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Gesegnet mit Liebe

In der Trauerfeier für eine Frau, die es nicht leicht hatte in ihrem Leben, gehe ich auf die Frage ein, worin der Segen Gottes für diese Frau und ihre Familie wohl bestanden haben mag.

Gesegnet mit Liebe: Sonnenstrahlen brechen durch dunkle Wolken hindurch
Sonnenstrahlen, die durch dunkle Wolken brechen, als Symbol für Gottes Segen (Bild: Lynn GreylingPixabay)

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe Gemeinde, wir sind hier versammelt, um von Frau P. Abschied zu nehmen, die im Alter von [über 50] Jahren gestorben ist.

Wir können es noch nicht fassen, dass sie tot ist. Wir besinnen uns auf das, was sie uns bedeutet hat, wie sie uns geprägt hat und uns begegnet ist. Wir seufzen über das, was belastend war, wir sind traurig, dass wir Abschied nehmen müssen, und wir denken dankbar an alles, was ihr und unser Leben mit Liebe erfüllt hat.

Wir denken auch an Gott, der uns das Leben schenkt. Zu ihm beten wir mit dem Psalm 23:

1 EIN PSALM DAVIDS. Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. Amen.

Liebe R., lieber S., liebe Trauerfamilie, liebe Gemeinde!

Aus den Händen des Guten Hirten nehmen wir unser Leben, so lange es währt. Für diese Trauerfeier habt ihr einen Bibelvers ausgesucht, in dem deutlich wird, wer dieser Gute Hirte ist und wie er für uns da ist. Er steht in einem Brief des Apostels Paulus (Epheser 1, 3):

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.

Da versucht der Apostel Paulus zu beschreiben, wie Gott für uns da ist. Gott segnet uns als Vater vom Himmel her, aber er bleibt nicht da oben im Himmel, sondern er ist in Jesus unser Bruder hier auf der Erde geworden. Und dieser Jesus hat Gottes Segen sozusagen leibhaftig auf die Erde gebracht, geistlichen Segen, das ist Liebe pur, Liebe von Gott in der Höhe für uns hier unten auf der Erde.

Ich bin überzeugt: Nur von dieser Liebe leben wir. Nur wo wir Liebe erfahren und Liebe geben, da leben wir wirklich. Jesus hat uns vorgemacht, wie das geht, das war nicht immer leicht, das führte ihn zu den Ausgestoßenen der Gesellschaft, zu den scheinbar Gescheiterten und Bedeutungslosen, bis dahin, dass er selber ausgestoßen und hingerichtet wurde und scheinbar gescheitert ist am Kreuz. Im Wirklichkeit, so glauben es wir Christen, war Jesus am Kreuz kein Verlierer, sondern ein Sieger – er besiegte durch seine Liebe die Sünde und den Tod und die Hölle der Verzweiflung. Er zeigte, dass die Liebe stärker ist als alles, was Menschen einander antun können, und dass es sich lohnt, auf Liebe und Vergebung zu vertrauen.

Gott segnet uns, und er hat auch Frau P. gesegnet.

Erinnerungen an das Leben der Verstorbenen

Aber so ganz glatt lief ihr Leben nicht ab; es gab noch die andere Seite, dass sie seelisch schwer erkrankte und eine Abhängigkeit entwickelte, aus der sie nur sehr schwer herauskam und die auch körperliche gesundheitliche Folgen hatte.

Das dürfen wir ruhig beim Namen nennen, es war ja kein Geheimnis. Und jetzt komme ich auf das Besondere an dem Segen, der uns von Gott geschenkt ist: Segen ist nicht einfach ein stromlinienförmiges Glück, das uns quasi in den Schoß fällt; Segen wird uns manchmal auf Umwegen zuteil, und wir erfahren ihn zuweilen in besonderer Weise, wenn wir schon meinten, es sei alles verloren.

Was ich sagen will: Frau P. hat in ihrem Leben nie zu kämpfen aufgehört. Ihr Lebenswille blieb ungebrochen. Sie suchte sich jede Hilfe, die sie bekommen konnte, und ich war beeindruckt, wie offen sie mit ihren Problemen umging und wie sie sich bemühte, für ihre Kinder eine gute, liebevolle Mutter zu sein.

Und umgekehrt wart ihr, liebe R. und lieber S., als Kinder ein Segen für eure Mutter. Ihr wart auch für sie da; da gab es gemeinsame Ferien und liebevoll gestaltete Geschenke zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Natürlich gab es auch den Kontakt zu den anderen in Familie und Freundschaft. Ich erinnere nur an die „tonnenweise Plätzchen“, die Frau P. gebacken hat, wenn reihum in der Familie Weihnachten gefeiert wurde.

