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Pontifex – ein Brückenbauer

Die katholische Kirche hat in diesem Jahr einen neuen Papst oder Pontifex – auf Deutsch „Brückenbauer“ – gewählt. Ursprünglich wurden mit diesem Titel die Priester im Römischen Weltreich bezeichnet. In der Bibel erfährt Jakob, nachdem er seinen Bruder Esau um den Segen des Vaters betrogen hat, eine ganz besondere Art des Brückenschlages zwischen Himmel und Erde.

Die Golden Gate Bridge bei San Francisco im Nebel
Die Golden Gate Bridge bei San Francisco im Nebel (Bild: skeezePixabay)

direkt-predigtAbendmahlsgottesdienst „um halb 6 in Paulus“ am 4. Sonntag nach Trinitatis, den 19. Juni 2005, um 17.30 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Bridge Over Troubled Water

Guten Abend, liebe Gemeinde!

Im Gottesdienst um „halb 6 in Paulus“ mit dem Thema „Brückenbauer“ heiße ich alle herzlich willkommen, besonders die Mitglieder der benachbarten Thomasgemeinde, die heute in ihrem Gemeindezentrum keinen eigenen Gottesdienst feiert.

Dieser Abendgottesdienst ist zugleich auch ein Abendmahlsgottesdienst. Wegen der Einführung der Konfirmanden vor zwei Wochen haben wir das Abendmahl auf den heutigen Sonntag verschoben. Wie gewohnt feiern wir es im großen Kreis vor den Altarstufen.

Unsere übliche Liturgie singen wir heute nicht. Das „Team halb 6“ traut der Gemeinde zu, einige unbekannte Lieder zu singen, die zum Thema „Brückenbauer“ passen. Das für die Kirche ungewöhnliche Lied „Bridge Over Troubled Water“ hat den Gottesdienst eingeleitet. Jetzt singen wir das Lied 395:

Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist
Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Was sind Brücken? Brücken – Bauwerke, die zwei Ufer eines Flusses verbinden, die über Straßen und Eisenbahnlinien hinwegführen. Brücken – gewaltige Baudenkmäler, die jeder kennt, oder kleine Stege über einen kleinen Bach. Brücken – symbolischer Ausdruck für die Annäherung von Gegensätzen und die Überwindung von Feindschaft.

Eine berühmte Brücke, die jeder wenigstens vom Fernsehen kennt, ist die Golden Gate Bridge. Frau Burk hat mit ihr eine ganz persönliche Erfahrung gemacht:

Auf einer Konzertreise mit meinem Chor aus Wißmar hatten wir auch 2 Tage Aufenthalt in San Francisco. Als wir dort die Golden Gate Bridge überquerten, war ich irgendwie sehr enttäuscht, denn aus Film und Fernsehen hatte ich etwas Gigantisches erwartet. Erwartung steht gleich Enttäuschung. Mir war es eher unheimlich, denn Dunst- und Nebelschwaden zogen schleierhaft über die Brücke und gaben nur die Sicht auf Teile der Brücke frei. Ruckzuck waren wir mit unserem Bus auf der anderen Seite, und wie von Zauberhand löste die Sonne die Dunstschleier auf dieser Seite der Bucht auf. Der Blick zurück auf die Brücke blieb genauso unheimlich wie vorher. Diese düstere Nebelsilhouette hatte die Brücke voll im Griff. Auf dieser Seite der Brücke erwartete uns ein Ort Namens Sausalito, der uns in strahlendem Sonnenschein empfing und uns mit seiner mediterranen Anmut für das gespenstische Golden Gate Szenario entschädigte. Später erzählte unser indianischer Busfahrer, dass es reine Glücksache wäre, die Brücke im Sonnenschein bestaunen zu können, denn dann würde sie ihrem Namen gerecht werden und durch den strahlenden Glanz der Sonne auch gigantischer erscheinen, wie viele Dinge des Lebens.

