Bild: Helmut Schütz

„Wir wollen alle fröhlich sein!“

„Wir wollen alle fröhlich sein.“ Wollen wir? Können wir? Kann jemand, der an den Terror aus fanatisch-religiösen Gründen denkt, in diesen Tagen froh sein, ohne auch Trauer, Wut oder Angst zu empfinden? Ich halte nichts von Gefühlen auf Knopfdruck. So wenig, wie ich mich am Karfreitag dazu zwingen möchte, traurig zu sein, will ich mich an Ostern auf Kommando freuen.

Erdmuthe und Heinrich Blum, Ulrich Dölp, Burkhard Schmitt, Thekla und Wolfgang Schulz-Nigmann im Bläserkreis am Steinkreuz
Erdmuthe und Heinrich Blum, Ulrich Dölp, Burkhard Schmitt, Thekla und Wolfgang Schulz-Nigmann im Bläserkreis

Osterandacht am Steinkreuz am Ostersonntag, 5. April 2015, 8.00 Uhr am Steinkreuz auf dem Neuen Friedhof Gießen
Bläservorspiel

„Der Herr ist auferstanden!“

„Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Am Steinkreuz auf dem Friedhof am Rodtberg begrüße ich Sie gemeinsam mit Herrn Martin Thomanek von der katholischen Pfarrgemeinde St. Albertus am Ostermorgen 2015 zur traditionellen Frühandacht, um die Auferstehung Jesu Christi von den Toten zu feiern.

Zum zweiten Mal wird diese Osterfeier ökumenisch begangen, und ich freue mich, sie gemeinsam mit Herrn Pfarrer Helmut Schütz von der Evangelischen Paulusgemeinde zu gestalten.

Gar nicht so leicht war es in diesem Jahr, genügend Trompetenstimmen für die Musikbegleitung zu gewinnen. Es ist dann doch gelungen, und ich danke dem gemischten Chor, zusammengesetzt aus dem Ehepaar Erdmuthe und Heinrich Blum, Herrn Ulrich Dölp, Herrn Burkhard Schmitt sowie Frau Thekla und Herrn Wolfgang Schulz-Nigmann herzlich für die ehrenamtliche Mitwirkung in früher Ostermorgenstunde!

Nun sammeln wir uns um die Osterbotschaft im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir singen zu Beginn das Lied 100, ein ökumenisches Osterlied von der Freude, die alle Christenheit erreichen und umfassen will:

1. Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit; denn unser Heil hat Gott bereit‘. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

2. Es ist erstanden Jesus Christ, der an dem Kreuz gestorben ist, dem sei Lob, Ehr zu aller Frist. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

3. Er hat zerstört der Höllen Pfort, die Seinen all herausgeführt und uns erlöst vom ewgen Tod. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

4. Es singt der ganze Erdenkreis dem Gottessohne Lob und Preis, der uns erkauft das Paradeis. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

5. Des freu sich alle Christenheit und lobe die Dreifaltigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleluja, gelobt sei Christus, Marien Sohn.

„Wir wollen alle fröhlich sein.“ Wollen wir? Können wir? Geht das so einfach?

Kann jemand, der in tiefer Trauer einen schweren, langen Weg geht, einfach an Ostern einen Knopf drücken und auf „Fröhlichkeit“ umschalten?

Kann jemand, der an den Flugzeugabsturz über den Alpen oder den Terror aus fanatisch-religiösen Gründen denkt, in diesen Tagen einfach nur froh sein, ohne dass er auch Trauer oder Wut oder Angst empfindet? Ich halte nichts von Gefühlen auf Knopfdruck. Genau so wenig wie ich mich am Karfreitag dazu zwingen möchte, traurig zu sein, will ich mich an Ostern nicht auf Kommando freuen. Das ergäbe nur eine depressive Karfreitagsstimmung und gequälte Osterfreude. Wenn wir die Osterbotschaft im Markusevangelium hören, so wie sie ursprünglich endete, werden wir überrascht sein, wie wenig dort von dem zu spüren ist, was wir Fröhlichkeit nennen. Was ist dann aber Osterfreude in einem wahren, vielleicht sehr nüchternen Sinn? Wir beiden Männer laden Sie ein, an diesem Ostermorgen einen Weg zu gehen mit zwei Frauen, die Maria hießen, und einer Frau mit Namen Salome. Wir wollen versuchen, ihre Erfahrungen am Ostermorgen mitzuerleben und nachzuempfinden.

