Bild: Helmut Schütz

Mobbing

Ich danke allen Konfis für ihre Predigtgedanken zum Thema Mobbing! Ganz persönlich danke ich auch dem Konfirmanden, der mir nach einer hitzigen Diskussion sagte: „Ich weiß ja, dass Sie uns alle lieben!“ Ich sagte ihm spontan: „Ja, das stimmt! Wenn ich euch nicht im Sinne von Jesus lieben würde, dann würde ich manches Verhalten von einigen von euch nicht aushalten.“

Zwei meiner lieben Konfirmandinnen, die sich von mir nicht fotografieren lassen wollten
Zwei meiner lieben Konfirmandinnen, die sich von mir nicht fotografieren lassen wollten

Gottesdienst am Volkstrauertag, 15. November 2015, 10.00 Uhr in der evangelischen Thomasgemeinde Gießen
Orgelvorspiel

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Heute ist der vorletzte Sonntag im Kirchenjahr, der in unserem Land auch als Volkstrauertag begangen wird. Ich begrüße Sie und Euch zu diesem Gottesdienst mit dem Bibelwort zur Woche aus dem Paulusbrief 2. Korinther 5, 10:

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.

Unsere Konfis haben sich im Unterricht mit dem Thema „Mobbing“ beschäftigt und beteiligen sich am Gottesdienst mit Texten, die sie selber geschrieben haben.

Lied 430: Gib Frieden, Herr, gib Frieden
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Ich stehe momentan unter dem Eindruck der Ereignisse vom letzten Freitag, die mich wie so viele andere entsetzt haben. Mich beschäftigen Dinge in der Konfi-Gruppe, die wir nach dem Gottesdienst noch klären müssen und können. Beeindruckt bin ich von den vielen Einsichten, die unsere Konfi-Gruppe für diesen Gottesdienst zusammengetragen hat und in der Predigt vortragen wird.

Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer 12:

17 Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

18 Ist‘s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken«.

21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen“

Frieden halten, den Feind lieben, Böses mit Gutem überwinden – das klingt für manche gut, für viele unmöglich, es ist auf jeden Fall nicht leicht. Gott, wir brauchen deine Hilfe, um so stark zu sein, und rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Gott, du machst es uns vor, wie man seine Feinde lieben kann, denn in Römer 5, 8 sagt Paulus von dir:

Gott … erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.

Danke, dass du uns liebst, obwohl wir oft so wenig Liebe in uns haben!

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen.“

Guter Gott, lass in uns Vertrauen wachsen – gegen die Angst. Lass in uns Liebe wachsen – gegen Hass und Gleichgültigkeit. Lass in uns Hoffnung wachsen – damit wir unseren Glauben und unsere Liebe nicht aufgeben. Das erbitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. „Amen.“

Wir hören den Text zur Predigt aus der Bergpredigt Jesu im Evangelium nach Matthäus 5, 38-39 und 43-44:

38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.«

39 Ich aber sage euch: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.

43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen.

44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.

Glaubensbekenntnis
Lied 436: Herr, gib uns deinen Frieden
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.
Eine durchbohrte Hand macht das Siegeszeichen vor einem bewölkten Himmel - darüber ist das Wort "opfer?" zu sehen
Ich danke dem Künstler Ralf Kopp für die Erlaubnis, seine Grafik zu veröffentlichen

Liebe Gemeinde, unsere Predigt heute besteht fast ganz aus Texten der 31 Konfirmandinnen und Konfirmanden aus der Paulus- und Thomasgemeinde. Bitte beachten Sie, dass die Konfis nicht unbedingt ihre eigenen Texte vorlesen.

Wir fangen an mit einer Bildbetrachtung. Das Bild, das wir vorne an der Wand sehen, habe ich den Konfis in der vorletzten Unterrichtsstunde gezeigt und sie gefragt: „Was denkt ihr zu diesem Bild?“ Nur zwei konnten gar nichts damit anfangen und fanden es „relativ unlogisch“ oder „schwachsinnig“. Aber die Hälfte von euch schrieb dazu sehr interessante Gedanken auf. Einige überlegten sehr einfühlsam, was der Person passiert sein könnte, der diese Hand gehört.

