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Ein Haus, erbaut aus Vertrauen, Hoffnung und Liebe

Ihre Ehe möchte ich mit einem Haus vergleichen, an dem Sie miteinander gebaut haben. Der Grundstein dieses Hauses ist das Vertrauen, das Ihre Ehe trägt, das Dach ist die Hoffnung, der wohnliche Innenraum schließlich ist die Liebe, die Ihre Ehe mit Leben erfüllt.

Ein stilisiertes Haus besteht aus sechs länglichen Bauklötzen, von denen vier zu einem Rechteck zusammengefügt sind, und darüber bilden zwei rechtwinklig zusammengeklebte das Dach. Im Haus liegt ein rotes Herz aus Stoff gemütlich auf einer Seite.
Liebe erfüllt das Haus der Ehe mit Leben (Bild: congerdesign auf Pixabay)
Trauansprache

Liebe Frau …, lieber Herr …!

Sie sind seit wenigen Stunden ein Ehepaar, Sie feiern Hochzeit. Ihre beiden Familien, Ihre Freunde und Bekannten freuen sich mit Ihnen. Sie sind in die Kirche gekommen und erwarten etwas von diesem Gottesdienst, der am Beginn Ihrer Ehe steht: eine Feier, die diesen wesentlichen Einschnitt in Ihrem Leben aus den anderen Tagen heraushebt; eine Besinnung über die Voraussetzungen, die tragfähig genug sind, es nicht nur ein Leben lang miteinander auszuhalten, sondern sich gegenseitig zu bereichern und glücklich zu machen.

Ihr Trauspruch, den Sie mit mir zusammen ausgewählt haben, steht im ersten Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth (13, 13) und lautet:

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei,
die Liebe aber ist die größte unter ihnen.

Wir haben diesen Spruch ausgesucht, da Sie davon sprachen, dass Sie als wichtigen Grundstein Ihrer Ehe das Vertrauen ansehen, das Sie einander entgegenbringen. Und Vertrauen ist die Einstellung und das Verhalten gegenüber einem anderen Menschen oder Gott, das Paulus mit dem Wort „Glauben“ meint.

Mir ist zu Ihrem Trauspruch folgendes Sinnbild eingefallen. Ihre Ehe möchte ich mit einem Haus vergleichen, an dem Sie miteinander gebaut haben, um in diesem Lebensraum nun miteinander zu wohnen. Der Grundstein dieses Hauses, das feste Fundament, ist das Vertrauen, das Ihre Ehe trägt, das Dach des Hauses ist die Hoffnung, ein Schutz für Ihre Ehe vor allem in schweren Zeiten, aus denen kein Ausweg herauszuführen scheint; der wohnliche Innenraum schließlich ist die Liebe, die Ihre Ehe mit Leben erfüllt.

Vertrauen ist der einzig sichere Grund für das Haus Ihrer Ehe. Andere Sicherheiten gibt es nicht. Sie haben „Ja“ zu Ihrem Ehepartner gesagt, weil Sie ihm vertrauen, weil Sie ihn so, wie er jetzt ist, kennen und sich auf ihn verlassen können. Sie tun durch Ihre öffentliche Heirat kund, dass Sie sich endgültig für ihn entschieden haben. Wenn auf dem Boden dieser freiwillig eingegangenen Bindung aneinander Ihr gegenseitiges Vertrauen nicht zu wachsen aufhört, werden Sie Ihre Bindung an den Partner so ausfüllen, dass Sie einander zur Freiheit verhelfen.

Es bedeutet ein Wagnis, sich für ein ganzes Leben an einen anderen Menschen zu binden. Sie können nicht vorhersehen, welche Situationen, die vielleicht Konfliktstoff mit sich bringen, Sie zu bewältigen haben werden. Sie selbst und Ihr Partner werden sich verändern, und auch damit müssen Sie umgehen. Ein schlechter Ausweg aus diesem Problem wäre es, den anderen auf die Vorstellungen einzuengen, die Sie sich nun einmal von ihm gemacht haben, und ihn dadurch in seinen Entfaltungsmöglichkeiten einzuschränken. Aus Angst, dem Partner fremd zu werden oder ihn zu verlieren, keine neuen Schritte zu wagen und Wünsche, die dem Partner nicht vertraut sind, lieber fallen zu lassen, wäre auch nicht gut. Wenn Sie am Vertrauen zueinander festhalten, werden Sie einander Freiheit schenken, in einem doppelten Sinn: Indem Sie einander Geborgenheit vermitteln, befreien Sie einander von der Angst, den anderen zu verlieren. Dadurch können Sie einander dann auch dazu frei lassen, neue eigene Erfahrungen zu machen, und Sie machen den Partner nicht von sich abhängig. Dieses Wagnis einzugehen, ist die Voraussetzung dafür, dass auch der andere sich auf Ihre Wünsche in seiner Weise liebevoll einstellt – aus freien Stücken, nicht aus einer Verpflichtung heraus. So werden Sie Ihre eheliche Bindung durch Ihr Vertrauen nicht als Fessel, sondern als eine besondere Form von Geborgenheit und Freiheit erleben; eine Erfahrung, die Ihnen helfen wird, auch schwere Lebenslagen miteinander durchzustehen.