Dieser Weg beginnt als ein Weg der Trauerarbeit. Drei Frauen trauern um einen geliebten Verstorbenen, um ihren Freund und Meister Jesus. Einen Tag lang haben sie nichts für ihn tun können, denn am Sabbat durften sie keinen Toten berühren. Jetzt ist Sonntag, der erste Tag der neuen Woche, und sie wollen ihm die letzte Ehre erweisen, in der Art und Weise, wie das in ihrer Kultur üblich war. Herr Thomanek wird nun nacheinander die Verse 1 bis 8 aus dem Bibeltext in Markus 16 lesen, und ich werde sie auslegen.

1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

Sabbat, das ist eigentlich für jüdische Menschen ein Festtag, ein Ausruhen von der Arbeit, eine Feier der vollkommenen Schöpfung Gottes. Dieser Sabbat war jedoch für die Freundinnen und Freunde Jesu ein Tag des Todes, der Leere, ja, es war, als sei die Schöpfung selbst am Ende, als sei der Sinn jeden Lebens ins Grab gesunken, denn Jesus, auf den sie all ihre Hoffnung gesetzt haben, ist am Kreuz gestorben, und als sich die Sonne in dieser Stunde verfinsterte, war es ihnen, als sei das Wort des Anfangs: „Es werde Licht!“ von Gott für immer zurückgenommen worden.

Trotzdem, als dieser Sabbat vorüber ist, können die Frauen nicht anders als zu denken: „Das Leben muss weitergehen, irgendwie.“ Und am besten geht es weiter, wenn man sich an die vertrauten Rituale hält. Bei uns ist das die Beerdigung, der Trauerkaffee, die Fürbitte im Gottesdienst, in der katholischen Kirche die Seelenmesse. Für jüdische Frauen war es genau so selbstverständlich, für einen geliebten Verstorbenen Öle zu besorgen, um den Leichnam feierlich einzusalben.

2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

Ganz genau wird die Zeit beschrieben, zu der die Frauen am Grab eintreffen, und die Formulierung im Urtext ist auffällig. Da steht nämlich gar nicht wörtlich „am ersten Tag“, sondern „am Tag eins“. Diese Wendung soll bewusst an einen anderen „Tag eins“ erinnern, nämlich an den „Tag eins“ der Schöpfung im 1. Kapitel der Bibel. Für den Evangelisten, den Frohbotschafter Markus, beginnt an diesem neuen „Tag eins“ die Schöpfung Gottes noch einmal ganz neu.

3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

Den Frauen ist aber keineswegs bewusst, dass an diesem Morgen etwas so Weltbewegendes wie der Beginn einer neuen Schöpfung auf der Tagesordnung steht. Sie haben eine ganz konkrete Sorge wegen der Beerdigung von Jesus: der liegt ja schon im Grab, und vor der Grabhöhle liegt ein riesengroßer Stein, den die Frauen nicht einmal mit vereinten Kräften wegrollen können. Sie sprechen darüber, wie man eben über alltägliche Sorgen spricht. Für sie, die noch keinen christlichen Sonntag als Feiertag kennen, ist ja Werktag, grauer Alltag, an dem sie eine traurige Pflicht zu erfüllen haben und sich dieser Pflicht aus tief empfundener Freundschaft auch gerne widmen.

4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

Zum ersten Mal kommt in unserem Abschnitt das Wort „sehen“ vor. Die Frauen sehen hin und nehmen etwas wahr, was sie nicht erwartet haben: Ihre Sorge ist unbegründet gewesen, der schwere Stein liegt gar nicht mehr vor dem Grab. Wie groß und unüberwindlich ihre Sorge sich ihnen dargestellt hat, wird im Nachhinein noch einmal unterstrichen, indem der Evangelist bemerkt, dass der Stein „sehr groß“ war. Um so erstaunlicher ist es, dass er nicht mehr vor dem Grab liegt. Kann den Frauen damit auch ein riesiger Stein vom Herzen fallen? Sind alle ihre Sorgen überwunden?

