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In Gott versteckt

Zu guter Letzt …

… frage ich in der Kindergartenandacht zum Pfingstfest, warum man den Heiligen Geist nicht sehen kann. Maxi sagt: „…weil er sich versteckt.“

Ein Kind im Versteck
Ein Kind im Versteck (Bild: Free-PhotosPixabay)

Ich habe seitdem immer wieder über diese Antwort nachgedacht. Kinder können kluge Theologen sein, indem sie unbefangener über Gott nachdenken als Erwachsene und vielleicht erst recht als ein studierter Pfarrer, der bei seinem vielen Wissen manchmal den Wald (Gott, wie er für uns da ist) vor lauter Bäumen (komplizierten Glaubenssätzen) nicht mehr sieht.

Ich denke an eine jüdische Geschichte. Der kleine Jeschiel kommt zum Großvater, dem berühmten Rabbi Baruch, und weint: „Mein Freund ist sehr unschön zu mir. Wir haben Verstecken gespielt, und ich habe mich so gut versteckt, dass der andere mich nicht finden konnte. Aber da hat er einfach aufgehört, mich zu suchen, und ist weggegangen. Ist das nicht unschön?“ Auch dem Großvater treten Tränen in die Augen, er streichelt dem Jungen die Wangen und sagt: „Ja, das ist sehr unschön. Und siehst du: Mit Gott ist es genauso. Er versteckt sich, und wir Menschen suchen ihn nicht einmal.“

Aber wo finden wir Gott? Wo versteckt er sich, damit wir ihn finden? In der Bibel steht sein Wort, verpackt in menschliche Worte. Es lohnt sich, was dort gesagt ist, sorgsam auszupacken, wie ein Geschenk, und zu uns reden zu lassen. Das kann man allein tun oder gemeinsam, zum Beispiel in unserm ökumenischen Bibelgespräch. Gott sagt selber: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen“ (Jeremia 29, 13b-14a).

Mir fällt noch ein Stück kindlicher Theologie ein. Dorothee Sölle erzählt einmal von ihrer fünfjährigen Enkelin: „Sie fragt mich: Wo war ich damals? Und ich sage: Du warst noch nicht auf der Welt. Da sagt sie: Wo war ich denn? Und ich (blöd, wie Erwachsene nun einmal sind): Du warst noch nicht geboren. Irgendwo muss ich doch gewesen sein!, sagt sie. Und ich sage so etwas hilflos: Du warst noch versteckt. Das Kind denkt einen Augenblick nach und sagt: Claro, ich war in Gott versteckt.“

Finden wir Gott, indem wir uns in ihm, umfangen von seiner Liebe, versteckt finden?

Eine Frau, die in hohem Alter ihren Haushalt allein bewältigt, erzählt mir: „Ich hab einen, der auf mich aufpasst.“ Manchmal sucht sie etwas sehr lange und findet es dann doch.

„Man kann ihn ja nicht sehen“, meint sie. Da merke ich, dass sie von Gott spricht. Er ist ihr ein Halt, indem er sie sieht und ihr zur Seite steht.

Pfarrer Helmut Schütz

„Zu guter Letzt“ Juni bis August 2008 im Gemeindebrief der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

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