Ich denke an ein Kind, das gemobbt wird.

Das ist jemand, den keiner mag.

Ich denke, auf dem Bild hat sich die Person in einem Kriegsgebiet aufgehalten.

Ich finde das Bild traurig, weil man in der Hand, die das „Peace“-Zeichen macht, einen Schuss sieht. Und „Peace“ heißt ja „Frieden“.

Diese Person wurde nicht gut behandelt, ihr wurde Schmerz hinzugefügt. So etwas muss nicht sein. Es wirkt so, als würde die Person damit zurechtkommen, trotzdem sollte man so nicht behandelt werden.

Wie ich das Bild gesehen hab, fand ich es relativ ansprechend. Dass die Hand „Frieden“ zeigte, aber trotzdem das Opfer war. Ich finde, man sollte Menschen nicht grundlos foltern, erschießen etc. Natürlich sollte man sie auch nicht hassen, nur weil sie nicht aus dem eigenen Land kommen. Auch wenn eine Person anders ist, sollte sie ihr Leben leben, wie sie will, und niemand sollte sie als Opfer bezeichnen.

Dieser Mensch hat auf der Hand ein Loch; man soll niemanden so verletzen. Man sollte die „Mobber“ nicht ernst nehmen, und wenn es zu weit geht, würde ich in dem Falle die Polizei, also die Kripo, informieren.

Einige von euch haben gespürt, dass auf dem Bild jemand dargestellt ist, der sich nicht einfach nur wie ein Opfer fühlen, sondern etwas dagegen tun will.

Da hat sich jemand wehgetan. Doch er will Frieden.

Da wird jemand schlecht behandelt. Er fühlt sich schlecht, ist alleine, will aber nicht auch mobben.

Diese Person wurde im Leben zu oft verletzt, glaubt aber immer noch an das Gute in einem Menschen.

Drei Konfis meinten, die Hand könne etwas mit Jesus und mit Gott zu tun haben.

Jesus wollte uns ersetzen. Er liebt uns.

„Ersetzen“, das verstehe ich so: Jesus erleidet als unschuldiger Ersatzmann eine Strafe, die eigentlich wir anderen Menschen ertragen müssten, weil wir Sünder sind und immer wieder schuldig werden.

Dann hat jemand ausführlich beschrieben, was Jesus für sein Volk Israel und auch für uns als Kirche, als Volk Gottes, getan hat:

Das Bild zeigt eine Hand im Himmel, die das Peace-Zeichen zeigt. Dabei handelt es sich um Jesus‘ Hand, denn in ihr ist ein blutiges Loch von den Nägeln, mit denen Jesus ans Kreuz genagelt wurde. An sich war Jesus ja ein Opfer des Volkes, aber er hat sich nicht runtermachen lassen, sondern hat die Beleidigungen selbstverständlich entgegen genommen – so scheint es mir. Denn er hat sich ja freiwillig umbringen lassen, weil er uns liebte. Außerdem ist er dann auferstanden und in den Himmel aufgefahren, und ich glaube, er war froh, dass er sein Wissen und seinen Glauben an das Volk hat weitergeben können.

Und noch jemand überlegte, ob wir nicht alle Opfer anderer Menschen oder auch Opfer von Gott sind.

Jesus war mal ein „Opfer“. Oder nicht? Was heißt überhaupt, ein Opfer sein? Für mich ist ein Opfer ein Mensch, der sich von andern „unterbuttern“ lässt. Der sich nicht mit eigenen Händen wehren kann. Oft sind es Menschen, die empfindlich sind, klein sind, anders aussehen. Ich finde, jeder ist ein „Opfer“ von einem „andern“. Wir sind alle „liebe Opfer“ von „Gott“.

