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Der Abram-Plan

Abraham wird durch seinen Sohn Isaak der Stammvater der Juden, die sich bis heute als Abrahams Kinder begreifen. Außerdem ist Abraham durch seinen Sohn Ismael der Stammvater der arabischen Völker, und der Islam sieht Abraham als großen Propheten und Begründer des Glaubens an den einen Gott. Und auch wir Christen berufen uns auf Abraham, wenn es um unseren Glauben geht.

Eine kleine alte Frau schmiegt sich an einen großen alten Mann mit Hut
Ein altes Paar. Könnte man sich vorstellen, dass sie noch Eltern werden? (Bild: Adina VoicuPixabay)

#predigtTaufgottesdienst am 5. Sonntag nach Trinitatis, den 8. Juli 2012, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Musik und Einzug der Tauffamilien mit den Paten

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Herzlich willkommen zum Taufgottesdienst mit ingesamt fünf Taufen in der Pauluskirche! Wir taufen die beiden Schwestern …, und aus der Familie … taufen wir die beiden Brüder … und außerdem ihren Vater … . Beide Familien und die Paten der Taufkinder begrüßen wir besonders herzlich!

Lied 321:

1. Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan.

2. Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort.

3. Lob, Ehr und Preis sei Gott dem Vater und dem Sohne und Gott dem Heilgen Geist im höchsten Himmelsthrone, ihm, dem dreiein’gen Gott, wie es im Anfang war und ist und bleiben wird so jetzt und immerdar.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Wir taufen mit Wasser, im Namen eines Gottes, der uns berührt wie das Wasser, das unsere Haut nass macht. Gott, der uns geschaffen hat mit Haut und Haaren. Gott, der selber in unserer Haut gesteckt hat, als er zur Welt kam, als sein Geist in Jesus wohnte. Gott, der uns innen drin bewegt, wenn wir seinen Trost und seine Liebe spüren, seinen Heiligen Geist.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Im Wasser kann man untergehen, ertrinken. Manchmal kommt uns das ganze Leben so vor, als hätten wir keinen festen Boden unter den Füßen, als würden wir untergehen in einem Meer von Traurigkeit, von Angst, von Schuld. Gott, bewahre uns davor, verlorenzugehen, in die Abgründe des Lebens zu stürzen. Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Ohne Wasser können wir nicht leben. Alles Leben auf der Erde stammt ursprünglich aus dem Wasser. Ohne Wasser würden wir verdursten. Auch unsere Seele ist manchmal wie ausgetrocknet, wenn wir zu wenig Anerkennung und Liebe spüren, überlastet oder überfordert sind. Jesus Christus, spricht zu uns (Matthäus 11, 28):

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Wir bitten dich, Gott, um ein Leben im Vertrauen zu dir. Schenke uns Vertrauen, das Ängste und Zweifel nicht beiseiteschiebt, sondern überwindet. Darum bitten wir dich, Gott, im Namen deines Sohnes Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören das Taufevangelium nach Matthäus 28, 16-20:

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.

17 Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten.

18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes

20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Bevor wir uns weitere Gedanken über die Taufe machen, singen wir ein Lied, das … und … vielleicht aus unserem Paulus-Kindergarten kennen, Nr. 608:
Alles, was wir sind, hat Gott geschenkt. Amen! Amen!

Liebe Eltern, liebe Paten, liebe Gemeinde!

Keine Babies taufen wir heute, nein, die vier Kinder, die wir taufen, sind schon zwischen vier und acht Jahre alt, und dazu kommt noch der Papa von den beiden Jungs, die wir taufen.

Wenn jemand sagt: „Ich will getauft werden“, dann möchte er zu Jesus gehören, zur Kirche, die an Jesus glaubt, und zu dem Gott, den Jesus seinen Vater genannt hat. Wenn Eltern sagen, wir wollen unsere Kinder taufen lassen, dann wollen sie, dass auch ihre Kinder zum Vater im Himmel, zu Jesus, zur Kirche gehören.

Der Mensch Jesus ist also sehr wichtig für die Taufe und für unseren christlichen Glauben. Jesus zeigt uns, wie Gott uns liebt.

Der Taufspruch, den die Eltern von … für ihn ausgesucht haben, erinnert an eine Geschichte von Jesus, in der das besonders deutlich wird (Markus 10, 16 – eigene Übertragung):

Jesus nahm Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.

