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Elihu hält Hiob eine Osterpredigt

Menschen im Volk Israel haben eine Ahnung von der Osterbotschaft, nämlich von der Wahrheit, dass schon der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, schon der Gott des Mose und des Elia kein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebenden ist. Gott will, dass die Menschen Erlösung erfahren, indem sie nicht zu den Toten fahren, sondern das Licht sehen.

Sonne über grauen Wolken
Sonne über grauen Wolken (Grafik: Pixabay)
direkt-predigtAbendmahlsgottesdienst am Ostersonntag, 31. März 2013, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Am Ostersonntag begrüße ich alle herzlich im Gottesdienst in der Pauluskirche mit dem Ostergruß: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“

In der Predigt wird Herr Pfarrer Schütz heute die Osterbotschaft mit Hilfe von Gedanken aus einem Buch des Alten Testaments verkündigen. Im Mittelpunkt steht im Buch Hiob 33, 28:

Gott hat mich erlöst, dass ich nicht hinfahre zu den Toten, sondern mein Leben das Licht sieht.

Wir singen das Lied 103:

1. Gelobt sei Gott im höchsten Thron samt seinem eingebornen Sohn, der für uns hat genug getan. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

2. Des Morgens früh am dritten Tag, da noch der Stein am Grabe lag, erstand er frei ohn alle Klag. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

3. Der Engel sprach: »Nun fürcht‘ euch nicht; denn ich weiß wohl, was euch gebricht. Ihr sucht Jesus, den find’t ihr nicht.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

4. »Er ist erstanden von dem Tod, hat überwunden alle Not; kommt, seht, wo er gelegen hat.« Halleluja, Halleluja, Halleluja.

5. Nun bitten wir dich, Jesu Christ, weil du vom Tod erstanden bist, verleihe, was uns selig ist. Halleluja, Halleluja, Halleluja.

6. O mache unser Herz bereit, damit von Sünden wir befreit dir mögen singen allezeit: Halleluja, Halleluja, Halleluja.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Psalm 118, 15.17.22-24:

15 Man singt mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten: Die Rechte des HERRN behält den Sieg!

17 Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen.

18 Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis.

21 Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen.

22 Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden.

23 Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen.

24 Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Ostern ist dieses Jahr alles andere als ein Frühlingsfest. Nach einem weißen Gründonnerstag und Karfreitag mit Schneefall ist es auch heute noch so kalt, als wolle der Winter nicht einmal im April das Feld räumen. Das muss kein Schade sein, denn wir würden das Osterfest missverstehen, wenn es abhängig wäre vom Auf und Ab der Jahreszeiten. Jesu Auferstehung geschieht ja entgegen allen irdischen Erwartungen und Befürchtungen und lässt auch gläubige Menschen zuweilen zweifeln: Kann das wahr sein? Ist der Tod tatsächlich überwunden? Schlimmer als die jahreszeitliche Kälte ist eine Kälte der Empfindungen in uns, zwischen uns und in der Beziehung zu Gott. Wir bitten dich, Gott, überwinde die Kälte und schenke uns die Wärme der Osterbotschaft. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

So betete Hanna im Alten Testament (1. Samuel 2, 6):

6 Der HERR tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf.

Und so spricht unser auferstandener Herr Jesus Christus, wie der Prophet Johannes in der Offenbarung seine Stimme hört (Offenbarung 1, 17c-18):

17 Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte

18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Vater im Himmel, öffne uns für die Wahrheit der Osterbotschaft, dass sie uns anrühre und in uns eindringe und uns verwandle, so dass wir ein Teil des sichtbaren Leibes deines Sohnes Jesu Christi werden, ein Teil der Kirche, dazu berufen, in dieser Welt als Gemeinschaft der Heiligen zu leben. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres auferstandenen Herrn. „Amen.“

Wir hören das Osterevangelium nach Markus 16, 1-8:

1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen aus dem Lied 111 die Strophen 1 bis 3:

1. Frühmorgens, da die Sonn aufgeht, mein Heiland Christus aufersteht. Vertrieben ist der Sünden Nacht, Licht, Heil und Leben wiederbracht. Halleluja.

