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„Gott gebe uns Barmherzigkeit und Frieden und Liebe!“

Der Trauspruch aus dem Judasbrief kann ein Programm sein zur Überwindung von Gedankenlosigkeit, Rechthaberei und Egoismus. Gott geht barmherzig mit uns um, er verdammt uns nicht, er nimmt uns an, so wie wir sind. Und deshalb ermutigt er uns auch: zum Vertrauen zueinander, zum Miteinanderreden, zum Verzeihen, zum Umlernen, zur Bearbeitung von Ehekrisen.

Die Silhouette eines Liebespaars, das sich anschaut, neben der Silhouette einer Kapelle, die zwischen Bäumen steht, in der Dämmerung vor einem riesigen Mond am Himmel
Hat die Kirche einem Ehepaar heute noch etwas zu sagen? (Bild: Susan Cipriano auf Pixabay)
Glockenläuten und Begrüßung an der Kirchentür
Feierlicher Einzug in die Kirche und Orgelvorspiel

Herzlich willkommen zum Traugottesdienst von Herrn … und Frau …!

Was wir heute hier tun, entspricht altem Brauch: Wir erbitten für die Zukunft einer jungen Ehe Gottes Segen.

In jeder Trauung eines Ehepaares versuchen wir, die alten Formen des Brauchtums und der Überlieferung neu mit Leben zu erfüllen. Denn die feierliche Form als solche bleibt leer, wenn die Erinnerung an Gott nur wie ein Fremdkörper in unsere Festlichkeiten hereinragt oder wenn wir selbst, so wie wir sind, in der Trauungszeremonie im Grunde nicht vorkommen.

Sie werden „ge-traut“, d. h. es geht um Sie beide, die sich einander anver-traut haben, und es geht um Gott, der Ihnen zu-traut, dass Sie einander Ihr Leben lang treu verbunden bleiben.

Mit einem Loblied rufen wir uns eine Vorstellung von Gott ins Gedächtnis, die uns vielleicht von Kindheitstagen an vertraut ist – und fremd zugleich: das Bild von Gott als dem mächtigen König. Er ist ein König, dessen Macht ohne Gewalt und List und ohne Zauberei auskommt, er ist all-mächtig allein in der Kraft seiner Liebe. Er rief das Welt-All ins Leben und ließ seine Schöpfung mit ihrem Schicksal nicht allein (316, 1-4):

Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren, meine geliebete Seele, das ist mein Begehren. Kommet zuhauf, Psalter und Harfe, wacht auf, lasset den Lobgesang hören!

Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet, der dich erhält, wie es dir selber gefällt; hast du nicht dieses verspüret?

Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet. In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet.

Lobe den Herren, der deinen Stand sichtbar gesegnet, der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet. Denke daran, was der Allmächtige kann, der dir mit Liebe begegnet.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Gott ist in sich die Liebe: Vater und Sohn, verbunden im Heiligen Geist. Er schuf uns zu seinem Bild: als Mann und Frau schuf er uns. Wir sind zur Liebe berufen, vom Urgrund der Welt selbst, von dem die Bibel erzählt wie von einem Menschen, der uns liebt.

Zu diesem Gott lasst uns beten.

Wir sprechen zu dir, Gott, indem wir offen vor dich bringen, was in uns ist, was uns bewegt: unsere Freude und unsere Sorgen, unsere zuversichtlichen und ernsten Gedanken, unsere Wünsche und unsere Befürchtungen, das strahlende Glück und auch die Tränen, die uns kommen. Du nimmst uns an, so wie wir sind; und wir können unseres Lebens froh werden, oder uns ändern, umkehren von manchen Wegen, auf denen wir nicht glücklich werden. Du bist der, der Liebe ausströmt, nicht eine schwache, sondern eine starke Liebe, die niemals aufgibt; alles kommt darauf an, dass wir uns von dieser Liebe ergreifen lassen, dann ist unser Leben nicht umsonst! Amen.

Liebe Frau … und lieber Herr …! Liebe Hochzeitsgäste!

Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Manche beklagen es, andere begrüßen es, aber manche Veränderungen lassen sich einfach nicht aufhalten. Wie steht es in einer solchen Zeit mit alten Bräuchen, alten Traditionen, z. B. mit Hochzeit und Ehe, Kirche und Gottesdienst?

