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Erquicken durch Sanftmut und Demut

In einer Trauerfeier gehe ich auf ein Wort Jesu ein, in dem er verspricht, uns zu erquicken, und uns ermuntert, das leichte Joch der Sanftmut und Demut zu tragen.

Erquicken durch Sanfmut und Demut: Jesusstatue über einem Kirchenportal mit der lateinischen Umschrift um ihn herum aus Matthäus 11, 28
Jesus ruft die Mühseligen und Beladenen zu sich (Bild: Predrag KezicPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Trauernde, Sie sind hier versammelt, weil Frau N. im Alter von [über 80] Jahren gestorben ist.

Es fällt nicht leicht, Trauer zu tragen, Trauer zu ertragen. Ein Mensch, den wir lieb hatten, ist von uns gegangen; das tut sehr weh. Oft fehlen uns sogar die Worte, um auszudrücken, was wir empfinden. Darum ist es manchmal gut, auf Worte und Gebete der Bibel zurückgreifen zu können, um Zuflucht für unsere Seele zu finden.

Wir beten zu Gott, dessen Liebe uns umschließt. Getragen sind wir, und niemals allein. Die Tränen, die wir weinen, sollen abgewischt werden.

Wir beten mit Psalm 139, einem alten Lied der Bibel:

1 HERR, du erforschest mich und kennest mich.

2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

3 Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

5 Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.

7 Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

8 Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.

9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,

10 so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.

11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –,

12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.

13 Du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde.

16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

17 Aber wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken!

23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

24 Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege. Amen.

Liebe Trauergemeinde,

wenn ein Mensch stirbt, dann blicken wir zurück auf sein Leben. Wir tun es nicht mit den Augen Gottes, der den großen Überblick hat und uns besser kennt, als wir uns selber kennen, sondern mit dem Blick von Menschen, die das Leben eines anderen sozusagen auf gleicher Augenhöhe für einen gewissen Zeitraum geteilt haben.

Da gibt es Begegnungen und Erfahrungen, die uns nicht unberührt lassen, da gibt es tiefgreifende Prägungen und Verflechtungen, ohne die unser Leben nicht so wäre, wie es geworden ist.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Ich lernte Frau N. kennen, als unser Senioren-Zivi ihr zeitweise bei Einkäufen behilflich war, die sie selber mit dem Auto erledigte. Oft und gern kam sie in den Gottesdienst und hielt Kontakt mit der Kirchengemeinde.

In den letzten Jahren fand sie in einem Mann, der wie sie verwitwet war, noch einmal einen Lebensgefährten. Mit ihm gemeinsam ging sie gern auf Reisen oder zum Schwimmen ins Thermalbad. Diese Zeit hat sie sehr genießen können.

Zuletzt wusste sie: Wegen ihrer schweren Krebserkrankung waren ihre Tage gezählt. Sie entschied sich dafür, ins Hospiz zu gehen und dort in guter Betreuung von ihrem Leben Abschied zu nehmen. Das letzte Weihnachtsfest hatte sie noch im Kreis derer feiern können, die ihr am nächsten standen.

Nun ist sie hinübergegangen in die andere Welt; ihre Zeit auf dieser Erde war abgelaufen. Sie selbst konnte bewusst dazu Ja sagen, gehen zu müssen; als sie im Hospiz war, hat sie im Gebet gesagt: „Herr, ich bin bereit.“

Der Herr, dem sich Frau N. anvertrauen konnte, trägt in der Bibel einen Namen und ein menschliches Gesicht. Es ist der Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist und der uns zu sich ruft, schon hier im Leben, um ihm nachzufolgen, und auch im Augenblick unseres Sterbens, um in der Ewigkeit vollendet zu werden.

Jesus spricht (Matthäus 11, 28-30):

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Wer krank ist und wer unter Belastungen leidet, wer auf dem Weg zum Sterben ist und wer den Weg der Trauer gehen muss, kann sich von diesem Wort persönlich angesprochen fühlen. Jesus will uns „erquicken“, das heißt, mit neuem Mut zum Leben erfüllen, gerade wo wir am Ende sind, wo wir meinen, nicht mehr weiter zu können oder nicht mehr weiter zu wollen.