2. Wenn ich des Nachts oft lieg in Not verschlossen, gleich als wär ich tot, lässt du mir früh die Gnadensonn aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn. Halleluja.

3. Nicht mehr als nur drei Tage lang mein Heiland bleibt ins Todes Zwang; am dritten Tag durchs Grab er dringt, mit Ehr sein Siegesfähnlein schwingt. Halleluja.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde!

Vor ein paar Wochen flatterte Post von unserer Landeskirche in alle evangelischen Haushalte: Unter der Überschrift „Wiedersehen“ sollte ein Impuls zum Verständnis der Botschaft von Karfreitag und Ostern gegeben werden. Beide sind keine gegensätzlichen Feiertage, sondern sie gehören zusammen, sie bedingen einander. Der Abschied des Karfreitags ist offen für ein Wiedersehen, für neue Begegnung. Erschütterung und Ohnmacht angesichts des Todes können abgelöst oder verwandelt werden in neue Bewegtheit, Hoffnung, ja sogar in Freude.

Als wir darüber einmal in kleiner Runde sprachen, wurde die Frage gestellt, ob man sich wirklich nach dem Tod ein Wiedersehen in der Ewigkeit wünschen solle. Kann man sich nicht auch einfach Ruhe wünschen, wenn man genug gelebt hat? Nicht endlos weiterleben, nur friedlich entschlafen…?

Dieses Gespräch hat mir wieder einmal gezeigt, wie unterschiedliche Gedanken sich Menschen über den Tod machen. Im Paulustreff hatten wir auch letzte Woche über das Thema Trauer nachgedacht, und es kamen ganz verschiedene Fragen zum Ausdruck. Zum Beispiel ob man sich überhaupt mit diesem Thema auseinandersetzen möchte. Viele haben mehr Angst vor dem Sterben als vor dem Tod, weil man ja vorher nicht weiß, was man alles durchmachen muss, bevor man stirbt. Ich habe vorgeschlagen, die Einsicht Dietrich Bonhoeffers zu beherzigen, dass Gott uns die nötige Kraft, um Schweres zu bewältigen, nicht im voraus gibt. Aber wir dürfen gewiss sein, dass er sie uns nicht vorenthalten wird, wenn es darauf ankommt. Eine andere Frage war, wie leicht oder schwer es uns fallen würde, die Dinge dieser Welt, unsere Pläne und Besitztümer und vor allem unsere Lieben hier auf Erden loszulassen. Wer gar nichts besitzt und gar keine Pläne schmiedet, etwa für den Aufbau einer Familie oder für den Ruhestand, der mag leichter loslassen können als einer, der sich viel vornimmt. Die Mönche des Buddhismus versuchen ja nach der Einsicht zu leben, dass jeder Besitz und jede Leidenschaft, sogar alle Liebe und Freundschaft, letztlich Leiden verursacht. Daher solle man sich aller Gefühle und aller Bindungen enthalten, wenn ich richtig verstanden habe, dann könne man sich vom Leiden befreien. Aber diese Art des Verzichts auf alle intensiven menschlichen Beziehungen würde mir völlig widerstreben und widerspricht auch grundlegenden Einsichten unserer eigenen jüdisch- christlichen Tradition: Wer viel liebt, wird zwar auch im Loslassen geliebter Menschen Leid erfahren, aber dieses Leid ist nicht als solches schlecht. Im Gegenteil, Liebe ist so kostbar, dass um ihretwillen auch Leid und Trauer bewusst angenommen und getragen werden können.

Ich möchte nun Worte aus eben dieser jüdisch-christlichen Tradition anschauen, die im Alten Testament stehen, im Buch Hiob 33. Es sind Worte, die normalerweise nicht einer christlichen Osterpredigt zu Grunde gelegt werden. Aber ich finde, sie passen gut zu unserer modernen Diskussion über den Tod und neues Leben, über Loslassen und Trauerarbeit.

