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Gott als Zuflucht im Hafen der Ehe

Der „Hafen der Ehe“ ist vorstellbar als ein Ort der Ruhe in bedrängenden Stürmen des Lebens. Oder ist er ein Gefängnis, aus dem man sich hinaus auf das weite, freie Meer sehnt? Gottes Segen macht die Ehe zu einer Zuflucht, in der man frei genug ist, um zu sagen, was man belastet und was man braucht, auch in fairem Streit.

Im Wasser einer Hafenanlage schwimmt ein Paar Schwäne auf den Betrachter zu.
Ist der Hafen der Ehe eine Zuflucht oder ein Gefängnis? (Bild: Benjamin Balazs auf Pixabay)
Einzug in die Kirche
Lied 316, 1-3: Lobe den Herren
Eröffnung (Begrüßung und Eingangsgebet) (katholischer Pfarrer)

Liebes Brautpaar! Liebe Festgemeinde!

Als Trautext haben Sie sich einen kurzen Vers aus dem 90. Psalm ausgesucht, es ist Ihr Konfirmationsspruch gewesen, lieber Herr …, und nun soll er Sie beide durch die Zeit Ihrer Ehe begleiten (Psalm 90, 1):

Herr, du bist unsere Zuflucht für und für.

Wenn ich den Sinn des Wortes Zuflucht mit der Ehe verbinde, dann fällt mir das Bild vom „Hafen der Ehe“ ein. Die Ehe kann ja auch wirklich ein Ort sein, an den man sich zurückziehen kann, wo man Ruhe findet vor manchen Belastungen und Anstrengungen der Leistungsgesellschaft und vor manchen Stürmen, die uns in unserem Leben bedrängen. In der Ehe kann das einzelne Lebensschiff immer wieder vor Anker gehen, auftanken, auf neue Ziele und Aufgaben ausgerichtet werden und wieder sozusagen die Anker lichten und in See stechen. Die Ehepartner sehnen sich nach Geborgenheit und Schutz und können sich diesen Wunsch gegenseitig erfüllen. Können – aber sieht nicht die Realität oft auch anders aus? Empfindet nicht manch ein Ehepartner den Hafen der Ehe als Fessel, aus der er sich wieder hinaus auf das weite, freie Meer sehnt? Hier im Hafen wird entladen und beladen, aber nimmt eins dem andern mehr Lasten ab oder lädt es ihm zusätzlich auf? Die Ehe mag man gut und gern mit einem Hafen vergleichen – sie ist aber nicht ganz von allein auch selbstverständlich eine Zuflucht, wohin die in Beruf und Öffentlichkeit engagierten Partner immer wieder gern zurückkehren.

Was macht eine Ehe zu einer Zuflucht? Als Christen wissen wir, dass eine Ehe ohne den Segen, den Gott uns schenkt, nicht auf lange Dauer leben kann. Gott selbst ist unsere Zuflucht, er schenkt uns seine Liebe, er nimmt uns an, bei ihm sind wir geborgen – in allem, was uns widerfährt. Auf ihn können wir uns verlassen, auch dann, wenn wir es wagen, uns für das ganze Leben in der Ehe mit dem Partner, mit der Partnerin zu verbinden. Gott hat uns ja sogar das Gegenüber und die Gemeinschaft von Mann und Frau als Bild für sein eigenes göttliches Leben vor Augen gestellt. Im Schöpfungsbericht heißt es (1. Mose 1, 27):

Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.

Also dort, wo wir uns in der Ehe gut verstehen, einander Vertrauen schenken, Liebe wirklich und wahrhaftig geben und erfahren, da leben wir so, wie Gott sich das einmal vorgestellt hat mit uns Menschen auf der Erde. Wir sind geschaffen, um zu lieben, um gut miteinander und mit der Erde umzugehen – das ist in Kurzform der Sinn der Schöpfungsgeschichte.

