Skulptur „Geborgen“: Heide Birgitt Theiss

Geboren, um sogleich zu sterben

Trauerfeier für ein totgeborenes Kind – mit Bibeltexten in deutscher und englischer Sprache und einigen Sätzen aus „Der kleine Prinz“, mit denen die Eltern sich an ihr Sternenkind erinnern.

Geboren, um sogleich zu sterben: Die Bronze-Skulptur „Geborgen“ stellt eine Frau dar, die in ihren Armen bzw. in ihrer Brust mehrere totgeborene Kinder umfasst
„Geborgen“ – eine Skulptur von Heide Theiß auf dem Neuen Friedhof Gießen

Gedicht: Du bringst Dein Licht in meine Welt
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Wir hören Worte aus dem Buch Jesaja 43, 1:

1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat…: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

3 Ich bin der Herr, dein Gott,

4 du [bist] in meinen Augen so wert geachtet und … ich [habe] dich lieb.

5 So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.

1 And now thus saith the Lord that created thee…: Fear not, for I have redeemed thee, and called thee by thy name: thou art mine.

3 I am the Lord thy God,

4 thou becamest honourable in my eyes [and] I have loved thee.

5 Fear not, for I am with thee.

Liebe Familie H., liebe Trauergemeinde!

Wir sind am Grab von G. zusammengekommen, um Abschied zu nehmen von diesem kleinen Menschen, der das Dasein auf dieser Welt sozusagen nur ganz kurz gestreift hat. Aber es heißt: Du kannst erst „good-bye“ sagen, nachdem du vorher „hello“ gesagt hast. Darum ist diese Trauerfeier auch so eine Art nachgeholte Willkommensfeier für G. auf dieser Erde.

Erinnerungen an eine Schwangerschaft mit Komplikationen

Schließlich haben Sie sich zu einer schweren Entscheidung durchgerungen. Die Geburt wurde eingeleitet, um ihn auf die Welt kommen – und damit zugleich gehen zu lassen. So war er da und gleich auch schon wieder nicht mehr da. Das tut weh.

Aber Sie konnten ihn sehen, ihn willkommen heißen, ihm seinen Namen geben, und in und mit all dem sich zugleich von ihm verabschieden. Das tut dann auch wieder gut.

Sie haben ihn ernstnehmen können als das, was er war: ein kleiner Mensch, der sicher hätte leben wollen, aber dazu nicht in der Lage war. Spuren seiner Hände und Füße, eingraviert in einen Kristall, bleiben Ihnen als Erinnerung.

Mit dem Psalm 139 bringen wir im Gebet vor Gott, was uns durch den Kopf gehen kann, wenn wir an die Geburt eines Kindes denken:

13 Du hast [mein Inneres] bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.

15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde.

16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

13 Thou hast possessed my reins: thou hast protected me from my mother’s womb.

14 I will praise thee, for thou art fearfully magnified: wonderful are thy works, and my soul knoweth right well.

15 My bone is not hidden from thee, which thou hast made in secret: and my substance in the lower parts of the earth.

16 Thy eyes did see my imperfect being, and in thy book all shall be written: days shall be formed, and no one in them.

Als G. zur Welt kam, gab es für ihn außer den Tagen der Entwicklung im Mutterleib keine weiteren Tage des Lebens auf Erden. Dennoch gilt auch für ihn, was Gott dem Propheten Jeremia 1, 5 sagt:

Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest.

Before I formed thee in the bowels of thy mother, I knew thee: and before thou camest forth out of the womb, I sanctified thee.

Gott kennt uns, Gott kennt auch jedes ungeborene, jedes tot geborene Kind. Er ruft sie alle mit Namen, sie sind in seiner Liebe aufgehoben und geborgen, so wie es Heide Theiß in ihrer Skulptur hier auf dem Friedhof dargestellt hat. Ein mütterlicher Gott ist das, von dem der Prophet Jesaja 66, 13 sagt:

Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

As one whom the mother caresseth, so will I comfort you.

Nicht nur Worte der Bibel können tröstlich sein. Sie haben in St. Exupérys Erzählung „Der kleine Prinz“ Sätze gefunden, an die Sie gerne denken, um den Abschied von Ihrem kleinen Prinzen ertragen zu können.

Es ist zu weit! Ich kann diesen Leib da nicht mitnehmen! Er ist zu schwer!

Der kleine Prinz deutet an, dass Sterben und Tod von einem Geheimnis umgeben sind. Natürlich tut es weh, Abschied zu nehmen. Aber es gibt mehr als dieses Leben, und auch für ein Kind, das keine Tage auf dieser Erde erleben konnte, ist in den Gedanken Gottes und in seiner Ewigkeit Platz.

Aber er wird da liegen wie eine alte verlassene Hülle. Man soll nicht traurig sein um solche alten Hüllen.

Den meisten Menschen wird ihr Leib als Hülle erst nach vielen Jahren schwer, im Alter, nach langer Krankheit, nach einem gelebten Leben. G. ist sein Leib bereits in seinen Tagen im Mutterleib zu schwer geworden, wir wissen nicht, warum. Sein Leib, den wir in der Erde begraben, ist in Sternchenkleidung eingehüllt worden, das einzige, was er in seinem kurzen Erdenleben anziehen konnte.

Wenn Du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne sehen, die lachen können.

Ein Sternenkind ist G., ein Kind, das im Himmel bei Gott durchaus noch wachsen kann, seine eigene Geschichte haben kann, wer weiß.

Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht.

G. ist ein von Gott gesegnetes Kind, denn er ist von Gott geliebt und er hat Spuren der Liebe im Leben seiner Eltern hinterlassen. In Gottes Hände lassen wir ihn los, der ihn bei seinem Namen kennt.

Wir sprechen Worte aus dem Psalm 139:

1 HERR, du erforschest mich und kennest mich.

2 Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

7 Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?

8 Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.

9 Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer,

10 so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.

11 Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein -,

12 so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.

23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

24 Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.

1 Lord, thou hast proved me, and known me:

2 Thou hast know my sitting down, and my rising up.

7 Whither shall I go from thy spirit? or whither shall I flee from thy face?

8 If I ascend into heaven, thou art there: if I descend into hell, thou art present.

9 If I take my wings early in the morning, and dwell in the uttermost parts of the sea:

10 Even there also shall thy hand lead me: and thy right hand shall hold me.

11 And I said: Perhaps darkness shall cover me: and night shall be my light in my pleasures.

12 But darkness shall not be dark to thee, and night shall be light as day: the darkness thereof, and the light thereof are alike to thee.

23 Prove me, O God, and know my heart: examine me, and know my paths.

24 And see if there be in me the way of iniquity: and lead me in the eternal way.

Lieber Gott, du siehst, wie traurig wir sind über den Tod des kleinen G.

Wir hätten gewünscht, dass er groß wird. Doch so sollte es nicht sein. Wir müssen ihn loslassen in deine Hände.

Lass uns nicht allein, wenn wir traurig sind und manchmal weinen müssen, und mach uns stark, um für die Menschen da zu sein, die uns anvertraut sind.

Lass uns nie vergessen, wie kostbar das Leben ist und dass wir auf dieser Erde leben, um Liebe zu empfangen und zu geben. Amen.

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