Die Kirche ist heute nicht mehr die selbstverständliche Mitte aller dörflichen Feste oder jeder Familienfeier, wie das früher einmal gewesen sein mag. Trotzdem ist der Brauch erhalten geblieben, anlässlich einer Eheschließung einen Gottesdienst zu feiern, bevor man mit Freunden und Verwandten die Hochzeit ganz groß feiert. Das kann ja nur dann sinnvoll sein, wenn wir heute auch über unsere Beziehung zu Gott nachdenken und uns klarmachen: wo finden wir einen Halt für unser Leben, der auch an dunklen Tagen zuverlässig bleibt? wem verdanken wir das, was wir sind und was wir haben? worin finden wir im Leben die Erfüllung, die uns einmal sagen lassen wird: Wir haben nicht umsonst gelebt?

Auf der anderen Seite sind auch, was die Eheschließung betrifft, große Veränderungen vor sich gegangen. Früher war die Hochzeit ein Einschnitt im Leben zweier Menschen, wie man ihn sich tiefer gar nicht vorstellen konnte. Vorher lebte man noch nicht zusammen, war man eingeschränkt in den Möglichkeiten, sich zu treffen, einander kennenzulernen, war die Zeit der Verlobung vom Warten, auch von Sehnsucht bestimmt. So jedenfalls sieht im Rückblick – vielleicht etwas wehmütig idealisiert – der frühere Weg zur Ehe aus, der wohl manches für sich hatte, aber auch nicht ohne Schattenseiten war. Die Ehe (und schon die Hochzeitsnacht) war oft mit so hohen Erwartungen befrachtet, dass Enttäuschungen nicht ausbleiben konnten.

Das ist heute nur noch im Ausnahmefall so. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet…“, diese Überprüfung des Ehewunsches findet heute meistens ganz praktisch im Alltag des Zusammenlebens statt. Es ist selbstverständlich geworden, schon vor der Eheschließung eine längere Zeit zusammenzuziehen, um auch das Alltagsgesicht des Partners kennenzulernen.

Was bedeutet in einer solchen Zeit die Eheschließung? Sie ist immer noch voller Bedeutung, denn die endgültige Entscheidung füreinander hat nichts von ihrer Verbindlichkeit verloren. Vielleicht sogar mehr noch als früher kommt es auf die persönliche Verantwortung der Partner an, die nicht mehr durch bloße gesellschaftliche Konventionen ersetzt werden kann. Es heißt einfach nicht mehr: „man“ macht das so, das „gehört sich“ eben so, sondern man muss selber geradestehen für eigenständige Entscheidungen.

Aber nach wie vor ist eine Ehe mehr als das bloße Zusammenleben zweier „Singles“, zweier Einzelgänger, die sich jederzeit wieder verlassen könnten, wenn es ihnen gerade so passt. Ehe ist getragen von einem Treueversprechen, das „in guten und in schweren Tagen“ gelten soll. In „schweren Tagen“, in denen es der Partner einem nicht gerade leicht macht, oder in Zeiten der Notlage, der Krankheit, der Krise. Und auch in „guten Tagen“, in denen die Versuchung vor der Tür lauert, es vielleicht auch einmal mit einem scheinbar problemloseren Partner zu versuchen.

Ich glaube nicht, dass die Kirche die Aufgabe hat, allen Moralvorstellungen nachzutrauern, die in der Vergangenheit selbstverständlich waren, sondern auf diese Grundlagen hinzuweisen, die auch in einer veränderten Zeit helfen können, eine Ehe mit Lust und Liebe, mit Verstand und Verantwortung zu führen. Es ist nach wie vor sinnvoll, in einem Traugottesdienst vor der höchsten Autorität, die wir kennen, nämlich vor Gott selbst, eine Selbstverpflichtung auszusprechen, mit der sich ein Partner an den andern lebenslang bindet. Hintertürchen werden verschlossen, die Grundlage wird gelegt, auf der Vertrauen und immer tieferes Verständnis aufbauen kann, die Ehepartner einander immer besser kennenlernen können, auch mit den Schattenseiten ihrer Persönlichkeit und mit ihren Schwächen, aber auch mit ihren noch nicht entfalteten Stärken. Die Bibel sieht die Liebe zum Nächsten als höchste Erfüllung des Menschenlebens an – hier in der Ehe kann sie am intensivsten gelebt werden. Nirgendwo sonst ist sie auch nötiger, damit sich nicht irgendwann die Ehepartner das Leben zur Hölle machen.

