Bild: Pixabay

Gedanken zum islamischen Opferfest

Das islamische Opferfest gründet auf der Erzählung von Abraham, der sich von Gott aufgefordert weiß, seinen Sohn zu opfern. Juden und Christen kennen diese Geschichte aus dem 1. Buch Mose – und sie steht auch im Koran. Dort ist Abraham ebenfalls bereit, Gott zu gehorchen, aber zuvor fragt er seinen Sohn, was er dazu meint.

Kirchenfenster mit Abraham, dessen Sohn seine Hände nach seiner Errettung ausbreitet
Abraham bekommt seinen Sohn, den er opfern wollte, von Gott zurückgeschenkt (Bild: falcoPixabay)

#gedankeTurmgebet am Donnerstag, 25. Oktober 2012, um 18.00 Uhr im Stadtkirchenturm Gießen

Herzlich willkommen beim Turmgebet im Stadtkirchenturm Gießen!

Wir sind versammelt im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wir hören zu Beginn die biblische Tageslese für den heutigen 25. Oktober 2012 aus dem Paulusbrief 2. Korinther 4, 7-12:

7 Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwengliche Kraft von Gott sei und nicht von uns.

8 Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht.

9 Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.

10 Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde.

11 Denn wir, die wir leben, werden immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu offenbar werde an unserm sterblichen Fleisch.

12 So ist nun der Tod mächtig in uns, aber das Leben in euch.

Gott, wir bringen vor dich unsere Klage über alles, was uns belastet und bedrängt. Nicht immer sind wir so stark wie die Christen, von denen Paulus sagt, dass sie trotzdem keine Angst haben. Wir fühlen uns oft unter Druck – und Angst quält uns obendrein. Gib uns Mut, durchzuhalten! Gott, wir rufen zu dir (EG 178.11):

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Als Christen verfolgt werden wir nicht in unserem Land. Aber viele unter uns leiden darunter, dass die christliche Botschaft immer weniger Gehör findet, dass die Gemeinden immer kleiner werden. Lass uns nicht verzagen. Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

Wo wir vom Tod gezeichnet sind, wo wir mit Menschen zu tun haben, die ihre Hoffnung fast verloren haben, da fällt es uns schwer, diese Schwachheit anzunehmen, diese Durststrecke mit auszuhalten, das Sterben Jesu an unserem Leibe oder in der Seele eines lieben Mitmenschen zu ertragen. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.

In der Stille denken wir an dich, Gott, dass deine Kraft in uns Schwachen mächtig ist, dass dein Leben unseren Tod überwindet.

Wir können an dir festhalten, denn du hältst uns fest in deiner Hand. Wir können dich im Herzen tragen, denn wir sind von dir getragen. Wir glauben, hilf unserem Unglauben.

Stille

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! (Psalm 103, 2)

Wir singen aus dem Lied 165 die ersten vier Strophen:

1. Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die Augen nieder; kommt, ergebt euch wieder.

2. Gott ist gegenwärtig, dem die Cherubinen Tag und Nacht gebücket dienen. Heilig, heilig, heilig! singen ihm zur Ehre aller Engel hohe Chöre. Herr, vernimm unsre Stimm, da auch wir Geringen unsre Opfer bringen.

3. Wir entsagen willig allen Eitelkeiten, aller Erdenlust und Freuden; da liegt unser Wille, Seele, Leib und Leben dir zum Eigentum ergeben. Du allein sollst es sein, unser Gott und Herre, dir gebührt die Ehre.

4. Majestätisch Wesen, möcht ich recht dich preisen und im Geist dir Dienst erweisen. Möcht ich wie die Engel immer vor dir stehen und dich gegenwärtig sehen. Lass mich dir für und für trachten zu gefallen, liebster Gott, in allem.

Heute, am 25. Oktober 2012, beginnt für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger das viertägige Opferfest. Hintergrund dieses Festes ist eine Geschichte von Abraham, die in unserer Bibel steht, und zwar im 1. Buch Mose – Genesis 22, 1-14:

1 Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich.

2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.

3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte.

4 Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne

5 und sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.

6 Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander.

7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?

8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander.

9 Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz

10 und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete.

11 Da rief ihn der Engel des HERRN vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich.

12 Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.

13 Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes Statt.