Darüber musste ich näher nachdenken, bis mir auffiel, wie genial diese Gedanken sind. Ja, wir sind alle verletzbar. Ja, wir erleben alle auch unangenehme Dinge mit anderen Menschen. Ja, wir sind alle dem allmächtigen Gott tatsächlich ausgeliefert. Und trotzdem sind wir nicht einfach „arme Opfer“, sondern „liebe Opfer“ von Gott. Daraus folgt: manchmal fühlen wir uns schwach, verletzt oder einfach mies, aber wir sind trotzdem von Gott geliebt und müssen uns nicht dauernd wie Opfer fühlen.

Wie gesagt, einige von euch sind schon bei der Bildbetrachtung darauf gekommen, dass auch Jesus sich in gewisser Weise wie ein Opfer behandeln ließ. Ich wollte von euch wissen, warum er das getan hat. Ganz wenige meinten dazu:

Woher soll ich das wissen? Keine Ahnung.

Aber die anderen hatten sehr viele gute Ideen dazu.

Weil er niemandem weh tun will.

Er wollte sich nicht wehren, damit es keinen Streit gibt.

Jesus war ein friedlicher Mensch. Er hatte keine Lust auf Rache.

Weil er Gott vertraut hat.

Weil sein Vater es ihm gesagt hat. Weil er es für sein Volk getan hat.

Er wollte keinen Streit. Er wollte Gott respektieren. Wollte einen selbst nicht als Opfer behandeln.

Weil er diese Personen vielleicht nicht verletzen wollte, so wie er verletzt wurde. Vielleicht wollte er trotzdem nett sein und nicht so einer wie diese Personen sein, die ihn als ärgern, mobben usw.

Ich glaube, Jesus hat sich den Spruch „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem halte die andere auch hin“, sehr zu Herzen genommen, da Jesus gegen das Böse aufarbeiten wollte und keinen verletzen wollte.

Vielleicht, um anderen zu zeigen, dass er stark ist, obwohl er als Opfer behandelt wird. So wirklich sicher bin ich mir nicht.

Vielleicht weil er auch Menschen falsch behandelt hat. Oder weil er damit gut klar kam.

Wenn er sich gewehrt hätte, dann wäre er als Täter dargestellt worden. Außerdem sind die Opfer die wirklich Starken. Sie müssen so viel aushalten.

Es gab auch ein paar von euch, die sich gar nicht vorstellen konnten, dass Jesus sich hat mobben lassen.

Ich glaube nicht, dass er das hat, das ist nur die heutige Ansicht.

Jesus hat sich nicht mobben lassen, er lebt, um Gott zu dienen, und nicht, um sich runterziehen zu lassen.

So viel zu dem Bild „opfer?“ und so viel zu Jesus.

Auf dem Bild und bei dem so frühen Tod Jesu am Kreuz ging es darum, welche furchtbaren Folgen es hat, wenn Menschen andere Menschen als Opfer behandeln. Streit und Gewalt gab es ja auch schon in eurer Konfi-Gruppe, aber ich bin froh, dass diese Probleme sehr rasch gelöst werden konnten.

In der vorletzten Konfi-Stunde habe ich euch auch ganz persönlich gefragt: Wart ihr selber schon einmal ein Mobbing-Opfer? Zehn Konfis haben sich noch nicht gemobbt gefühlt. Drei von euch erläuterten das genauer:

Ich habe mich noch nie wie ein Opfer gefühlt! Vielleicht habe ich Witze gehört, die mir nicht gefielen.

Eigentlich wurde ich noch nie gemobbt. Und wenn, dann nicht so stark, dass ich mich wie ein Opfer fühlte.

Ich habe mich noch nie gemobbt gefühlt, weil ich dieses Gefühl zulassen müsste. Und das tue ich nicht.

Aber es gab auch elf Konfis, die sich an Mobbing-Erfahrungen erinnern konnten, meistens in der Schule oder beim Training.

Ich wurde ausgelacht wegen meiner Größe.

Ich wurde in der Grundschule immer als „China“ beleidigt.

