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Durchlaufende Liebe

Eine schwäbische Winzerin, eine Großmutter, wurde von ihrer Enkelin gefragt: „Was nützt es denn, Oma, dass du in die Kirche gehst?“ Da sagte sie: „So genau kann ich es nicht beweisen – aber manchmal denke ich, mir geht es wie dem dreckigen Rebenkorb: Er ist sauber, nachdem das Wasser durchgelaufen ist, auch wenn er das Wasser nicht hat auffangen können!“

Wir schauen hinein in einen geflochtenen Weidenkorb
Wasser läuft durch einen Weidenkorb hindurch – und macht ihn dabei sauber (Bild: Alberto BarrionuevoPixabay)

#predigtGottesdienst am Sonntag Quasimodogeniti, 13. April 1980, um 9.30 Uhr in Weckesheim und um 10.30 Uhr in Reichelsheim, am Sonntag Jubilate, 27. April 1980, um 10.00 Uhr in Heuchelheim
Orgelvorspiel und Begrüßung
Lied EKG 181, 1-4 (EG 279, 1-2+4-5):

1. Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren, rühmt seines Namens Herrlichkeit, und feierlich ihn zu verklären, sei Stimm und Saite ihm geweiht. Sprecht: Wunderbar sind deine Werke, o Gott, die du hervorgebracht; auch Feinde fühlen deine Stärke und zittern, Herr, vor deiner Macht.

2. Dir beuge sich der Kreis der Erde, dich bete jeder willig an, dass laut dein Ruhm besungen werde und alles dir bleib untertan. Kommt alle her, schaut Gottes Werke, die er an Menschenkindern tat! Wie wunderbar ist seine Stärke, die er an uns verherrlicht hat!

3. Rühmt, Völker, unsern Gott; lobsinget, jauchzt ihm, der uns sich offenbart, der uns vom Tod zum Leben bringet, vor Straucheln unsern Fuß bewahrt. Du läuterst uns durch heißes Leiden, wie Silber rein wird in der Glut, durch Leiden führst du uns zu Freuden; ja, alles, was du tust, ist gut.

4. Du hast uns oft verstrickt in Schlingen, den Lenden Lasten angehängt; du ließest Menschen auf uns dringen, hast ringsumher uns eingeengt. Oft wollten wir den Mut verlieren im Feuer und in Wassersnot, doch kamst du, uns herauszuführen, und speistest uns mit Himmelsbrot.

Lassen Sie uns diesen Gottesdienst nicht in unserem eigenen Namen halten, sondern im Namen Gottes des Vaters, der uns das Leben gibt, des Sohnes, der uns mit seinen ganzen Leben liebt, des Geistes, der unser Leben neu macht. Amen.

Gelobt sei der Name des HERRN von nun an bis in Ewigkeit. Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn! (Psalm 113, 2-3)

Herr, wie oft vergesse ich, mich an dir zu freuen, dich zu lieben, wegen all der täglichen guten Erlebnisse – dich zu suchen, weil mir so vieles Furcht und Schrecken einjagt. Ach, lass mich wissen, dass ich auch mit dir neu anfangen kann!

Lieber Gott, so verschieden jeder von uns ist, so schließt du uns doch als deine Gemeinde zusammen. So wenig wir uns wirklich kennen und begreifen, so lässt du uns doch miteinander dich loben, damit wir einander deswegen respektieren und ehren. Lass uns aus deinem Gottesdienst nicht weggehen ohne die Gewissheit, dass wir dir, du uns und wir einander nahe waren. Amen.

Lesung: Johannes 15, 1-8

1 Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.

2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe.

3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.

4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.

7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

Lied EKG 81, 1-3 (EG 108):

1. Mit Freuden zart zu dieser Fahrt lasst uns zugleich fröhlich singen, beid, Groß und Klein, von Herzen rein mit hellem Ton frei erklingen. Das ewig Heil wird uns zuteil, denn Jesus Christ erstanden ist, welchs er lässt reichlich verkünden.

2. Er ist der Erst, der stark und fest all unsre Feind hat bezwungen und durch den Tod als wahrer Gott zum neuen Leben gedrungen, auch seiner Schar verheißen klar durch sein rein Wort, zur Himmelspfort desgleichen Sieg zu erlangen.

