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Gottes Segen: von oben und auf Augenhöhe

Das Merkwürdige ist, dass es Gott ist, der sein Gesicht zu mir aufrichtet. Ich sehe vor mir einen Freund, der zunächst den Blick gesenkt hat und mich nun ansieht, der mir etwas zutraut, zu mir Vertrauen hat, und nun hofft, dass ich den Blick nicht abwende und auch Vertrauen zu ihm fasse. Ich sehe Gott auf gleicher Ebene zu mir.

Segen von einem christlichen Pfarrer
Auch der Segen in einer christlichen Kirche wird oft als aaronitischer Segen gespendet (Bild: ServicelinketPixabay)

#predigtTaufgottesdienst am Sonntag Trinitatis, den 10. Juni 2001, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Heute, am Sonntag nach Pfingsten, feiern wir das Fest der Dreieinigkeit Gottes – auf Lateinisch: Trinitatis. Dreifach begegnet uns der EINE Gott, als Vater, im Sohn, durch den Heiligen Geist. Bei einer Taufe brauchen wir daher dreimal eine Handvoll Wasser. Denn wer getauft wird, wird im Namen des dreieinigen Gottes getauft.

Heute taufen wir die Kinder … und … . Die beiden sind uns herzlich willkommen, gemeinsam mit ihren Eltern und Paten und anderen Verwandten und Freunden!

Lied 155:

1) Herr Jesu Christ, dich zu uns wend, dein‘ Heilgen Geist du zu uns send; mit Hilf und Gnad er uns regier und uns den Weg zur Wahrheit führ.

2) Tu auf den Mund zum Lobe dein, bereit das Herz zur Andacht fein, den Glauben mehr, stärk den Verstand, dass uns dein Nam werd wohlbekannt,

3) bis wir singen mit Gottes Heer: „Heilig, heilig ist Gott der Herr!“ und schauen dich von Angesicht in ewger Freud und sel’gem Licht.

4) Ehr sei dem Vater und dem Sohn, dem Heilgen Geist in einem Thron; der Heiligen Dreieinigkeit sei Lob und Preis in Ewigkeit.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Jesus Christus spricht (Matthäus 5, 8):

Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

„Ich bin klein, mein Herz mach rein!“ habe ich als Kind gebetet. Aber wer hat schon ein reines Herz? Schon ein Kind kann bockig sein und kennt Versuchungen, kann anderen weh tun und sich selber schaden. Und wir Erwachsenen – wer könnte von sich sagen: Ich habe ein reines Herz? Wer es hätte, ein reines Herz, der könnte Gott schauen, sagt Jesus, der könnte Gott gegenüber treten von Angesicht zu Angesicht (Psalm 51, 12-13):

Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.

Wir rufen zu dir: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Der Apostel Paulus malt sich einmal aus, wie wir in der Ewigkeit Gott von Angesicht zu Angesicht schauen werden. Und schon hier auf der Erde können wir immer mehr von Gott erkennen, je älter und erfahrener wir werden (1. Korinther 13, 11-13):

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Gott, du bist unser Schöpfer und bist väterlich und mütterlich für uns da.

Gott, du bist unser Bruder in Jesus Christus, ein Gott zum Anfassen bei uns auf Erden.

Gott, du bist in uns als heiliger Geist, wir als deine wunderbaren Werke, die zur Liebe berufen sind.

Lass uns das Geheimnis deiner Dreifaltigkeit hautnah spüren! Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem 2. Buch Mose – Exodus 33:

11 Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet.

18 Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen!

19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorüberziehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.

20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.

21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.

22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin.

23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Liebe Tauffamilien, liebe Gemeinde!

In diesem Gottesdienst ging es ziemlich geheimnisvoll zu, denke ich. Da war von der Dreieinigkeit die Rede – ein Gott, aber drei Arten, ihn zu erfahren: Vater, Sohn, Geist. Eigenartig. Und es war vom Gesicht Gottes die Rede – kann man ihn nun sehen, oder kann man es nicht?