Ich wurde wegen meiner Brille geärgert.

Ich wurde wegen einer peinlichen Sache ausgelacht.

Meine Freundin schrieb auf ein Blatt, ich würde einen bestimmten Jungen lieben, und ein Junge hob es auf und schrie es laut durch die Klasse.

Wie war das für die Konfis? Die meisten fanden das Gefühl traurig, mies, richtig schlimm. Jemand sprach von Bauchkribbeln. Aber was haben sie getan, als sie sich gemobbt fühlten?

Es war traurig, und ich habe nix gemacht.

Ich habe still gesessen und gehofft, dass die Stunde rum ist und ich nach Hause gehen darf.

Es war nicht toll für mich, aber ich ging damit locker um. Nach paar Tagen wurde es dann vergessen.

Ich war es gewöhnt, also hat es mich nicht wirklich interessiert. Die Sache war auch schnell vorbei.

Irgendwann fing ich an, sie zu ignorieren. Habe mich „gewehrt“.

Ich habe meine Eltern und die Lehrer informiert, und ich habe deswegen jeden Tag geweint.

Es war richtig schlimm – und ein Freund hat zu mir gestanden.

Zum Mobben gehören immer mindestens zwei. Eine Person, die will, dass man sich schlecht fühlt. Und eine, die genau das zulässt. Wie gesagt, dieses Gefühl lasse ich nicht zu.

Ich habe mir gedacht, die sollen mal die Klappe halten, wenn sie keinen Plan haben. Hab sie zurückbeleidigt.

Ich habe sie gehauen.

Es gab also sehr unterschiedliche Reaktionen, vom Nichts-Tun bis zum Zurückbeleidigen und Zurückhauen. Und dazwischen sehr interessante Möglichkeiten, sich gegen schlechte Gefühle zu wehren oder bei anderen Personen Hilfe zu bekommen.

Die umgekehrte Frage war auch interessant: Habt ihr schon mal andere Leute als Opfer behandelt? Fast alle haben darauf geantwortet, dass sie noch nie jemanden gemobbt haben, höchstens aus Spaß.

So richtig gemobbt habe ich niemanden, nur ich ärgere manche meiner Mitschüler öfters aus Spaß. Aber das ist nie böse gemeint, und das wissen sie auch. Meistens lachen sie auch über meinen schwarzen Humor.

Einige haben sich aber auch Gedanken darüber gemacht, ob sie vielleicht jemandem hätten helfen müssen, der gemobbt wurde.

Ich habe noch niemanden gemobbt, aber eingemischt habe ich mich auch nur einmal.

Ich finde so was unfair. Ich halte mich da raus. Das ist sicher auch nicht ganz so fair, weil ich vielleicht einen anderen hätte verteidigen müssen.

Ganz wenige von euch gaben es zu und erzählten auch in der Diskussion mit mir davon, wie ihr schon mal Leute ganz schön mies behandelt habt. Aber ihr habt auch Gründe dafür angegeben.

Ich habe jemanden gemobbt, weil er ein Mädchen gehauen hat!

Ich habe Leute in der Schule als Opfer behandelt, weil sie frech waren.

Und einer war sich nicht ganz sicher über sein eigenes Verhalten:

Ich habe noch keinen gemobbt. Vielleicht hat sich schon mal jemand von mir beleidigt gefühlt, aber ich habe das dann nicht gemerkt.

Bisher haben wir eine Bildbetrachtung gemacht und eigene Erfahrungen der Konfis zum Thema „Mobbing“ gehört. Aber normalerweise werden in einer Predigt Bibeltexte ausgelegt. Dazu kommen wir jetzt. Vielleicht erinnern wir uns: Vorhin haben wir schon einmal gehört, wie Jesus in seiner Bergpredigt gesagt hat: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem halte die andere auch hin.“ Ich habe den Konfis dazu folgende Aufgabe gestellt: „Lass dich von Jesu Worten dazu anregen, eigene Ideen zu entwickeln! Wie könntest du auf Beleidigungen oder Gewalt reagieren, ohne dabei den anderen auch zu beleidigen oder zu verletzen?“

Einer schrieb dazu nur ein Wort:

Schlecht.