Das ist schon deshalb so, weil diese Worte Teil einer großen Auseinandersetzung sind, die Hiob letzten Endes mit Gott darüber führt, ob Gott ihn zu Recht oder zu Unrecht mit Unglück und Krankheit gestraft hat. Drei Freunde haben Hiob in langen Reden vorgehalten, er solle doch zugeben, mit irgendeiner Schuld Gottes Zorn hervorgerufen zu haben. Als sie schließlich entnervt aufgeben, tritt ein theologisch gebildeter Mann auf den Plan, der den Namen Elihu trägt, auf deutsch: „Er ist mein Gott“ (Hiob 32, 1-2):

1 Da hörten die drei Männer auf, Hiob zu antworten, weil er sich für gerecht hielt.

2 Aber Elihu, der Sohn Barachels des Busiters, aus dem Geschlecht Ram, ward zornig. Er ward zornig über Hiob, weil er sich selber für gerechter hielt als Gott.

Wenn ich heute diesen Elihu in einer Osterpredigt zu Wort kommen lasse, lasse ich mich auf ein Experiment ein, von dem ich am Anfang meiner Predigtvorbereitung noch nicht weiß, ob es gelingen wird. Eigentlich ist es ja meine Überzeugung, dass Hiob im Buch Hiob am Ende von Gott Recht bekommt. Er darf Gott anklagen, er darf sich für gerecht halten, als Leser des Buches Hiob wissen wir ja mehr als Hiob und seine Freunde selbst, nämlich dass Gott durch das große Leid, das Hiob auferlegt, sein Gottvertrauen auf die Probe stellen will. Aber nun steht das, was Elihu sagt, auch in der Bibel, und gerade im Gegenüber zu den Zweifeln Hiobs an Gottes Gerechtigkeit, ist das, was Elihu im 33. Kapitel des Hiobbuches über Tod und Leben sagt, durchaus bedenkenswert. Elihu spricht also Hiob direkt an:

1 Höre doch, Hiob, meine Rede und merke auf alle meine Worte!

2 Siehe, ich tue meinen Mund auf, und meine Zunge redet in meinem Munde.

3 Mein Herz spricht aufrichtige Worte, und meine Lippen reden lautere Erkenntnis.

Was Elihu hier ausdrückt, ist für jedes aufrichtige Gespräch wichtig: Die Bitte um genaues, aufmerksames Zuhören. Die Einsicht, dass unser Reden nur teilweise bewusst geplant ist – wenn wir unseren Mund öffnen, mag unsere Zunge durchaus schneller einen Gedanken formulieren, als wir es eigentlich wollen. Dennoch: Elihu nimmt sich im tiefsten Herzen vor, aufrichtig und bei der Wahrheit zu bleiben.

4 Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen hat mir das Leben gegeben.

5 Kannst du, so antworte mir; rüste dich gegen mich und stelle dich.

Elihu will über Tod und Leben reden, und er beginnt mit einer Erinnerung daran, dass er genau wie sein Gesprächspartner Hiob dem Geist Gottes allein sein Leben verdankt. Er sieht sich mit Hiob auf Augenhöhe in einer Debatte, in der er ihm nichts schenken will.

6 Siehe, vor Gott bin ich wie du, und aus Erde bin auch ich gemacht.

7 Siehe, du brauchst vor mir nicht zu erschrecken, und mein Drängen soll nicht auf dir lasten.

Trotz aller Härte in seiner Argumentation will Elihu jedoch ein faires Gespräch; darum erinnert er Hiob daran, dass sie beide aus Erde gemacht, also endlich und begrenzt sind und nicht allwissend wie Gott selbst. Er will Hiob nicht in die Enge treiben, nicht erschrecken und ihm keine unerträglich Last auferlegen. Und dann kommt Elihu zur Sache:

8 Du hast geredet vor meinen Ohren, den Ton deiner Reden höre ich noch:

9 »Ich bin rein, ohne Missetat, unschuldig und habe keine Sünde.