Eins scheint mir gewiss: Wenn wir überhaupt Gott schauen können, dann nicht mit unseren menschlichen Augen hier. Aber wir können auch noch anders sehen, nämlich mit dem Herzen!

Das ist die Weisheit, die der „Kleine Prinz“ des Dichters St. Exupéry – viele werden ihn kennen – von seinem Freund, dem Fuchs, lernt:

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Mit dem Herzen sehen Eltern ihr Kind, denn sie lieben es. Mit dem Herzen sieht das Kind die Mutter und den Vater, „die sind immer für mich da!“ Mit dem Herzen nehmen wir wahr: diese Welt ist ein guter Platz für Kinder, von Gott geschaffen, damit wir Glück und Frieden finden, Wegweisung, wenn man nicht weiter weiß, und Trost im Leid.

Beide Tauffamilien haben ganz unabhängig voneinander einen Taufspruch für ihr Kind ausgesucht, der mit dem Herzen zu tun hat. Das hat sich schön so gefügt; die beiden Bibelverse ergänzen sich gut. Offenbar ist Ihnen klar: Wenn diese beiden Kinder Gott kennenlernen wollen, dann geht das nur mit dem Herzen.

Liebe Familie …, Sie haben für Ihre Tochter … aus dem Buch Hesekiel 36, 26 ausgesucht (Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 by Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart):

Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch.

Ein neues Herz, das ist ein Herz, das fühlen kann. Der Prophet fürchtet eine Welt, in der die Menschen so leben, als hätten sie einen Stein in ihrer Brust, wie Peter Munk in dem Märchen „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff. Ein Herz von Fleisch ist ein warmes Herz. Es schlägt für Menschen und Tiere, lässt sich anrühren von Freude und Schmerz und dreht sich nicht immer um sich selber.

So wie Hesekiel das Wort „Fleisch“ versteht, gibt es keinen Gegensatz von Fleisch und Geist: Der Geist Gottes ist es, der uns ein warmes, menschliches Herz aus Fleisch schenkt.

Liebe Frau … und lieber Herr …, Sie haben in den Sprüchen Salomos eine Bibelstelle für Ihren Sohn … gefunden, die erläutert, wie Gottes Geist in unser Herz hineinkommt (Sprüche 2, 10-11):

Weisheit wird in dein Herz eingehen, und Erkenntnis wird deiner Seele lieblich sein, Besonnenheit wird dich bewahren und Einsicht dich behüten.

Das sind Umschreibungen der Art, wie man mit dem Herzen gut sehen kann. Es geht hier nicht um die Sachen, die man in der Schule lernt, nicht um das Wissen und die Fähigkeiten, die man im Intelligenztest erhebt. Die sind zwar wichtig, um im Leben zu bestehen, aber wichtiger ist emotionale Intelligenz:

Lebensweisheit, die Kinder und Erwachsene in lebendigen Beziehungen gewinnen – Erkenntnis, die unsere Seele aufatmen lässt – Besonnenheit, die ein zufriedener, in sich ruhender Mensch ausstrahlt, Einsicht in den Sinn von guten Grenzen, die unser Leben und unser Miteinander schützen. „Lieblich“ ist diese Art der Erziehung eines Herzens, weil sie mit Liebe zu tun hat. Gottes Geist ist kein Tyrann, der unseren Willen bricht, sondern seine Liebe verändert uns von innen, so dass wir wirklich selber einsehen, was für uns gut ist, auch wenn das nicht immer leicht ist.

Eltern, die ihrem Kind gute Grenzen setzen, respektieren ja auch den Willen ihrer Kinder – ohne ihn immer durchgehen zu lassen, wenn sie sich selber oder anderen damit schaden.

Was christliche Erziehung ist, lässt sich in Anlehnung an die Taufsprüche der beiden Kinder also durchaus so zusammenfassen: Eltern und Paten wirken dabei mit, dass ihre Kinder in sich ihr fühlendes Herz spüren und darauf hören.

