden muss. Wir hören etwas davon, woher Jesus die Kraft und den Mut bekommen hat, auch sein Leiden auf sich zu nehmen. Er erfährt etwas von der himmlischen Sonne, die ihm lacht, auch wenn die sichtbare Sonne am äußeren Himmel einmal nicht scheint. In Texten, Liedern und Gebeten wird es um das Licht gehen, das von Menschen ausstrahlt, die in besonderer Weise von Gott ergriffen wurden, und ich erhoffe und wünsche von Gott, dass die Strahlen dieses Lichtes auch uns erreichen und innerlich anrühren!

Aus dem Lied 250 singen wir nun einige ausgewählte Strophen, in denen ein weiteres Mal Jesus besungen wird, wie er unser Licht und unsere Sonne ist. Wir singen die Strophen 4, 6, 10 und 13:

4) Mein Jesus ist mein Ehre, mein Glanz und schönes Licht. Wenn der nicht in mir wäre, so dürft und könnt ich nicht vor Gottes Augen stehen und vor dem Sternensitz, ich müsste stracks vergehen wie Wachs in Feuershitz.

6) Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut; die Höll und ihre Flammen löscht meines Heilands Blut. Kein Urteil mich erschrecket, kein Unheil mich betrübt, weil mich mit Flügeln decket mein Heiland, der mich liebt.

10) Da ist mein Teil und Erbe mir prächtig zugericht‘; wenn ich gleich fall und sterbe, fällt doch mein Himmel nicht. Muss ich auch gleich hier feuchten mit Tränen meine Zeit, mein Jesus und sein Leuchten durchsüßet alles Leid.

13) Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freud und Singen, sieht lauter Sonnenschein. Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ; das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Als der Seher Johannes auf der Insel Patmos eines Sonntags vom Geist ergriffen wurde und hinter sich eine große Stimme hörte wie von einer Posaune, da wandte er sich um, zu sehen nach der Stimme, die mit ihm redete. Und so beschreibt er, was er vor seinem inneren Auge sah (Offenbarung 1, 12-16):

Und ich wandte mich um [und sah] … einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht. Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Jesus Christus im Himmel, der Seher Johannes beschreibt, wie er dich vor Augen hat, wie er dich sieht mit den Augen seines Herzens, mächtig, beeindruckend, aber letzten Endes nicht ängstigend und furchterregend, sondern gütig und wärmend wie die Sonne, die uns scheint. Gott im Himmel, du schaust uns an mit den Augen Jesu, im Angesicht Jesu erkennen wir deine Freundlichkeit und Güte zu uns Menschen, mach uns offen für die Strahlen deiner Liebe, dass wir sie in uns aufnehmen und auch selbst beginnen, Liebe auszustrahlen! Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Johannes in der Offenbarung ist nicht der erste, der von einem Menschen sagt, dass sein Gesicht in außergewöhnlicher Weise geleuchtet habe. Schon im 2. Buch Mose wird etwas Ähnliches von Mose berichtet. Es beginnt damit, dass Mose auf den Berg Sinai steigt (Exodus 24):

12 Der HERR sprach zu Mose: Komm herauf zu mir auf den Berg und bleib daselbst, dass ich dir gebe die steinernen Tafeln, Gesetz und Gebot, die ich geschrieben habe, um sie zu unterweisen.

15 Als nun Mose auf den Berg kam, bedeckte die Wolke den Berg,

16 und die Herrlichkeit des HERRN ließ sich nieder auf dem Berg Sinai, und die Wolke bedeckte ihn sechs Tage; und am siebenten Tage erging der Ruf des HERRN an Mose aus der Wolke.

17 Und die Herrlichkeit des HERRN war anzusehen wie ein verzehrendes Feuer auf dem Gipfel des Berges vor den Israeliten.

18 Und Mose ging mitten in die Wolke hinein und stieg auf den Berg und blieb auf dem Berge vierzig Tage und vierzig Nächte.

Und schließlich wird beschrieben (in Exodus 34), wie Mose den Berg Gottes wieder verlässt:

29 Als nun Mose vom Berge Sinai herabstieg, hatte er die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand und wusste nicht, dass die Haut seines Angesichts glänzte, weil er mit Gott geredet hatte.

