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Jesus schafft Frieden „auf empörter Erde“

Die Welt ist empört, wir sind verstört. Empörung klingt stark und selbstsicher, Verstörung nach Schwäche und Unsicherheit. Es ist leicht, sich gegen Gottes Frieden zu empören, auch gegen eine Bundeskanzlerin, die bei aller Machtpolitik zugleich ihrem Herzen folgt und der man unterstellt, dass sie dabei die Realität aus den Augen verliert. Wir brauchen Jesu Beistand, um seinen Frieden zu erneuern.

Denkmal für Flüchtlinge auf Zypern (Gruppe von jungen Menschen mit gespaltenen Köpfen, geteilter Identität)
Denkmal für Flüchtlinge auf Zypern (Bild: Dimitris VetsikasPixabay)

#predigtGottesdienst am 1. Sonntag im Advent, 29. November 2015, 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Zum Gottesdienst am 1. Advent begrüße ich alle herzlich in der Pauluskirche mit dem Wort zur Woche aus dem Prophetenbuch Sacharja 9, 9:

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.

Wir singen aus dem Lied 1 die Strophen 1 bis 3:

1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit, ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit sich bringt; derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer reich von Rat.

2. Er ist gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist sein Gefährt, sein Königskron ist Heiligkeit, sein Zepter ist Barmherzigkeit; all unsre Not zum End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Heiland groß von Tat.

3. O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat. Wohl allen Herzen insgemein, da dieser König ziehet ein. Er ist die rechte Freudensonn, bringt mit sich lauter Freud und Wonn. Gelobet sei mein Gott, mein Tröster früh und spat.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Heute ist der 1. Advent. Mit diesem Sonntag beginnt ein neues Kirchenjahr, darf die Vorfreude auf Weihnachten so richtig durchstarten. Advent heißt „Ankunft“, Warten auf das Christkind, das an Weihnachten zur Welt kommt, Warten auf Jesus, der als Friedenskönig in unseren Herzen wohnen und unsere Herzen für seine Ankunft öffnen will. Darum singen wir „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ Viele Kinder und auch manche Erwachsene werden übermorgen die erste Tür am Adventskalender aufmachen und sich dann jeden Tag ein wenig überraschen lassen. Im Jahr 2015 denken wir im Advent aber auch an die Ankunft der vielen Flüchtlinge, für die unser Land Tore und Türen aufgemacht hat, damit sie bei uns Schutz und viele von ihnen einen neuen Anfang finden. Von ihnen hat Jesus gesagt (Matthäus 25, 35):

Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen.

Kommt, lasst uns ihn anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Ankunft, Advent, das ist nicht nur eine Zeit des Warten auf ein idyllisches Fest. Maria und Josef waren unterwegs wie viele Flüchtlinge heute, brachten ihr Kind in einem Viehstall zur Welt. Auch in diesen Tagen sind Menschen gestorben in Familien unserer Gemeinde. Und viele machen sich Sorgen, ob die Integration der Flüchtlinge gelingen wird oder ob es irgendwo wieder weitere Terroranschläge geben wird.

Gott, Vater Jesu Christi, lass uns nicht vergessen, dass du es bist, der zu uns kommt in den Nächsten, in den Fremden, in allen Menschen, die uns brauchen. Und auch wir selbst brauchen Trost und Kraft, Mut und Liebe von dir. Darum rufen wir zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Wir beten Worte aus dem Psalm 24, 7-10, im Gesangbuch stehen sie unter der Nummer 712. Dabei lese ich die linksbündigen Verse und Sie bitte die nach rechts eingerückten Teile:

Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!

Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr, stark und mächtig, der Herr, mächtig im Streit.

Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!

Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr Zebaoth; er ist der König der Ehre.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Großer Gott, du kommt zu uns als König der Ehre, das heißt, dass du dort deine Ehre verteidigst, wo Menschen bedroht sind durch Terror und Krieg, durch Angst und Feindseligkeit. Du bist der Herr Zebaoth, der Herr der Heerscharen, das klingt kriegerisch, damit sind aber die Engelmächte gemeint, die dich umscharen und die uns beschützen und zum Frieden ermahnen. Bringe Frieden, indem du das Böse besiegst, und fang damit in unseren eigenen Herzen an. Darum bitten wir dich, Gott, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung zum 1. Advent aus dem Evangelium nach Matthäus 21, 1-9:

1 Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jünger voraus

2 und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt, und gleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir!

3 Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.

4 Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht:

5 „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.“

6 Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte,

7 und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf.

8 Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.

9 Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. Gemeinde: „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen das Lied 13:

1. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir, ja er kommt, der Friedefürst. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem!

2. Hosianna, Davids Sohn, sei gesegnet deinem Volk! Gründe nun dein ewig Reich, Hosianna in der Höh! Hosianna, Davids Sohn, sei gesegnet deinem Volk!

3. Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild! Ewig steht dein Friedensthron, du, des ewgen Vaters Kind. Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild!

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde,

wir haben gesungen von den Türen und Toren, die weit und hoch aufgemacht werden. Wir haben daran gedacht, dass Jesus tatsächlich in unser Land einzieht, in all den vielen, die hier Zuflucht suchen, weil sie in ihrem Heimatland Krieg und Terror, Hunger und Elend in unerträglichem Ausmaß erlebt haben.

Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen.

So spricht Jesus, der Menschensohn, in seinem Gleichnis vom Weltgericht (Matthäus 25, 35). Ist das ein Grund zur Freude oder eher zur Angst und zur Sorge?

Im zweiten Lied haben wir die „Tochter Zion“ zur Freude aufgefordert, also die Bevölkerung von Jerusalem, die beim Tempelberg Zion lebt, der heute so hart umstritten ist zwischen den Religionen: „Freue dich, denn dein König kommt, der Friedefürst, der Sohn Davids.“ Auch bei diesem Lied kommen mir unwillkürliche Gedanken. Wann wird endlich Friede möglich sein in Jerusalem, zwischen Israelis und Palästinensern? Und wird unsere evangelische Kirche es schaffen, spätestens bis zum Reformationsjubiläum in zwei Jahren die unerträglichen antijüdischen Äußerungen unseres Reformators Martin Luther deutlich zu verurteilen? Denn das kann ja wohl nicht sein: von Zion und vom Frieden zu singen und zugleich die Juden vom Frieden auf Erden und vom Heil im Himmel auszuschließen, weil sie es abgelehnt haben, an den Messias Jesus zu glauben. Wenn Jesus tatsächlich der Friedenskönig für alle Menschen ist, und davon bin ich fest überzeugt, dann schaut er am Ende die Menschen nicht darauf an, ob sie mit der richtigen Religionszugehörigkeit an die Himmelstür klopfen, sondern ob sie die Liebe des Vaters im Himmel annehmen konnten und entsprechend seiner Barmherzigkeit gelebt haben.

Ein drittes Adventslied, ein unbekannteres, geschrieben von Friedrich Rückert, möchte ich mit Ihnen, mit euch, jetzt anschauen und ebenfalls singen, um noch etwas mehr davon zu erfahren, was für ein Friedenskönig Jesus ist. Schlagen Sie, schlagt bitte das Lied 14 auf. Wir hören die einzelnen Strophen, und ich lege sie dann, eine nach der anderen, aus.

1. Dein König kommt in niedern Hüllen,
ihn trägt der lastbarn Es‘lin Füllen,
empfang ihn froh, Jerusalem!
Trag ihm entgegen Friedenspalmen,
bestreu den Pfad mit grünen Halmen;
so ist’s dem Herren angenehm.

„Niedere Hüllen“ trägt unser König. Einfache Windeln in der Krippe, einfache Handwerkerkleidung als Erwachsener. Keine Prunkgewänder, keine Maßanzüge. Auf dem Fohlen einer Lasteselin reitet Jesus in Jerusalem ein, nicht auf einem stolzen Schlachtross.

