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Marta und Maria in der richtigen Mischung

Trauerfeier für einen Mann, der mit festen Schritten und ausgeprägtem Pflichtgefühl durchs Leben ging. Ruhe und Gelassenheit gewann er erst in der zweiten Lebenshälfte – und im Sterben konnte er sein Leben bewusst loslassen.

Marta und Maria in der richtigen Mischung: Beeindruckende, schwere Wolken beherrschen die beiden oberen Drittel des Bildes in dunkel bis rötlichen Farben; darunter ein einzelner Baum in der Ferne am Ende eines Kornfeldes vor einem weiten, offenen Horizont
Drückt dieses Bild die Spannung von Pflichtgefühl und Gelassenheit aus? (Bild: BessiPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt, um von Herrn V. Abschied zu nehmen, der im Alter von [über 80] Jahren gestorben ist.

Der Abschied fällt schwer. Es tut weh, einen geliebten Menschen gehen zu lassen, auch wenn er schon lange krank war. Schwierig ist es auch, mit gemischten Gefühlen umzugehen, mit Belastungen, die wir zu tragen haben, mit Fragen, die offen geblieben sind.

Aber wir sind auch dankbar, denn mit diesem geliebten Menschen war uns viel geschenkt. Mit all unseren Gefühlen und Gedanken sind wir hier und stehen einander bei.

Wir besinnen uns auch auf Gott. Wir beten zu ihm, der unsere Gedanken kennt, dem wir uns anvertrauen können, von dem unser Leben herkommt und zu dem es im Tode zurückkehrt. Wir sprechen Worte aus Psalm 37:

3 Hoffe auf den HERRN und tu Gutes, bleibe im Lande und nähre dich redlich.

4 Habe deine Lust am HERRN; der wird dir geben, was dein Herz wünscht.

5 Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe auf ihn, er wird‘s wohl machen

6 und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.

23 Von dem HERRN kommt es, wenn eines Mannes Schritte fest werden, und er hat Gefallen an seinem Wege.

24 Fällt er, so stürzt er doch nicht; denn der HERR hält ihn fest an der Hand.

27 Lass ab vom Bösen und tu Gutes, so bleibst du wohnen immerdar.

39 Der HERR hilft den Gerechten, er ist ihre Stärke in der Not.

40 Und der HERR wird ihnen beistehen und sie erretten; … denn sie trauen auf ihn.

EG 64, 4+6: Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist

Liebe Trauergemeinde, ein arbeitsreiches, ein langes, ein erfülltes Leben ist zu Ende gegangen, ein Leben, das nicht immer leicht war von Kindheit an, in dem es bis zuletzt viel an Herausforderungen zu bewältigen gab.

Liebe Frau V., Sie haben mir gesagt, dass es weiße, graue und schwarze Tage im Leben gibt, und dass man in Zeiten, in denen es keine weißen, wirklich glücklichen Tage ohne Belastungen oder Schmerzen mehr gibt, auch damit zufrieden sein muss, wenn nicht alle Tage schwarz und viele auch grau sind. In der Erinnerung an das Leben eines Menschen, der gestorben ist, fragen wir uns natürlich: War das im Großen und Ganzen ein glückliches Leben, wovon war es erfüllt, was hat diesem Leben Sinn gegeben, und können wir ihn getrost gehen lassen?

Erinnerungen an das Leben des Verstorbenen

Er war geistig klar bis zur letzten Nacht seines Lebens, er traf selber die Entscheidung, sein Leben nicht um jeden Preis zu verlängern, er war bereit loszulassen und gab seiner Familie zu verstehen: Lasst mich gehen! So ließen Sie ihm seinen Willen. Das war seine Art, aktiv vom Leben Abschied zu nehmen. Herr V. ist dann friedlich im Schlaf gestorben. Offenbar gab es zu diesem Zeitpunkt für ihn kein ungelöstes Problem mehr, er konnte in Gelassenheit und Ruhe diese Welt zurücklassen und sich vertrauensvoll auf alles einlassen, was ihn nun erwarten würde.

Wir haben vorhin das Bibelwort Psalm 37, 23 gehört:

Von dem HERRN kommt es, wenn eines Mannes Schritte fest werden, und er hat Gefallen an seinem Wege.

Mit festen Schritten ist Herr V. durchs Leben gegangen, und er wusste sich beschenkt durch Gott. Indem Sie nun von ihm Abschied nehmen, erinnern Sie sich an viele Begegnungen mit dieser starken Persönlichkeit. Jede und jeder einzelnen ist durch ihn auf seine besondere Weise geprägt oder beeindruckt worden, in ganz verschiedener Weise haben ihn seine Familie, Freunde, Nachbarn, Kunden und Geschäftspartner erlebt.

Unzweifelhaft hat Herr V. viel aufgebaut und hat segensreich gewirkt in seinem Leben. Was zu kurz kam, das haben Sie mir auch erzählt: zu kurz kam das Element der Ruhe und der Gelassenheit. Woher auch immer dieser Antrieb in ihm kam, er war ja immer ein Energiebündel, musste immer schaffen, Probleme sehen und beheben.

