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„Dass einer des anderen Sprache verstehe!“

Die europäischen Kolonialmächte, vor allem England und Frankreich, haben vielen Ländern Afrikas ihre Sprachen so sehr eingepflanzt, dass die einheimischen Sprachen kaum eine Schriftkultur entwickeln konnten. Ist eine Einheitssprache vielleicht eine zu große Versuchung für Menschen, Macht über möglichst viele andere Menschen auszuüben? Ist eine Vielfalt von Sprachen nicht ein Segen, wenn die Sprecher dieser Sprachen sich gegenseitig gelten lassen?

Eine Stadt aus Sand zerrinnt zwischen den Fingern; vorn kriecht eine kleine Schildkröte
Himmelsstürmende menschliche Macht zerrinnt zwischen den Fingern (Bild: Alexander LesnitskyPixabay)

direkt-predigtTaufgottesdienst am Pfingstsonntag, den 12. Juni 2011, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel und Einzug der Tauffamilien

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Herzlich willkommen zum Pfingstgottesdienst in der evangelischen Pauluskirche unter dem Thema: „Dass einer des anderen Sprache verstehe!“ Pfingsten feiern wir aus vielen Gründen. Es ist das Fest des Heiligen Geistes und der Geburtstag der Kirche. Als in Jerusalem 3000 Menschen aus vielen Ländern mit verschiedenen Sprachen zum Glauben an Jesus fanden und seinen Heiligen Geist geschenkt bekamen, fingen sie an, sich zu verstehen, ließen sich taufen und hielten als erste christliche Gemeinde fest zusammen.

Wir taufen heute nicht 3000 Menschen in dieser Kirche, aber doch immerhin 3 Kinder, die wir herzlich mit ihren Familien und Paten begrüßen: … .

Wir singen aus dem Lied 133 die Strophen 1, 3, 7 und 8:

1. Zieh ein zu deinen Toren, sei meines Herzens Gast, der du, da ich geboren, mich neu geboren hast, o hochgeliebter Geist des Vaters und des Sohnes, mit beiden gleichen Thrones, mit beiden gleich gepreist.

3. Ich war ein wilder Reben, du hast mich gut gemacht; der Tod durchdrang mein Leben, du hast ihn umgebracht und in der Tauf erstickt als wie in einer Flute mit dessen Tod und Blute, der uns im Tod erquickt.

7. Du bist ein Geist der Liebe, ein Freund der Freundlichkeit, willst nicht, dass uns betrübe Zorn, Zank, Hass, Neid und Streit. Der Feindschaft bist du feind, willst, dass durch Liebesflammen sich wieder tun zusammen, die voller Zwietracht seind.

8. Du, Herr, hast selbst in Händen die ganze weite Welt, kannst Menschenherzen wenden, wie dir es wohlgefällt; so gib doch deine Gnad zu Fried und Liebesbanden, verknüpf in allen Landen, was sich getrennet hat.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wir feiern Pfingsten und bitten um Gottes Geist. Nicht um ein Gespenst, nicht um einen Dämon bitten wir, sondern um Klarheit in unserem Geist, Liebe in unseren Herzen, Verständnis und Versöhnung unter den Menschen. Ein solcher Geist der Liebe bist du, Gott!

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Lassen wir uns immer vom Geist der Liebe Gottes leiten? Oder vergelten wir Böses mit Bösem? Suchen wir Streit, statt Frieden zu stiften?

Ist uns immer bewusst, wie viel uns von Gott geschenkt ist? Unser Leben, unsere Fähigkeiten, unsere Familie und Freunde? Nehmen wir all das selbstverständlich hin, ohne dankbar zu sein?

Vertrauen wir darauf, dass Gott uns liebt und uns hilft, auch wenn die Dinge nicht immer so laufen, wie wir sie uns wünschen?

Wir rufen zu dir, Gott: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Gottes Liebe ist größer als unsere Angst, größer als unser Hass, größer als unsere Gleichgültigkeit. Gott will in uns eindringen mit seinem sanften Geist der Liebe, will uns verwandeln, dass einer des anderen Sprache verstehe, dass Angst überwunden wird und Vertrauen entsteht.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Wir beten mit Worten aus dem Psalm 51:

12 Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.

13 Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.

14 Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.

17 Herr, tu meine Lippen auf, dass mein Mund deinen Ruhm verkündige.

Darum bitten wir dich, Gott, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung zum Pfingstfest aus der Apostelgeschichte 2:

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander.

2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen.

3 Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen,

4 und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.

6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.

7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa?

8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache?

9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien,

10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom,

11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.