30 Als aber Aaron und ganz Israel sahen, dass die Haut seines Angesichts glänzte, fürchteten sie sich, ihm zu nahen.

31 Da rief sie Mose, und sie wandten sich wieder zu ihm. Aaron und alle Obersten der Gemeinde, und er redete mit ihnen.

32 Danach nahten sich ihm auch alle Israeliten. Und er gebot ihnen alles, was der HERR mit ihm geredet hatte auf dem Berge Sinai.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja! „Halleluja, Halleluja!“

Wir singen nun ein Lied von Gottes Licht, das bei uns mitten in der Dunkelheit aufgeht, ein Lied, das nicht im Gesangbuch steht. Die Strophen singe ich zur Gitarre vor, den Refrain können Sie vielleicht mitsingen. Er lautet: „Licht der Liebe, Lebenslicht, Gottes Geist verlässt uns nicht“, und das wird dann jeweils noch einmal wiederholt: „Licht der Liebe, Lebenslicht, Gottes Geist verlässt uns nicht.“
Ein Licht geht uns auf in der Dunkelheit
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Zur Predigt hören wir aus dem Evangelium nach Matthäus 17, 1-9 – die Geschichte der Verklärung Jesu:

1 Und Jesus nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.

4 Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so wollen wir hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.

5 Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!

6 Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr.

7 Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8 Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein.

9 Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Liebe Gemeinde,

in unserer biblischen Geschichte geht es eigentümlich zu. Da kann man Gottes Stimme hören, auf einem hohen Berg, aus einer Wolke heraus; und die vier Männer, die da hinaufgestiegen sind, haben noch andere merkwürdige Dinge erlebt: Jesus strahlt auf einmal wie die Sonne, und bei ihm sind plötzlich Mose und Elia, die seit hunderten von Jahren tot sind, und sie verschwinden auf ebenso merkwürdige Weise wieder.

Zwei Patienten in unserem Bibelkreis hier in der Klinik fragten mich zu dieser Geschichte: „Ist das nicht ungerecht? Menschen in der Bibel hören Stimmen von Gott, ihnen erscheinen Menschen, die schon lange tot sind, und sie werden hoch geehrt. Wenn wir heute das gleiche erleben und davon erzählen, kommen wir auf die geschlossene Abteilung der Psychiatrie.“

Ich frage mich allen Ernstes: Gibt es nicht wirklich Gemeinsamkeiten zwischen dem Erleben dessen, der an einer Psychose leidet, und unserer biblischen Geschichte? Beides wird so erzählt, dass man zunächst annehmen muss: Das ist in der äußeren Wirklichkeit genau so passiert, das muss zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort buchstäblich so geschehen sein. Und zugleich denkt der Hörer: So etwas kann es doch gar nicht geben in der Wirklichkeit, so etwas gibt es höchstens im Traum.

Ich glaube, dass das ein Schlüssel zum Verstehen ist – zum Verstehen dessen, was ein psychisch kranker Mensch erlebt, und zum Verstehen dessen, was uns unsere biblische Geschichte sagen will. Es geht hier um Bilder, wie sie manchmal in Träumen erlebt werden. Nur ist es eben so – wer mitten in einer Psychose drinsteckt, der kann dann zwischen den Bildern seiner Seele und der äußeren Wirklichkeit nicht unterscheiden.

Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass die meisten Menschen, gerade die gesunden, die sogenannten normalen Menschen, von Träumen und seelischen Bildern nicht viel halten. Sie sagen: Träume sind Schäume! Auf Träume darf man sich nicht verlassen!

Der katholische Theologe Eugen Drewermann, der jetzt in aller Munde ist, hat jedoch in seinen Büchern und Predigten die Christenheit darauf aufmerksam gemacht, dass die Bibel ihre religiöse Wahrheit fast durchweg in einer Sprache ausdrückt, die an die Sprache der Träume erinnert. Denn nicht alle Träume sind Schäume. Wenn es um unser inneres Erleben geht, um das, was wir fühlen und was unser innerstes Wesen ausmacht, dann können Träume davon etwas sehr Wesentliches und Wahres wiedergeben. Die Sprache der Träume ist allerdings sehr verschieden von der Sprache unseres wachen Bewusstseins; der Traum verwendet Bilder und Symbole, wo wir sonst nackte Tatsachen benennen und in klaren Begriffen denken. Manches erkennt man dann erst richtig, wenn man sich mit seinem ganzen Gefühl, seinem ganzen Wesen in ein Bild eingefühlt hat, das einem vor Augen gestellt wird.

