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Kletterwald

Beim Betriebsausflug im Kletterwald kann ich Höhenangst überwinden, indem ich mich sicher und getragen fühle. Ich mache die Erfahrung, dass Schweben und anstrengende Arm- und Beinarbeit – und das Angewiesensein auf klare Regeln – keine Gegensätze sind.

Ein Mann auf und zwischen den Seilen im Kletterwald
Erfahrungen im Kletterwald als Gleichnis für das Getragensein im Glauben (Bild: Hans BraxmeierPixabay)

Andacht in der Kirchenvorstandssitzung der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen am Dienstag, 8. Juli 2014

Liebe Kirchenvorstandsmitglieder, in der Andacht heute möchte ich Ihnen einfach ein wenig von unserem gestrigen Betriebsausflug erzählen. Wir waren im Kletterwald auf dem Schiffenberg, und ich habe mich getraut, mitzuklettern. Da ich mich einigen der jungen studentischen Hilfskräfte und unserem männlichen Erzieher anschloss, bin ich sogar zwei der besonders schwierigen Parcours angegangen.

Was mich besonders beeindruckt hat: Eigentlich habe ich schon etwas Höhenangst. Oder, genauer gesagt, eher Angst vor der Tiefe, wenn ich weit oben stehe und über eine nicht ganz so hohe Brüstung nach unten schaue, dann kriege ich so ein kribbeliges Gefühl im Bauch und denke – was passiert, wenn du jetzt abstürzt?

Gestern war ich mit einem sicheren Tragegurt an den Drahtseilen fest angeleint, ich vertraute auf die Sicherheitstechnik und auf die Möglichkeit, im Notfall „Weißer Helm“ zu rufen, dann nämlich kommen die Mitarbeiter des Kletterwaldes sofort herbei und seilen einen auch mitten in einem Parcours sicher ab. Das alles führte dazu, dass ich mich auf das Klettern einlassen konnte, ohne wirklich Angst zu empfinden. Durch die Gleitsichtbrille verschwamm ein wenig die deutliche Sicht nach unten, aber auch wenn ich einmal direkt nach unten sah, kam mir die Höhe nicht bedrohlich vor, ich war ja sicher in meinem Tragegurt. Ich konnte mich nach und nach immer unbefangener einfach fallen und frei durch die Luft gleiten lassen.

Ich musste im Nachhinein an das Lied denken, das ich im Gottesdienst am Sonntag ausgelegt habe. Da wird Gott mit der Luft verglichen, die wir atmen und ohne die wir nicht leben könnten. „Luft, in der wir schweben“, heißt es da. Ja, so fühlte ich mich gestern buchstäblich, schwebend in der Luft, gehalten wie von sicheren Händen.

Das heißt aber nicht, dass es nicht auch anstrengend gewesen wäre. Im Gegenteil – nach dem Schweben war es ein schweres Stück Arbeit, sich auf die nächste Plattform hinaufzuziehen, hier und da war es schön, die hilfreiche Hand einer Mitarbeiterin aus dem Kindergarten zu haben, die mir half, hinaufzukommen. Andere Stellen gab es, wo man zwischendurch schwere Armarbeit leisten musste, um sich an Seilen und auf Bohlen zwischen den Bäumen entlangzuhangeln.

Schweben und Arbeiten sind offenbar keine Gegensätze. Auch im Glauben, auch im normalen Leben ist das wahr: Wir sind getragen von Gott, von seiner Kraft, und zugleich nutzen wir die Kräfte, die er uns schenkt, um sie einzusetzen und unseren Alltag zu bewältigen und unser Miteinander zu gestalten.

Wichtig sind beim Klettern auch die Regeln des Zusammenlebens. Jeder muss sich an die Regeln halten, sonst könnten Unfälle passieren. Nie mehr als drei Leute auf einer Plattform, nie einen Abschnitt eines Parcours beginnen, wenn noch ein anderer auf der Strecke ist, um Hilfe rufen, wenn man sie braucht. Solche Regeln sind auch in unserem normalen Leben unverzichtbar.

Singen wir aus dem Lied 165 die Strophen 5 und 7:

Luft, die alles füllet, drin wir immer schweben, aller Dinge Grund und Leben, Meer ohn Grund und Ende, Wunder aller Wunder: ich senk mich in dich hinunter. Ich in dir, du in mir, lass mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.

Mache mich einfältig, innig, abgeschieden, sanft und still in deinem Frieden; mach mich reines Herzens, dass ich deine Klarheit schauen mag in Geist und Wahrheit; lass mein Herz überwärts wie ein Adler schweben und in dir nur leben.

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