38 Petrus [hielt eine lange Predigt und danach] sprach [er] zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes.

41 Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Wir singen aus dem Pfingstlied 127 die Strophen 1, 4 und 6:

1. Jauchz, Erd, und Himmel, juble hell, die Wunder Gotts mit Freud erzähl, die er heut hat begangen an seim trostlosen Häuflein klein, das saß in friedsamer Gemein und betet mit Verlangen, dass es mit Geist getaufet werd. Der kam mit Feuers Glut zur Erd, mit starkem Sturmestoben; das Haus erfüllt er überall, zerteilt man Zungen sah im Saal, und all den Herren loben.

4. Komm, Feuer Gottes, Heilger Geist, erfüll die Herzen allermeist mit deiner Liebe Brennen. Von dir allein muss sein gelehrt, wer sich durch Buß zu Gott bekehrt; gib himmlisches Erkennen. Der fleischlich Mensch sich nicht versteht auf göttlich Ding und irregeht; in Wahrheit wollst uns leiten und uns erinnern aller Lehr, die uns gab Christus, unser Herr, dass wir sein Reich ausbreiten.

6. Durch dich besteht der neue Bund, ohn dich wird Gott niemandem kund, du neuerst unsre Herzen und rufst darin dem Vater zu, schaffst uns viel Fried und große Ruh und tröstest uns in Schmerzen, dass uns auch Leiden Ehre ist, da du durch Lieb gegossen bist in unser Herz ohn Klage. Du leitest uns auf ebnem Weg und führst uns hier den rechten Steg, weckst uns am Jüngsten Tage.

Liebe Tauffamilien, liebe Gemeinde!

Das Pfingstfest ist auch ein Tauf-Fest, haben wir gehört, 3000 Leute wurden damals getauft und bildeten mit dem Kreis der ursprünglichen Jüngerinnen und Jünger Jesu die erste Kirchengemeinde. Heute taufen wir drei Kinder und setzen damit die Geschichte der Kirche fort. So lange es Kinder und Jugendliche und Erwachsene gibt, die getauft werden, hört die Kirche nicht auf zu bestehen.

Sehr unterschiedlich sind heute die Taufsprüche, die Sie als Eltern für Ihre Kinder ausgesucht haben. Sie ergänzen sich gut.

Kurz und knapp besteht das Taufwort für … im Psalm 127, 3 aus einem einzigen Satz:

Kinder sind eine Gabe des Herrn.

Als kostbares Geschenk haben Sie Ihr drittes Kind aus der Hand Gottes empfangen, und Sie sind dankbar, dass … gemeinsam mit seiner Schwester … in Ihrer Familie aufwachsen darf. Selbstverständlich ist das alles nicht; Sie wissen es aus trauriger Erfahrung. Ihr älterer Sohn … war Ihnen wieder genommen worden. Ich erinnere an die Trauer um ihn, die nie ganz aufhören wird und sich gerade an einem fröhlichen Tag wie diesem nicht verdrängen lässt, weil ich davon überzeugt bin: wer zulassen kann, was in der Seele weh tut, der kann sich auch wieder neu mit Freude und Dankbarkeit dem Leben stellen. In diesem Sinn sind die jüngeren Geschwister von … kein Ersatz für das Kind, das Ihnen genommen wurde, sondern sie sind jedes für sich eine neue Gabe Gottes für Sie und Ihre ganze Familie, beide ganz anders, jedes Kind eine individuelle Persönlichkeit. Heute taufen wir …, der Ihnen von Gott anvertraut ist, damit Sie ihm geben, was er von Ihnen braucht.

… hatten wir eigentlich schon an Ostern taufen wollen, aber da wurden Mutter und Sohn krank, und die Taufe musste verschoben werden. Sein Taufspruch besteht aus zwei Bibelversen, Psalm 100, 5 und Jesaja 41, 10 – und er macht deutlich, was ein Kind auf seinem Lebensweg ganz konkret von Gott erwarten kann (eigene Übersetzung in Anlehnung an GNB bzw. Luther 84):

Der Herr ist gut zu uns, seine Liebe hört nie auf, er bleibt treu für immer.

Gott spricht: Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; hab keine Angst, ich mache dich stark.

Beide Verse bauen aufeinander auf. Weil Gott gut zu uns ist, müssen wir uns nicht fürchten, Gott ist ja immer bei uns. Weil Gottes Liebe niemals aufhört, muss ein Kind nicht in ständiger Angst leben. Weil Gott treu ist, kann er uns eine beständige Stärke verleihen.