Nach diesen Gedanken, die zur Taufe und zur christlichen Erziehung hinführen, singen wir das Tauflied 211:

Gott, der du alles Leben schufst und uns durch Christus zu dir rufst

Liebe Tauffamilien, liebe Gemeinde, nicht nur Lieben, auch Glauben bedeutet „mit dem Herzen sehen“. Das heißt – ein guter Christ ist nicht der, der alles für wahr hält, was in der Bibel steht. Es geht darum, in den Worten der Bibel unser eigenes Leben wiederzufinden von den Bildern des Glaubensbekenntnisses unser eigenes Gottvertrauen umgreifen und anregen zu lassen. Wir sprechen in diesem Sinn gemeinsam die alten Worte des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, stellvertretend auch für unsere beiden Taufkinder:

Glaubensbekenntnis und Taufen
Tauflied 575: Ein Kind ist angekommen. Wir alle freun uns sehr
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Wir hören vertraute Worte aus dem 4. Buch Mose – Numeri 6, 22-27:

22 Der HERR redete mit Mose und sprach:

23 Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet:

24 Der HERR segne dich und behüte dich;

25 der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

26 der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

27 Denn ihr sollt meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.

Liebe Gemeinde! Diese Segensworte kommen in den meisten Gottesdiensten vor. Der Pfarrer spricht sie zum Abschluss und entlässt damit die Gottesdienstbesucher.

Warum ist vielen Menschen der Segen so wichtig? Ist er eine magische Handlung?

Eine ältere Frau erinnerte sich an ihre Konfirmation: Bei ihrer Einsegnung war von den segnenden Händen des Pfarrers eine ermutigende, stärkende Kraft in sie hereingeströmt, so kam es ihr jedenfalls vor.

Segen Gottes – ich bekomme Kraft für mein Leben. Ich kenne harte Zeiten, aber ich stehe sie durch. Segen Gottes – ich erfahre, dass Gott zu mir steht. Ich versage manchmal, aber ich kann auch wieder neu anfangen. Segen Gottes – ich weiß mich reich beschenkt, ich lebe wirklich, fühle mich getragen und bewahrt. Ich kann nicht mehr sagen: Es wird einem nichts geschenkt im Leben.

Segnen kann man mit ganz verschiedenen Worten. Am vertrautesten ist mir der Segen, den wir gehört haben, der dem Priester Aaron aufgetragen wurde. Was macht gerade diesen Segen zu etwas so Besonderem?

Er beginnt ganz schlicht:

Der Herr segne dich!

Der Herr, der Eine, der einzige, der uns etwas zu sagen hat, der wendet sich mir zu und schenkt mir sich selbst. Mit dem Wort „Herr“ ist nicht gemeint, dass Gott ein Mann wäre. Er ist weder Mann noch Frau, er ist Geist und Kraft, unendlich groß und unvorstellbar. Er ist darin „Herr“, dass er über uns steht und genug Macht hat, um – notfalls gegen alle Mächte der Welt – für uns da zu sein.

Der Segen geht weiter:

Und behüte dich.

Unter allen Segensgaben Gottes steht unser Schutzbedürfnis an erster Stelle. Gott weiß und nimmt ernst, wie sehr wir uns nach Sicherheit und Geborgenheit sehnen. Das Schöne ist: Behütet von Gott müssen wir uns nicht mit untauglichen Mitteln absichern. Wir haben es nicht nötig, uns zu verschließen vor schmerzhaften Enttäuschungen, indem wir überhaupt niemanden an uns heranlassen. Wir müssen nicht immer stark sein oder stark tun, nur damit man nicht sieht, wie schwach wir in Wirklichkeit manchmal sind.

Wer sich von Gott behütet weiß, kann schwach und verletzbar sein und ist trotzdem nicht allem hilflos ausgeliefert. Und genauso können wir getrost zu dem stehen, worin wir stark sind und was wir gut können:

Der HERR segne dich und behüte dich.

Weiter geht der Segen mit zwei parallel gebauten Sätzen:

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

Zweimal ist vom Angesicht Gottes die Rede.

Nun muss ich die Frage beantworten: Können wir Gottes Angesicht sehen – oder ist das unmöglich?