Sie haben sich einen Trauspruch ausgesucht, der Ihnen genau in diesem Sinne eine gute Leitlinie für Ihre Ehe mit auf den Weg gibt. Er steht im Judasbrief (der nur ein Kapitel hat und von einem anderen Judas als dem Verräter Jesu geschrieben wurde) im Vers 2:

Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Frieden und Liebe!

Diese Dinge sind‘s, die unsere Welt nötig hat, damit es besser mit ihr wird. Eine Ehe kann erst recht nicht ohne Barmherzigkeit, ohne Frieden und Liebe auskommen.

Diese Werte waren allerdings noch nie modern, verhießen noch nie ein immer nur bequemes und ungestörtes Leben. Das Leben auf Kosten anderer, das Rechtbehaltenwollen, die Absicherung vor dem Menschen, der anders war, als Konkurrent oder Feind, hatte in der menschlichen Gesellschaft immer wieder einen höheren Stellenwert – selbst in der Kirche, selbst auch in der Ehe. Nicht umsonst wehren sich viele Menschen gegen die Bevormundung durch Vertreter der Kirche; und nicht umsonst drehen sich viele Ehekrisen heute um die Frage der gleichen Rechte von Mann und Frau in der Ehe.

Ihr Trauspruch kann ein Programm sein zur Überwindung von Gedankenlosigkeit, Rechthaberei und Egoismus. Gott geht barmherzig mit uns um, er verdammt uns nicht, er nimmt uns an, so wie wir sind. Und deshalb ermutigt er uns auch: zum Vertrauen zueinander, zum Miteinanderreden, zum Verzeihen, zum Umlernen, zur Bearbeitung von Ehekrisen.

Den Kern der christlichen Botschaft macht die nahezu unglaubliche Tatsache aus, dass der Schöpfer des Weltalls an uns Menschen positiv interessiert ist. Er hat sich viel Mühe gemacht, uns nachzugehen, uns Botschaften zu übermitteln, er ist sogar selber in die Abgründe des Menschenlebens hineingegangen, ist Mensch geworden in dem Mann Jesus von Nazareth. In seiner Existenz hat er gezeigt, wie ein Mensch barmherzig sein, Frieden und Liebe schaffen kann, selbst dann, wenn er dafür ans Kreuz genagelt wird. Es ist nicht einfach, an dieser Botschaft festzuhalten, wenn wir merken, welche Konsequenzen sie vielleicht auch für unser Leben haben müsste. Das geht eigentlich nur, wenn wir mit Menschen verbunden bleiben, die uns Rückhalt geben, wenn wir Gelegenheiten suchen, um seelisch aufzutanken. Dazu können Freunde und Verwandte da sein, dazu sind auch christliche Gemeinden da. Wir brauchen einander – christliches Leben ist immer ein Geben und Nehmen – in Ehe, Verwandtschaft, Nachbarschaft, Gemeinde, Beruf und Gesellschaft.

Ich wünsche Ihnen eine Ehe voller Barmherzigkeit, Frieden und Liebe! Ich wünsche Ihnen auch im Kreis Ihrer Verwandten und Freunde einen gegenseitigen Austausch im gleichen Sinne, so dass Sie sich nicht das Leben schwer machen, sondern einander stützen. Schließlich wünsche ich uns allen, dass wir auch in unserer christlichen Gemeinde mehr von der Gemeinschaft verwirklichen, die in ihrem Trauspruch zum Ausdruck kommt:

Gott gebe uns allen viel Barmherzigkeit und Frieden und Liebe!

Amen.

Lasst uns nun ein Lied singen von der guten Begleitung durch Gott durch unser gemeinsames Leben, sei es das Leben zu zweit, sei es auch das Leben in einer Gemeinde, in der sich Menschen füreinander verantwortlich fühlen (393, 6-8):

Kommt, Kinder, lasst uns gehen, der Vater gehet mit; er selbst will bei uns stehen bei jedem sauren Tritt; er will uns machen Mut, mit süßen Sonnenblicken uns locken und erquicken; ach ja, wir habens gut, ach ja, wir habens gut.

Kommt, Kinder, lasst uns wandern, wir gehen Hand in Hand; eins freuet sich am andern in diesem wilden Land. Kommt, lasst uns kindlich sein, uns auf dem Weg nicht streiten, die Engel selbst begleiten als Brüder unsre Reihn, als Brüder unsre Reihn.