Von einer anderen Brücke zwischen zwei Ländern berichtet Frau Garth unter dem Stichwort „Sehnsucht“:

Meine Schwester ist 1997 ausgewandert nach Detroit in den USA. Sie wohnt dort in einem kleinen Vorort, der schon etwas Europäisches an sich hat. Als ich bei ihr zu Besuch war, machten wir einige Ausflüge, unter anderem auch in die riesige Stadt. Wenn man von Salin herkommt (dort wohnt meine Schwester) und in das Zentrum fährt, liegt auf der rechten Seite eine große Brücke, und diese Brücke ist eine Brücke zwischen den USA und Kanada.

Man braucht nur seinen Reisepass, und man kann mal kurz in ein anderes Land schauen. Diese Brücke hat mich so fasziniert, dass ich sie unbedingt mal überqueren wollte. Kanada ist für mich ein riesiges weites Land und ich habe so meine eigenen Vorstellungen, was mich auf der anderen Seite erwartet. Ich war mittlerweile schon zum 5. Mal bei meiner Schwester, aber ich habe es noch nicht geschafft, mit Reisepass ausgerüstet in das Zentrum von Detroit zu fahren und die Brücke zu überqueren. Ich hoffe, dass ich es in diesem Jahr schaffe und meine heimliche Sehnsucht gestillt wird.

Die Brücke am Kwai ist ebenfalls vielen ein Begriff. Was hat Frau Burk mit ihr erlebt?

Auch diese Brücke, die durch den gleichnamigen Film weltberühmt wurde, habe ich eher in trauriger Erinnerung. Bevor wir die Brücke betreten durften und später mit der Bahn überquerten, hatten wir das ehemalige Gefangenenlager, das heute ein Museum ist, besucht. Auch der Aufenthalt auf dem Soldatenfriedhof gehörte zu diesem Ausflug. Die Eindrücke im Museum und auf dem Friedhof waren schrecklich. Dieser Ausflug mit der abschließenden Fahrt mit der berühmten Eisenbahn über die Brücke am Kwai wurde für mich ein Ausflug der Schwermut und Trauer.

Von drei Brücken haben wir gehört.

Von sieben Brücken hat vor Jahren in der DDR die Gruppe Karat ein Lied gesungen, das Peter Maffay auch in Westdeutschland populär machte. Heute versuchen wir es gemeinsam zu singen: „Über sieben Brücken musst du gehn“:

Manchmal geh ich meine Straße ohne Blick

Bevor wir die zweite Strophe singen, ein kurzer Blick auf den Inhalt des Liedes. Über sieben Brücken muss der gehen, der siebenmal wie ein Häuflein Asche endet. Aber er gibt die Hoffnung nicht auf, einmal auch der helle Schein zu sein.

Diese Hoffnung auf das Licht erinnert an das Licht am Ende des Tunnels, an den Spruch: „Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“, erinnert auch an die christliche Hoffnung.

Im „Team halb 6“ fanden wir ein Gedicht, das ähnlich von dieser Hoffnung spricht:

Es war nur ein sonniges Lächeln

Woher die Kraft nehmen, um solche Brücken zu bauen, um die Melancholie des Liedes von den sieben Brücken zu überwinden? Bleibt es dem Zufall überlassen, ob man zu Asche zerfällt oder im hellen Schein des Lichtes lebt? Und wenn man dieses Licht erreicht – wird es am Ende nicht doch wieder verlöschen?

Das Lied von den sieben Brücken dreht sich im Kreise, hofft auf den Glücksstern und weiß, dass der Griff nach der ganzen Welt nicht erfolgreich enden kann. Wir singen die zweite Strophe:

Manchmal scheint die Uhr des Lebens stillzustehn

Gibt es eine Brücke hinüber zu einem Ort, an dem es immer hell ist, wo ewige Erfüllung auf uns wartet? Gibt es eine Brücke von diesem Himmel herüber zu uns, in unser Leben hinein? Wenn ja, wer könnte eine solche Brücke bauen?