3. Singt Lob und Dank mit freiem Klang unserm Herrn zu allen Zeiten und tut sein Ehr je mehr und mehr mit Wort und Tat weit ausbreiten: So wird er uns aus Lieb und Gunst nach unserm Tod, frei aller Not, zur ewgen Freude geleiten.

Wir hören den Predigttext aus dem Brief 1. Johannes 5, 1-5:

Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott geboren; und wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist. Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist es aber, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?

Amen.

Liebe Gemeinde!

Es war für mich mich mühsam, einen Zugang zu diesem Text zu finden.

Die größte Schwierigkeit ist: wir wissen so gut wie nichts über das alltägliche Leben dessen, der den Brief schreibt und derer, die den Brief bekommen. Anders als bei Paulus kommen keine konkreten Ereignisse oder Ermahnungen vor.

Vom Verhältnis der Menschen zu Gott und zueinander wird hier sehr allgemein geredet, in immer neuen Wendungen, die aufeinander aufbauen oder einander bedingen, die aber letztlich doch im Kreis zu laufen scheinen. Ein Kreislauf von sich gegenseitig begründenden Sätzen, die alle am selben Punkt beginnen und wieder zurücklaufen: beim Glauben an Jesus, den Christus und Sohn Gottes. Nirgends scheint aber im Text selbst erklärt zu werden, was es denn konkret bedeutet – noch für uns heute -, zu glauben, dass Jesus der Christus ist, oder aus Gott geboren zu sein, oder Gott zu lieben, oder die Welt zu überwinden.

Die Gebote Gottes halten – das ist schon ein vertrauterer Satz, wenn wir an die Zehn Gebote oder an das Gebot der Nächstenliebe denken – aber sehr überraschend geht dieser Satz weiter: „und seine Gebote sind nicht schwer“! Ist unsere Erfahrung nicht das Gegenteil? Fällt es uns nicht gerade besonders schwer, unseren Nächsten zu lieben, wirklich konsequent für Gerechtigkeit, für das Lebensrecht des anderen einzusetzen usw.?

Und ein anderer Satz erstaunte mich noch mehr: der Sieg, der die Welt überwunden hat, das ist – unser Glaube, unser kleiner Glaube! Können wir da mitreden, kann das auch unser Bekenntnis sein, so stolz, so selbstbewusst, so siegesgewiss?

Ich möchte den Text einmal Satz für Satz durchgehen und dabei am Schluss anfangen. Auch die Tageszeitung liest man ja oft von hinten nach vorne; man geht von den Schlagzeilen der ersten Seite erst einmal zu den Familienanzeigen der letzten Seiten über. In der Zeitung liegt die Pointe ja nicht wie bei einer Erzählung oder einem Roman am Ende der dargestellten Handlung, sondern der springende Punkt liegt darin, ob ich eine Beziehung herstellen kann zwischen meinem Leben und dem, was da geschrieben steht. Sonst würde ich vermutlich die Zeitung bald abbestellen. So ist es auch mit diesem Bibeltext; und ich meine, vom Schluss her ließe er sich leichter für unser Verständnis aufrollen.

Vers 5 lautet:

Wer ist es aber, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?

Zum Stichwort „Welt“ muss ich sagen, dass der Briefschreiber in einem geistigen Zusammenhang lebt, in dem dieses Wort eine bestimmte Bedeutung hat, das hat die Bibelwissenschaft herausgefunden. Nicht die Welt ist gemeint, wie sie Gott geschaffen hat, so wie sie sein soll, sondern Welt in einem schlechten Sinn, Welt, die von Gott, Liebe, vom Eintreten füreinander nichts wissen will, die eine böse, sündige Welt voller Unglück und Not geworden ist.

Und der Übermacht dieses Bösen, dieser Welt von Finsternis und Hoffnungslosigkeit, ist nun auf der anderen Seite der gewachsen, der glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist.

Damit ist nun, wiederum nicht gemeint, dass Gott einen Sohn hat, so wie von griechischen oder römischen Göttern erzählt wurde, dass sie Söhne und Töchter hatten und ein oft allzumenschlich fragwürdiges Familienleben führten.