5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

Das Grab ist offen, und die Frauen können hineingehen. Und zum zweiten Mal sehen sie. Und zwar wieder etwas Unerwartetes. Nämlich nicht den Leichnam Jesu, sondern einen jungen Burschen, der in aller Seelenruhe im Grab sitzt, auf der rechten Seite, und ihnen fällt auf, dass er ein langes weißes Gewand anhat. Mir fällt dabei auf, dass im Markusevangelium nur ein einziges weiteres Mal ein Jüngling erwähnt wird. Dort aber ist er nicht weiß gekleidet, sondern er hat gar nichts an. Es ist ein junger Mann, der bei der Gefangennahme Jesu auch von Soldaten ergriffen werden soll, der reißt sich aber los und kann nur seine nackte Haut retten. Ist er es, der sich inzwischen feierlich gekleidet hat, der jetzt im Grab Jesu zur Ruhe gekommen ist, der die Aufgabe übernimmt, für die Frauen ein Bote Gottes zu werden, ein Engel, ohne dass dieses Wort vom Evangelisten Markus ausdrücklich genannt wird?

Die Reaktion der Frauen auf den jungen Mann im Grab ist verständlich: Sie entsetzen sich! Was hat ein lebendiger unbekannter junger Mann in diesem Grab zu suchen? Markus verwendet hier dasselbe Wort, das er auch benutzt, um die Angst und Erschütterung Jesu im Garten Gethsemane zu beschreiben, als er sich wünscht, der Leidenskelch möge an ihm, so Gott will, vorübergehen. Es ist, als ob den Frauen erst in diesem Augenblick so richtig klar wird, wie furchtbare Angst und Schmerzen Jesus ausgestanden haben muss. Bisher mögen sie alle Gedanken daran verdrängt haben, aber jetzt, in diesem Grab, in dem sie gezwungen sind, ihre Augen aufzumachen, weil Dinge geschehen, die ihren Erwartungen widersprechen, kehrt sich ihr Inneres plötzlich nach außen, und blankes Entsetzen tritt hervor.

6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

Der junge Mann spricht zu den Frauen ganz ähnlich, wie wir es in der Bibel von Engeln kennen. „Fürchtet euch nicht!“, so haben Maria und Josef, die Eltern Jesu, und die Hirten von Bethlehem die Stimme des Engels gehört. „Entsetzt euch nicht!“, so versucht der Jüngling im Grab Jesu die Frauen zu beruhigen.

Dann sagt er ihnen etwas, was sie schon wissen: Ja, sie suchen Jesus, den Gekreuzigten. Er sagt es ihnen, weil sie den hier nicht finden werden. Dreifach bekräftigt er das: „Er ist aufgestanden.“ „Er ist nicht hier.“ „An der richtigen Stelle seid ihr, wo sie ihn hingelegt haben. Aber nicht an der richtigen Stelle, um ihn noch hier zu finden.“ Auf dreifach betonte Weise sagt er ihnen damit: Ihr könnt Jesus nicht beerdigen wie jeden anderen Toten. Ihr könnt erst recht um Jesus keinen Totenkult machen. Ihr könnt ihn nicht einsalben und für immer aufbewahren, so wie er war. Ihr müsst, ihr dürft ihn loslassen. Zum dritten Mal kommt hier das Wort „sehen“ vor – in diesem Fall sollen sie eine leere Stelle sehen, vielleicht im Sinne von „selig sind, die nicht sehen und doch glauben“.

7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

Einen Auftrag hat der Bote Gottes für die Frauen. Er schickt sie als Botinnen zum Kreis der Jünger und insbesondere zu Petrus, und wieder sollen sie alle sehen, zum vierten Mal, in Galiläa, dort, wo Jesus begonnen hatte, seine Botschaft zu verkünden, sollen die Jüngerinnen und Jünger sich versammeln, um Jesus noch einmal zu sehen.

Was hat es zu bedeuten, dass der Engel die Frauen beauftragt, den Jüngern seine Botschaft auszurichten? Er könnte doch direkt zu ihnen gehen. Vielleicht sogar mit mehr Aussicht auf Erfolg. Stattdessen schickt er Frauen, die damals als unzuverlässige Zeugen galten. In anderen Evangelien heißt es dann ja auch: das alles mit der Auferstehung sei Weibergeschwätz, darauf könne man nichts geben. Aber Markus erzählt es so, dass der Engel nur zu den Frauen redet. Und er mutet den Jüngern und besonders, namentlich genannt, dem Petrus zu, dass sie den Frauen glauben.