Lassen Sie mich an die Geschichte von der Verklärung Jesu einmal so herangehen, als sei sie ein Traum, den Jesus oder seine Jünger geträumt haben. Was mögen dann die Bilder dieser Geschichte bedeuten?

Traumhaft schön muss es da oben sein auf diesem Berg, sonst würde Petrus nicht zu Jesus sagen: „Herr, hier ist gut sein! Willst du, so wollen wir hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.“ Traumhaft schön muss es da oben sein, sonst würde Jesus nicht so aussehen, so hell wie das Licht, so strahlend wie die Sonne in ihrem Glanz, so strahlend vor Glück, erfüllt von einem wahrhaft überirdischen Glücksgefühl. Wie kann es im Leben eines Menschen zu dem Gefühl einer solchen Seligkeit kommen, dass man sagt: „O Augenblick, verweile doch, du bist so schön!“?

Die Geschichte weiß zu berichten, dass Jesus vor den Augen seiner Jünger so zu strahlen beginnt, nachdem Jesus drei seiner Jünger mit sich auf einen hohen Berg geführt hat. Er hat zweierlei hinter sich und unter sich zurückgelassen: einmal die täglichen Anforderungen der Menschen, die ihn brauchen, und zum andern auch das Leid, das ihm droht, von den Menschen, die ihn hassen. Aus den Niederungen des Alltags steigt er hinauf in diese Höhe – nicht um den Menschen unten nicht mehr nahe zu sein, nicht um auf Dauer aus der Wirklichkeit zu entfliehen. Nein, er will etwas tun, was vielleicht auch uns hier am Sonntag in die Kirche führt: er will Abstand gewinnen vom Alltag, um einen besseren Überblick zu bekommen, um tiefer blicken zu können als sonst, um erkennen zu können, was denn die Mitte und der Sinn von all dem ist, was man alltäglich tut, was einen täglich umtreibt.

Und dort auf dem Berg, abseits von aller Hektik und Getriebenheit des Alltags, abseits auch von allen Sorgen um das, was kommen mag, da geschieht es: Jesus „wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ Es ist, als ob wir einen Menschen schon lange kennen, und irgendwann spüren wir zum erstenmal, was wirklich in ihm steckt, was wir ihm wirklich verdanken, was er uns wirklich bedeutet. Er betritt den Raum, und seine Ausstrahlung verändert gleich die Atmosphäre. Es ist, als hätten wir schon lange an Jesus geglaubt, an irgendwas muss der Mensch ja schließlich glauben. Aber irgendwann einmal, vielleicht an einem Sonntag hier in der Kirche, trifft es uns wie ein Blitz oder wie ein unverhoffter Sonnenstrahl – Jesus hat mehr mit mir selbst zu tun, als ich dachte. Jesus ist wie die Sonne, die auch mir Licht und Wärme gibt, ohne die ich nicht leben kann.

Auch der Prophet Johannes in der Offenbarung hat vor seinem inneren Auge Jesus so erblickt: „sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht“. Und die Lesung vorhin wusste zu berichten, auch das Angesicht Moses habe eine solche Ausstrahlung gehabt, als er mit den Zehn Geboten von dem Berg seiner Begegnung mit Gott herabgestiegen sei. Und eben dieser Mose tritt nun in unserer Geschichte wie selbstverständlich auf die Bühne des traumhaften Geschehens, gemeinsam mit Elia, dem anderen großen Propheten des Volkes Israel: „Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.“

Jesus, in friedlicher Unterhaltung mit Mose und Elia, er steht nicht gegen das Gesetz des Mose, er steht nicht gegen die Verheißungen der Propheten, er ist in seiner Person die Erfüllung von allem, was sie gewollt und verheißen hatten.