Das klingt so normal. Aber damals konnten die Freunde von dem Jesus das gar nicht verstehen, dass Jesus sich so liebevoll um Kinder kümmert. Kinder waren unwichtig. Kinder gehörten zu den Frauen und ihrer untergeordneten Welt, die hatten in der Männerwelt nichts verloren. Ein bisschen davon ist heute immer noch zu spüren, wenn zum Beispiel die Erziehung im Kindergarten fast ausschließlich in der Hand von Erzieherinnen liegt oder wenn bei Elternabenden die Väter fast immer in der Minderheit sind. Jesus aber setzte ein Zeichen: Für ihn gehörten und gehören Kinder in die Mitte. Er nimmt sie ernst, er segnet sie; von Anfang ihres Lebens an sind sie Gottes geliebte Geschöpfe. Für Jesus sind Kinder sogar Vorbilder im Glauben, denn Glaube ist für ihn nichts anderes als ein kindliches Vertrauen auf Gott. Er selber hat zu Gott im Himmel „Abba!“ gerufen, das heißt auf Deutsch: „Papa!“

Als Jesus dann gestorben ist, hat Gott ihn in seinen Himmel zu sich genommen. Aber vorher hat Jesus noch die Sätze gesagt, die vorhin Frau Schau vorgelesen hat. Einen dieser Sätze hat … von ihren Eltern als Taufspruch bekommen (Matthäus 28, 20) – Jesus spricht:

Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Gerade weil Jesus nicht mehr als Mensch auf der Erde lebt, sondern bei Gott im Himmel, kann er bei allen Menschen sein, so unsichtbar, wie Gott es selber ist. Manchmal sagen wir auch: „der Heilige Geist ist bei uns“ und meinen damit ein gutes Gefühl von Liebe und Geborgenheit, von Vertrauen und Hoffnung. Also ist der Heilige Geist kein Gespenst, das bei uns herumspukt, sondern so etwas wie eine Kraft von Gott, die wir kriegen, wenn wir auf Gott vertrauen, oder wie die Liebe von Jesus, die alle Tage bei uns ist.

Von diesem Gottvertrauen handelt auch der Taufspruch für … (Matthäus 7, 7):

Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.

Das hat auch der Jesus gesagt. Er meinte, wir kriegen von Gott alles, was wir brauchen, wenn auch nicht immer alles, was wir uns wünschen. Manchmal legt uns Gott Steine in den Weg, ein Gebet wird nicht erhört, bestimmte Türen im Leben bleiben einfach zu. Trotzdem vertraut Jesus dem Gott genau so wie ein Kind, das genau weiß: Meine Eltern meinen es gut mit mir. Zum Beispiel kriege ich nicht jede Süßigkeit und muss meine Zähne putzen, aber dafür kriegen meine Zähne vielleicht später keine Löcher. Gott begleitet uns in unserem ganzen Leben mit seiner Liebe, was auch immer geschieht.

Manche Menschen erfahren in ihrem Leben nicht immer nur Schönes. Es gibt auch Enttäuschungen, Krankheit, böse Sachen, die Menschen machen. Gott hilft uns dabei, das durchzustehen, ohne dass wir selber böse werden. Davon handelt …s Taufspruch (Micha 6, 8):

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert,
nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

Drei Dinge gehören dazu, wenn man ein gutes Leben führen will: Erstens auf Gott hören – er meint es mit uns gut, auch wenn er uns sagt, dass wir bestimmte Sachen nicht machen sollen. Zweitens Liebe üben – das heißt füreinander da sein, so wie Gott für uns da ist oder wie gute Eltern für uns da sind. Und drittens demütig sein – damit ist gemeint, dass wir nicht sein wollen wie Gott, sondern alles aus Gottes Hand nehmen, weil er uns schenkt, was wir brauchen.

Zu guter Letzt komme ich auf den Taufspruch zu sprechen, den sich …, der Vater von … und …, für sich selber ausgesucht hat (Römer 9, 16):

So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen.

Dieser Satz bringt noch einmal sehr schön auf den Punkt, was wirklich wichtig ist, wenn man getauft ist und zu Gott gehören will: Was wir Menschen wollen und wünschen, das führt uns nicht immer auf gute Wege. Und wenn wir Menschen Streber sind, die immer die beste Leistung erbringen wollen, gelingt das oft nicht, weil wir eben nicht vollkommen sind. Oder wir bilden uns so viel ein auf uns selbst, dass andere Leute uns für Angeber halten und uns nicht mögen.