10 Siehe, Gott erfindet Vorwürfe wider mich, er betrachtet mich als seinen Feind;

11 er hat meine Füße in den Block gelegt und hat acht auf alle meine Wege.«

12 Siehe, darin hast du nicht recht, muss ich dir antworten; denn Gott ist mehr als ein Mensch.

13 Warum willst du mit ihm hadern, weil er auf Menschenworte nicht Antwort gibt?

Wir müssen zugeben, diese Argumente klingen plausibel. Wüsste ich nicht, dass Gott am Ende in diesen Punkten doch dem Hiob und nicht dem Elihu Recht gibt, ich könnte dem Elihu kein Argument entgegenhalten.

Haben wir nicht gerade als evangelische Christen gelernt, dass kein Mensch ohne Sünde ist, dass wir nur durch Christi Tod am Kreuz Erlösung von unserer Sünde und Vergebung unserer Schuld erfahren? Ist nicht genau dies die ehrliche Überzeugung vieler gläubiger Menschen, dass man mit Gott nicht hadern darf, wenn seine Gedanken und Wege für uns unergründlich sind?

Elihu bleibt aber nicht dabei stehen, Hiobs Haltung allgemein in Frage zu stellen. Er weist darauf hin, dass Gott mit uns Menschen auf verschiedene Art und Weise Kontakt aufnimmt:

14 Denn auf eine Weise redet Gott und auf eine zweite; nur beachtet man’s nicht.

15 Im Traum, im Nachtgesicht, wenn der Schlaf auf die Menschen fällt, wenn sie schlafen auf dem Bett,

16 da öffnet er das Ohr der Menschen und schreckt sie auf und warnt sie,

17 damit er den Menschen von seinem Vorhaben abwende und von ihm die Hoffart tilge

18 und bewahre seine Seele vor dem Verderben und sein Leben vor des Todes Geschoss.

Gott nutzt Träume, um mit uns zu reden, davon ist Elihu überzeugt, und wenn wir an Josef, den Sohn Jakobs, und Josef, den Mann der Maria, denken, wird dieser Gedanke in der Bibel mehr als bestätigt. Nicht jeder Traum enthält eine Nachricht von Gott, aber es kann durchaus sein, dass unsere Träume Signale enthalten, die uns auf Wichtiges hinweisen, das wir im bewussten Wachzustand vielleicht verdrängen. Wir mögen getrieben sein von geheimen Ansprüchen und Ängsten, die uns daran hindern, auf das zu achten, was uns im Leben wirklich gut tut und was Gott mit uns vorhat.

19 Auch warnt er ihn durch Schmerzen auf seinem Bett und durch heftigen Kampf in seinen Gliedern

20 und richtet ihm sein Leben so zu, dass ihm vor der Speise ekelt, und seine Seele, dass sie nicht Lust hat zu essen.

21 Sein Fleisch schwindet dahin, dass man’s nicht ansehen kann, und seine Knochen stehen heraus, dass man lieber wegsieht;

22 so nähert er sich der Grube und sein Leben den Toten.

Hier kommt Elihu auf mancherlei Schmerzen und Beschwerden zu sprechen, die einem Menschen, die Kraft und Lust zum Leben nehmen. Darin sieht er eine zweite Art, in der Gott uns Menschen Warnungen zukommen lässt, ganz im Sinne des Wortes Psalm 90, 12:

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“

Doch dann wird es noch interessanter, denn es kommt zu einer dritten Art der Begegnung mit Gott (wieder Hiob 33):

23 Kommt dann zu ihm ein Engel, ein Mittler, einer aus tausend, kundzutun dem Menschen, was für ihn recht ist,

24 so wird er ihm gnädig sein und sagen: »Erlöse ihn, dass er nicht hinunterfahre zu den Toten; denn ich habe ein Lösegeld gefunden.

25 Sein Fleisch blühe wieder wie in der Jugend, und er soll wieder jung werden.«

Hier hält Elihu also dem verzweifelten Hiob vor, dass er auf Gottes Engel vertrauen könnte. So wie ein Engel im Grab Jesu den verzweifelten Frauen verkündet: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier“, so könnte auch Hiob ein Engel erscheinen, der ihm die Erlösung vom Tod verspricht, neues Leben, Rückkehr zu seinen jugendlichen Kräften.