Ich kann mir vorstellen, dass es im Leben Jesu ganz konkret solche Augenblicke des Glücks gegeben hat, in denen ihm vollkommen klar vor Augen stand, was seine Bestimmung war. „Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was feste steht!“ Ich weiß, wozu ich auf der Welt bin – ist das nicht das höchste Glück? Und ist es nicht umgekehrt Ausdruck tiefster Verzweiflung, wenn jemand von sich sagt: „Mein Leben hat keinen Sinn; ich kann an nichts mehr glauben; wozu bin ich eigentlich noch auf der Welt?“

Die Jünger, gerade die, die mit ihm am engsten vertraut und verbunden waren, müssen in solch einem Augenblick diese Ausstrahlung mitbekommen haben, müssen davon etwas gespürt haben, dass er sich fühlen konnte als der glücklichste Mensch auf der Welt, eben strahlend wie die Sonne in ihrer Macht. Und am liebsten würden sie solche Augenblicke festhalten, würden sie Hütten bauen, damit Jesus und auch Mose und Elia bei ihnen auf ewig wohnen bleiben.

Bevor ich in der Predigt fortfahre, besingen wir Jesus als das Licht und die wahre Sonne unseres Lebens im Lied 254, 1-7:

1) Ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier; ich will dich lieben mit dem Werke und immerwährender Begier. Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht.

2) Ich will dich lieben, o mein Leben, als meinen allerbesten Freund; ich will dich lieben und erheben, solange mich dein Glanz bescheint; ich will dich lieben, Gottes Lamm, als meinen Bräutigam.

3) Ach dass ich dich so spät erkennet, du hochgelobte Schönheit du, und dich nicht eher mein genennet, du höchstes Gut und wahre Ruh; es ist mir leid, ich bin betrübt, dass ich so spät geliebt.

4) Ich lief verirrt und war verblendet, ich suchte dich und fand dich nicht, ich hatte mich von dir gewendet und liebte das geschaffne Licht. Nun aber ists durch dich geschehn, dass ich dich hab ersehn.

5) Ich danke dir, du wahre Sonne, dass mir dein Glanz hat Licht gebracht; ich danke dir, du Himmelswonne, dass du mich froh und frei gemacht; ich danke dir, du güldner Mund, dass du mich machst gesund.

6) Erhalte mich auf deinen Stegen und lass mich nicht mehr irre gehn; lass meinen Fuß in deinen Wegen nicht straucheln oder stille stehn; erleucht mir Leib und Seele ganz, du starker Himmelsglanz.

7) Ich will dich lieben, meine Krone, ich will dich lieben, meinen Gott; ich will dich lieben sonder Lohne auch in der allergrößter Not; ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Herze bricht.

Ja, liebe Gemeinde, Petrus würde am liebsten das Glück, diese Seligkeit dort auf dem Berg, festhalten. Jesus weist diesen Wunsch nicht zurück. Der Wunsch nach Glück wird nicht getadelt; es ist kein egoistischer Wunsch, zu dem wir kein Recht hätten.

Allerdings wird in der Geschichte etwas erzählt, was zu unserer Realität gehört, der sich auch Jesus ohne Wenn und Aber unterworfen hat. Das Glück, das Jesus mit seinen drei Jüngern in der Gegenwart des Mose und des Elia dort oben auf dem Berg erleben, es wird überschattet. Überschattet von einer Wolke. Merkwürdigerweise von einer lichten, einer hellen Wolke.

Als ich das las, habe ich gestutzt. Wie kann etwas Helles einen dunklen Schatten werfen?

Mit der Wolke verbunden ist die Stimme Gottes, die zu den Männern spricht: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“ Wiederum merkwürdig: eben noch, als die Jünger das strahlende Angesicht Jesu sahen, teilten sie das Glücksgefühl Jesu, jetzt aber, „als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr.“

Woher dieser plötzliche Wechsel der Gefühle? Woher dieser plötzliche Schatten auf dem strahlenden Licht des Glücks, das sie eben noch empfunden haben? Das, was die Stimme sagt, ist doch etwas sehr Schönes: „Dies ist mein Sohn, den ich liebhabe!“

Eigentlich ist das doch nur eine Bestätigung dafür, dass Jesus wirklich der Beauftragte Gottes ist. Und wenn die Stimme sagt: „Hört auf ihn!“ dann unterstreicht die Stimme doch nur das, was die Jünger doch schon bereit waren zu tun. Sie waren doch schon seinem Ruf gefolgt, hatten sich seiner Ausstrahlung ausgesetzt, waren ihm zur Seite gewesen, während er gepredigt und Kranke geheilt hatte.