Wichtig ist, dass wir uns auf das Erbarmen Gottes einlassen. Damit ist seine Liebe gemeint, die uns so akzeptiert, wie wir sind. Wir haben Stärken, wir haben Schwächen; Gott will, dass wir, so gut wir es können, unsere Aufgaben erfüllen und für die Menschen da sind, die er uns anvertraut hat. Dabei hilft er uns auch, und er stellt uns Menschen zur Seite, die gemeinsam mit uns auf dem Weg sind. Zum Beispiel Paten, die uns bei der Erziehung unserer Kinder ein bisschen unterstützen.

Gemeinsam sprechen wir nun das Apostolische Glaubensbekenntnis, stellvertretend auch für unsere Taufkinder, und bitten damit um ein starkes Gottvertrauen:

Glaubensbekenntnis und Taufen

Wir singen das Lied 408, das sich auch als Gebet eignet, um es zum Beispiel vor dem Schlafengehen mit Kindern zu beten:

Meinem Gott gehört die Welt
Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, wir haben gehört, wie wichtig Jesus für den christlichen Glauben ist. Aber woher hatte Jesus eigentlich seinen Glauben? Er hat sich den Glauben an seinen Vater im Himmel ja nicht einfach ausgedacht. Jesus wurde in ein Volk hineingeboren, in dem man schon lange an Gott glaubte, in das Volk Israel. Und auch dieses Volk Israel hat sich Gott nicht einfach ausgedacht. Umgekehrt ist es richtig: Gott hat sich die Menschen ausgedacht, hat sie geplant und in der von ihm geschaffenen Welt auf unserer Erde entstehen lassen. Und in dieser Menschheit hat Gott irgendwann die Idee in die Tat umgesetzt: Die Menschen sollen mich kennenlernen, so wie ich bin. Sie sollen nicht denken, dass Götter so wie Menschen sind, die eifersüchtig aufeinander sind und Kriege gegeneinander führen. Sie sollen merken: da ist ein Gott, ein einziger, der für sie da sein will.

Da sucht sich Gott einen Mann aus, mit dem er ganz neu anfangen will. Wir kennen ihn unter dem Namen Abraham, aber zuerst heißt er etwas kürzer, nämlich nur Abram, das heißt so viel wie „erhabener Vater“. Das ist ein stolzer Name, ebenso wie der Name seiner Frau, die damals Sarai heißt, auf Deutsch „Fürstin“. Mit dem einen Menschen Abram beginnt Gottes Plan für die ganze Menschheit, wir können ihn den „Abram-Plan“ nennen. Vom ersten Anfang dieses Abram-Plans handelt heute unser Predigttext im 1. Buch Mose – Genesis  12, 1-4:

1 Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.

2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.

3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.

4 Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot zog mit ihm. Abram aber war fünfundsiebzig Jahre alt, als er aus Haran zog.

So fängt der Abram-Plan an; was am Ende dabei herausgekommen ist, wissen wir: Abraham wird tatsächlich durch seinen Sohn Isaak der Stammvater des Volkes Israel bzw. der Juden, die sich bis heute als Abrahams Kinder begreifen. Außerdem ist Abraham durch seinen Sohn Ismael der Stammvater der arabischen Völker, und der Islam sieht Abraham als einen der größten Propheten und den Begründer des Glaubens an den einen Gott. Und auch wir Christen berufen uns auf Abraham, wenn es um unseren Glauben geht. Der Apostel Paulus (Römer 4, 3) lobt Abraham dafür, dass er Gott geglaubt hat, „und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden“, wie bereits die Heilige Schrift der Juden sagt.

Das heißt: Drei Weltreligionen berufen sich auf Abraham, zwar ganz unterschiedlich, aber sie wollen wie Abraham an den einen Gott glauben.

Dieser inzwischen wirklich weltweit verbreitete Glaube an den einen Gott hat damals einen unglaublichen Anfang. Wieso hört Abraham damals, als er noch Abram heißt, überhaupt auf Gott? Immerhin ist er schon 75 Jahre alt, zehn Jahre über dem heute üblichen Rentenalter, und da schickt ihn Gott auf eine Reise ins Ungewisse, ohne irgendeine Absicherung durch Familie oder Volksgenossen. Ganz neu soll er anfangen, ein neues Volk soll er gründen, und das, obwohl er zeitlebens kinderlos geblieben ist. Andere in seinem Alter blicken stolz auf eine stattliche Zahl von Kindern, Enkeln und sogar Urenkeln, aber seine Frau Sarai konnte ihm keine Kinder schenken.