Gottes Güte, Liebe und Treue sollen … auf seinem Lebensweg begleiten, so dass er Angst und Furcht überwinden kann. Natürlich gibt es kein Leben ohne Angst. Es ist sogar wichtig, dass man Angst vor Gefahr empfinden kann, um sich davor schützen zu können. Aber in vielen Situationen muss man trotz Angst und Gefahr mutig handeln, Zivilcourage beweisen, jemandem beistehen, der schwächer ist. Dann ist es gut zu wissen: Gott ist bei mir, er ist stärker als meine Angst, er macht mich stark.

Unser drittes Taufkind ist …, unser ältester Junge heute, übermorgen wird er ein Jahr alt. Sein Taufspruch steht im 1. Buch Mose – Genesis 24, 40 und lautet (nach der katholischen Einheitsübersetzung):

Gott, der Herr, wird dir seinen Engel mitschicken und deine Reise gelingen lassen.

Bei diesem Spruch haben wir die Zukunft dieses kleinen Jungen vor Augen wie eine Lebensreise, die vor einem Jahr begonnen hat. Wir wissen nicht, wohin diese Reise führt, als Eltern und Paten können wir die Stationen dieser Reise nur in geringem Ausmaß mitbestimmen; irgendwann steht unser Kind auf eigenen Füßen, und es wird eigene Entscheidungen treffen, ob sie uns nun gefallen oder nicht. Es ist für uns eine Beruhigung und Entlastung, wenn wir uns klarmachen: trotz allem wird unser Kind nie völlig allein sein auf seinem Weg. Gott hat seine Engel, die jeden Menschen begleiten und um ihn sind; sie beschützen und ermahnen, sie sind ebenso unsichtbar wie Gott und erinnern uns daran, dass wir auf dieser Erde von den Mächten des Himmels umgeben sind.

Glaubensbekenntnis und Taufen

Wir singen das Lied 574:

Segne dieses Kind und hilf uns, ihm zu helfen
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, wir haben die Pfingstgeschichte gehört und wir haben Kinder getauft. Jetzt besinnen wir uns in der Predigt noch einmal auf einen Text, der mit Pfingsten zu tun hat.

Beim ersten Pfingstfest war es so, dass die Jüngerinnen und Jünger Jesu vom Geist Gottes sozusagen auf die Straßen und Plätze getrieben wurden, und die Menschen aus allen Nationen mit vielen verschiedenen Sprachen konnten sie verstehen. Im Text zur Predigt hören wir den Gegentext dazu, die Geschichte von der Sprachverwirrung, als der Turm zu Babel gebaut worden war. Er steht im 1. Buch Mose – Genesis 11, 1-9:

1 Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache.

2 Als sie nun nach Osten zogen, fanden sie eine Ebene im Lande Schinar und wohnten daselbst.

3 Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel

4 und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder.

5 Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten.

6 Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen, und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun.

7 Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe!

8 So zerstreute sie der HERR von dort in alle Länder, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen.

9 Daher heißt ihr Name Babel, weil der HERR daselbst verwirrt hat aller Länder Sprache und sie von dort zerstreut hat in alle Länder.

Über diesen Text habe ich noch nie gepredigt. Eigenartig, dabei ist er so bekannt. Jeder weiß, was mit der babylonischen Sprachverwirrung gemeint ist.

Aber eigenartig ist doch, was da von den Urzeiten der Menschheit berichtet wird. Hat es wirklich ursprünglich nur eine einzige Sprache gegeben? Und kann das sein, dass Gott diese Einigkeit unter den Menschen mit einer einzigen Menschheitssprache als Bedrohung für seine Macht empfunden hat?

Die zweite Frage kann eindeutig verneint werden. Es ist nicht so, dass Gott sich bedroht fühlen könnte. An sich ist es ja lächerlich, was die Menschen tun. Ein Turm, auch wenn er noch so hoch ist, kann ja niemals den Himmel Gottes erreichen oder gar stürmen. Das Problem sieht Gott umgekehrt für die Menschen: Sie bilden sich ein, den Himmel stürmen zu können und so sein zu können wie Gott. Und wenn sie über sich keinen Gott mehr anerkennen, lassen sie sich nichts mehr sagen, nichts kann ihnen mehr verwehrt werden. So gesehen ist es keine Strafe, sondern eine Schutzmaßnahme, dass Gott den Menschen ihre Grenzen zeigt. Indem „keiner des anderen Sprache verstehe“, sollen sie merken, dass sie nicht allmächtig sind; wenn sie schon versuchen, Gott zu spielen, dann sollen die Folgen dieses Hochmuts wenigstens nur in einem Teil der Menschheit spürbar sein und nicht die ganze Menschheit vernichten.

Die erste Frage lasse ich dahingestellt sein. Ich habe mal von Forschungen gelesen, ob es eine menschliche Ursprache gab, und ich habe vergessen, was diese Forschungen ergeben haben. Ich glaube, man konnte es nicht endgültig entscheiden.

