Weibliche Bibel

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Zu guter Letzt …

… erschien am Reformationstag 2006 die „weibliche Bibel“, wie sie ein Kirchenvorsteher salopp nannte. Als Geschenk zu meinem 25. Ordinationsjubiläum in 2004 beteiligte sich die Paulusgemeinde mit 500 durch Spenden aufgebrachte Euro an der 2400 Seiten starken Übersetzung.

„Der Name Bibel in gerechter Sprache erhebt nicht den Anspruch, dass diese Übersetzung gerecht ist, andere aber ungerecht sind“, stellt der Herausgeberkreis in der Einleitung klar. „Sie stellt sich der Herausforderung, dem biblischen Grundthema Gerechtigkeit in besonderer Weise zu entsprechen.“

Ob das gelungen ist, bleibt auch umstritten, nachdem zwei Auflagen verkauft sind. Die einen freuen sich darüber, dass die Rolle der Frauen in der Bibel nun sichtbarer ist, und finden viele Texte beim Vorlesen besser verständlich als zum Beispiel den Luthertext. Andere fragen sich, ob bei der Bemühung um „politische Korrektheit“ nicht oft der tiefere Sinn einer Stelle und manchmal auch die Lesbarkeit auf der Strecke bleibt.

Dass Gott nicht allein in männlich geprägten Bildern zu fassen ist, ist ein berechtigtes Anliegen, aber ihn (sie? es?) hier männlich, da weiblich, dort sächlich zu bezeichnen und dabei gelegentlich der deutschen Grammatik Gewalt anzutun, löst das Problem nicht in befriedigender Weise.

Für den Einsatz im Gottesdienst an Stelle der Lutherbibel ist die „Bibel in gerechter Sprache“ nicht vorgesehen. Sie versteht sich ohnehin nicht als die endgültig richtige Übersetzung, auch nicht „als Kritik an den bereits veröffentlichten“, sondern als ein offenes Projekt, wie bei der „Neuinszenierung eines klassischen Theaterstücks“, das im Dialog mit Leserinnen und Lesern fortgeschrieben und verändert wird.

Dass viele biblische Grundbegriffe, die nicht 1:1 in die deutsche Sprache übertragen werden können, am Rand in der Ursprache vermerkt und im Anhang erläutert werden, ist ein großes Plus der neuen Übersetzung.

Zu wünschen ist, dass sie Menschen, die die Bibel für verstaubt hielten, dazu anregt, wieder in diesem Buch zu lesen, vielleicht auch gemeinsam bei unseren Bibelabenden. Manch eine oder einer wird feststellen, dass die Botschaft der Bibel neuer ist als vieles, was wir für modern halten.

Ihr Pfarrer Helmut Schütz

„Zu guter Letzt“ März bis Mai 2007 im Gemeindebrief der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

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