Die katholische Kirche hat in diesem Jahr einen neuen „Brückenbauer“ gewählt. Pontifex, diese andere Bezeichnung für den Papst, heißt auf deutsch: Brückenbauer. Ursprünglich wurden mit diesem Titel die Priester im Römischen Weltreich bezeichnet. Damals war der Pontifex Maximus der oberste Vermittler zwischen Menschen und Göttern. Also allgemein gesprochen: ein Pontifex soll den Brückenschlag zustandebringen zwischen den Menschen auf der Erde und dem Himmel.

In der Bibel erfährt Jakob, nachdem er seinen Bruder Esau um den Segen des Vaters betrogen hat, eine ganz besondere Art des Brückenschlages zwischen Himmel und Erde. Wir hören aus dem 1. Buch Mose – Genesis 28, 11-15:

11 [Jakob] kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen.

12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.

13 Und der HERR stand oben darauf und sprach: Ich bin der HERR, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott…

15 …ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst… Ich will dich nicht verlassen.

Wenn Menschen den Himmel stürmen wollen wie beim Turmbau zu Babel, um so stark zu sein wie Gott, erreichen sie das Gegenteil: Sprachverwirrung, Krieg, Zerrissenheit unter den Menschen. Der Brückenschlag zwischen Erde und Himmel – er kann von uns aus nicht gelingen. Zu hoch ist der Himmel über uns.

Eine ähnliche Erfahrung hatte Jakob gemacht. Angestiftet von seiner Mutter Rebekka hatte er sich den Segen seines Vaters Isaak erschlichen und seinen Bruder Esau betrogen. Aber zunächst hat er nichts von diesem Segen, denn er muss vor dem Zorn des Bruders fliehen und lebt – abgeschnitten vom Segen Gottes und getrennt von seiner Familie – jahrzehntelang in der Fremde.

Doch schon am Beginn seiner feigen Flucht darf der Betrüger Jakob einen Blick auf die Himmelsleiter werfen, auf der die Engel Gottes zwischen den Welten auf- und absteigen. Er macht die Erfahrung, dass dort, wo keine Brücke mehr zum Bruder und zu Gott zu führen scheint, Gott selbst als Brückenbauer einspringt. Wenn Gott wie im Traum des Jakob seine Leiter zu uns herunterlässt, ist der Himmel plötzlich ganz nahe.

Noch traut sich Jakob nicht, auf seinen Bruder Esau zuzugehen und um Vergebung zu bitten und Versöhnung zu suchen. Aber er trägt das Bild der Himmelsleiter auf seinem weiteren Weg in sich, eine Sehnsucht, eine Verheißung, eine Hoffnung, die ihn verändern wird, wir werden es sehen.

Anselm Grün schreibt unter der Überschrift „Ein Himmelsweg“:

„Der ganze Weg zum Himmel ist Himmel“, sagt Teresa von Avila. …

Angelus Silesius sagt uns: „Der Himmel ist in dir.“ …

Wir haben hier vorn symbolisch zwei Brückenpfeiler aufgestellt. Dazwischen ist ein Seil gespannt wie für eine Hängebrücke. Aber die Brücke selbst fehlt noch. Wir möchten jetzt diese Brücke bauen, mit Hilfe Ihrer Erfahrungen und Wünsche. Haben Sie in Ihrem Leben Erfahrungen gemacht wie Jakob? Spüren Sie Zerrissenheit, die nicht geheilt ist? Wünschen Sie sich einen Brückenschlag zu einer bestimmten Person, zu Gott, zu einem verborgenen Teil des eigenen Selbst? Wo in dieser Welt würden Sie am liebsten eine Brücke bauen, damit etwas mehr Friede einkehrt? Oder kennen Sie die Erfahrung, dass Ihnen der Himmel plötzlich ganz nahe war? Wer will, nimmt sich jetzt eins von diesen bunten Blättern und schreibt: „Ich wünsche mir eine Brücke zu…“ oder: „Ich würde gerne eine Brücke bauen, die…“ oder: „Wie eine Brücke zum Himmel war für mich…“ Einiges davon will ich nachher vorlesen. Wer das auf keinen Fall möchte, steckt sein Blatt in einen großen Umschlag – nur Sie selbst und Gott wissen dann, was Sie geschrieben haben. Doch auch diese geheimen Gedanken und Wünsche bauen mit an der gemeinsamen Brücke. Während Sie das tun, singen wir das Lied vom Brückenbauen, das auf dem Liedblatt steht:

Wir bauen Brücken über tiefe Gräben, Brücken in die ganze Welt
Eingehen auf die Erfahrungen von Teilnehmer(inne)n
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, kehren wir zurück zur Geschichte des Jakob. Nachdem er von der Himmelsleiter geträumt hatte, lebte er bei seinem Onkel Laban, weit weg von zu Hause. Er gründete eine eigene Familie, er erfuhr am eigenen Leib, wie es ist, betrogen zu werden, er entschloss sich schließlich viele Jahre später, zu seinem Bruder Esau zurückzukehren, egal was es ihn kosten würde. Offenbar ließ ihn diese offene Wunde in seinem Leben nicht los. Er war immer noch voller Ungewissheit darüber, wie ihn Esau empfangen würde. Aber Jakob war reifer geworden, seine Ängste hielten ihn nicht mehr davon ab, die Begegnung mit seinem Bruder zu suchen. Wie konnte er eine Brücke bauen, die zum Bruder führte? Ob er den Bruder mit Geschenken besänftigen könnte? Ob Esau glauben würde, dass Jakob seine Schuld bereute? Müsste Jakob für den Notfall eine Verteidigungs- oder Rückzugsstrategie in der Hinterhand behalten?

In der Nacht vor der Begegnung der beiden Brüder liegt nur noch ein Fluss zwischen Jakob und Esau, der Jabbok. Eine Brücke über den Jabbok gibt es nicht, aber an einer flachen Stelle kann man den Fluss überqueren. Was an dieser Furt geschieht, hat viel mit dem Brückenschlag zwischen den beiden Brüdern zu tun. Wir hören aus dem 1. Buch Mose – Genesis 32, 23-32:

23 Und Jakob stand auf in der Nacht und nahm seine beiden Frauen und die beiden Mägde und seine elf Söhne und zog an die Furt des Jabbok,

24 nahm sie und führte sie über das Wasser, so dass hinüberkam, was er hatte,

25 und blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach.

26 Und als er sah, dass er ihn nicht übermochte, schlug er ihn auf das Gelenk seiner Hüfte, und das Gelenk der Hüfte Jakobs wurde über dem Ringen mit ihm verrenkt.

27 Und er sprach: Lass mich gehen, denn die Morgenröte bricht an. Aber Jakob antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.

28 Er sprach: Wie heißest du? Er antwortete: Jakob.

29 Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gewonnen.

30 Und Jakob fragte ihn und sprach: Sage doch, wie heißest du? Er aber sprach: Warum fragst du, wie ich heiße? Und er segnete ihn daselbst.

31 Und Jakob nannte die Stätte Pnuël; denn, sprach er, ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet.

32 Und als er an Pnuël vorüberkam, ging ihm die Sonne auf; und er hinkte an seiner Hüfte.

Liebe Gemeinde, hier spitzt sich die Sehnsucht des Jakob nach Frieden mit Esau und nach dem Segen Gottes so sehr zu, dass in einem spannenden Ringkampf die Entscheidung fallen muss. Geheimnisvoll ist diese Geschichte, wie ein Dämon oder ein Flussgeist erscheint dieser Mann, mit dem Jakob kämpfen muss, und am Ende weiß Jakob: Ich habe mit Gott gekämpft, bis er mich gesegnet hat. Dieser Kampf ist nicht ohne Schmerzen und Spuren an ihm vorübergegangen, sein Leben lang wird er hinken, und er bekommt einen neuen Namen, den bis heute das Volk trägt, dessen Stammvater er ist: Israel, Gottesstreiter.