Man könnte einwenden: Da geht es ja um verschiedene Dinge. Jesus ist bereits tot und wird erweckt zu einem ganz neuen Leben in verwandelter Gestalt. Er kehrt nicht zurück in ein Leben auf dieser Erde. Elihu dagegen möchte sich wohl genau so wenig wie Hiob vorstellen, eine Erlösung erst in einem Leben nach dem Tod zu finden. Aber ist nicht die Haltung der beiden Männer im Buch Hiob, die zunächst einmal auf eine Erlösung im Diesseits hoffen, unserem modernen Lebensgefühl viel näher als eine allzu schnelle Vertröstung auf die Erlösung im Jenseits?

Interessant finde ich, dass der Engel, vom dem Elihu erzählt, ein Lösegeld gefunden hat, durch das er den Menschen retten kann, der dem Tode geweiht ist. Es ist mir ein Rätsel, woher dieses Lösegeld kommt; als Christen sprechen wir davon, dass Jesus für unsere Schuld bezahlt; so sagt der Evangelist Markus 10, 45:

„Der Menschensohn ist… gekommen, … dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“

Im Buch Hiob geht auch Elihu wohl davon aus, dass Gott in seiner Gnade Wege finden kann, um Menschen aus ihrer Sünde und Todverfallenheit zu erlösen. Genau in diesem Sinne fährt Elihu fort zu reden (Hiob 33):

26 Er wird Gott bitten, und der wird ihm Gnade erweisen und wird ihn sein Antlitz sehen lassen mit Freuden und wird dem Menschen seine Gerechtigkeit zurückgeben.

27 Er wird vor den Leuten lobsingen und sagen: »Ich hatte gesündigt und das Recht verkehrt, aber es ist mir nicht vergolten worden.«

Entspricht das nicht genau unserem christlichen Glauben, dass wir vor Gott unsere Sünde bekennen und ihn um Vergebung bitten? Elihu spricht wie Paulus oder Martin Luther zu Hiob und gibt ihm die Zusage, dass Gott ihn aus Gnade rechtfertigen wird. „Die Gerechtigkeit, die du vor Gott beanspruchst, lieber Hiob, musst und kannst du nicht einklagen, Gott schenkt sie dir. Ja, du wirst sogar Gottes Angesicht sehen“, meint Elihu, was er nicht wörtlich meinen kann, aber er verspricht Hiob, dass er wieder in vollem Einklang mit Gott leben wird. „Nur, Hiob, musst du endlich bereit sein, deine Schuld einzusehen und zu bekennen, dann wirst du vom Tod erlöst!“ Dieses Versprechen an Hiob fasst Elihu noch einmal schön zusammen. Hiob wird sagen können:

28 »Gott hat mich erlöst, dass ich nicht hinfahre zu den Toten, sondern mein Leben das Licht sieht.«

So haben schon Menschen im Volk Israel eine Ahnung von der Osterbotschaft, nämlich von der Wahrheit, auf die Jesus später deutlich hinweist, dass schon der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, schon der Gott des Mose und des Elia kein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebenden ist. Gott will, dass die Menschen Erlösung erfahren, indem sie nicht zu den Toten fahren, sondern das Licht sehen.

Elihu fährt fort, indem er, offenbar aus einer reichen Lebenserfahrung heraus, dem Hiob noch einmal eine konkrete Ansage macht:

29 Siehe, das alles tut Gott zwei- oder dreimal mit einem jeden,

30 dass er sein Leben zurückhole von den Toten und erleuchte ihn mit dem Licht der Lebendigen.

Der Gott, der uns einmal das Leben gab, schenkt uns immer wieder neue Lebenschancen, davon ist Elihu überzeugt. Indem er mehrfach vom Licht der Lebendigen redet, meint er mehr als nur die äußerliche Rettung vor dem Sterben; er meint die Bewahrung vor einem sinnlosen Leben ohne das Licht der guten Gebote, ohne die Liebe des barmherzigen Gottes.

