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„Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“

Durch sein Wort gibt Gott sich zu erkennen, aber nicht so, dass wir ihn sehen oder anfassen könnten, sondern dass wir Helligkeit bekommen für unseren Lebensweg. In Worten, Bildern und Symbolen können wir von Gott reden, ohne kein beweiskräftiges Wissen. Glaube wird von Gott selbst bewirkt, wo uns sein Wort innerlich anrührt und bewegt.

In einem dunklen funzlig erleuchteten Tunnel sind am Ende zwei Menschen zu sehen, die gerade ins helle Licht am Ende des Tunnels hineingehen.
Licht am Ende des Tunnels (Bild: 5075933 auf Pixabay)
Lied 321, 1-3: Nun danket alle Gott
Trauansprache

Lieber …, liebe …! Liebe Hochzeitsgäste!

Es ist manchmal gar nicht so einfach, auszudrücken, warum man sich eigentlich nicht nur standesamtlich, sondern auch kirchlich trauen lassen möchte. Für viele gehört es einfach dazu, es ist auf jeden Fall eine feierliche und schöne Eröffnung des Hochzeitsfestes, und man möchte eine Ehe nicht einfach so nüchtern wie eine vertraglich geregelte Angelegenheit behandeln, die man vor dem Vertreter des Staates abschließt. Aber vielleicht kann es um noch mehr gehen; es könnte ja sein, das hier eine Gelegenheit ist, um innezuhalten, um nachzudenken, um dem nachzuspüren, was eigentlich unser Leben trägt und worauf wir im täglichen Miteinander bauen können.

Ist es nicht so, dass wir zu solchem bewussten Nachdenken selten kommen, weder im normalen Alltag noch in er Hochstimmung eines festlichen Anlasses? Wir haben von unseren Eltern und den anderen, die uns geprägt haben, manches übernommen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen, und dann gehören wir z. B. zur evangelischen Kirche, wie Sie, lieber Herr …, oder zur freireligiösen Gemeinschaft, wie Sie, liebe … . Wird das, woran wir glauben, unser Leben in einer Ehe prägen, wird es uns mittragen? Oft kommen wir gar nicht dazu, uns ernsthaft solche Fragen zu stellen.

Es hat natürlich auch seine guten Seiten, dass es heute nicht mehr so eine große Rolle spielt, was einer glaubt. Mehr Toleranz ist gewachsen, und es wird nur noch selten gesagt: Den oder die darfst du nicht heiraten, die haben einen anderen Glauben. Früher war so etwas ja an der Tagesordnung; und gerade in … gab es ja vor wenigen Jahrzehnten noch öffentlich ausgefochtene Auseinandersetzungen um religiöse Fragen, in nicht immer sachlicher Form. Darüber sind wir wohl heute hinausgekommen. Auf der anderen Seite besteht allerdings die Gefahr, dass wir uns so treiben lassen in den vielfältigen Anforderungen des Alltags und gar nicht mehr danach fragen, worauf wir uns denn wirklich im Leben verlassen können.

Heute sind wir nun also hier in der Kirche, heute ist Gelegenheit, danach zu fragen: Worauf ist Verlass im Leben und im Sterben? Worauf kann unsere lebenslange Treue in der Ehe aufbauen, in guten und in bösen Tagen?

Natürlich, so werden Sie denken, ist die Antwort, die ein Pfarrer auf solche Fragen geben kann, schon klar; er wird von Gott reden, und dass man sich auf ihn verlassen kann. Sicher tut das ein jeder Pfarrer, und ich werbe auch gern für den Glauben an den dreieinigen Gott, wie ich es ja schon getan habe, am Anfang dieses Traugottesdienstes. Aber ich möchte dabei zwei Dinge betonen: Erstens rede ich nicht nur von Gott, weil ich es muss, sondern weil ich überzeugt davon bin, dass ER unser Leben bestimmt. Und zweitens will ich werbend reden, aber nicht überredend und nicht Druck ausübend. Sie hören meine Worte, aber was Sie davon aufnehmen und für sich selbst anwenden können, liegt in Ihrer eigenen Entscheidung und Verantwortung.

Reden wir also von Gott! Wie können wir das überhaupt? Ist Gott nicht von Menschen ausgedacht? Oder wenn nicht – ist er nicht für menschliche Gehirne unbegreiflich und unerreichbar fern? Der Trauspruch, den Sie sich ausgesucht haben, gibt auf diese Frage eine schöne Antwort (Psalm 119, 105):

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.

Durch sein Wort gibt Gott sich selber zu erkennen, aber nicht so, dass wir ihn jetzt sehen oder anfassen könnten, sondern dass wir mehr Helligkeit bekommen für unseren eigenen Lebensweg. In Worten, Bildern und Symbolen können wir von Gott reden, anders nicht, und nur wo es Gott selbst will, werden wir seiner gewahr; von Gott gibt es kein beweiskräftiges Wissen, es gibt aber einen Glauben, der von Gott selbst bewirkt wird, wo wir innerlich angerührt und bewegt werden von seinem Wort.