Jesus der Sohn Gottes, das heißt: ein Mensch, ein wirklicher Mensch aus einem bestimmten Volk, dem jüdischen Volk, ist ausgewählt gewesen für eine bestimmte Aufgabe. Er sollte in seinem Willen, in seinem Denken, Fühlen und Handeln dem unsichtbaren Gott, dem Grund unserer Welt, vollkommen entsprechen. Er sollte, knapp formuliert, die Welt überwinden, das Böse mit Gutem überwinden.

Jesus musste, um das zu können, mit sich kämpfen, weil er Mensch war, nicht ohne Angst und nicht unempfindlich gegen Schmerzen und Leiden. Doch in diesem Kampf blieb er Gottes Willen treu, bewährte er sich als Gottes Sohn.

Nicht, weil er bessere Voraussetzungen dazu gehabt hätte als wir. Er war eher ärmer dran, von Geburt an, hatte später keinen festen Wohnsitz, wurde verfolgt und angefeindet. Die Wunderkräfte, die man ihm zuschrieb und von ihm erwartete, verstellen uns ein wenig den Blick dafür, dass er ein wirklicher Mensch war, so wie wir. Aber ein Mensch mit einem besonderen Vertrauen zu Gott.

Diese Treue äußert sich in der Liebe zu verachteten Menschen, in der Anklage gegen religiöse Heuchler, im Verzicht auf Anpassung, auf Gewalt und auf Flucht. Diese Treue endet am Kreuz.

Doch dann geschieht Ostern: die Erfahrung, dass dieses Ende Jesu am Kreuz in Wirklichkeit ein Anfang war. Gott hat gerade diesen leidenden gekreuzigten Jesus und nicht irgendeinen der Mächtigen und Einflussreichen der Erde als seinen Sohn erwählt.

Wer das glaubt, wer also auch Ostern erlebt, wer auch damit rechnet, dass Jesus in der Gemeinschaft mit dem unsichtbaren Gott heute lebt, wer auch zu hoffen wagt, dass Tod und Heimatlosigkeit, Lieblosigkeit und Schuld nicht das letzte Wort sein werden, das über unsere Welt zu sagen sein wird, wer auch lieber zu den Menschen gehören möchte, die trösten statt schimpfen, die lieben statt hassen, die fragen, statt alles hinzunehmen, die über „Gott“ und „Jesus“ nachdenken, statt in der Höhe des Bankkontos den Sinn des Lebens zu sehen – der gehört also zu denen, die die Welt überwinden. Von dem ist hier gesagt:

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Der Glaube der Gemeinde, um die es damals ging, wird nicht viel größer gewesen sein als unserer. Trotzdem traut der Briefschreiber diesem Glauben alles zu, sogar den Sieg über das Böse in der Welt. Es ändert sich nämlich etwas, wenn auch nur wenige den Kreislauf des Bösen, der Vergeltung, der Verachtung, der Gewalt und Gegengewalt an einer Stelle einmal unterbrechen.

Veränderungen draußen, in der Welt, werden hervorgerufen von Veränderungen drinnen, im Glaubenden selbst. Das wird nun in einem merkwürdigen Bild ausgedrückt, in Vers 4:

Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt.

Ich verstehe das so: jeder, der Vertrauen zu Gott fasst, der ein kleines Stückchen Glauben zu wagen beginnt, der tut das natürlich aus seiner Freiheit heraus. Und gleichzeitig merkt er: von allein bin ich nicht so weit gekommen. Ich bin Einflüssen ausgesetzt, ich stehe in einem Zusammenhang der Generationen, durch die die Nachricht von Jesus bis zu mir gedrungen ist. Und nun, wenn ich anfange, diese Botschaft für mich selbst ernstzunehmen, geht eine Veränderung in mir vor. Ich fühle mich wie neugeboren!

Das ist übrigens die wörtliche Übersetzung des Namens von dem Sonntag „Quasimodogeniti“. Wie ein Kind sich nach der Entbindung in einer helleren, weiteren Welt mit viel mehr Möglichkeiten der Entfaltung wiederfindet, die zunächst auch Angst macht und in der es sich zurechtfinden muss – so empfinde ich auch den Glauben als ein Mich-Wiederfinden in einem freieren, angst-freieren, herrschaftsfreieren Raum, voller Möglichkeiten von Liebe, Selbstvertrauen, Gemeinschaft, Konfliktfähigkeit, Erfüllung, Trost und Mut.