In dieser lichten Wolke, die eine Szene idyllischen Glücks überschattet, mag zweierlei zum Ausdruck kommen:

Zum einen, dass hier auf dieser Erde sich solche Szenen des Glücks nicht auf Dauer festhalten lassen. Die Geschichte von der Verklärung steht in der Bibel zwischen den ersten beiden Ankündigungen von Jesu Leiden und Auferstehung, und es ist Jesus nach dem Augenblick des größten Glücks gleich auch wieder schmerzlich bewusst, dass er von diesem Berg der Seligkeit in die Tiefe des Leids wird hinabsteigen müssen.

Zum andern macht die überschattende lichte Wolke wohl deutlich, dass Menschen notwendig erschrecken müssen, wenn sie aus der Tiefe ihrer Seele heraus plötzlich die Stimme Gottes hören. Das heißt, Jesus erschrickt nicht. Ihm ist die Stimme seines Vaters im Himmel schon vertraut und nahe. Aber den Jüngern muss er die Angst nehmen vor dem, was da von Gott her in ihnen laut wird. Und so tritt Jesus zu ihnen, rührt sie an und spricht: „Steht auf und fürchtet euch nicht!“

Und dann geschieht wieder etwas Merkwürdiges: Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Und sie beginnen mit dem Abstieg, hin zu den Menschen, die auf ihre Hilfe warten, hin auch zu Menschen, die die Verfolgung Jesu vorbereiten.

Ich frage mich: Was bleibt Jesus und den Jüngern von diesem Glücksgefühl auf dem Berg der Seligkeit? Was nehmen sie davon mit in den bedrängenden Alltag?

Mit ist dazu ein Gespräch mit einer jungen Patientin eingefallen, die mir sagt: Ich brauche ganz viel Liebe, aber niemand kann mir genug Liebe geben. Sie sehnt sich nach Menschen, die bei ihr sein sollen, die sie wie ein ganz kleines Kind mit ihrer Liebe umgeben, und sie freut sich über jeden Besuch ihres Mannes oder ihrer Freundin, über jedes Gespräch mit dem Arzt oder mit dem Seelsorger. Aber jeder Besuch und jedes Gespräch ist einmal vorbei, und dann ist jedesmal die Einsamkeit wieder da, sie kann das Gefühl, dass jemand sie liebhat, dass jemand sie mag, offenbar nicht in sich bewahren, kann sich auch selbst nicht liebhaben – jedenfalls bis jetzt noch nicht.

Ich könnte mir von ihr gut vorstellen, dass sie aus vollem Herzen mit Petrus mitfühlen könnte, der auf dem Berg des Glücks Hütten bauen will, damit dieses Gefühl nie aufhört, in der Nähe Jesu und Moses und Elias zu sein und sich bei ihnen geborgen zu fühlen.

Vielleicht geht es auch vielen suchtabhängigen Patienten so – sie kennen nicht das Gefühl, satt zu sein, innerlich ausgefüllt zu sein, genug zu haben an Liebe und innerem Halt, so dass sie nach einer schönen Erfahrung auch wieder eintauchen können in den anstrengenden und manchmal harten Alltag.

Genau deshalb halte ich die überschattende lichte Wolke mit der Stimme aus dem Himmel für noch wertvoller als das scheinbare Idyll der Gemeinschaft mit Jesus, Mose und Elia auf dem Berg. Jede menschliche Gemeinschaft hat ihre Grenzen. Irgendwann muss man Abschied nehmen, kommt Traurigkeit, manchmal auch Enttäuschung. Doch die Stimme Gottes begleitet uns für immer, auch wenn wir von Menschen wieder verlassen werden. Gottes Liebe will Wurzeln schlagen nicht nur im Herzen Jesu, sondern auch in unseren Herzen, und diese Liebe bleibt uns, sie hilft uns, einen Halt zu gewinnen, auch wenn wir manche Zeit des Lebens allein verbringen, manche Entscheidung allein treffen müssen.

