Bild: Pixabay

Unnütz oder uneigennützig?

Wappenaufschrift: „Lever dod as slav“
Nordfriesischer Wahlspruch: „Lever dod as slav“ – „Lieber tot sein, als versklavt zu werden“ (Bild: Wolfgang ClaussenPixabay)

Letzte Woche im Bibelkreis haben wir uns über ein Wort von Jesus geärgert (Lukas 17, 10):

„Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“

„Unnütze Knechte!“ So nannten einst Herren ihre Sklaven. Müssen denn Menschen, die nach den Geboten leben und Gutes tun, sich trotzdem immer klein, schlecht und sündig fühlen? Nein!
Jesus fällt kein Werturteil über Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich tätig sind. Er wertet auch nicht das Ergebnis ihrer Arbeit ab. Ein Sklave ist von Nutzen für seinen Herrn, ein Angestellter für seinen Chef. Wer sich freiwillig in den Dienst einer guten Sache stellt, leistet ebenso sinnvolle Arbeit für die Allgemeinheit.

Das Wort „un-nütz“ – ohne Nutzen – zielt in eine ganz andere Richtung.

Jesus meint: Ich kann eine Aufgabe nur um ihrer selbst willen wirklich erfüllen und nicht wegen meines persönlichen Nutzens – „un-eigen-nützig“ eben. So gesehen, ist sein Wort sehr aktuell. Wir wünschen uns, dass über die Vergabe der Olympischen Spiele nicht Leute entscheiden sollten, die in die eigene Tasche wirtschaften. Wer ein politisches Amt anstrebt, zum Beispiel morgen bei der Hessenwahl, soll das Wohl des Landes im Auge haben, nicht persönliche Vorteile. Und wer anderen Menschen helfen will, muss sich darüber klar werden: Habe ich wirklich den Nutzen des anderen im Auge? Oder brauche ich das Gefühl, gebraucht zu werden?

Doch wer kann uneigennützig sein? Wer mit sich selbst im Reinen ist. Wer über Arbeitslohn oder Aufwandsentschädigung hinaus keine Ansprüche stellt. Wer sich freut über die Anerkennung seiner Arbeit, aber auch damit zurechtkommt, wenn er einmal Undank erntet. Jesus meinte, uneigennützig kann eigentlich nur ein Mensch sein, der viel Vertrauen hat. Das Vertrauen: Ich komme nicht zu kurz. Ich bin ein geliebter, wertvoller Mensch auf dieser Welt. Gott gibt mir, was ich brauche – mein Leben, mein Wissen, meine Fähigkeiten, Menschen, die mich liebhaben, und Hilfe, wenn sie nötig ist.

Gedanken zum Sonntag am Samstag, 6. Februar 1999, im Gießener Anzeiger von Helmut Schütz, Pfarrer der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.