Das war wohl ein ehrliches Wort. Viele können nur schlecht ohne Gewalt auf Gewalt reagieren. Aber den anderen Konfis fiel trotzdem eine ganze Menge an Ideen ein. Zum Beispiel, dass man ruhig bleiben sollte.

Man könnte ihn beruhigen.

Abwehren und versuchen, es normal zu regeln.

Man sollte ruhig mit jemandem zu reden versuchen. Und den Konflikt klären. Das funktioniert nur, wenn beide ruhig sind.

Nicht aggressiv werden, denn das provoziert den anderen, und damit beginnst du eine Schlägerei oder einen Streit. Wenn jemand dich schlägt, dann hau nicht zurück, versuche es wieder hinzubiegen oder sag es einer Vertrauensperson.

Versuchen, mit ihm zu reden, warum und wieso er mich überhaupt beleidigt oder schlägt, weil das nicht nett ist, und man haut nicht einfach ohne irgendeinen Grund.

Zwei Konfis nannten eine andere einfache Möglichkeit:

Einfach weggehen.

Und dann gab es noch ausführlichere Überlegungen zum faustlosen Umgang mit Beleidigung und Gewalt:

Ich würde sagen, dass die Personen aufhören sollen, weil ich das nicht möchte und weil sie keinen Grund dazu haben. Außerdem würde ich die Lehrer, die Schulleitung und meine Eltern informieren.

Ich würde der anderen Person sagen, dass sie sofort damit aufhören soll, da es Konsequenzen haben könnte. Außerdem könnte ich jemanden bitten, mir zu helfen. Oder es sieht zufällig jemand, dass eine gewalttätige Tat ausgeführt wird, und kommt schnell, um zu helfen. Dazu braucht man Zivilcourage.

Man sollte nicht beleidigt wirken, denn das findet der Gegner nur amüsant und macht damit weiter. Man sollte aber auch nicht zurückschlagen oder -beleidigen. Es ist sinnvoll, wenn man einen schlauen Spruch einwendet, der den Gegner verwirrt, und worauf er selbst keinen Einwand mehr weiß.

Ich würde sagen bzw. sage es jetzt schon, dass so was nichts bringt, erst recht wenn Leute einen schlagen. Wörter verletzen mehr als Schläge. Beleidigungen find ich einfach nur unnötig. Meist denk ich, dass Menschen nur beleidigen, da sie nicht wissen, es in andere Wörter zu ändern, um nicht schwach zu wirken. Menschen, die jemanden beleidigen, wissen nur nicht, mit anderen Worten umzugehen. Sie sagen Vorurteile gegenüber anderen, obwohl sie keine Ahnung haben, wie sie wirklich sind.

Das mit dem Hinhalten der anderen Backe meint Jesus, glaube ich, nicht ernst. Ich glaube, man sollte nicht drauf schlagen und so tun, als ob man der Stärkere wäre. Nein!!! Man sollte das klären („mit Worten“) und nicht mit der Faust – faustlos. Man sollte nicht andere schlagen, um größer zu sein.

Weiter sagt Jesus in der Bergpredigt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ Dazu habe ich die Konfis gefragt: Wen würdest du denn als deinen Feind bezeichnen?

Die Antworten der Konfis reichten von „niemanden“ bis „viele“ oder sogar „zu viele“.

Konkret haben Konfis folgendes dazu gesagt, wen sie als ihren Feind betrachten:

Leute, die Schlechtes für einen wollen und beleidigen, sehe ich als Feinde.

Leute, die mich ärgern, mobben, schlagen, hassen.

Leute, die mich nicht mögen.

Der mich mobbt oder gegen meine Religion was hat.

Eine Person, die mich hasst, mich nicht leiden kann.