14 Und Abraham nannte die Stätte »Der HERR sieht«. Daher man noch heute sagt: Auf dem Berge, da der HERR sieht.

Heute ist nicht die Zeit, diesen Text im einzelnen auszulegen. Nur darauf will ich eingehen, wie diese Erzählung im Koran aufgenommen wird. Dabei finde ich interessant, dass dort Abraham zwar ebenfalls bereit ist, Gott zu gehorchen, aber zuvor fragt er seinen Sohn, was er dazu meint.

Ich lese einige Verse aus der 37. Sure in der Übersetzung des katholischen Theologen Hans Zirker. Diese Verse sind aus der Sicht Gottes formuliert:

99 [Abraham] sagte: „Ich gehe zu meinem Herrn, er wird mich führen.

100 Herr, schenk mir einen der Rechtschaffenen.“

101 Da verkündeten wir ihm einen gütigen Jungen.

102 Als der dann erwachsen war, dass er sich mit ihm mühen konnte, sagte er: „Lieber Sohn, ich sah im Schlaf, dass ich dich schlachte. So schau, was meinst du?“

103 Als dann beide gottergeben waren und er ihn mit der Stirn auf den Boden legte,

104 riefen wir ihm zu: „Abraham,

105 du hast [das Traumgesicht bereits wahrgemacht]. So vergelten wir denen, die das Gute tun.

106 Das ist die deutliche Prüfung!“

107 Wir lösten ihn mit einem mächtigen Schlachtopfer aus

108 und hinterließen bei den Späteren über ihn:

109 „Friede über Abraham!“

110 So vergelten wir denen, die das Gute tun.

111 Er gehört zu unseren gläubigen Dienern.

In der späteren islamischen Tradition wird auch die Mutter Ismaels, Hagar, in den Kreis derer mit aufgenommen, die sich mit Gottes furchtbarem Auftrag auseinandersetzen müssen und die „deutliche Prüfung“ bestehen; hier kommt dem Teufel die Rolle zu, die drei Familienmitglieder anzusprechen und von ihrem Gottvertrauen abzubringen.

Wir singen das Lied 414:

1. Lass mich, o Herr, in allen Dingen auf deinen Willen sehn und dir mich weihn; gib selbst das Wollen und Vollbringen und lass mein Herz dir ganz geheiligt sein. Nimm meinen Leib und Geist zum Opfer hin; dein, Herr, ist alles, was ich hab und bin.

2. Gib meinem Glauben Mut und Stärke und lass ihn in der Liebe tätig sein, dass man an seinen Früchten merke, er sei kein eitler Traum und falscher Schein. Er stärke mich in meiner Pilgerschaft und gebe mir zum Kampf und Siege Kraft.

3. Lass mich, solang ich hier soll leben, in gut und bösen Tagen sein vergnügt und deinem Willen mich ergeben, der mir zum Besten alles weislich fügt; gib Furcht und Demut, wann du mich beglückst, Geduld und Trost, wann du mir Trübsal schickst.

4. Ach, hilf mir beten, wachen, ringen, so will ich dir, wenn ich den Lauf vollbracht, stets Dank und Ruhm und Ehre bringen, dir, der du alles hast so wohl gemacht. Dann werd ich heilig, rein und dir geweiht, dein Lob verkündigen in Ewigkeit.

Gott, wir bitten dich, dass wir deinen Willen erkennen und zum Dienst für dich bereit sind. Gott, wenn wir nicht begreifen, welche Schicksalsschläge du uns schickst, lass uns das Vertrauen zu dir nicht verlieren. Gott, wenn wir uns fragen, warum Menschen auf so unterschiedliche Weise glauben und denken, dann hilf uns, unseren eigenen Glauben klar zu leben und zu bekennen und zugleich Menschen anderen Glaubens zu respektieren und dort von ihnen zu lernen, wo die Art, wie sie glauben, auch uns in unserem Glauben stärken kann.

Vater unser

Empfangt Gottes Segen:

Es segne dich Gott, der Vater. Er sei der Raum, in dem du lebst. Es segne dich Jesus Christus. Er sei der Weg, auf dem du gehst. Es segne dich der Heilige Geist. Er sei das Licht, das dich zur Wahrheit führt. Amen.

EG 483: Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.