8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

So endet das Evangelium, die Frohe Botschaft nach Markus. Was der Engel sagt, scheint die Frauen überhaupt nicht erreicht zu haben. Sie sollen sich nicht entsetzen. Stattdessen werden sie von Zittern und Entsetzen regelrecht ergriffen, in Panik verlassen sie das Grab und fliehen Hals über Kopf davon. Und in ihrer Furcht vergessen sie sogar, ihren Auftrag auszurichten: „Sie sagten niemandem etwas.“

Das soll nun ein Osterevangelium sein? Frohbotschaft? Kein Wunder, dass spätere Abschreiber des Markusevangeliums gemeint haben: „Das darf doch nicht wahr sein!“ Sie schrieben einen neuen Schluss, in dem Jesus selbst erscheint, so wie in den anderen Evangelien. In diesem neuen Schluss verkündigen Maria Magdalena und die Emmausjünger dann doch die Botschaft von der Auferstehung, und Jesus geigt den Jüngern gehörig die Meinung, weil sie diesen dreien nicht glauben wollten.

Aber ursprünglich ließ es Markus „gut sein“ mit einem Schluss voller Furcht und Zittern und Entsetzen.

Gleich möchte ich mit Ihnen noch kurz darüber nachdenken, was an einer solchen Osterbotschaft gut sein kann.

Teilnehmende an der Osterandacht 2015 im Licht der Morgensonne
Teilnehmende an der Osterandacht 2015 im Licht der Morgensonne

Zuvor singen wir aus dem Lied 111 die Strophen 11 bis 14. In ihnen geht es darum: nicht nur die Auferstehung Jesu selbst ist ein Wunder, sondern es ist auch ein Wunder, wenn es bei uns Ostern wird, also wenn wir selber von der Osterbotschaft ergriffen werden und nicht nur von Zweifel oder Entsetzen:

11. O Wunder groß, o starker Held! Wo ist ein Feind, den er nicht fällt? Kein Angststein liegt so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja.

12. Wie tief Kreuz, Trübsal oder Pein: mein Heiland greift allmächtig drein, führt mich heraus mit seiner Hand. Wer mich will halten, wird zuschand‘. Halleluja.

13. Lebt Christus, was bin ich betrübt? Ich weiß, dass er mich herzlich liebt; wenn mir gleich alle Welt stürb ab, g’nug, dass ich Christus bei mir hab. Halleluja.

14. Mein Herz darf nicht entsetzen sich, Gott und die Engel lieben mich; die Freude, die mir ist bereit‘, vertreibet Furcht und Traurigkeit. Halleluja.

Warum lässt Markus es ursprünglich gut sein mit seinem unfröhlichen Schluss einer Schrift, die er selber „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus“ nennt? Meint er, dass er in seiner Situation nur einen Anfang beschreiben kann, aber noch nicht, wohin dieser Weg führen wird?

Markus schrieb sein Evangelium in der Zeit des jüdischen Krieges, um das Jahr 70, als die Römer Jerusalem und den Tempel zerstörten, als sie einen Aufstand jüdischer Freiheitskämpfer brutal niederschlugen und Hunderte von ihnen zu kreuzigen, wie sie 40 Jahre zuvor Jesus gekreuzigt hatten. Ich verstehe, dass Markus angesichts dieser Ereignisse die Botschaft von Jesus nicht so fröhlich erzählen konnte, wie es noch Paulus 20, 30 Jahre vorher gekonnt hatte. Markus ging das Schicksal Israels nahe, denn Jesus war auch für die Juden gestorben, nicht nur für die anderen Völker der Welt, und er hielt zwar an der Wahrheit der Auferstehung fest, aber er wusste noch nicht so recht, was sie bedeuten sollte angesichts so großen Leides in seiner unmittelbaren Gegenwart. Es war, als würde er die Osterbotschaft verkündigen wollen vor Angehörigen und Freunden der Menschen, die um die Opfer des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen trauern, oder als sei er sprachlos angesichts der Situation im heutigen Irak, wo auch wieder Kreuze stehen, wo Christen, Jesiden und schiitische Muslime hingemordet werden von fanatischen IS-Terroristen. Markus mag Menschen aus dem Herzen sprechen, die ihre persönlichen Belastungen, Selbstzweifel, Trauer, Depressionen, nicht einfach wegwischen können, weil jemand sagt: „Jesus ist auferstanden“. Es kann ein weiter Weg sein, um zu spüren: Jesus ist auch im allertiefsten Leid bei mir, und genau das kann dann ein Grund zu neuer Freude sein. Aber es kostet manche Menschen sehr viel Überwindung, um zur eigenen Schwachheit zu stehen, um einen Zusammenbruch nicht zu verdrängen, nicht zu verharmlosen, sondern ihn als das wahrzunehmen, was er ist: das Ende alter Möglichkeiten, das Leben zu meistern, vielleicht auch nur notdürftig irgendwie hinzukriegen, vielleicht das Ende eines falschen Stolzes, mit dem man meinte, alles allein ohne fremde Hilfe, bewältigen zu können. So am Ende sind die Frauen am Ende des Markusevangeliums. Sie fliehen. Sie schweigen. Noch sind sie nicht fähig, wirklich auf den Engel zu hören, ihm zu gehorchen, die Botschaft weiterzutragen.

