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Gottes Liebe gibt niemanden auf

Warum sind wir hier? Hier auf dem Friedhof, hier auf der Erde. Wir trauern um einen Menschen, wir fragen nach dem Sinn unseres Lebens. Eine Antwort finden wir im Buch des Propheten Jesaja.

Gottes Liebe gibt niemanden auf: Eine Felslawine stürzt über einen Abhang herab, das Bild erinnert an das im Text erwähnte Jesaja-Wort
Berge mögen hinfallen, aber nicht Gottes Liebe (Bild: skeezePixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Trauergemeinde, wir sind auf dem Friedhof versammelt, um von Herrn D. Abschied zu nehmen, der im Alter von [über 60] Jahren gestorben ist.

Warum sind wir hier?

Das fragen wir uns heute in doppeltem Sinn.

Warum sind wir hier – hier auf diesem Friedhof? Warum begleiten wir die Urne dieses Menschen zu seiner letzten irdischen Ruhestätte?

Und: Warum sind wir hier – hier auf Erden, was ist Sinn und Ziel unseres Erdenlebens?

Hier auf diesem Friedhof sind wir, weil ein Mensch gestorben ist, mit dem Sie alle, jeder auf seine besondere Weise, in enger Beziehung gestanden haben. Er war der Vater und Großvater, ohne den seine leiblichen Kinder und Enkel nicht auf der Welt wären. Er war der Vater, der für den nicht-leiblichen Sohn volle Verantwortung übernommen hat.

Die meisten Menschen, denen Herr D. in seinem Leben begegnet ist, sind nicht hier; seine Frau zum Beispiel ist bereits gestorben. Wir wissen nicht, wie viele Menschen er in seinem Beruf kennengelernt hat – für eine vielleicht nur einmalige und doch wesentliche Begegnung. Jeder, der ihn kannte, der ihm verbunden war, ist mit seinen eigenen Erinnerungen an Herrn D. hier; jeder nimmt Abschied auf seine eigene Weise, mit den eigenen Empfindungen. Hier auf dem Friedhof sind wir, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.

Zur anderen Frage: Warum sind wir hier, hier auf der Erde? Die Bibel gibt eindeutige Auskunft. Unser Erdenleben ist kein Zufall, sondern von Gott gewollt. Von Erde bist du genommen, heißt es, ja, wir sind Erdengeschöpfe, die wieder zu Staub und Asche zerfallen. Aber unser Leben haben wir von Gott, denn Gott gibt uns etwas von seinem eigenen Lebensatem ab, damit wir lebendig sind, für die Zeit, die uns bestimmt ist.

Die Geschichte von Adam, dem Erdenkloß, der Leben eingehaucht bekommt von Gottvater persönlich, ist zwar nichts, was irgendwann einmal historisch so passiert ist, aber sie ist eine unübertreffliche Deutung unseres Erdenlebens (1. Buch Mose – Genesis 2). Wenn wir sterben, geschieht das Umgekehrte: Unser Lebenshauch, unsere Seele, unser Geist kehrt zu Gott zurück, findet bei ihm das, was hier auf Erden nicht zu finden ist: nämlich ewige Erfüllung, Glückseligkeit, die einem niemand mehr wegnehmen kann.

Herr D. ist so gestorben, als ob er sich auf das gefreut hätte, was nun kommt. So friedlich ist er eingeschlafen, fast als hätte er ein Grinsen auf dem Gesicht.

Ist das alles zu glauben? Dass unser Leben einen ewigen Sinn hat? Dass wir, obwohl wir uns oft so erbärmlich fühlen, dennoch wertvolle Menschen sind, die im Plan Gottes eine wichtige Rolle spielen? Ja, es ist wahr, obwohl wir immer wieder zweifeln.

In der Bibel hört der Prophet Jesaja ein Trostwort von Gott (Jesaja 54, 10):

Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.

Ein Prophet ist einer, der in seinem eigenen Geist die Stimme Gottes hört. Dabei ist Jesaja nicht verrückt; er hört keine Stimme, die seine Seele zerreißt oder sein Leben zerstört, er hört die Stimme des Erbarmers.

Gott ist einer, der sich erbarmt, der so allmächtig ist, dass er genug Liebe übrig hat für jedes einzelne Lebewesen auf dieser Erde.

Berge erscheinen uns als Sinnbild der Ewigkeit, und doch nagt an ihnen der Zahn der Zeit, irgendwann tragen Gletscher, Wind und Wasser jedes Bergmassiv ab, und jeder Hügel wird eingeebnet. Wirklich ewig ist nur der Gott, der schon war, als es noch kein Weltall gab, der noch sein wird, wenn die Erde im Sternenstaub vergangen ist.

Und so unglaublich es klingt: Dieser ewige Gott lässt sich wirklich herab zu uns kleinen Erdengeschöpfen; uns nimmt er wichtig, mit uns schließt er einen Bund des Friedens, uns schenkt er seine Gnade. Damit ist eine Liebe ohne Gegenleistung gemeint, ohne Vorbedingung liebt Gott uns, denn wir sind seine Geschöpfe.

Und wenn wir meinen, es hat ja alles doch keinen Zweck, ruft uns Jesaja zu: Doch: „Gottes Liebe gibt niemanden auf, auch dich nicht!“ Wenn wir meinen, mit dem Tod ist eh alles aus, dann ruft Jesaja uns zu: „Nein, denn auch im Tod hört Gott nicht auf, uns zu lieben.“

So lange wir hier auf Erden leben, sind wir angesprochen als Menschen, die von Gott geliebt sind. Verantwortlich leben wir dann, wenn wir auf diese Liebe antworten: indem wir auch füreinander da sind. Nicht mit den Wölfen heulen, sondern an die Liebe glauben. Einem Kind, das mir anvertraut ist, zeigen, wo es lang geht und dass es auf dieser Welt willkommen ist. Einen alten Streit begraben, weil es viel schöner ist, im Frieden zu leben, als immer Recht zu haben.

Und wenn wir einen Menschen begraben, dann tun wir gut daran, ihn getrost loszulassen. Wir lassen ihn los und vertrauen ihn dem Schöpfer an, der zugleich auch ein gnädiger Richter ist. Niemand kennt uns so gut wie Gott, niemand ist so barmherzig mit uns wie Gott. Bei niemandem sind wir in der Ewigkeit so gut aufgehoben wie bei Gott – selbst dann, wenn wir uns ihm gegenüber gar nicht stark und gut fühlen. Er sieht in unser Herz, er sieht uns so, wie er uns geschaffen hat, als ein Bild seiner eigenen Liebe – und er fragt uns nur nach einem: Wo hast du in deinem Leben geliebt? Wo hast du Liebe weitergegeben, die dir geschenkt war. Denn in der Ewigkeit kann vieles nicht bestehen, aber es bleiben Vertrauen und Hoffnung, aber vor allem Liebe. Amen.

Wir beten mit Worten aus einem Lied von Arno Pötzsch (EG 533):
Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand

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