Unmöglich ist es in diesem Sinn: Es gibt kein Foto von Gott für einen Steckbrief. Mit diesen Augen können wir Gott nicht sehen. Menschliche Augen wären geblendet und würden zerstört durch Gottes Anblick.

Trotzdem macht es Sinn, vom Angesicht Gottes zu sprechen.

Wir können Gott zwar nicht sehen, aber er sieht uns. Wir sind nicht einem blinden Schicksal ausgeliefert, sondern da ist ein Gott, der uns sieht und wahrnimmt.

Wir können Gott zwar nicht mit unseren Augen, aber doch mit unserem Herzen sehen. Wir sind durchaus in der Lage, seine Liebe wahrzunehmen und auf sie unser Leben aufzubauen. Wir sind nicht allein auf der Welt mit uns selbst, sondern wir haben in Gott ein Gegenüber. Wir sind nicht an ein Bündel unumstößlicher Prinzipien festgekettet, sondern wir sind einem Gott gegenüber verantwortlich, der uns erschaffen hat und uns liebt.

Gott hat ein Gesicht. Er ist kein unpersönlicher Gott. Vielmehr zeigt er alle Regungen des Lebens: Das Lachen vor Freude und Erleichterung. Das Weinen vor Trauer und Schmerz. Den Zorn über Unrecht und Sünde. So erzählt es die Bibel. Gott ist ein fühlender Gott, von dem wir in menschlichen Bildern reden dürfen.

Und mit welchem Gesicht schaut er uns an? Sieht es gleichgültig aus oder bewegt? Streng oder gütig?

Nach der Bibel ist das wie mit lebendigen menschlichen Gesichtern. Gott trägt keine Maske, die immer fröhlich oder immer streng oder immer ernst ist – und nicht unbedingt ein echtes Gefühl widerspiegelt.

Gott hat ein Gesicht, und zu einem Gesicht gehört Bewegung. Er geht auf uns ein, ist traurig, wenn wir leiden oder ihn enttäuschen, freut sich, wenn wir Fortschritte machen, wird zornig, wenn wir mit Füßen treten, was er uns schenkt, ringt mit sich und schaut nachsichtig, wenn er uns vergibt und neu anfangen lässt.

Eine Frage ist damit noch nicht beantwortet: Warum spricht der Segen zwei Mal vom Angesicht Gottes? Hören wir diese Sätze noch einmal nach der katholischen Einheitsübersetzung:

25 Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.

26 Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.

Zuerst lässt Gott sein Angesicht über uns leuchten. Da sehe ich vor den Augen meines Herzens ein strahlendes, heiteres, offenes Gesicht. Es leuchtet wie die Sonne über der Erde, die uns belebt, die Lebenskraft wiederherstellt und munter macht. Es leuchtet wie das Gesicht von Vater oder Mutter über dem Bett eines kleinen Kindes, und das Kind fängt auch an zu strahlen, weil es spürt: Die haben mich lieb, die heben mich hoch, die halten mich lieb, es ist schön, zu leben.

„Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir“ – das heißt: du darfst bedürftig sein, auch wenn du erwachsen bist, du bekommst genug von dem, was du brauchst, ohne dass du anderen etwas wegnehmen musst.

Von diesem Gott über mir sagt das Segenswort: „Er sei dir gnädig.“ Er liebt mich wie ein guter Vater, wie eine gute Mutter. Er macht sich Sorgen, ob ich den richtigen Weg gehe, und lässt mich nicht fallen, wenn ich Fehler mache und schuldig werde.

Dann, im zweiten Satz, wendet Gott mir sein Angesicht zu. Wörtlich heißt es da im hebräischen Urtext: er hebt sein Angesicht zu mir.

Wenn ein Mensch sein Haupt erhebt, ist es ein heiterer Mensch oder einer, der Einfluss hat, oder einer, der aus dem Gefängnis befreit worden ist. Das Angesicht erheben kann, wer recht handelt, wer sich keiner Schuld bewusst ist, wer Vergebung erfahren hat, schließlich auch wer zu jemand mit Hoffnung und Vertrauen aufblickt.