Irgendwann werden sie das dann doch tun. Sie müssen es irgendwann gesagt haben. Sonst wäre die Botschaft nicht zu uns durchgedrungen. Das Wunder ist geschehen. Aber auch Wunder brauchen manchmal ihre Zeit. Und tatsächlich geschieht das Osterwunder immer wieder, auch heute. Obwohl es – weil es ja ein Wunder ist – alles andere als selbstverständlich ist.

Singen wir nun im Wechsel mit Herrn Martin Thomanek den Psalm 30 (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart), ein Lied vom Wunder der Verwandlung einer Klage in ein Lied der Freude. Wir antworten auf die Psalmworte jeweils mit der Antiphon: „Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell.“

2 Ich will dich rühmen, Herr, denn du hast mich aus der Tiefe gezogen und lässt meine Feinde nicht über mich triumphieren.

3 Herr, mein Gott, ich habe zu dir geschrien, und du hast mich geheilt.

„Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell.“

4 Herr, du hast mich herausgeholt aus dem Reich des Todes, aus der Schar der Todgeweihten mich zum Leben gerufen.

8 Herr, in deiner Güte stelltest du mich auf den schützenden Berg. Doch dann hast du dein Gesicht verborgen. Da bin ich erschrocken.

„Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell.“

9 Zu dir, Herr, rief ich um Hilfe, ich flehte meinen Herrn um Gnade an.

11 Höre mich, Herr, sei mir gnädig! Herr, sei du mein Helfer!

„Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell.“

12 Da hast du mein Klagen in Tanzen verwandelt, hast mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet.

13 Darum singt dir mein Herz und will nicht verstummen. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.

„Du führst mich hinaus ins Weite; du machst meine Finsternis hell.“

Jesus, du hast Grab und Tod überwunden. Dich bitten wir:

Erfülle uns mit staunender Osterfreude. Dass wir unbeschwerte Momente finden und diese Freude als Botinnen und Boten der Auferstehung an unsere Mitmenschen weitergeben können.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Für die Menschen, die sich nicht freuen können. Für die Opfer von körperlicher und seelischer Gewalt, von Kriegen, Naturkatastrophen und menschengemachter Zerstörung unserer Lebensräume. Für die Menschen, deren Seele durch Krankheit, Alter oder Einsamkeit verdunkelt ist. Lass sie alle Menschen finden, die sich ihrer annehmen, und Hoffnung schöpfen in deiner befreienden Gegenwart.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Für die christlichen Konfessionen auf ihrem Weg der Verständigung. Lass uns zusammenwachsen in der Freude über die Osterbotschaft.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Für den Dialog der Weltreligionen untereinander. Dass der Fanatismus und die Gewalt Weniger nicht den Blick auf den guten Willen Vieler versperrt, sondern gegenseitiger Respekt ein angstfreies Miteinander ermöglicht.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Für die Mächtigen in Kirche und Gesellschaft. Dass sie stets das Wohl derer vor Augen haben, für die sie Verantwortung tragen.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Für unsere Verstorbenen. Schenke ihnen die ewige Freude, dich schauen zu dürfen.

„Kyrie, Kyrie eleison. Kyrie, Kyrie eleison.“

Zu dir kommen wir mit unserer Freude und unserem Leid. Sei bei uns und höre unsere Bitten. Amen.

Wir beten mit Jesu Worten um das Kommen von Gottes Reich:

Vater unser

Wir singen das Lied 99, in dem es auch heißt, dass wir froh sein sollen. In tiefem Leid, in tiefer Trauer, dürfen wir wissen, dass wir nicht im Nichts versinken, nicht endgültig verschlungen werden vom Tod. Es gibt Hoffnung, die uns weitergehen lässt, weiter leben lässt. Es lohnt sich, für Liebe, für Frieden, für Menschlichkeit auch zwischen Menschen verschiedener Kultur und Religion einzutreten:

1. Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

2. Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.

3. Halleluja, Halleluja, Halleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Nun geht mit Gottes Segen in diesen Ostertag:

Der Herr segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

Bläsernachspiel

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