Das Bild von der Himmelsleiter bleibt wahr: Hier ist nun sozusagen Gott selber heruntergeklettert, um Auge in Auge mit Jakob einen Kampf auszufechten. Es ist nicht so, dass Jakob sich den Segen verdienen muss, er ist uns bleibt ein unverdientes Geschenk. Genau darin besteht die Lektion, die Jakob lernen muss: Er muss aufhören, mit List und Betrug zu nehmen, was ihm nicht zusteht, um den Segen als Geschenk zu bekommen. Er muss mit Gott ringen, um im Grunde mit sich selbst zu kämpfen. Seine eigene Hinterhältigkeit und Feigheit besiegt er in dem offenen Kampf mit dem Mann im Fluss.

Seinem Bruder Esau tritt Jakob am nächsten Morgen ziemlich lädiert gegenüber, erschöpft vom Kampf und humpelnd, aber jetzt endlich gesegnet mit einem Segen, den er nicht durch Betrug erschlichen hat. Und Jakob erfährt zu seiner freudigen Überraschung, dass Esau ihm längst verziehen hat. Die beiden Brüder schließen sich in die Arme.

Die beiden Bilder von der Himmelsleiter und vom Kampf am Jabbok widersprechen sich nicht, sondern sie ergänzen sich. Gott schenkt seinen Segen, und es kann sein, dass wir ihn in unserem Leben erst dann erfahren, wenn wir hart mit uns oder mit dem Schicksal oder mit Gott selbst ringen. Gott lässt seine Himmelsleiter zu uns runter, und es kann harte Arbeit sein, diese Leiter so zwischen Menschen auf dieser Erde querzulegen, damit sie zu einer tragfähigen Brücke zwischen verfeindeten Menschen oder zerrissenen Teilen unserer Persönlichkeit wird. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 628:

Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen, gib mir den Mut zum ersten Schritt

Die wichtigste Brücke, die Gott zu uns Menschen heruntergelassen hat, ist Jesus Christus. In ihm begegnen wir Gott nicht anonym wie bei Jakob, sondern von Angesicht zu Angesicht. Auch im Kontakt zu Jesus kann es zu einem Kampf kommen, denn was Jesus uns schenkt, liegt oft im Streit mit Haltungen oder Wünschen, die wir nicht loslassen möchten. Im Heiligen Abendmahl können wir mit allen Sinnen wahrnehmen, dass Jesus uns sich selber schenkt, seine Liebe, sein Leben, den Brückenschlag Gottes zu uns Menschen.

Im Brot schenkt er uns den Leib seiner Liebe. Im Kelch besiegelt er seine Treue zu uns mit seinem Blut.

Gott, nimm von uns, was uns von dir trennt: Unglauben, Lieblosigkeit, Verzagtheit. Hochmut, Trägheit, Lebenslügen. In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Seele belastet:

Beichtstille

Wollt Ihr Gottes Treue und Vergebung annehmen, so sagt laut oder leise oder auch still im Herzen: Ja!
Auf euer aufrichtiges Bekenntnis spreche ich euch die Vergebung eurer Sünde zu – im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir feiern das Abendmahl heute mit einer verkürzten, konzentrierten Liturgie und verzichten auf alle gewohnten Singstücke. Stattdessen singen wir nach den Einsetzungsworten das Lied 221.

Wir bitten um die Nähe Gottes und um sein Brot für uns mit den Worten, die uns Jesus Christus gelehrt hat:

Vater unser und Einsetzungsworte

Wir singen das Lied 221:

1. Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen: wir sind, die wir von einem Brote essen, aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder, Schwestern und Brüder.

2. Wenn wir in Frieden beieinander wohnten, Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten, dann würden wir den letzten heilgen Willen des Herrn erfüllen.

3. Ach dazu müsse deine Lieb uns dringen! Du wollest, Herr, dies große Werk vollbringen, dass unter einem Hirten eine Herde aus allen werde.

Gott hat uns eingeladen. Wir essen das Brot, wir trinken den Saft der Weintrauben, wir schmecken Gottes Freundlichkeit. Es ist eine Einladung, keine Verpflichtung, nur wer möchte, kommt nach vorn in den Abendmahlskreis.