Sollt wo ein Schwacher fallen, so greif der Stärkre zu; man trag, man helfe allen, man pflanze Lieb und Ruh. Kommt, bindet fester an; ein jeder sei der Kleinste, doch auch wohl gern der Reinste auf unsrer Liebesbahn, auf unsrer Liebesbahn.

Gott nimmt Sie unendlich wichtig und hat Sie lieb! Im Vertrauen darauf können Sie Ihre Ehe wagen und sich gegenseitig mit Ihrer Liebe und Treue tragen, so lange Sie leben. Vor diesem Gott und vor den Menschen, die heute als seine Gemeinde hier im Gottesdienst zusammengekommen sind, frage ich Sie nun:

…, wollen Sie diese … als Ihre Ehefrau, die Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen sie nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihr die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja, mit Gottes Hilfe!«

…, wollen Sie diesen … als Ihren Ehemann, den Gott Ihnen anvertraut hat, für alle Zeit achten und lieben, in guten und in schweren Tagen ihn nicht verlassen und im Vertrauen auf die Liebe Gottes mit ihm die Ehe führen, bis der Tod Sie scheidet, so antworten Sie: »Ja, mit Gottes Hilfe!«

Nun stecken Sie einander Ihre Ringe an. Sprechen Sie zueinander: »Trag diesen Ring als Zeichen Deiner Treue!« Der Ring hat kein Ende, so soll auch Ihre Liebe ohne Ende sein.

Geben Sie einander Ihre rechte Hand. Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.

Gott begleitet Sie auf Ihrem Lebensweg, er verlässt Sie nie, was auch immer geschieht. Er schenkt Ihnen Barmherzigkeit, Frieden und Liebe. So segnet Gott Ihr gemeinsames Leben. Amen.

Ihre Ehe wurzelt in der Liebe, von der Sie leben, gründet im Ja, das Sie zueinander sprechen, findet ein Symbol in den Ringen, die Sie tragen, und lebt von vielen kleinen Zeichen der Liebe. So mögen Sie nun, wenn Sie wollen, einander küssen!

Als kleines Geschenk Ihrer Kirchengemeinde bekommen Sie nun Ihre Traubibel überreicht, zum Drinlesen und Durcharbeiten und Immer-wieder-nach-Gott-Fragen! Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Trauung!

Lied 391, 1-4:

Jesu, geh voran auf der Lebensbahn! Und wir wollen nicht verweilen, dir getreulich nachzueilen; führ uns an der Hand bis ins Vaterland.

Solls uns hart ergehn, lass uns feste stehn und auch in den schwersten Tagen niemals über Lasten klagen; denn durch Trübsal hier geht der Weg zu dir.

Rühret eigner Schmerz irgend unser Herz, kümmert uns ein fremdes Leiden, o so gib Geduld zu beiden; richte unsern Sinn auf das Ende hin.

Ordne unsern Gang, Jesu, lebenslang. Führst du uns durch rauhe Wege, gib uns auch die nötge Pflege; tu uns nach dem Lauf deine Türe auf.

Guter Gott, wir bitten dich heute für den gemeinsamen Lebensweg von … und … . Geh du mit ihnen auf ihrem Weg. Lass sie finden, was sie sich voneinander wünschen. Hilf ihnen, einander zu stützen und immer zusammenzuhalten. Hilf ihnen, Problemen nicht auszuweichen, sondern sie zu bewältigen. Schenke ihnen Menschen, die sie dabei nicht allein lassen. Und lass dieses Ehepaar auch wissen und spüren, dass sie in der Gemeinschaft der Christen einen Rückhalt finden können, damit Barmherzigkeit, Friede und Liebe keine leeren Worte bleiben.

Du bist da, Gott, in jedem guten Wort, das Liebe und Ehrlichkeit ausspricht, das tröstet und aufrichtet. Du bist die Hand auf der Schulter, die Mut macht oder liebevoll zurechtweist, wenn wir dunkle Wege gehen. Du bist die Wärme des Herzens, die wir spüren, wenn wir uns im Arm halten oder wenn unser Mund mit Liebe küsst. Du verlässt uns nicht; gib, dass wir dich nicht vergessen. Amen.

Vater unser

Und nun geht hin mit Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. Amen.

Orgelnachspiel und Auszug aus der Kirche

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