Natürlich hinkt der Vergleich mit der Geburt zum Teil. Zum Beispiel glaube ich nicht, dass der Vorgang dieser Neugeburt als Kinder Gottes in unserem Leben einmal geschieht und dann völlig abgeschlossen ist – nein, Unglaube und Glaube streiten sich in uns, unser Zutrauen zum Weg Jesu kämpft einen ständigen Kampf gegen Mutlosigkeit, Trägheit, Gleichgültigkeit, gegen Angst, Egoismus, Hassgefühle.

Aber „von Gott geboren“ will sagen: Glaube ist nicht nur ein Fürwahrhalten nach dem Motto: gut, Jesus ist der Sohn Gottes. Aber was soll‛s. Lernen wir es auswendig, dann wissen wir‛s. Sondern im Glauben wird unsere ganze Person verändert.

Das Denken wird verändert, es ist zum Beispiel bereit, manche scheinbaren Sachzwänge um der Liebe willen in Frage zu stellen. Das Fühlen wird verändert, wird empfindlicher gegen Unrecht, das andere erleiden. Das Handeln wird verändert; es wird immer selbstverständlicher, Handlungsmöglichkeiten zu suchen, die unser Zusammenleben menschlicher machen.

Und genau diese Veränderung ist gemeint, wenn es hier im Vers 3 heißt:

Seine Gebote sind nicht schwer.

Je mehr einer selbst die Erfahrung gemacht hat, von Gott geboren zu sein, also den Glauben als seine eigene Befreiung erlebt hat – von Hemmungen, von Resignation, von Egoismus -, desto leichter wird es ihm fallen, seinen Teil für ein menschliches Zusammenleben beizutragen – und auf nichts anderes zielen z. B. die Zehn Gebote, auf ein menschliches Zusammenleben im Geist der Liebe.

An dieser Stelle kommt nun, wenn wir weiter rückwärts den Text verfolgen, die Liebe – zu Gott vor. Ich hätte eher in diesem Zusammenhang die Nächstenliebe erwartet.

Aber Gott lieben? was heißt das? Ist das Mystik? Ein Sich-Versenken ins Göttliche? Etwas Geheimnisvolles, das nur besonders religiöse Menschen fertigbringen? Was ist das im Gegensatz zum Hass auf Gott oder zur Gleichgültigkeit gegenüber Gott?

Ich denke, Liebe zu Gott könnte ein Gefühl sein oder eine Einstellung, in der wir ihm mehr zutrauen, als wir eigentlich zu hoffen wagen. Hier im Text heißt es einfach:

Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten.

Gott lieben heißt: menschlich handeln.

Und wieder einen Satz zuvor lesen wir:

Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.

Das ist ein eigentümlicher Zusammenhang. Die Gottesliebe ist eigentlich nichts anderes als die Liebe zum Nächsten, als das Halten der Gebote. Und trotzdem wird die Gottesliebe als Voraussetzung der Nächstenliebe genannt. Erst wird einer neu geboren durch Gott, wenn einer anfängt zu glauben, daraus entsteht die Liebe zu Gott, gleichzusetzen mit dem Halten der Gebote, und daraus kommt als Konsequenz die Nächstenliebe.

Vielleicht wird das deswegen so ausgedrückt, weil es bei der Nächstenliebe nicht um eine Zuneigung nur zu liebenswerten Menschen geht. So könnte einer leicht sagen: ich respektiere jeden, der mich auch respektiert. Aber sehr viel schwerer fällt es uns allen, Menschen zu lieben, die wir in ihren Anschauungen oder in ihrer Lebensweise nicht verstehen oder ablehnen, die uns enttäuscht haben oder uns gar feindlich gesinnt sind.

Gott lieben heißt aber, Jesus zu lieben, den Freund der Außenseiter, der selber ausgestoßen wurde, der in denen, die Hilfe brauchen, erkannt werden wollte, der die Liebe zu den Feinden vorlebte und forderte. Diesen Gott lieben, der so ist, wie Jesus war, heißt also: auch den unbequemen Nächsten zu lieben. Dazu fordert uns unser Text heraus, dazu will er uns Mut machen.

Ich lese noch einmal Vers 1:

Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott geboren; und wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist.