Wie kann Abram den Abram-Plan überhaupt akzeptieren, wenn die Grundvoraussetzung für Gottes Versprechen nicht gegeben ist? Wie soll er ohne einen einzigen Nachkommen zu einem großen Volk werden?

Erstaunlich ist wirklich, dass Abram keine Einwände erhebt. Abram zieht weg von Haran und lässt sich auf den Abram-Plan ein. Zehn Jahre lang wartet er vergeblich auf ein Kind von seiner Frau Sarai. Aber dann wird Abram doch ungeduldig. Mit Hilfe seiner jungen ägyptischen Sklavin Hagar wird er zum ersten Mal Vater. Mit 86 Jahren bekommt er seinen Sohn Ismael.

Weitere 13 Jahre vergehen, da meldet sich Gott noch einmal bei Abram. Gott ist nicht einverstanden mit der Art, wie Abram sich selber mit seiner Sklavin einen Nachkommen besorgt hat. Gott verspricht ihm erneut: „Du und deine Frau Sarai sollen gemeinsam ein Kind bekommen, viele Völker sollen von dir abstammen.“ Als Abram das von Gott hört, ist er bereits 99 Jahre alt, so erzählt die Bibel, und sowohl Abram als auch seine Frau Sarai bekommen jetzt von Gott einen neuen Namen (1. Buch Mose – Genesis 17):

5 Darum sollst du nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham soll dein Name sein; denn ich habe dich gemacht zum Vater vieler Völker.

15 Du sollst Sarai, deine Frau, nicht mehr Sarai nennen, sondern Sara soll ihr Name sein.

16 Denn ich will sie segnen, und auch von ihr will ich dir einen Sohn geben; ich will sie segnen, und Völker sollen aus ihr werden und Könige über viele Völker.

Früher habe ich nicht verstanden, warum Gott noch nach so vielen Jahren den Namen der beiden ändert. Und dann nur ein paar Buchstaben in den Namen. Vielleicht hält Gott es für notwendig, den beiden zu zeigen, dass es nicht auf ihre persönliche Erhabenheit und Größe ankommt. Aus Ab-Ram, dem Vater der Erhabenheit, wird Ab-Raham, der Vater von Völkern, auch ein Anklang an das Wort rachum, das „barmherzig“ bedeutet, ist in Abraham zu finden. Sarai, die Fürstin, wird zu Sara; in diesem Namen klingt der spätere Name ihres Enkels Jakob an, der wird ja Isra-El, Gottesstreiter, genannt, nachdem er mit Gott gekämpft und gestritten hat, darin steckt das Wort sarah, „kämpfen“, „streiten“.

Dieser neue Name bringt mich auf Ideen. Sollte der Glaube, den Gott von Abraham und seiner Frau Sara fordert, gar kein blinder Glaube sein? Rechnet Gott ganz normal damit, dass die Menschen, die auf ihn vertrauen wollen, damit auch ihre Schwierigkeiten haben? Sind Gott Menschen, die mit ihm ringen und streiten, lieber als solche, die ihn einfach abhaken und vergessen?

Wer die Geschichten von Abraham und Sara kennt, erinnert sich vielleicht an die drei Engel in Menschengestalt, die ins Zelt von Abraham kommen, und als sie Abraham ankündigen: „In einem Jahr werdet ihr endlich ein gemeinsames Kind haben“, da fängt Sara hinter der Zeltplane an zu lachen. Sie kann es nicht glauben, dass sie in ihrem Alter noch ein Kind bekommen soll. Aber nicht nur Sara, schon Abraham hatte gelacht, als Gott mit ihm geredet und ihnen beiden ihre neuen Namen gegeben hatte.

17 Da fiel Abraham auf sein Angesicht und lachte und sprach in seinem Herzen: Soll mir mit hundert Jahren ein Kind geboren werden, und soll Sara, neunzig Jahre alt, gebären?

Ich stelle mir das lustig vor, wie der 99 Jahre alte Abraham sich vor Lachen ausschütten muss und sich sogar auf dem Boden wälzt. Ob Gott sich ausgelacht gefühlt hat? Nein, er blieb einfach bei seinem Versprechen und setzte nun endlich den ersten Baustein des Abram-Plans in die Tat um. Nach ganzen 25 Jahren wird Isaak als Stammvater Israels geboren!