Hier wird kein Kriegsheld beim Triumphzug in seiner Hauptstadt bejubelt, der vielleicht noch die Köpfe seiner Feinde oder die errungene Beute präsentiert, nein, dieser Herr ist zufrieden, wenn man ihm einen roten Teppich aus grünen Palmblättern auf der Straße auslegt, so verwelklich und verletzbar wie unser menschliches Leben und wie der Friede, den dieser König unter uns Menschen schaffen will.

2. O mächt‘ger Herrscher ohne Heere,
gewalt‘ger Kämpfer ohne Speere,
o Friedefürst von großer Macht!
Es wollen dir der Erde Herren
den Weg zu deinem Throne sperren,
doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.

In der zweiten Strophe wird das Lied zum Gebet. Jesus wird angeredet. Als Gottes Sohn hat er Anteil an Gottes Allmacht der Liebe. Jesus ist mächtig, obwohl er über keine Soldaten verfügt. Er kämpft gewaltig, aber ohne Gewalt.

Vor zwei Wochen haben unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden in einer Predigt, die sie in der Thomasgemeinde gehalten haben, sehr eindrucksvoll beschrieben, wie man von Jesus lernen kann, Gewalt ohne Gewalt zu beantworten, faustlos mit Mobbing umzugehen. Weltfremd kam den meisten von ihnen Jesu Gebot der Feindesliebe ganz und gar nicht vor. Allerdings sprachen die Konfis von Konflikten, die sie tagtäglich erleben, in der Schule, im normalen Alltag.

Und wenn es härter zugeht, wenn kriminelle Handlungen begangen werden, dann ist es notwendig, die Polizei einzuschalten; dafür ist die staatliche Gewalt nach Gottes Willen auch da, nämlich Verbrechern Einhalt zu gebieten. Aber was ist, wenn die staatliche Gewalt selber zu den Verbrechern gehört, wenn die Herren der Erde aus Machtgier oder religiösem Fanatismus die Gebote Gottes mit Füßen treten und mit Mord- und Totschlag regieren? Das ist die Art, wie Anti-Friedensfürsten dem Friedenskönig Jesus seinen Weg zum Friedensthron versperren wollen. Damals war es der Kaiser in Rom, später war es Hitler und Stalin, heute sind es der IS und andere Terror-Regimes.

Aber wenn das im Hintergrund unserer Liedstrophe steht, können wir dann so einfach diese Zeile singen: „Du gewinnst ihn ohne Schlacht“? Gewinnt Jesus tatsächlich den Weg zu seinem Königsthron? Wie macht er das, wenn er den bewaffneten Kampf der Zeloten damals ablehnt? Er gewinnt, indem er scheinbar verliert. Er lässt sich töten, statt selber zu töten. Er stirbt am Kreuz, aber seine Liebe, sein

Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!

(Lukas 23, 34), sein Gottvertrauen mitten im verzweifelten Schrei der Gottverlassenheit, all das können sie nicht töten, bis heute nicht.

Und so mag es notwendig sein, dass die Gemeinschaft der Staaten heute die Stellungen des IS auch mit militärischer Gewalt angreift. Aber wirklicher Friede kann nur mit einer Haltung aufgebaut werden, wie sie Jesus vorgelebt hat: dass Menschen überall auf der Erde in ihrer Würde geachtet werden und einander im Frieden begegnen, auch wenn sie kulturell oder religiös anders geprägt sind.

3. Dein Reich ist nicht von dieser Erden,
doch aller Erde Reiche werden
dem, das du gründest, untertan.
Bewaffnet mit des Glaubens Worten
zieht deine Schar nach allen Orten
der Welt hinaus und macht dir Bahn.

Hier wird Jesu Wort zitiert, das er vor dem Statthalter Roms ausgesprochen hat (Johannes 18, 36):

Mein Reich ist nicht von dieser Welt.