Der Friede des Herrn sei mit euch allen! Schmeckt und seht, wie freundlich Gott ist! Amen.

Austeilung des Abendmahls

Jesus ist Brücke zwischen Gott und Mensch, zwischen Mensch und Mitmensch. Empfangt das Brot, das euch mit seinem Leib verbindet, und gebt weiter, was ihr empfangt, damit die Brücke weiter und weiter ausgespannt wird.

Herumreichen des Korbs

Die Himmelsleiter zwischen Himmel und Erde und die Brücke von Mensch zu Mensch bilden ein Kreuz. Indem der Brückenbauer aus Liebe stirbt, baut er eine Brücke, die ewig trägt. Nehmt hin den Kelch der Vergebung, des neuen Anfangs, der Versöhnung zwischen Gott und Mensch.

Austeilen der Kelche

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht (Johannes 14, 27). Gehet hin im Frieden!

Lasst uns beten!

Gott, stell uns das Bild der Himmelsleiter vor Augen, wenn wir den Zugang zum Himmel verloren haben, wenn wir verzweifelt fragen, ob du uns vergessen hast, ob die alten Werte noch gelten, ob wir eine Zukunft haben.

Herr Jesus Christus, sei du die starke Brücke, die unser Vertrauen trägt, wenn wir zu viel Angst vor dem Vertrauen haben. Hilf uns, Brücken zu bauen zu Menschen, die uns brauchen. Und hilf uns, unseren Fuß auf eine hilfreiche Brücke zu setzen, die ein Mensch für uns baut, der unser Vertrauen verdient.

Heiliger Geist, tröste uns, wenn wir traurig und am Ende sind, wenn wir Hoffnungen und Sehnsüchte begraben müssen, wenn Illusionen zerbrechen, ja zerbrechen müssen, um Hände und Herz frei zu haben für das, womit du unser Leben erfüllen willst. Sei auch bei uns, wenn wir untröstlich sind über den Verlust eines geliebten Menschen.

Heute beten wir insbesondere für … (zwei Verstorbene) … Begleite die Angehörigen auf ihrem Weg des Abschieds und lass sie spüren, dass sie nicht allein sind in ihrer Trauer. Gib ihnen und uns allen die Gewissheit, dass du die Brücke zum Leben bist und bleibst, auch wenn alle irdischen Brücken abgebrochen werden müssen. Amen.

Die letzte Fürbitte leitet über zum letzten Lied 534, in dem es um Jesus Christus geht, der auch die Brücke ist, die zum ewigen Leben führt:

Herr, lehre uns, dass wir sterben müssen, dass Brücken brechen, denen wir vertraut
Abkündigungen

Unser Herr Jesus Christus, geboren von der Jungfrau Maria, segne dich und behüte dich. Der Gott Abrahams und Saras lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Die heilige Geistkraft erfülle dich mit Gottvertrauen und Liebe und gebe dir Gottes Frieden. Amen.

„Steg über wildes Wasser“

1. Du bist müde, so allein, dein Auge brennt vor Schmerz, du fühlst dich klein; ich bin bei dir. Oh, die Zeiten sind hart, die Tränen sind so nah. Wie ein Steg über wildes Wasser bin ich für dich da. Eine Brücke im tiefen Wasser will ich für dich sein.

2. Ganz am Ende, draußen vor der Tür, wenn alles finster scheint, ja, dann tröste ich dich. Ich bin bei dir. Oh, in tiefer Nacht, wenn du nur Ängste spürst, wie ein Steg über wildes Wasser bin ich für dich da. Eine Brücke im tiefen Wasser will ich für dich sein.

3. Du hast gut gekämpft, gib nicht auf. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Deine Träume werden wahr. Sie leuchten hell. Oh, du bist nicht allein. Ich bleibe hinter dir. Wie ein Steg über wildes Wasser geb ich Frieden dir. Eine Brücke im tiefen Wasser lässt dich ruhig sein. Oh…

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