Das Merkwürdige an unserem Segenswort ist, dass es Gott ist, der sein Gesicht zu mir aufrichtet. Da sehe ich vor mir einen Freund, der zunächst den Blick gesenkt hat und mich nun ansieht, der mir etwas zutraut, zu mir Vertrauen hat, und nun hofft, dass ich den Blick nicht abwende und auch Vertrauen zu ihm fasse. Ich sehe Gott auf gleicher Ebene zu mir.

Darf ich mir das so vorstellen? Von Mose heißt es wirklich einmal (2. Buch Mose – Exodus 33, 11):

Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet.

Auch mit Jesus machten später viele die Erfahrung, was es heißt, Gott zu begegnen von Mensch zu Mensch.

In dieser Begegnung mit Gott, sozusagen Auge in Auge auf gleicher Ebene, spricht Aarons Segen mir Frieden zu: „Er gebe dir Frieden.“ Die Versöhnung zwischen Gott und mir ist geschehen, und Gott traut mir zu, dankbar zu leben und zum Frieden unter den Menschen beizutragen.

Wir brauchen beide Gesichter Gottes:

Den Gott über uns, der uns väterlich und mütterlich zeigt, wo der Weg lang geht, und der für uns sorgt, selbst wenn wir am Ende sind.

Und den Gott neben uns, der uns als Freund und Bruder herausfordert und Mut macht zu eigenen Schritten, eigener Verantwortung, und uns dabei doch nicht allein lässt.

Ob Ihnen Kinder anvertraut sind, ob Sie einen geliebten Menschen verloren haben, ob Sie eine Woche voller Stress hinter sich haben oder ob schwere Herausforderungen auf Sie warten – ich wünsche Ihnen, ganz gleich, wo Sie herkommen, und überall, wo Sie hingehen, dass Gott Sie begleitet mit seinem Segen. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen aus dem Lied 632 die Strophen 1, 4 + 5:

Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht

Barmherziger dreieiniger Gott, wir bitten dich um deine bleibende Nähe für die Kinder, die wir getauft haben, und für ihre Eltern und Paten. Du bist nahe, wo du uns Freude schenkst, und auch da, wo du uns hilfst, Schweres zu tragen. Du bist da, wo wir Ja sagen dürfen, und auch da, wo wir Nein sagen müssen. Du begegnest uns in allem Guten, manchmal auch anders, als wir es uns wünschen, immer aber in deiner Barmherzigkeit. Gott, segne Eltern und Kinder.

Gott, wir beten auch für Menschen aus unserer Gemeinde, die krank sind, im Krankenhaus oder zu Hause, die sich über Besuch freuen, die darum bangen, wieder gesund zu werden oder ihr Leben radikal umstellen müssen.

Und wir bitten dich, Gott, für die Menschen, die wir in der vergangenen Woche bestattet haben: für Herrn …, … Jahre, und für Herrn …, … Jahre. Sie dürfen dir nun begegnen von Angesicht zu Angesicht und bleiben auf ewig in deiner Liebe bewahrt und geborgen. Begleite die Angehörigen auf dem Weg ihrer Trauer und lass ihr Herz getröstet werden.

Mit einem Gemeindeglied beten wir für eine Angehörige, dass sie ihren Diabetes in den Griff bekommt, für seinen Sohn, dass er seinen Lebensstil „clean“ weiterführt und für seine Enkelkinder, dass sie gut wachsen und gedeihen.

Gott, du bist es, der uns bewahrt in Freude und Leid, der uns führt durch leichte und schwere Entscheidungen, der uns erfüllt mit dem Geist der Liebe. Lass uns deine Wärme jetzt schon spüren, auch wenn wir dein Angesicht erst in der Ewigkeit mit neuen Augen schauen werden.

In der Stille bringen wir vor dich, Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser

Zum Schluss singen wir das Lied 590:

Herr, wir bitten: Komm und segne uns, lege auf uns deinen Frieden

Und nun geht mit dem Segen von dem ich gepredigt habe:

Der Herr segne dich und er behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er wende sein Angesicht dir zu und gebe dir Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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