Zum Schluss noch einmal zurück zu der Frage vom Anfang der Predigt – wenn jemand aus der Tiefe seiner eigenen Seele die Stimme Gottes hört oder Bilder des Himmels sieht, was ist davon zu halten? Kommt das wirklich von Gott oder nicht? Wie kann man unterscheiden, ob wirklich Gott uns damit etwas sagen will, oder ob diese Bilder einfach Ausdruck einer seelischen Krankheit, einer Psychose, sind? Als wir uns darüber im Bibelkreis Gedanken machten, da fanden wir diese Unterscheidung hilfreich: Wenn wirklich Gott zu uns spricht durch Bilder, die in unserer eigenen Seele erscheinen – dann sind es immer Bilder seiner Liebe, heilsame Bilder, die uns weiterhelfen. Stimmen, die uns überfordern, uns vernichten, uns zerstören wollen, sind nicht von Gott.

Doch auch wenn wir selber niemals Stimmen hören oder solche Bilder sehen wie die Propheten oder die Jünger in der Bibel, (das wird wohl den meisten unter uns fremd vorkommen) – dann rühren vielleicht die in der Bibel überlieferten Bilder doch unsere eigene Seele an und hinterlassen auch in uns ein wenig von dem Glück und von der Liebe Gottes, die Jesus und die Jünger auf dem Berg empfunden haben. Mit dieser Seligkeit im Herzen können wir zuversichtlich und getrost allem begegnen, was auf uns zukommt. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Wir singen ein weiteres Lied zur Gitarre, das nicht im Gesangbuch steht, das einen ganz einfachen Text hat:

„Der Himmel geht über allen auf, auf alle über, über allen auf.“

Lasst uns beten zu Gott, der durch Jesus Christus das Licht und die Sonne unseres Lebens ist:

Gott, unser Vater im Himmel, schenke uns Augenblicke des Glücks, die uns Kraft geben für den beschwerlichen Alltag. Schenke uns Menschen, die uns deine Liebe erfahren lassen, und lass deine Liebe in uns Wurzeln schlagen, so dass wir uns auf allen Wegen bei dir geborgen fühlen. Schenke uns den inneren Halt und die Kraft, den Herausforderungen unseres Lebens gewachsen zu sein und anderen Menschen deine Liebe weiterzugeben. Wir bitten dich für alle die Menschen, die unglücklich und verzweifelt sind und das Gefühl nicht kennen, geliebt zu sein. Wir bitten dich für Menschen, die unter der Last ihrer Verantwortung zusammenzubrechen drohen. Wir bitten dich für Menschen, die um einen geliebten Menschen trauern und die aus dem Gefühl nicht heraus kommen, nun habe alles keinen Sinn mehr. Gott im Himmel, lasse das Licht deiner Liebe, die Sonne deiner ewigen Seligkeit aufleuchten in unserem Leben. Du machst es hell, da wo wir nur Finsternis wahrnehmen. Amen.

Alles, was uns heute bewegt, schließen wir im Gebet Jesu zusammen:

Vater unser

Zum Schluss singen wir 462, 1-5:

Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Herren, Gottes und Marien Sohn, dich will ich lieben, dich will ich ehren, du meiner Seele Freud und Wonn.

Schön sind die Wälder, schöner sind die Felder in der schönen Frühlingszeit; Jesus ist schöner, Jesus ist reiner, der unser traurig Herz erfreut.

Schön leucht‘ die Sonne, schöner leucht‘ der Monde und die Sterne allzumal; Jesus leucht‘ schöner, Jesus leucht‘ reiner als alle Engl im Himmelssaal.

Schön sind die Blumen, schöner sind die Menschen in der frischen Jugendzeit; sie müssen sterben, müssen verderben, doch Jesus lebt in Ewigkeit.

Alle die Schönheit Himmels und der Erde ist verfasst in dir allein; nichts soll mir werden lieber auf Erden als du, der liebste Jesus mein.

Und nun lasst uns mit Gottes Segen in den Sonntag und in die neue Woche gehen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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