Wer durch Jesus zu Gott Vertrauen fasst, wird wie neugeboren. Und wer Gott wie einen Vater liebt, der fühlt sich auch mit den anderen Menschen, die ebenfalls Gottes Kinder sind, verbunden. Wie in einer Familie, in der sich vielleicht nicht alle mögen und verstehen, in der aber alle zusammenhalten, wenn‛s drauf ankommt.

Eine schwäbische Winzerin, eine Großmutter, wurde einmal von ihrer Enkelin gefragt: „Was nützt es denn, Oma, dass du in die Kirche gehst?“ Da sagte sie: „So genau kann ich es nicht beweisen – aber manchmal denke ich, mir geht es wie dem dreckigen Rebenkorb: Er ist sauber, nachdem das Wasser durchgelaufen ist, auch wenn er das Wasser nicht hat auffangen können!“

Vielleicht fragen sich auch viele von uns: nützt denn das viele Reden und Hören, Singen und Beten etwas? Auf jeden Fall können wir sagen: so lange es Menschen wie Sie gibt, die den Gottesdienst mitfeiern, so lange wird in unserem Ort auf ganz bescheidene Weise die Liebe zu Gott ausgedrückt – dass wir ihn ernstnehmen, ihm danken, uns von ihm herausfordern und trösten und ermutigen lassen. Mag sein, dass wir nicht viel davon auffangen und dauernd sammeln können – ebensowenig wie der Rebenkorb das Wasser festhalten kann – aber dass wir immer wieder Gottesdienst feiern, uns manchmal auch Gedanken machen, wie wir das in zeitgemäßen Formen tun können, das zeigt doch: es gibt Menschen, die meinen, wir leben richtig, wenn wir Gott lieben. Manchmal erfahren wir dann den Gottesdienst auch als einen Dienst, den Gott uns erweist: wenn wir getröstet, ermutigt, beunruhigt, herausgefordert werden, wenn wir bewusster und zuversichtlicher in unseren oft grauen oder konfliktgeladenen Alltag zurückkehren. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Lied EKG 279, 1-3 (EG 406):

1. Bei dir, Jesu, will ich bleiben, stets in deinem Dienste stehn; nichts soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehn. Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft, wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft.

2. Könnt ich’s irgend besser haben als bei dir, der allezeit so viel tausend Gnadengaben für mich Armen hat bereit? Könnt ich je getroster werden als bei dir, Herr Jesu Christ, dem im Himmel und auf Erden alle Macht gegeben ist?

3. Wo ist solch ein Herr zu finden, der, was Jesus tat, mir tut: mich erkauft von Tod und Sünden mit dem eignen teuren Blut? Sollt ich dem nicht angehören, der sein Leben für mich gab, sollt ich ihm nicht Treue schwören, Treue bis in Tod und Grab?

Herr Jesus Christus, wir danken dir, dass du uns Bruder und Freund bist, dass wir mit dir und untereinander verbunden sind als eine Gemeinschaft. Wir bitten dich: schenk uns deinen Geist, damit wir bereit sind, dein Wort zu beherzigen – denn nur so können wir bei dir bleiben. Rede nicht nur im Gottesdienst zu uns, sondern auch in unserem Alltag. Du hast viele Möglichkeiten, zu uns zu sprechen. Wir wollen hören und handeln. Darum bitten wir: Lass uns nicht nur beten für die Einsamen, sondern sie besuchen; lass uns nicht nur an die Hungernden denken, sondern ihnen helfen, dass sie zu essen haben; lass uns nicht nur das Schicksal der Kranken bedauern, sondern auch etwas für sie tun; lass uns nicht nur ein Jahr des Kindes feiern, sondern auch die Kinder lieben; lass uns nicht nur von unserem Glauben reden, sondern ihn auch loben. Lasst uns beten, wie Jesus seinen Jüngern sagte und mit ihnen auch uns in die Familie Gottes aufnahm:

Vaterunser und Segen
Lied EKG 384, 12+14 (EG 497):

12. Der Weg zum Guten ist gar wild, mit Dorn und Hecken ausgefüllt; doch wer ihn freudig gehet, kommt endlich, Herr, durch deinen Geist, wo Freud und Wonne stehet.

14. Dein soll sein aller Ruhm und Ehr, ich will dein Tun je mehr und mehr aus hocherfreuter Seelen vor deinem Volk und aller Welt, so lang ich leb, erzählen.

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