Ich möchte jetzt Ihnen und der ganzen Familie eine kleine Geschichte aus dem Leben Jesu ans Herz legen. Sie steht im Evangelium nach Lukas 10, 38-42:

38 [Jesus] kam … in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.

39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu.

40 Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!

41 Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe.

42 Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Herr V. hat in seinem Leben verwirklicht, was in dieser Geschichte Marta verkörpert: Fleiß, Pflichtgefühl, unternehmerisches Geschick, Organisationstalent. Das macht Jesus ja auch nicht schlecht. Aber es gibt Situationen, in denen es wichtig ist, der Maria nachzueifern: Sie erkennt den Zeitpunkt, in dem Ruhe angesagt ist, Pause machen, Urlaub von der Sorge und Mühe, Zuhören, wenn jemand da ist, der einem etwas zu sagen hat.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man manchmal denkt: Wenn ich mich nicht um alles kümmere, dann bricht alles zusammen! Aber wenn man nicht aufpasst, kann man unter einer solchen Last selber zusammenbrechen. Und man merkt oft nicht einmal, wofür man das alles auf sich nimmt und wie es den Menschen geht, denen man sich doch in Liebe verbunden fühlt.

In seiner zweiten Lebenshälfte, vielleicht auch gerade in der Zeit seiner Krankheit, hat Herr V. mehr Ruhe gefunden als zuvor in seinem Leben. In seinem Sterben konnte er sein Leben ruhig loslassen und sich einlassen auf das, was ihm widerfahren würde. Es war ein friedliches Sterben, ganz im Gegensatz zum oft harten Einsatz im geschäftlichen Arbeitsalltag und zu den vielen schwarzen Tagen seiner Krankheitszeit, in denen das Leben ein einziger Kampf um genug Atemluft und Schmerzfreiheit war.

Für alle, die jetzt von ihm Abschied nehmen, beginnt nun auch eine Zeit der Neuorientierung. Es wird gar nicht so einfach sein, sich auf die veränderte Situation einzustellen; manches Miteinander wird sich neu ordnen; vielleicht ergibt es sich, ein Stück mehr zu sich selbst zu finden.

Auf dem Weg des Abschieds von Herrn V. ist manche Trauer-Arbeit zu leisten, indem man sich aktiv mit der Erinnerung auseinandersetzt und das Leben in seinem Sinne weiterführt, so wie eine Marta es tun würde. Auf der anderen Seite bedeutet Trauern aber auch, es manchmal so zu machen wie Maria: sich Zeit zu nehmen für sich selbst, sich weniger Druck zu machen, sich Hilfe zu erbitten und anzunehmen, wenn man merkt, dass einem sonst alles zu viel wird. Es geht nicht nur darum, den Verstorbenen loszulassen, sondern auch eine ganze Menge an Druck und Belastung wartet nur darauf, dass Sie sie von Ihren Schultern abwerfen.

Eine richtige Mischung aus der Haltung von Marta und Maria wünsche ich Ihnen auf Ihrem Weg. So werden Sie in Familie, Freundschaft und Nachbarschaft gut füreinander da sein können. Amen.

EG 533: Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand

Barmherziger Gott, wir müssen einen geliebten Menschen begraben. Du weißt, wie schwer das ist. Wir müssen uns fügen und den Verlust hinnehmen. Deiner Liebe vertrauen wir Herrn V. an, nachdem er sein Leben losgelassen hat und du ihn im Schlaf friedlich heimgeholt hast zu dir in dein himmlisches Reich.

Wir danken dir für das reich erfüllte Leben von Herrn V. Du hast seine Schritte fest werden lassen, so dass er unbeirrt seinen Plänen folgen und etwas aufbauen konnte in seinem Leben. Du hast ihm Kinder geschenkt, die ihm viel bedeuteten, und hast ihn Eheglück erfahren lassen. Wir danken dir für alle Liebe, die wir von ihm empfangen haben und ihm geben konnten. Was uns geprägt hat in der Begegnung mit ihm, wird uns bleiben, auch wenn wir selber andere Wege gehen und eigene Entscheidungen treffen. Was uns in der Erinnerung an ihn belastet, hilf uns bewältigen, und wo wir einander etwas schuldig geblieben sind, vergib du uns. Hilf uns, mit all den gemischten Gefühlen klarzukommen, die uns bewegen, und zu bewältigen, was uns belastet.

Lass uns nicht allein bleiben, wenn wir jemanden brauchen, um uns auszusprechen. Lass uns gemeinsam durchstehen, was wir allein nicht packen. Lass uns einen Gang zurückschalten, um die Ruhe zu finden, die unsere Seele braucht, lass uns neue Zuversicht und Kraft tanken, um die Herausforderungen unseres Lebens zu meistern. Erfülle uns mit dem Geist deiner Liebe, dass wir das Ziel unseres Lebens nicht verfehlen, und hilf uns, Herrn V. getrost loszulassen in Dankbarkeit und Liebe. Amen.

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