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Gottvertrauen in einer bedrohten Welt

Ein langes Leben hat der Verstorbene im Vertrauen auf Gott geführt. Für seine Traueransprache hat er sich Worte aus dem Buch Jesaja ausgewählt.

Gottvertrauen in einer bedrohten Welt: zwei aus Wasser bzw. Feuer gebildete Fäuste kämpfen gegeneinander
Gott ist mächtiger als die Gefahren von Wasser und Feuer (Bild: Iván TamásPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt, um von Herrn E. Abschied zu nehmen, der im Alter von [über 80] Jahren gestorben ist.

Sie, die ihm nahestanden, sind traurig, denn ein Mensch, der Ihnen vertraut war, ist nicht mehr. Er hinterlässt eine Lücke, Sie werden ihn vermissen. Zugleich sind Sie dankbar, dass er Ihnen geschenkt war und dass er Gott in seinem Leben so viel verdankt. Darum lasst uns zu Beginn dieser Trauerfeier zu Gott beten mit einem Loblied aus der Bibel, mit dem Psalm 103:

2 Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:

3 der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen,

4 der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,

5 der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.

8 Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.

13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.

14 Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er gedenkt daran, dass wir Staub sind.

15 Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde;

16 wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.

17 Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten.

22 Lobet den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HERRN, meine Seele!

Es ist ungewöhnlich, bei einer Beerdigung ein Loblied zu singen, aber wir tun es heute trotzdem. Der Verstorbene hat ja auch gern gesungen, und das Lied „Großer Gott, wir loben dich“, im Evangelischen Gesangbuch Nr. 331, gehörte zu seinen Lieblingsliedern. Wir loben den Gott, der von Ewigkeit da war und in dessen Ewigkeit wir mit unserem Tode hineingenommen werden. Wir singen außer der bekannten 1. Strophe die Strophen 6 bis 8, die davon handeln, dass Jesus Christus für uns den Himmel aufgeschlossen hat:

1. Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.

6. Du, des Vaters ewger Sohn, hast die Menschheit angenommen, bist vom hohen Himmelsthron zu uns auf die Welt gekommen, hast uns Gottes Gnad gebracht, von der Sünd uns frei gemacht.

7. Durch dich steht das Himmelstor allen, welche glauben, offen; du stellst uns dem Vater vor, wenn wir kindlich auf dich hoffen; du wirst kommen zum Gericht, wenn der letzte Tag anbricht.

8. Herr, steh deinen Dienern bei, welche dich in Demut bitten. Kauftest durch dein Blut uns frei, hast den Tod für uns gelitten; nimm uns nach vollbrachtem Lauf zu dir in den Himmel auf.

Liebe Trauergemeinde, es ist üblich, in Trauerfeiern an den Lebenslauf des Verstorbenen zu erinnern. Aber Sie, die hier versammelt sind, kennen Herrn E. viel besser als ich, Sie haben Ihre eigenen Erinnerungen an sein Leben und vor allem an die Begegnungen mit ihm, die Ihr eigenes Leben reicher gemacht hat.

Erinnerungen an das Leben des Verstorbenen

Nun ist sein Leben zu Ende gegangen, nachdem seine Frau schon vor ein paar Jahren gestorben war, die er liebevoll gepflegt hatte. Für einige Zeit hat er im Heim leben müssen, und zwar, wie das Leben so spielt, genau in dem Ort, in dem er aufgewachsen war.

Als die Ehefrau von Herrn E. starb, wählte er für ihre Beerdigung einen Bibeltext aus dem Buch Jesaja 43 aus. Dieser Text soll auch heute im Mittelpunkt der Traueransprache stehen, so haben wir es abgesprochen. Der Prophet Jesaja hört dieses Wort Gottes:

1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

2 Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.

3 Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.

Wir blicken zurück auf ein gelebtes Leben, liebe Gemeinde, wir blicken voraus in das undurchdringliche Dunkel unserer Zukunft, und wir stehen vor dem Rätsel des Todes, den Herr E. erfahren hat und den wir als Lebende noch vor uns haben. Wir tun dies alles, indem wir auf die Worte Gottes hören, die als erster Jesaja gehört hat.

„Und nun spricht der HERR“, ja, es ist angemessen, dass in dieser Stunde Gott, der Herr, spricht und wir auf ihn hören, denn er ist der Herr über Leben und Tod, und er hat das letzte Wort über unser Leben.

Gott ist der Herr, „der dich geschaffen hat“, von ihm heißt es, dass er den Menschen liebevoll wie ein Künstler aus dem Material der Erde formt und ihm von seinem eigenen Geist den Atem zum Leben schenkt. Wir alle sind Adam, von Erde genommen, die nur durch den von Gott eingehauchten Geist für eine gewisse Zeitspanne leben.

Und nicht nur Adam sind wir, allgemein menschlich – im Wort des Propheten spricht Gott einen konkreten Menschen an, Jakob, der später Israel heißt: den einzelnen spricht Gott an, den er erwählt, den er verändert, Jakob mit seinen Stärken und Schwächen, aus dem Israel, der Gottesstreiter wird.