Und unser Lied macht deutlich, dass damit trotzdem keine Weltfremdheit gemeint ist. Jesu Reich des Friedens, das mitten unter uns anbricht, wird letzten Endes stärker sein als alle Reiche dieser Welt, die auf Gier und Geld und Gewalt aufbauen.

Hier ist auch von den Waffen die Rede, mit denen die Gemeinde Jesu Christi ihren Kampf für den Frieden führt: Es sind gewaltfreie Waffen, Worte des Glaubens, Worte, die auf Gottvertrauen aufbauen und Vertrauen wecken wollen. Die Friedenstruppe Jesu ist vielleicht nur eine kleine Schar von Leuten, aber sie fasst doch immer wieder Fuß in aller Welt. Wir gehören dazu, wenn wir den Mut gewinnen, Worte des Friedens zu sagen, dort, wo Unmenschlichkeit oder Hass gepredigt wird, und dort, wo man Menschen mit Vorurteilen oder Ablehnung begegnet, nur weil sie fremd und uns noch unvertraut sind.

4. Und wo du kommst herangezogen,
da ebnen sich des Meeres Wogen,
es schweigt der Sturm, von dir bedroht.
Du kommst, dass auf empörter Erde
der neue Bund gestiftet werde,
und schlägst in Fessel Sünd und Tod.

Diese Strophe erinnert an wunderbare Geschichten im Leben Jesu, an die Stillung des Sturms, an seinen Sieg über die Sünde, an seine Auferstehung. Wie kann Jesus aber auch heute noch herangezogen kommen? Er ist doch nicht mehr leibhaftig auf der Erde! Es ist sein Geist der Liebe, der auf uns zu kommt, wo wir uns mit anderen gemeinsam auf ihn einlassen. Im Vertrauen auf den Gott, der uns liebt, indem wir an Jesus denken, wie er für Menschen jeder Nation und Religion da war, spüren wir etwas von den Wundern, die auch unter uns geschehen können. Die Wogen eines Meeres voller Tränen können eingeebnet werden, wir müssen nicht in Traurigkeit, Angst oder Depression untergehen. Und selbst Stürme von Feindschaft, Zorn und Hass, die uns ängstigen, können von Jesu Stimme zum Schweigen gebracht werden.

Und wenn die Erde empört ist in unserem Lied, da denke ich an gerechte Empörung über die Zerstörung, die unserer Erde und ihrem Klima angetan wird. Mir fällt aber auch die Empörung so genannter besorgter Bürger ein, die mit unmenschlichem blinden Hass gegen alles vorgeht, was anders und fremd ist und was als Bedrohung empfunden wird.

Auf der empörten Erde will Jesus einen neuen Bund zwischen Gott und den Menschen stiften, besser gesagt: der ursprünglich mit Israel geschlossene Bund soll erneuert und ausgeweitet werden: erneuert, so dass die Freundschaft mit Gott keine äußerliche Vorschrift ist, sondern in die Herzen der Menschen eingeschrieben wird, ausgeweitet, so dass die ganze Menschheit in diesen Bund mit aufgenommen wird.

Am Ende nimmt das Lied den Mund noch voller: Jesus schlägt sogar die Sünde und den Tod in Fesseln. Er ist ja nicht nur ein wahrer Mensch, er ist zugleich wahrer Gott, in ihm lebt Gottes Liebe vollkommen. Und so kann er die Sünde, unsere Trennung von Gott überwinden. Und da Gott ihn vom Tode auferweckt, besiegt er sogar den Tod.

5. O Herr von großer Huld und Treue,
o komme du auch jetzt aufs neue
zu uns, die wir sind schwer verstört.
Not ist es, dass du selbst hienieden
kommst, zu erneuen deinen Frieden,
dagegen sich die Welt empört.

Überschwänglich wird Jesus als Herr von großer Huld und Treue angeredet. Das Wort „Huld“ mag ich eigentlich nicht gern, weil es eine Liebe von oben herab bezeichnet. Jesus ist Gott, indem er nicht oben geblieben ist, sondern als wahrer Mensch an unserer Seite steht. Als solcher liebt er uns wie ein Bruder mit der Liebe des Vaters im Himmel, und mit einer Treue, die nicht zerbrechen kann.