Zwei Fragen sind für mich jetzt noch offen. Die eine Frage ist, wie sich diese Osterbotschaft des Elihu zu der Osterbotschaft verhält, die wir im Evangelium von Jesus Christus hören. Darauf gehe ich gleich ein. Die andere Frage ist, inwiefern Elihu Recht hat mit seinen Ansagen an Hiob. Er beendet seinen Argumentationsgang mit diesen Worten:

31 Merk auf, Hiob, und höre mir zu und schweige, damit ich reden kann!

32 Hast du aber etwas zu sagen, so antworte mir. Sage an, ich will dir gern recht geben!

33 Hast du aber nichts, so höre mir zu und schweige; ich will dich Weisheit lehren.

Es fällt auf, wie sehr Elihu um Hiob bemüht ist. Er will ihm gerecht werden, seine Einwände hören und ernstnehmen, wenn sie berechtigt sind. Vor allem aber bittet er ihn eindringlich, still zu sein und ihm, der im Glauben erfahren ist, weiter ruhig zuzuhören. Interessant ist, dass Hiob ihm keine einzige Antwort gibt und ihm tatsächlich weiter zuhört. Allerdings ohne am Ende klein beizugeben. Hiob bleibt dabei, von Gott Gerechtigkeit und Erlösung zu erwarten, auch ohne sich zu einer Schuld zu bekennen, derer er sich nicht bewusst ist. Und am Ende sagt Gott, dass Hiob damit Recht hat.

Damit ist aber nicht alles falsch, was Elihu sagt. Wir haben ja sogar gehört, dass vieles von seinen Worten sehr evangelisch klingt und uns stärken kann in unserem Vertrauen auf die Gnade Gottes, der uns sinnvolles Leben schenkt, auch wenn wir es nicht verdienen. Das Hiobbuch kann uns aber die Einsicht vermitteln, dass es mehr als eine Art geben kann, auf Gott zu vertrauen, mit ihm zu ringen und von ihm mit Gnade gesegnet zu werden.

Und – wie ist das nun mit der anderen offenen Frage? Geht die Osterbotschaft Jesu nicht doch über die des Elihu hinaus? Ja, insofern der Glaube an die Auferstehung Jesu uns Hoffnung gibt nicht nur für das Leben vor dem Tod. Und nein, insofern auch die Botschaft des Engels an die Frauen am Grab Jesu zunächst ein Aufruf ist, ihn im eigenen Alltag zu suchen (Markus 16, 7):

„Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“

Sie sollen ihn sehen und neuen Mut bekommen, ihm in diesem Leben, hier und jetzt, nachzufolgen.

Übrigens haben die Frauen im Markusevangelium ähnliche Schwierigkeiten mit der Botschaft des Engels wie Hiob mit der Rede des Elihu. Wie Hiob sich gegen einen Trost sperrt, der von ihm ein falsches Sündenbekenntnis abverlangt, so fliehen die Frauen voll Zittern und Entsetzen von einem leeren Grab, dessen Sinn sie noch nicht begreifen.

Am Ende eines langen Weges, auf dem ich mich mit Fragen um Tod und Leben auseinandergesetzt und ein biblisches Gespräch mit Elihu und Hiob, mit Engeln und den Frauen am Grab Jesu belauscht habe, ziehe ich das Fazit: Ich hoffe, jede und jeder von uns kann auf seine Weise an den gnädigen Gott glauben, der stärker ist als der Tod und der uns das Licht des Lebens schenkt. Ich hoffe, es ist auch klargeworden, dass es Situationen gibt, in denen die Botschaft vom Leben schaffenden Gott zunächst nur Widerstand und Entsetzen auslöst. Wir dürfen Geduld haben, dass Gott uns allen Osterfreude schenken kann, auf die uns angemessene Weise. Er selbst wird uns das Herz für die Osterbotschaft öffnen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen aus dem Lied 111 die Strophen 11 bis 14:

11. O Wunder groß, o starker Held! Wo ist ein Feind, den er nicht fällt? Kein Angststein liegt so schwer auf mir, er wälzt ihn von des Herzens Tür. Halleluja.

12. Wie tief Kreuz, Trübsal oder Pein: mein Heiland greift allmächtig drein, führt mich heraus mit seiner Hand. Wer mich will halten, wird zuschand‘. Halleluja.