Was ist nun die Botschaft, die Gott für uns Menschen übrig hat, für Menschen, die von Erde genommen sind und von ihm auf dieser Erde in den Dienst genommen werden? Die Botschaft lautet: „Fürchte dich nicht!“ Zwar ist die Welt so, dass wir in ihr immer wieder Angst haben, aber Gott beruhigt diese Angst. Was auch immer geschieht, er ist mächtiger als alle Gefahren, mächtiger als alle dunklen Mächte dieser Welt. Gott spricht zu dir: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst.“

Erlöst, das hat viele Bedeutungen, das ruft Bewahrungen ins Gedächtnis vor und in Gefahr, in Kriegen und Krankheit. Erlöst, das erinnert an Befreiung aus Gefangenschaft und Vergebung von Sünde. Erlöst, dabei denken wir manchmal auch an die Erlösung von einer Krankheit im Tode. Erlösung – worin auch immer sie besteht, es ist gut zu wissen, wer der Erlöser ist: der Gott, der uns persönlich anspricht.

Er selber sagt deutlich: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ An diesem Gott kommt niemand vorbei, es sei denn, man macht sich etwas vor. Gott ruft. Hören wir ihn? Wir gehören zu Gott. Sind wir uns dessen bewusst?

Das ist es, was die Erfüllung unseres Lebens ausmacht: Von Gott angesprochen zu sein und ihm zu antworten. So sind wir buchstäblich ver-antwortlich vor Gott. Er gibt uns Leben – wir danken es ihm, indem wir unsere Gaben entfalten. Er schenkt uns Liebe – wir antworten, indem wir Liebe weitergeben und barmherzig miteinander umgehen. Das ist es, was am Ende eines Lebens von uns bleibt – die Liebe, die wir empfangen und weitergegeben haben.

Mehr noch hört Jesaja von dem Gott, der uns ruft. Es ist kein Schönwettergott, sondern er ist auch in den Stürmen des Lebens unser Begleiter und Retter:

„Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.“ Wir haben erst in den letzten Jahren gesehen, dass auch die moderne Wissenschaft uns nicht immun macht gegen die Gefahren von Wasser und Feuer. Im einen Jahr die Jahrhundertflut mit nicht gekannten Überschwemmungen, im nächsten der Jahrhundertsommer mit zahllosen Waldbränden – wir Menschen sind klein angesichts der überwältigenden Macht der Naturkräfte.

Wer ohne Gottvertrauen in einer so bedrohten Welt leben will, muss letzten Endes scheitern. Denn die zerstörerische Kraft von Wasser und Feuer ist ja nur ein Symbol für die vernichtende Macht des Todes, der uns am Ende alle trifft. Der Tod macht alles, was nur irdisch ist, zunichte.

Wer aber aus dem Vertrauen lebt, dass diese irdische Welt nicht alles ist, wer auf den Gott vertrauen kann, der sich zuerst dem Volk Israel und dann durch Jesus Christus der ganzen Welt offenbart hat, für den ist der Tod nicht absolutes Ende und grauenvoller Abgrund, sondern der Tod ist Durchgang zur Ewigkeit, Rückkehr unseres Lebenshauches zu dem Gott, der uns auf Zeit mit Geist ausgestattet hat.

Darum kann uns Wasser nicht ersäufen und Feuer nichts anhaben. Selbst wenn wir sterben, wenn unser Leib verbrennt, bleibt unser Leben doch bewahrt in Gott, der zu uns spricht: „Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.“ Gott ist zugleich fern und nah, er ist der allmächtige Herr und zugleich unser Gott. Er ist unantastbar in seiner Heiligkeit und zugleich der Heiland, der unsere Seele heil macht in Zeit und Ewigkeit.

In diesem Sinne dürfen wir getrost das gelebte Leben des Verstorbenen dem ewigen Gott anvertrauen, der zugleich sein Heiland ist. Er ruft auch ihn beim Namen und spricht zu ihm: „Ich habe dich erlöst, du bist auf ewig mein!“ Amen.

Wir singen aus dem Lied 345 die Strophen 1 bis 3:

1. Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not; der kann mich allzeit retten aus Trübsal, Angst und Nöten, mein Unglück kann er wenden, steht alls in seinen Händen.

2. Ob mich mein Sünd anficht, will ich verzagen nicht; auf Christus will ich bauen und ihm allein vertrauen, ihm tu ich mich ergeben im Tod und auch im Leben.

3. Ob mich der Tod nimmt hin, ist Sterben mein Gewinn, und Christus ist mein Leben; dem tu ich mich ergeben; ich sterb heut oder morgen, mein Seel wird er versorgen.

Barmherziger Gott, wir bitten dich für Herrn E.: nimm ihn gnädig an in Ewigkeit. Begleite, die ihm nahestanden, und bewahre uns im Glauben und in der Hoffnung. Hab Dank für erfahrene Liebe, für wertvolle Begegnungen und Prägungen. Vergib, was wir einander schuldig geblieben sind, und heile die Verwundungen in unserer Seele und zwischen uns Menschen. Gib uns Kraft, um zu trauern, und Kraft, um das Leben zu bestehen. Amen.

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