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Karfreitag – ein guter Freitag?

Das Gesicht Jesus mit Dornenkrone am Kreuz
Jesus mit Dornenkrone (Bild: falcoPixabay)
Zu guter Letzt …?

Es ging nicht gut aus mit diesem Jesus, den die meisten für einen guten Menschen, viele für einen Propheten, einige sogar für den Sohn Gottes hielten. Am Ende schrieen zu viele: „Kreuzige ihn!“ Pilatus sprach das Todesurteil wider besseres Wissen. Befehlsempfänger führten Befehle aus. Freunde flohen in panischem Entsetzen. Wie kam es dazu?

„Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab.“ So bringt es ein Lied von Jürgen Henkys auf den Punkt. Die Welt, das sind in der Sprache der Bibel wir Menschen, wenn Gott uns fremd ist. Ich könnte versuchen, ihn kennen zu lernen. Leichter ist es, den Stab über ihn zu brechen, über Gott zu richten.

Gott liebt zu wenig. So bin ich versucht zu denken, wenn mein persönliches Schicksal nicht ganz wunschgemäß verläuft und wenn ich Gottes Rolle im Weltgeschehen beurteile: so viel Leid – und Gott verhindert es nicht.

Oder geht Gottes Liebe zu weit? Nicht einmal Mörder, Huren und Betrüger sollen von ihr ausgenommen sein? Habe ich keine Vorteile, wenn ich nach den Geboten lebe und den richtigen Glauben vorweisen kann?

Die Welt bricht den Stab über Gottes Liebe. Schuld an seinem Tod sind Verzweifelte und Fromme, Römer und Juden, Feinde und Freunde Jesu, Damalige und Heutige.

Doch ich staune: Gottes Liebe bricht den Stab nicht über uns. „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Mit diesem Wort (Lukas 23, 34) wird aus dem „Kar“-Freitag, aus dem Freitag des Leides und der Wehklage, zu guter Letzt doch ein „Guter“ Freitag, wie die Christen in England und in den Niederlanden den Karfreitag nennen.

Wer entsetzt vom Kreuz wegläuft, ist vielleicht auf dem besten Weg, sich selbst zu erkennen: „Was habe ich nur getan?“ Und wer das barmherzige Wort des unbarmherzig gequälten Mannes am Kreuz in Ohr und Herz eindringen lässt, hat Gott kennen gelernt: Da hing er selbst, am Kreuz. Da hörte er nicht auf, mich zu lieben.

Pfarrer Helmut Schütz

„Zu guter Letzt“ März – Mai 2001 im Gemeindebrief der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

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