Wort Gottes, das war für das Volk Israel die lebensspendende Weisung, die sie von Mose und den Propheten gehört hatten. Der Psalm 119, aus dem Ihr Trauspruch entnommen ist, der längste Psalm der Bibel überhaupt mit seinen 176 Versen, ist ein einziger Lobpreis des Wortes Gottes, das alle die, die darauf hören, zum wahren Leben führen wird. Für Christen ist Wort Gottes darüber hinaus in einer Person doch zum Anfassen auf die Welt gekommen: in dem jüdischen Mann Jesus von Nazareth, der in seinem Leben beides gezeigt hat – wie Gott die Menschen liebt – und wie man als Mensch Gott und die Mitmenschen lieben kann. Wir selber können natürlich auch in Jesus Gott nicht mehr greifen; er lebt nicht mehr irdisch unter uns, wurde hingerichtet schon vor fast 2000 Jahren, verspottet von seinen Feinden, verlassen von seinen Freunden; an Karfreitag denken wir an diesen Tiefpunkt der menschlichen Geschichte. Aber wenn es Ostern wird in uns, dann erkennen wir, dass Menschen die Liebe nicht endgültig töten konnten, dann glauben wir an Christi Auferstehung, und dann erstehen auch wir auf – zur Liebe, zur Hoffnung, zum Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit, und zur Gewissheit, dass auch wir ewiges Leben erlangen werden.

Wort Gottes, das sind also nicht nur die zwischen zwei Buchdeckel eingesperrten Millionen von Wörtern, die in der Bibel stehen, sondern es ist die Geschichte des Volkes Gottes und die Geschichte Jesu, die uns ganz konkret angeht und zu uns spricht. Zu uns sprechen kann sie allerdings u. a. auch durch diese Bibel, weshalb Sie nachher als frisch getrautes Ehepaar auch eine Traubibel erhalten.

Und wie kann das Wort Gottes nun für Sie ein Licht auf Ihrem Lebensweg, in Ihrer gemeinsamen Ehe werden?

Wichtig kann es z. B. sein, dass Sie in jeder Situation dessen gewiss sein dürfen: Es gibt noch einen Lichtblick, auch wenn alles dunkel zu sein scheint:

Dein Wort ist mein Licht auf meinem Wege!

Es ist die gleiche Wahrheit, die auch Ihr Konfirmationsspruch ausdrückt, lieber Herr … (Psalm 23, 4):

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Wichtig kann auch sein, dass Sie sich in Zeiten der Unsicherheit und des Zweifelns auf ein festes Gebot stützen können: Ich habe etwas versprochen und dazu stehe ich!

Von Jesus können wir alle lernen, mit den Fröhlichen zu feiern und zu lachen, das Gute zu genießen, aber nicht auf Kosten anderer; ebenso können wir ihm nacheifern, das Unrecht, das andern zugefügt wird, nicht hinzunehmen, den Mund aufzumachen, wenn Menschen verachtet und verstoßen werden; und zuletzt steht vor uns auch sein Beispiel der Feindesliebe, der Vergebung selbst für seine Mörder. Er empfand Angst, Traurigkeit, Verzweiflung, aber er konnte all das ebenso wie das Gute in seinem Leben hinnehmen und durchstehen im Vertrauen zu seinem Vater im Himmel. Von Jesus können wir lernen zu sagen: „Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt!“

Mit Vertrauen auf Gott haben wir es nicht nötig, egoistisch zu sein. Wir werden nicht zu kurz kommen, wenn wir lieben, Kompromisse schließen, verzeihen, den ersten Schritt tun, und nie aufhören, gesprächsbereit zu sein. Ein Leben mit Gott ist sicher nicht ein Leben, in dem alle Wünsche erfüllt werden. Trotzdem ist es in jedem Fall ein erfülltes Leben, ein Leben, in dem Glaube, Liebe und Hoffnung nie aufhören.

Zum Schluss der Ansprache noch eine andere Bemerkung zu Ihrem Trauspruch. Man kann ihn auch, abgeleitet von der ersten Bedeutung, direkt auf Ihre Partnerschaft miteinander deuten. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte“, damit kann immer wieder auch das Wort des Partners, der Partnerin gemeint sein, wenn die Beziehung offen bleibt für neues Aufeinanderhören, für immer wieder neues Kennenlernen, für die Bereitschaft, auch die Schattenseite des Partners zu akzeptieren oder auch einmal an sich selbst zu arbeiten. Kaputt ist eine Beziehung dann, wenn kein Wort des einen mehr wirklich den andern erreicht, oder wenn Worte nur noch verletzen. So etwas kommt natürlich manchmal in jeder Ehe vor, dass man sich weh tut, aber es ist gut, wenn es dann auch wieder Worte des Verzeihens und des Nachgebens gibt, auf beiden Seiten, Worte, die wieder ein Licht auf den Weg der Partnerschaft werfen, so dass es weitergehen kann.

Ich wünsche Ihnen für Ihre Ehe, dass Sie immer füreinander Worte haben, die wie kleine Lichter sind. Und ich wünsche Ihnen auch, dass Sie spüren, wie Gott Sie begleiten kann mit seinem Wort – tröstend und anspornend, in einem dankbaren und engagierten Leben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie zueinander die alten Worte aus der Bibel sprechen können, die Ihnen, liebe …, so gut gefallen haben, auch wenn sie dort nicht im Zusammenhang mit einem Ehepaar ausgesprochen werden (Ruth 1, 16-17):

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Nur der Tod wird mich und dich scheiden.

Amen.

Lied 393, 6-8: Kommt, Kinder, lasst uns gehen

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