Bild: Helmut Schütz

Jamal und der Ramadan

Spielszene mit Handpuppen im Stuhlkreis der Kita-Kinder der Evangelischen Paulusgemeinde Gießen.
Kamelhandpuppe Jamal
Jamal erzählt vom Fasten im Ramadan

Lutz: Hallo Gabi, hast du Jamal gesehen? Der ist schon so lange weg. Wo bleibt der denn nur?

Gabi: Ach, Lutz, hast du das vergessen? Er wollte doch seine Freunde besuchen.

Lutz: Stimmt, aber wie lange bleibt er denn noch weg?

Gabi: Ich dachte, er wollte heute wieder zurückkommen.

Jamal: Das stimmt. Hier bin ich wieder!

Gabi: Schön, dass du wieder da bist. Soll ich dir was zu Essen holen? Du hast bestimmt Hunger!

Jamal: Nein, Gabi. Ich esse gerade tagsüber gar nichts.

Lutz: Warum das denn? Hast du dir den Magen verdorben und hast keinen Hunger?

Jamal: Doch, Hunger habe ich schon. Aber ich esse jetzt trotzdem nichts. Das nennt man Fasten.

Gabi: Und warum machst du das?

Jamal: Weil gerade Ramadan ist.

Lutz: Ra – ma – dan. Ist das was aus deiner Religion, aus dem Is – lam?

Jamal: Ja, lieber Lutz, das gehört zu meiner Religion. Unser Prophet Muhammad hat gesagt: Im neunten Monat unseres Kalenders soll jeder Erwachsene zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts essen und nichts trinken.

Gabi: Das ist aber bestimmt schwer. Muss man das auch machen, wenn man krank ist?

Jamal: Nein, wer krank oder sehr alt ist, oder wenn eine Frau ein Kind bekommt, oder wer auf Reisen ist, der muss nicht fasten. Und Kinder auch nicht.

Lutz: Und sonst macht das jeder Muslim mit?

Jamal: Nein, nur wer es wirklich will. Bei den Christen geht ja auch nicht jeder in die Kirche zum Gottesdienst, auch wenn die Pfarrer das gut fänden.

Gabi: Stimmt, das muss schon jeder selber entscheiden.

Lutz: Das mit dem Fasten verstehe ich aber gar nicht. Warum macht man das?

Jamal: Es ist für uns eine ganz besondere Zeit. Da denken wir viel an andere Leute. Wir denken an die, die immer wenig zum Essen haben. Und nach Sonnenuntergang treffen wir uns und essen dann gemeinsam.

Gabi: Ach, deshalb hast du jetzt deine Freunde besucht!

Jamal: Ja, Gabi.

Lutz: Aber ich könnte das gar nicht aushalten, den ganzen Tag nichts essen! Und ausgerechnet jetzt, im Sommer. Da dauert es soooo lange, bis es abends dunkel wird.

Gabi: Warum ist denn Ramadan im Sommer?

Jamal: Ramadan ist nicht immer im Sommer.

Lutz: Warum? Du hast doch gesagt, das ist im neunten Monat. Ist denn dieser Monat nicht immer zur selben Zeit?

Jamal: Nein. Nur im christlichen Kalender sind die Jahreszeiten immer gleich. Wenn es um unsere Feste geht, haben wir einen besonderen islamischen Kalender, da ist das Jahr elf Tage kürzer. Und darum ist Ramadan jedes Jahr elf Tage früher. In drei Jahren ist Ramadan einen ganzen Monat früher. In 20 Jahren wird Ramadan im Dezember sein.

Gabi: Das ist bestimmt leichter. Da wird es schon nachmittags um 4 Uhr dunkel.

Lutz: Aber 20 Jahre warten, das ist auch nicht leicht.

Jamal: Wollt ihr eine Geschichte vom Ramadan hören?

Gabi und Lutz: Ja, gerne!

Jamal: Wenn Ramadan vorbei ist, das wird in diesem Jahr am 19. August sein, dann wird drei Tage lang das Ramadanfest gefeiert. Manche nennen es auch das Zuckerfest. Das Ramadanfest gab es schon, als der Prophet Muhammad gelebt hat. In der Stadt Medina waren damals alle Leute besonders schön angezogen und feierten fröhlich auf den Straßen.

Als der Prophet nach dem Morgengebet nach Hause ging, saß ein kleiner Junge am Wegesrand. Er weinte und sah sehr traurig aus. Der Prophet bückte sich, klopfte auf seine Schulter und fragte: „Warum weinst du?“

Der Junge weinte immer noch und sagte: „Bitte, lass mich allein.“ Er sah nicht einmal, wer mit ihm redete. Der Prophet strich mit den Fingern durch das Haar des kleinen Jungen und fragte noch einmal freundlich: „Warum weinst du?“

Da sagte der Junge: „Mein Papa ist gestorben, und meine Mama hat neu geheiratet, und ihr neuer Mann möchte nicht mein Papa sein. Darum weiß ich nicht, wo ich hin soll. Und heute, wo sich alle freuen und leckere Sachen essen, bin ich besonders traurig.“

Da sagte der Prophet Muhammad zu ihm: „Ich weiß, wie du dich fühlst, denn ich habe beide, meinen Vater und meine Mutter, verloren, als ich ein kleiner Junge war.“

Da dachte der Junge: Was ist das wohl für ein Mann, der auch keine Eltern hatte, als er sie noch brauchte? Und endlich schaute er auf. Und da sah er, dass der Prophet Muhammad mit ihm redete. Er sprang sofort auf die Beine, denn er hatte großen Respekt vor dem Propheten.

Der Prophet Muhammad sagte zu ihm: „Wenn ich dein neuer Vater und meine Frau deine neue Mutter, und meine Tochter deine neue Schwester sein würden, würde es dir dann besser gehen?“ „Oh ja“, rief der Junge und lächelte, „das wäre die schönste Sache auf der ganzen Welt!“ Da nahm Muhammad ihn mit nach Hause und gab ihm neue Kleidung und gutes Essen an diesem wundervollen Festtag.

So sollen wir im Ramadan und auch danach an andere denken, die weniger Glück haben als wir.

Gabi: Das war eine schöne Geschichte. Feierst du mit uns denn auch das Zuckerfest, auch wenn wir nicht fasten?

Jamal: Ja, dazu lade ich euch gerne ein.

Lutz: Oh, da komme ich auch gerne, denn ich mag sooo gerne süße Sachen!

Jamal: Ich glaube, hier im Kindergarten wollen auch einige Eltern das Ramadanfest feiern, am 21. August, habe ich gehört.

Gabi: Vielleicht können da ja auch Kinder mit hinkommen, draußen auf dem Rasen vor dem Kindergarten.

Lutz: Da bin ich aber gespannt, wie das wird!

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