Schwer krank war sie schon seit vielen Jahren. Aber insgesamt hat sie dann doch noch viel länger gelebt, als ihre Ärzte und sie selbst es für möglich gehalten haben. Offenbar wollte sie sich einfach nicht aufgeben. Sie hatte zu viel, um dafür gerne zu leben. Das ist es, was ich ein gesegnetes Leben nenne. Inzwischen ist sie auch Großmutter geworden. Sie hat gerne die Enkelkinder betreut; da wurde gemalt und gekuschelt und vorgelesen.

Noch in den letzten Tagen im Krankenhaus war sie geistig voll da, sie kriegte alles mit, sie konnte noch einmal sagen: „Ich hab dich lieb“ und zuletzt die Hände ihrer Kinder halten, kurz bevor sie starb; und wie es sich fügte, kam genau in diesem Augenblick die Sonne hinter den Wolken hervor, und ihr Lieblingslied lief im Radio. Es sollte so sein, dass ihr Geschwister gemeinsam von der Mama Abschied nehmt.

Ihr habt ein ganz unterschiedliches Verhältnis zur Mutter gehabt, wie überhaupt alle in der Familie ihre ganz eigene Geschichte mit ihr hatten; das hast du, liebe R., sehr schön auf den Punkt gebracht, indem du gesagt hast: „Meine Mama war von jedem ein Teil des Lebens.“ Wenn Sie alle an sie zurückdenken, dann war nicht alles nur reiner Sonnenschein, aber die Sonne kam doch immer wieder heraus.

Es gab Zeiten, da musste Frau P. lernen, mehr an sich und ihre Kinder zu denken und sich nicht ausnutzen zu lassen. Das geht nicht ohne Konflikte ab, aber es ist manchmal nötig, um überleben zu können. Dabei half sie ja jedem gerne, aber oft hatte sie gar nicht genug Kräfte dafür, was aber nicht jeder wirklich merkte – oder erst dann, als sie wirklich auch körperlich sehr schwer krank war.

Was mich an Ihrer Familie oft beeindruckt hat, das war Ihre Art, mit Gefühlen und Konflikten umzugehen. Ja, da war man schon einmal zornig aufeinander. Aber wenn es darauf ankam, war man auch wieder füreinander da, immerhin war man eine Familie. Man konnte erleben, dass einer sich beim anderen entschuldigte, einen neuen Anfang machte. Gerade gegenüber sehr engen Familienmitgliedern ist es möglich, eine ganze Palette gemischter Gefühle zu empfinden. Und manchmal ist es wichtig, einen Ort und ein offenes Ohr zu haben, wo man darüber reden und das ganze Durcheinander auch einmal klären kann.

Nun sind wir hier, um Frau P. die letzte Ehre zu erweisen, sie zu Grabe zu tragen. Dazu fällt mir ein, dass sie selber mir einmal gesagt hat, wie wichtig sie es fand, dass bei einer Beerdigung ein Pfarrer dabei ist. Das war, als sie mir einmal vom Tod einer Bekannten erzählte, die nur anonym ohne Pfarrer beigesetzt wurde. „Die Kirche gehört schon dazu“, meinte sie, und sie regte mich dazu an, dass wir damals wenigstens im Gottesdienst ohne Namensnennung für ihre Bekannte gebetet haben. Genau so wichtig war es ihr übrigens, dass ihre Tochter zum Konfirmandunterricht ging; da habe ich dich dann noch ein wenig besser kennengelernt.

Und schon als du noch ein Kind warst, hatte sie mit dir gebetet; du hast dich daran erinnert, an das Gebet vor dem Einschlafen:

Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Augen zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein.

Jetzt hat Frau P. für immer die Augen geschlossen. Und auch jetzt dürfen wir den Vater im Himmel bitten, dass er seine Augen nicht von ihr abwendet, dass er auch im Himmel bei ihr ist mit seiner Liebe und Güte.

In diesem Vertrauen zu Gott, unserem Vater im Himmel, dürfen wir sie getrost loslassen, denn ich bin davon überzeugt, dass er sie liebevoll in seine Arme schließt, dass im Himmel alle ihre Schmerzen und Nöte überwunden sind, dass sie dort die Erfüllung all ihrer Sehnsucht erwarten darf. Amen.

Barmherziger Gott, nimm Frau P. gnädig auf in dein ewiges Reich. Hilf uns, dass wir sie getrost loslassen können in Dankbarkeit und Liebe. Lass uns niemals allein sein, wenn wir traurig sind, wenn wir jemanden brauchen, bei dem wir uns aussprechen können. Hilf uns zu bewältigen, was uns belastet, und vergib uns, was wir einander schuldig geblieben sind.

Lass uns den Gedanken ertragen, dass auch unser Leben begrenzt ist, und dass es klug ist, jeden Tag als kostbares Geschenk aus deiner Hand anzunehmen. Wo wir die Lücken schmerzlich spüren, die ein geliebter Mensch in unserem Leben hinterlassen hat, da lass uns nicht verzweifeln. Was uns an Liebe geschenkt wird, lass uns dankbar annehmen. Gib uns genug Kraft, um für alle da sein zu können, die uns brauchen, vor allem für die Kinder. Amen.

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