Interessant ist: die Bibel stellt sich eine Menschheit mit nur einer Sprache gar nicht als so toll vor, wie wir das immer tun. Wir denken ja immer: Wenn sich alle Menschen sprachlich problemlos verstehen könnten, dann müsste der Weltfriede da sein. Unser Text sagt aber: Eine einige Menschheit mit einer Einheitssprache könnte sich auch ganz verrückte Ziele setzen. Zum Beispiel die Erstürmung des Himmels und die Absetzung Gottes. War es nicht so, dass große Weltreiche den unterworfenen Völkern immer ihre Sprache aufgedrückt haben? Bei den Griechen seit Alexander dem Großen war das so bis in die Zeit Jesu; später machten es die Römer ihnen nach. Die europäischen Kolonialmächte, vor allem England und Frankreich, haben vielen Ländern Afrikas ihre Sprachen so sehr eingepflanzt, dass die einheimischen Sprachen kaum eine Schriftkultur entwickeln konnten. Ist eine Einheitssprache vielleicht eine zu große Versuchung für Menschen, Macht über möglichst viele andere Menschen auszuüben? Ist eine Vielfalt von Sprachen nicht vielleicht auch ein Segen, wenn die Sprecher dieser Sprachen sich gegenseitig gelten lassen?

Trotzdem, auch der Zustand der Zerstreuung der Menschheit in alle Länder mit einer Vielzahl von Sprachen in vielen Völkern wird von der Bibel nicht als ideal empfunden. Wo man nicht die gleiche Sprache spricht, liegt die Gefahr nahe, sich nicht zu verstehen, sich auseinanderzuleben und sogar in Feindschaft gegeneinander zu wenden.

Als Lösung des Sprachenproblems erzählt die Bibel diese merkwürdige Pfingstgeschichte, die wir vorhin gehört haben. Menschen, die an Jesus glauben und von seinem Geist erfüllt sind, trauen sich plötzlich, anderen Menschen auf der Straße davon zu erzählen und werden von allen verstanden. Die unterschiedlichen Sprachen bilden gar kein Hindernis mehr. Ich glaube, das liegt daran, dass hier Menschen auftreten, die es nicht mehr nötig haben, sich selber einen Namen zu machen. Sie müssen nicht größer, stärker, mächtiger sein als andere Nationen. Sie wollen nicht alle Menschen dazu anstacheln, sich gegen Gott aufzulehnen. Sie verkünden schlicht den Namen eines Gottes, der es mit allen Menschen gut meint, der alle Menschen von der Sünde retten und zur Liebe befreien will. Das genügt offenbar, um sich zu verstehen, auch wenn man immer noch verschiedene Sprachen spricht. Es geht also nicht darum, dass alle irgendwann eine Welteinheitssprache sprechen, sondern darum, dass „einer des anderen Sprache verstehe“, im Vertrauen auf den Gott, dessen Kinder wir alle sind.

Letzte Woche habe ich die Geschichte von Pfingsten in unserem Kindergarten erzählt. Das kam den Kindern sehr vertraut vor. In unserer Kita gibt es ja 90 Kinder, und die sprechen insgesamt 17 verschiedene Muttersprachen: Deutsch und Türkisch, Russisch und Amerikanisch, Thailändisch und Arabisch und noch elf andere Sprachen aus Europa, Afrika und Asien. Eine Sprache heißt zum Beispiel Tigrinya, das hatte ich vorher noch nie gehört. Diese Sprache spricht man in Eritrea oder Äthiopien.

Und obwohl die Kinder aus so vielen verschiedenen Ländern kommen, verstehen sie sich gut. Ein Kind hat das so erklärt: „Vielleicht kann ein Kind zwei oder drei Sprachen.“ Genau so ist es nämlich. Alle wollen sich verstehen und lernen auf jeden Fall die deutsche Sprache. Alle wollen sich vertragen und leben friedlich miteinander. Und wer sich auf diese Weise versteht, der findet auch einen Weg, die Sprache des anderen zu verstehen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 556, 1-3:

Zu Ostern in Jerusalem, da ist etwas geschehn
Fürbitten und Gebetsstille und Vater unser

Zum Schluss singen wir das Lied 562:

1. Segne und behüte uns durch deine Güte, Herr, erheb dein Angesicht über uns und gib uns Licht.

2. Schenk uns deinen Frieden alle Tag hienieden, gib uns deinen guten Geist, der uns stets zu Christus weist.

3. Amen, Amen, Amen. Lobet all‘ den Namen unsers Herren Jesus Christ, der der Erst‘ und Letzte ist.

Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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