Ich hoffe, dass wir nicht immer so lange warten müssen, bis Gott seine Pläne mit uns in die Tat umsetzt. Aber vielleicht kann uns die Geschichte vom Abram-Plan davor bewahren zu denken: Gott ist nicht da, wenn er uns warten lässt.

Tröstlich finde ich auch den Gedanken, dass sich das Vertrauen auf Gott durchaus verträgt mit ungläubigem Gelächter über scheinbar unmögliche Dinge, die Gott mit uns vorhat. sarah heißt „Streiten“, indem Abraham und Sara über Gott lachen, fangen sie an mit ihm zu streiten, ob er wirklich seine Versprechen einhält.

Diesen Streit führt schon Abraham, als er sich für die wenigen gerechten Menschen in Sodom und Gomorrha einsetzt. Und dieser Streit setzt sich fort durch die Geschichte des Volkes Israel bis hin zu Hiob, der Gott anklagt und Recht bekommt, und bis zu Jesu Gebet zu Gott im Garten Gethsemane, wo er bittet, nicht leiden zu müssen. Abraham, Sara, Jakob, Hiob und Jesus, sie vertrauen auf Gott, aber sie geben durchaus Widerworte, bevor sie den Willen Gottes für sich akzeptieren.

Mit Gott zu streiten ist nichts Böses, sondern Gott will sogar, dass wir das tun. Jakob bekommt den Namen Gottesstreiter, Israel, als Ehrennamen. Wir dürfen Gott in den Ohren liegen, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen, wenn wir unmöglich finden, wie Gott uns behandelt. Gott will als Gläubige keine Duckmäuser, sondern Menschen, die ihm vertrauen wie Kinder. Und wir wissen: Kinder vertrauen ihren Eltern zwar, aber nicht immer finden sie alles toll, was die Eltern ihnen vorenthalten oder vorschreiben. Der Abram-Plan läuft also letzten Endes auf das Gleiche hinaus, was Jesus uns vorschlägt: „Werdet wie die Kinder, dann kommt ihr ins Himmelreich.“ (Matthäus 18, 3) Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.

Wir singen das Lied 311. Dabei fällt mir in der dritten Strophe auf, dass der Text nicht ganz mit dem übereinstimmt, was ich in der Predigt gesagt habe. Nachdem Abram zuerst „ohne Klagen, ohne Fragen“ auf Gott hört, darf später der Glaube Abrahams durchaus auch mit zweifelndem Lachen, mit Anfragen an Gott und mit der Klage über das Schicksal der Menschen in Sodom einhergehen:

Abraham, Abraham, verlass dein Land und deinen Stamm!

Lasst uns beten!

Guter Gott, wir beten für die Menschen, die wir getauft haben, für den Vater und seine Söhne und für die beiden Mädchen. Lass sie immer auf dich vertrauen und deine Liebe spüren.

Guter Gott, hilf uns allen, an dich zu glauben, mit dir zu streiten und zu ringen, wenn wir Probleme mit dem Glauben haben. Lass uns im Glauben wachsen und alte Bilder, die wir von dir im Kopf haben, überprüfen. Hilf uns, die alten Geschichten, die in der Bibel stehen, immer wieder einmal neu zu lesen oder zu hören, damit wir begreifen, wie sie zu uns persönlich sprechen. Und wer unter uns deine Liebe nicht spürt, obwohl er sich danach sehnt – sei du ihm nahe, gib ihn nicht auf.

Guter Gott, hilf uns im Frieden mit Menschen zu leben, die anders denken oder glauben als wir. Lass uns die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Religionen wahrnehmen und respektieren. Stehe den Christen bei, die in verschiedenen Ländern von Menschen anderer Religion verfolgt werden. Und bewahre uns davor, selber intolerant zu werden, indem wir die Intoleranz anderer beklagen.

Guter Gott, jetzt in den Sommerferien behüte alle Menschen, die unbeschwerte Urlaubswochen genießen wollen. Lass sie nicht in neuen Stress oder Gefahr geraten und schenke ihnen wirkliche Erholung und vielleicht neue Einsichten für die Zeit nach den Ferien.

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem persönlich auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 395: Vertraut den neuen Wegen
Abkündigungen

Geht mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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