An dieser Stelle wird das Lied ausdrücklich adventlich: Komm ganz neu zu uns, so wie du damals zur Welt gekommen bist! Wenn es nicht auch bei uns Advent wird, wäre dein Kommen damals umsonst gewesen.

Eben war schon von der Empörung der Erde die Rede gewesen, jetzt von der Empörung der Welt und von unserer Verstörung.

Die Welt ist empört, wir sind verstört.

Empörung klingt stark und selbstsicher, Verstörung eher nach Schwäche und Unsicherheit.

Es ist leicht, sich gegen Gottes Frieden zu empören, auch gegen eine Bundeskanzlerin, die bei aller Machtpolitik doch zugleich ihrem Herzen folgt und der man unterstellt, dass sie dabei die Realität aus den Augen verliert. Notwendig ist es, dass wir den Beistand Jesu selbst bekommen, um seinen Frieden unter uns zu erneuern.

Ja, in unserer Gesellschaft herrscht seit Jahrzehnten jedenfalls kein Krieg. Ja, es ist sogar allen Unkenrufen zum Trotz gelungen, dass wir eine multikulturelle Gesellschaft geworden sind, in der Menschen vielfältiger Kulturen und Religionen im Frieden miteinander leben. Aber dieser Friede ist immer wieder gefährdet durch Menschen, die Terror machen, und durch Menschen, die sich an den falschen Stellen in unmenschlicher Weise empören.

6. O lass dein Licht auf Erden siegen,
die Macht der Finsternis erliegen
und lösch der Zwietracht Glimmen aus,
dass wir, die Völker und die Thronen,
vereint als Brüder wieder wohnen
in deines großen Vaters Haus.

Die letzte Strophe lässt uns auf Weihnachten vorausblicken: Jesu Licht soll siegen auf Erden. Dafür sind die Lichter am Weihnachtsbaum ein lebendiges Zeugnis. Dass es dabei nicht nur um stimmungsvolle Weihnachtsidylle geht, daran besteht auch hier kein Zweifel: immerhin besiegt das Licht Jesu die Mächte der Finsternis, so stark sie uns auch vorkommen mögen. Das Glimmen der Zwietracht soll ausgelöscht werden; damit weist unser Lied auf die Wurzeln des Unfriedens in der Welt hin: Interessengegensätze, Rechthaberei, Fanatismus im Namen von Weltanschauungen oder Religionen. Immerhin: es ist nur ein Glimmen, Uneinigkeit unter den Menschen muss nicht automatisch zu einem Flächenbrand, einem Dritten Weltkrieg, werden. Es besteht die reale Chance, dass wir, die Menschheit, uns von Gott erneut mit Frieden beschenken lassen. Völker und Staaten sind dazu berufen, als Geschwister im großen Haus der Welt zu wohnen, weil dieses Haus niemand anderem gehört als dem, der es geschaffen hat, nämlich dem Vater im Himmel. In diesem Sinne dürfen wir Advent feiern und die Ankunft Jesu in der Welt erwarten – alle Jahre wieder – auch in diesem Jahr 2015.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Nach der Predigt geht es gleich weiter mit dem Singen. Dieses Mal mit einem neueren Adventslied, dem Lied 18:

Seht, die gute Zeit ist nah, Gott kommt auf die Erde
Fürbitten – Gebetsstille – Vater unser

Wir singen aus dem Lied 1 die Strophen 4 und 5:

4. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, eu’r Herz zum Tempel zubereit‘. Die Zweiglein der Gottseligkeit steckt auf mit Andacht, Lust und Freud; so kommt der König auch zu euch, ja, Heil und Leben mit zugleich. Gelobet sei mein Gott, voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

5. Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnade ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein Heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit. Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr.

Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

Orgelnachspiel

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