Auch die Liebe in einer Ehe ist daher nicht nur ein bloßes Gefühl, das heute stark ist und morgen vergangen sein kann. Sie lebt von der Liebe, mit der Gott uns geliebt hat. In dieser Liebe geht es um den ganzen Menschen, d. h. um zwei ganze Menschen von Fleisch und Blut, mit Seele und Verstand. Eine Ehe lebt vom Gefühl her, aber nicht ohne Verstand und Verantwortung; sonst wäre ein Eheversprechen ja sinnlos. Lust und Spaß aneinander und miteinander gehören ebenso dazu wie die Treue, die man einander hält. Nie darf die Bereitschaft aufhören, mit dem anderen zu reden, ihm wirklich zuzuhören und sich selbst verständlich zu machen. Das sind Voraussetzungen dafür, dass sich eins beim anderen geborgen fühlt und zugleich spürt: der Partner will mich nicht einengen, unter Druck setzen. So entsteht in der Ehe, in diesem Hafen der Ehe – Freiheit. Beide miteinander werden frei, und zwar gerade dadurch, dass sie sich aneinander binden. Richtig verstanden und gelebt, ist eine Ehe ein Raum, in dem beide Partner innere Freiheit entfalten können, weil jeder die Freiheit anderen achtet und nicht nur daran interessiert ist, immer selbst Recht zu haben.

Nur auf der Grundlage dieser Freiheit ist wiederum umgekehrt die liebende „Vereinigung“ zweier Menschen denkbar. Auch in der besten Ehe gibt es ja Konflikte, Meinungsverschiedenheiten, man kann sich manchmal sehr frremd werden, es sich auch gegenseitig sehr schwer machen, gerade wenn die äußeren Belastungen groß sind oder der Alltag eintönig geworden ist. Aber wer frei genug ist, um zu sagen, was ihn belastet und was er braucht, wer streiten und sich auch wieder versöhnen kann, für den wird die Ehe immer wieder neu der Hafen sein, in dem man seine Zuflucht finden kann, in dem man nicht nur die körperliche Befriedigung, sondern auch die seelische Erfüllung findet. Liebe ohne Freiheit wäre keine Liebe, sondern lediglich ein System von gegenseitigen Zwängen und Abhängigkeiten, ein Egoismus zu zweit, in dem jeder nur seine eigene Befriedigung sucht. Gewähren Liebende einander jedoch die Freiheit, auch anders sein zu dürfen als das Bild, das einer vom andern hat, dann lebt Liebe geradezu von den Verschiedenheiten zweier Partner, indem beide sich immer bemühen, aufeinander einzugehen.

Was das bedeutet, können wir nur nacherzählen und umschreiben: sich einfühlen in einen anderen Menschen, Geduld haben mit sich und dem anderen, nicht auf Kosten des anderen leben, verzeihen und um Verzeihung bitten können. Der große russische Christ und Dichter Fjodor Michailowitsch Dostojewski hat das in schlichten Worten so ausgedrückt: „Einen Menschen lieben, heißt ihn so sehen, wie Gott ihn gemeint hat.“ Also nie ein starres Bild vom Partner haben, das ihn einengen muss; nie nur das Vordergründige, nie nur Schlechtes sehen, auch wenn es einmal Grund gibt zu Ärger und Zorn; nie einen Menschen aufgeben, auch wenn er Anlass zur Enttäuschung war, immer mit den Augen der Liebe, der Vergebung, der Hoffnung sehen.

Wie gesagt: Alles, was ich Ihnen von der Liebe erzähle, geht im Grunde hervor aus dem Glauben an den dreieinigen Gott. Die Liebe zwischen Menschen und im besonderen zwischen Mann und Frau ist immer unvollkommen, hat aber ein Vorbild und Urbild in der Liebe Gottes zu den Menschen – der Liebe, mit der uns Gott liebt, in der Vaterliebe oder Mutterliebe dessen, der der Urgrund der Welt ist und dem wir nicht gleichgültig sind, in der Liebe, die auch den nicht fallen lässt, der sich von Gott loslöst. Der Glaube an Gott ist, wenn er ernsthaft ist, in gleicher Weise eine Sache des ganzen Menschen wie die Liebe; wer glaubt, der lässt sich ganz auf Gott ein, verlässt sich auf ihn, weiß sich geborgen in seiner Liebe, lässt sich leiten von seinem Willen, lebt in Dankbarkeit gegenüber dem, was er von Gott erfahren hat. Der Apostel Paulus hatte diese Liebe, die Gott uns schenkt und die wir weitergeben sollen, so in seinem Hohenlied der Liebe beschrieben (1. Korintherbrief 13, 4-8.13):

Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, der trägt keinem etwas nach; es freut ihn nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemand auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit großer Geduld. Niemals wird die Liebe vergehen. Auch wenn alles einmal aufhört – Glaube, Hoffnung und Liebe nicht. Diese drei werden immer bleiben; doch am höchsten steht die Liebe.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Wahrheit Ihres Trauspruchs Ihr Leben lang erfahren:

Herr, du bist unsere Zuflucht für und für.

Wo unsere Liebe müde wird, da ist Gott noch lange nicht müde. Zu ihm können wir gehen, auch wenn wir am Ende sind; er hält uns und trägt uns mit allem, was wir vor ihn bringen. Und wenn sich das jemand nicht vorstellen kann, dann sind wir alle gefordert, alle, die wir der Kirche angehören: Wenn wir getroffen wurden von Gottes Liebe, dann können wir weitergeben davon. Wenn wir unsere Zuflucht finden bei Gott, dann können wir auch in der Kirche, in der Gemeinde einander beistehen und Zufluchtsmöglichkeiten schaffen. Dann leben wir nicht nur so nebeneinander her, sondern wir werden aufmerksam auf das, was unserem Nächsten fehlt und was ihn bedrückt. Wir erleben die Welt mit neuen Augen und erfahren, dass wir geliebte Menschen sind, unerhört wichtig für Gott und die anderen Menschen. Wir sind von Gott geliebte, in Gott geborgene Menschen, die zur Liebe bestimmt sind. Und besonders freut sich Gott, wenn wir dankbar sind für all das Schöne, das wir erleben. Zum Beispiel für den heutigen Tag, an den Sie sicher gern zurückdenken werden! Amen.

Lied 322, 1-4: Nun danket all und bringet Ehr
Anrede – Fragen – Ringübergabe (katholischer Pfarrer)
Fürbitten (evangelischer Pfarrer):

Gott, guter Vater, Jesus, unser Bruder, Geist der Liebe!

Wir bitten dich heute für den gemeinsamen Lebensweg von … und … . Geh du mit ihnen auf ihrem Weg. Lass sie finden, was sie sich voneinander wünschen. Hilf ihnen, einander zu stützen und immer zusammenzuhalten. Hilf ihnen, Problemen nicht auszuweichen, sondern sie zu bewältigen, und sich dazu auch Hilfe zu suchen.

Wir danken dir, Gott, für die Menschen, die den Lebensweg der beiden bisher mitgegangen sind; für all die Menschen, zu denen sie Vertrauen haben können. Solche Menschen brauchen sie auch weiterhin, in deren Gemeinschaft sie eine Zuflucht finden. Und lass dieses Ehepaar auch wissen und spüren, dass auch die Gemeinschaft der Christen die Möglichkeit für einen solchen Rückhalt anbietet.

Du bist da, Gott, in jedem guten Wort, das Liebe und Ehrlichkeit ausspricht, das tröstet und aufrichtet. Du bist die Hand auf der Schulter, die Mut macht oder liebevoll zurechtweist, wenn wir dunkle Wege gehen. Du bist die Wärme des Herzens, die wir spüren, wenn wir uns im Arm halten oder wenn unser Mund mit Liebe küsst. Du verlässt uns nicht; hilf uns, unser Leben auf Liebe, Hoffnung und Glauben aufzubauen. Amen.

Lied 331, 1+10+11: Großer Gott, wir loben dich
Entlassung (katholischer Pfarrer) und Auszug aus der Kirche

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