Es klingt merkwürdig, dass Jesus da von einem Joch spricht. Wir kennen dieses Wort in der Regel nur im Zusammenhang mit „Unterjochen“ und meinen damit eine harte Unterdrückung. Jesus spricht aber hier von einem sanften Joch. Er meint ein Hilfsmittel, um schwere Lasten tragen zu können. In Ostfriesland lernte ich einmal ein solches Joch kennen, das dort früher benutzt wurde, um schwere Wassereimer über weite Strecken tragen zu können. Das Joch ist eine Holzstange, die auf der Schulter liegt und sich ihr anpasst, so dass die Eimer rechts und links an der Stange hängen und die Arme nicht das ganze Gewicht tragen müssen.

Der Sinn des Wortes Jesu ist: Wir kommen nicht darum herum, Schweres zu ertragen. Unser Leben ist nicht immer leicht, und wir können den Lasten des Lebens – und auch des Sterbens, wenn es an der Zeit ist – nicht entfliehen. Aber von Jesus können wir lernen, unsere Lasten zu tragen.

Wie geht das? Er sagt: Durch Sanftmut und Demut. Das sind alte Wörter, die oft missbraucht wurden.

Sanftmut ist ein Mut zum Fühlen, was dran ist, ein echtes Mitgefühl und eine wachsame Aufmerksamkeit auch auf die eigene Seele. Wer sanft ist, geht behutsam mit sich selbst und mit den Menschen um, die ihm nahestehen.

Und Demut ist eigentlich ein Mut zum Dienen. Eine Haltung, die davon ausgeht: Es muss in dieser Welt nicht immer Gewinner und Verlierer geben. Wo Menschen aufeinander eingehen und füreinander da sind, da können alle zu den Gewinnern gehören. Ich kann mit meinen Stärken und mit meinen schwachen Seiten mich selber und auch den Menschen neben mir annehmen. Ich kann helfen und Hilfe annehmen.

Das hat Jesus, der Sohn Gottes, uns vorgelebt. Er musste den Tod auf sich nehmen und nahm auch Trost an, als er in Gethsemane erfuhr, dass der Kelch des Sterbens nicht an ihm vorbeigehen würde (Lukas 22, 43):

Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.

So fand ER Ruhe für seine Seele, im Vertrauen auf den, der ihn zwar nicht VOR dem Tode rettete, aber am dritten Tage VON den Toten auferweckte und ZU sich in den Himmel nahm.

Im Gebet zu ihrem Herrn im Himmel fand auch Frau N. Ruhe für ihre Seele. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott auch sie in Ehren annimmt und sie ihre ewige Ruhe im Himmel findet.

Und wir? Wir müssen Trauer nicht wegdrängen. Wir können sie fühlen, wir können weinen, wir können darauf vertrauen, dass wir auch wieder aufhören können zu weinen. In der Bibel heißt es, dass Gott selbst uns die Tränen abwischen wird von unseren Augen.

Aber Trauer braucht Zeit. Der Weg der Trauer besteht aus vielen Schritten. Heute ist der Tag, an dem wir die Verstorbene loslassen, indem wir gemeinsam hier sind, um sie zu begraben. Wir vertrauen sie dem Herrn an, der gesagt hat (Matthäus 11, 28):

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Amen.

Barmherziger Gott, wir beten zu dir für Frau N. Nimm sie gnädig auf in dein himmlisches Reich. Lass uns dankbar die Liebe bewahren, die wir in den Prägungen und Begegnungen mit ihr erfahren haben.

Gott, lass uns auf dem Weg unserer Trauer nicht allein. Hilf uns, zu ertragen, was wir fühlen, und lass uns auf unserem Weg neuen Lebensmut gewinnen.

Gott, gib uns den Mut, zu ändern, was wir ändern können. Gib uns die Kraft zu ertragen, was nicht zu ändern ist. Und gib uns die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Amen.

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