Nun ist das Vertrauen, das jeder von uns zu einem anderen aufbringen kann, begrenzt. Es kann erschüttert werden, ja enttäuscht werden. Es kann von einer geheimen Angst begleitet sein: Werde ich alles zu tun fähig sein, um den anderen nicht zu enttäuschen? Wie wird der Partner reagieren, wenn ich mich in einer Weise verhalte, die er noch nicht an mir kennt? Gegen solche Angst steht die Hoffnung, dass Vertrauen sich als sinnvoller erweist als Misstrauen, wenn es um die Gestaltung einer Ehe geht, die Hoffnung, dass Enttäuschungen in einem Neuanfang überwunden werden können, die Hoffnung, dass eigenes Versagen oder das des Partners vergeben und vergessen werden können.

Wenn Vertrauen und Hoffnung das Haus Ihrer Ehe stützen und schützen, wird es ein Leben lang von Liebe erfüllt sein. Von einer Liebe, die sagen kann: Ich liebe dich auch so, wie du morgen sein wirst. Ich sehe dich nicht unkritisch, da du Fehler hast wie ich selbst auch. Aber ich werde dieser Fehler wegen nie aufhören, dich zu lieben.

Das Haus Ihrer Ehe hat Fenster und Türen zur Außenwelt hin. Sie sind abschließbar; Ihre Ehe ist ein Raum, in dem Sie für sich selbst verantwortlich sind und Ihre eigenen Entscheidungen fällen werden. Doch Sie können sie auch nach außen hin öffnen. Im Kreis der Verwandten, Freunde und Bekannten werden Sie als Ehepaar nun eine neue Rolle spielen. Ihre Eltern und die anderen, die sich heute mit Ihnen freuen, werden zu anderen Zeiten wohl auch zu Ihnen kommen, um glückliche Stunden mit Ihnen zu teilen oder Sorgen und Leid bewältigen zu helfen. Sie werden sich auf den Aufgaben und Herausforderungen öffnen können, die das öffentliche Leben in Beruf und Stadt, Kirchengemeinde und Staat an Sie stellen werden. Sie bringen sehr unterschiedliche Erfahrungen in Ihre Ehe mit, sind kirchlich und kulturell in anderer Weise geprägt. Das ist eine Chance für Sie. Sie können einander helfen, an liebgewordenen und hilfreichen Erfahrungen wieder anzuknüpfen, oder Sie können einander auch zu neuen Schritten ermutigen, um neue Situationen zu bewältigen.

Ich wünsche Ihnen für Ihr gemeinsames Leben, dass Sie nie aufhören werden, Erfahrungen des Vertrauens, der Hoffnung und der Liebe zu machen, zu zweit, im Freundes- und Verwandtenkreis, und auch im Bereich des Berufs und der Öffentlichkeit.

Ich möchte nun das, was ich über Ihren Trauspruch gesagt habe und was ich Ihnen für Ihre Ehe wünsche, in einem Text aus der Bibel zusammenfassen, den ich in einer freien Übertragung nach dem 1. Johannesbrief, Kapitel 4 (9-11.16-19) vorlese:

Von christlicher Liebe wissen wir, weil sie uns in einzigartiger Weise an Jesus deutlich geworden ist. Wenn wir uns auf sein Wort einlassen, dann können wir in dieser Liebe leben. Denn nicht wir haben die Liebe erfunden, sie hat uns gefunden in dem Wort, das Vergebung und neues Leben bewirkt. So erfahren wir Liebe; deshalb sind wir sie auch einander schuldig.

Wir glauben an diese Liebe, denn wir erkennen in ihr Gott. Gott ist diese Liebe, und wer darin lebt, der braucht nichts darüber hinaus. So ist sie zu ihrem Ziel gekommen: Sie befreit uns von der Angst, mit der wir in die Zukunft blicken, und lässt uns alle Tage im Vertrauen leben. Furcht und Liebe schließen sich gegenseitig aus: Wo Liebe alles umfasst, ist Furcht ausgeschlossen. Furcht rechnet mit bösen Folgen. Wer sich fürchtet, hat noch nicht erfahren, was Liebe ist. Aber in dem, was uns von Jesus gesagt wird, erfahren wir von Liebe. Dieser Liebe wollen wir uns anvertrauen und darin leben.

Amen.

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