Menschen, die einen hassen, beleidigen oder körperlich verletzen. Auch die, die über einen blöde Gerüchte rumerzählen.

Es gab auch zwei noch konkretere Aussagen auf die Frage: Wer ist mein Feind?

Die halbe Menschheit.

Kim Jong Un.

OK, den nordkoreanischen Diktator würden wohl viele als ihren Feind betrachten, wenn sie ihn persönlich kennenlernen müssten. Es gab aber auch zwei Konfis, die ganz anders auf die Frage reagierten, wen sie als ihren Feind bezeichnen würden:

Niemanden, egal ob er fies zu mir ist.

Keinen!!! Was ist ein Feind? Der, den ich hasse? Der, den ich noch nie mochte? Ich würde keinen als Feind bezeichnen.

Wer nun aber bestimmte Menschen als Feinde erlebt, wie könnte er im Sinne Jesu handeln? Ich fragte die Konfis: Wie könntest du einen Feind lieben, also menschlich behandeln? Zwei meinten:

Gar nicht.

Andere konnten sich mehr oder weniger gut vorstellen, auch einen Feind menschlich zu behandeln:

Das ist nicht schwer. Man muss immer die positive Seite an den Menschen sehen.

Das ist schwer. Aber man sollte die Person nicht beleidigen oder verletzen.

Ich könnte ihn einfach ignorieren.

Wenn die Person mich jetzt beleidigen sollte, würde ich ganz ruhig darauf antworten und sagen, dass das, was er da gerade macht, nicht cool ist, und er dadurch Freunde verlieren könnte.

Indem ich immer dran denke, wie ich behandelt werden möchte, auch wenn ich die Person nicht mag. Es kann sie nämlich auch verletzen.

Ihn nicht schlecht behandeln, also beleidigen, verletzen, schlecht rumerzählen, sondern wie einen guten Freund behandeln.

Mit ihm reden. Ihn respektieren. Keinen Streit anfachen.

Ganz einfach so behandeln, wie man andere behandelt, also nett und freundlich.

Mit ihnen ganz normal reden.

Man sollte einen Feind nicht zurück hassen und benachteiligen, sondern hilfsbereit und nett zu ihm sein, sich nicht ausnutzen lassen und vielleicht auch mit ihm darüber reden, warum er so biestig ist, und es nicht gut auf andere wirkt.

Ich könnte ihn anfordern, freundlich mit mir umzugehen.

Bei der folgenden Aussage habe ich den Anfang nicht ganz verstanden. Trotzdem finde ich die Gedanken sehr anregend:

Jeder Freund ist dein Feind. Das heißt, dass Feinde Freunde werden. Oder auch umgekehrt. Ich würde einfach nett zu ihm sein und zeigen, dass er keinen Grund hat, ein Feind zu sein.

Auch der Apostel Paulus schreibt in Römer 12, 17-18.21, über den Umgang mit Menschen, die Böses tun und den Frieden zwischen Menschen stören: „Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Ich habe die Konfis gefragt: Wie kann man das, was Paulus da fordert, in die Tat umsetzen?

Vier Konfis antworteten: „Das weiß ich nicht“ oder „keine Ahnung“. Aber die anderen hatten eine Ahnung:

Einfach freundlich zu allen sein.

Man sollte sich nicht von schlechten bzw. bösen Leuten beeinflussen lassen, sondern was dagegen machen.

Man kann mit ihnen reden.

Bei einem Streit hat man die Wahl, den Streit zu schlichten.

Man könnte die „Mobber“ ansprechen und fragen, ob man sich vielleicht aussprechen könnte und sich vertragen könnte.

Man sollte keine Vorurteile haben über andere Menschen. Jeder Mensch ist so, wie er ist.

Dass man einfach keine Vorurteile hat gegenüber Menschen, die eine schlechtere Vergangenheit haben oder anders sind. Denn jeder Mensch ist auf seine Art perfekt.