13. Lebt Christus, was bin ich betrübt? Ich weiß, dass er mich herzlich liebt; wenn mir gleich alle Welt stürb ab, g’nug, dass ich Christus bei mir hab. Halleluja.

14. Mein Herz darf nicht entsetzen sich, Gott und die Engel lieben mich; die Freude, die mir ist bereit‘, vertreibet Furcht und Traurigkeit. Halleluja.

Im Abendmahl ist Christus lebendig unter uns. Durch ihn erleuchtet uns das Licht der Lebendigen und wir gehen nicht im Tode verloren.

Gott, lass uns nicht um uns selber kreisen in Verzagtheit oder Übermut, in Egoismus oder Gleichgültigkeit. In der Stille bringen wir vor dich, was unsere Seele belastet:

Beichtstille

Wollt Ihr euch verwandeln lassen durch Gottes Vergebung und die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten? Dann sagt laut oder leise oder auch still im Herzen: Ja!

Auf euer aufrichtiges Bekenntnis spreche ich euch die Vergebung eurer Sünden zu – im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Der Herr sei mit euch. „Und mit deinem Geiste.“

Erhebet eure Herzen! „Wir erheben sie zum Herren.“

Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserem Gott. „Das ist würdig und recht.“

Würdig und recht ist es, dass wir Vertrauen gewinnen auf Jesu Auferstehung und auf die Gemeinschaft seines Leibes, die im Vertrauen auf Jesus zusammenwächst, und auf ein ewiges Leben, das hier durch deinen Geist der Liebe beginnt und dort im Himmel vollendet sein wird. Zu dir rufen wir und preisen dich, Heiliger Gott:

Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind seiner Ehre voll. Hosianna in der Höhe. Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosianna in der Höhe.

Vater unser und Abendmahl

Großer Gott, du öffnest uns Wege zum Glauben auf unterschiedliche Weise. Lass uns nach unserer Überzeugung leben und zugleich die anderen achten, die anders denken und glauben.

Vater Jesu Christi, schenke uns das Vertrauen auf die Auferstehung deines Sohnes, damit wir schon in diesem Leben den Mächten des Todes widerstehen und das Licht des Lebens sehen. Lass uns aufstehen und mutig die Aufgaben anpacken, die uns in Familie und Gemeinde, im Beruf und in der Politik gestellt sind.

Lebendiger Gott, du zeigst uns allen Wege, auf denen wir gehen können, jedem und jeder von uns den eigenen Weg. Manchmal begreifen wir nicht, warum du uns einen Weg versperrst, bis du uns eine andere Tür öffnest, die wir vorher nicht bemerkt hatten. Und wenn wir an die letzte Grenze hier auf Erden stoßen, die Tür zum Tod, hilf uns, dass sie für uns eine Tür zum ewigen Leben werden kann, wie auch immer Ewigkeit für uns gefüllt sein mag – als Vollendung dessen, was hier abgebrochen und unvollkommen war, als Ruhe nach einem bis zum Rand mit Liebe erfüllten Leben, als Wiedersehen mit lieben Menschen, die uns entrissen worden waren.

Tröstender Gott, wir beten zu dir für ein verstorbenes Mitglied unserer Gemeinde, für Herrn …, der im Alter von … Jahren gestorben ist und den wir in der Karwoche bestattet haben. Im Vertrauen auf das Wort: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ (Hebräer 13, 14) haben wir ihn deinen liebevollen Händen anbefohlen, dass du ihm eine Wohnung in deinem Himmel bereitest und ihm Heimat und Frieden schenkst. Für seine Angehörigen bitten wir dich um deine Begleitung und deinen Trost auf dem Weg der Trauer. Amen.

Wir singen das Lied 102:

1. Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand, ist auferstanden, die Sünd hat er gefangen. Kyrie eleison.

2. Der ohn Sünden war geboren, trug für uns Gottes Zorn, hat uns versöhnet, dass Gott uns sein Huld gönnet. Kyrie eleison.

3. Tod, Sünd, Leben und auch Gnad, alls in Händen er hat; er kann erretten alle, die zu ihm treten. Kyrie eleison.

Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen in das Osterfest:

Der Herr segne euch und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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