Indem man sich nicht bei „doofen“ Personen auf seinen ersten Eindruck verlässt, sondern auch versucht, in jedem Feind das Gute zu suchen. Man soll sich nicht beleidigen lassen, sondern positiv denken, und das Positive in den Menschen sehen.

Keiner ist böse, seid immer nett zu den andern und übergebt dieses Glück. Es liegt viel an euch, ob ihr mit andern Menschen Frieden findet. Überwinde dich, dass du das Böse mit dem Guten ersetzt.

Lass dich nicht wie ein Stück Scheiße behandeln, lass dich nicht mobben, ärgern, schlagen.

Auf die Frage: „Wie könntest du selber ganz persönlich Böses mit Gutem überwinden?“ antworteten drei Konfis in kurzen Stichworten:

Keine Beleidigungen.

Friedlicher Umgang mit Personen.

Feinde ignorieren.

Andere antworteten ausführlicher:

Man muss immer alles positiv sehen, und das strahlt auch an andere aus.

Ich würde sie behandeln, wie ich behandelt werden möchte.

Ich würde eine Person nicht gleich vorurteilen, da ich sie vielleicht nicht kenn.

Wenn das ein Freund von mir wäre, würde ich privat mit ihm darüber reden.

Wenn man zum Beispiel einen Punk mit ganz vielen Piercings und Tattoos sieht, muss man nicht gleich denken, er wäre ein schlechter Mensch wegen seinem Aussehen, sondern man sollte erst die inneren Werte eines Menschen kennen lernen.

Wenn dich jemand dazu überreden möchte, einen Laden auszurauben, du das aber nicht möchtest, solltest du am besten den versuchten Raub bei der Polizei melden.

Ich kann allen eine Chance geben, die gute Seite an ihnen zu zeigen, auch wenn sie einen schlechten ersten Eindruck bei mir hinterlassen haben. Außerdem kann ich zu jedem nett und hilfsbereit sein, auch wenn ich von demjenigen genervt bin oder ich ihn nicht mag.

Damit sind eure Predigtgedanken an ihrem Ende angelangt, und ich danke euch allen herzlich fürs Nachdenken und Vorlesen! Ganz persönlich danke ich auch dem Konfirmanden, der mir innerhalb einer hitzigen Diskussion zwischendurch sagte: „Ich weiß ja, dass Sie uns alle lieben!“ Und ich sagte ihm spontan: „Ja, das stimmt! Wenn ich euch nicht im Sinne von Jesus lieben würde, dann würde ich manches Verhalten von einigen von euch nicht aushalten.“ Aber so anstrengend vieles auch ist, ich bin wirklich immer wieder überrascht über eure eigenen Einsichten und Erfahrungen und über das, was ihr persönlich glaubt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied 628: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Fürbitten (u. a.:)

Wir beten für die große Mehrzahl der Muslime, deren Glaube und Friedfertigkeit durch kriminelle Fanatiker der IS und anderer Terroristen missbraucht wird. Wir beten für Menschen jeder Religion in diesem Land und in der Welt, dass es uns und ihnen gelingt, in friedlicher Nachbarschaft miteinander zu leben. Gott, schenke uns Liebe: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Wir bitten für junge Menschen jeder Religion und Weltanschauung, die Orientierung und Halt suchen, dass sie Autoritäten finden, die ihnen gute Vorbilder des Friedens sein können. Wir bitten für unsere Konfis, dass sie weiter gute Erfahrungen machen, intensiv diskutieren, fair zu streiten lernen, im Glauben wachsen und dass ihre Freundschaften gestärkt werden. Besonders bitten wir für den Konfirmanden Finn Göttlich, der einen schweren Unfall erlitten hat, dass er die nötige Geduld aufbringt, um wieder ganz fit und gesund werden zu können. Gott, schenke Halt und Heilung: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

In der Stille bringen wir vor dich, was wir persönlich auf dem Herzen haben.

Stille und Vater unser
Lied 425: Gib uns Frieden jeden Tag!
Abkündigungen

Und nun geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Orgelnachspiel

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.