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Augenzeugen des Wortes Gottes

Mit den Ohren sehen ist nicht so verrückt, wie es sich anhört. Blinde Menschen tun das sowieso. Schauen wir heute Bilder zur Predigt an (und wer unter uns blind ist, macht sich wie gewohnt mit den Ohren ein Bild von ihnen), und erfahren wir Jesus als Wort, das heilt und tröstet, aufrüttelt aus scheinbarer Sicherheit und aufrichtet aus Mutlosigkeit.

Ikone von der Verklärung Christi: Elia, Jesus und Mose auf drei Bergen, Petrus, Johannes und Jakobus vor den Bergen auf den Boden gestürzt
Ikone der Verklärung Christi in der Kirche St. Nikolaus in Protaras auf Zypern (Bild: Dimitris VetsikasPixabay)

#predigtGottesdienst am Letzten Sonntag nach Epiphanias, den 13. Januar 2008, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Im Gottesdienst zum Thema „Aufgang des Morgensterns“ begrüße ich Sie herzlich mit dem Wort zur Woche aus dem Buch Jesaja 60, 2:

Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir!

Heute ist der letzte und in diesem Jahr zugleich der einzige Sonntag nach Epiphanias. Am letzten Sonntag ging es um die Männer, die dem Stern von Bethlehem folgen, um in der Krippe das Licht der Welt zu finden. Heute besingen wir Jesus, das Licht der Welt, als den Morgenstern, der es in einer finsteren Welt endlich Tag werden lässt.

Das Evangelium am heutigen Sonntag erzählt die Geschichte von der Verklärung Jesu, die wir oben an der Wand auf einer Ikone der orthodoxen Kirche dargestellt sehen. Drei Jünger erleben, wie Jesus ganz vom Licht Gottes erfüllt wird, und sehen ihn im Gespräch mit den größten Propheten Gottes, Mose und Elia.

Lied 69:

1. Der Morgenstern ist aufgedrungen, er leucht‘ daher zu dieser Stunde hoch über Berg und tiefe Tal, vor Freud singt uns der lieben Engel Schar.

2. »Wacht auf«, singt uns der Wächter Stimme vor Freuden auf der hohen Zinne: »Wacht auf zu dieser Freudenzeit! Der Bräut’gam kommt, nun machet euch bereit!«

3. Christus im Himmel wohl bedachte, wie er uns reich und selig machte und wieder brächt ins Paradies, darum er Gottes Himmel gar verließ.

4. O heilger Morgenstern, wir preisen dich heute hoch mit frohen Weisen; du leuchtest vielen nah und fern, so leucht auch uns, Herr Christ, du Morgenstern!

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. „Amen.“

Im Buch der Offenbarung bezeugt Johannes dieses Wort unseres Herrn Jesus Christus (Offenbarung 22, 16b):

16 Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der helle Morgenstern.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Als der Prophet Johannes dieses Wort von Jesus hört, da sieht er zugleich mit den Augen des Glaubens, wie es ist, wenn die Stadt Gottes herabkommt auf die Erde, und er hört weitere Worte, die Jesus sagt, der im Himmel zur Rechten Gottes sitzt – warnende und tröstende Worte (Offenbarung 22):

11 Wer Böses tut, der tue weiterhin Böses, und wer unrein ist, der sei weiterhin unrein; aber wer gerecht ist, der übe weiterhin Gerechtigkeit, und wer heilig ist, der sei weiterhin heilig.

12 Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, einem jeden zu geben, wie seine Werke sind.

13 Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.

14 Selig sind, die ihre Kleider waschen, dass sie teilhaben an dem Baum des Lebens und zu den Toren hineingehen in die Stadt.

15 Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun.

16 Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, euch dies zu bezeugen für die Gemeinden. Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der helle Morgenstern.

17 … Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.

Lasst uns auf den Ruf des Herrn hören und zu ihm kommen.

Wir rufen zu Gott: Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Jesus Christus – die Wurzel Davids! In Ihm kommt zur Erfüllung, was bereits Quelle und Grundlage des Lebens im Volk Israel war: die Weisung Gottes, die Mose auf dem Berg Sinai empfing, damit Gottes Volk in Freiheit und Verantwortung vor ihm lebte. Auch wir dürfen frei sein durch Gottes Wort.

Jesus Christus – das Geschlecht Davids! In ihm verkörpert sich auch die Treue Gottes zu seinem Volk, obwohl es die Jahrhunderte hindurch immer wieder der Weisung Gottes untreu wird und durch Propheten wie Elia auf den rechten Weg zurückgerufen wird. Auch wir dürfen vertrauen auf Gottes Treue.

Jesus Christus – der helle Morgenstern! In ihm bricht der Morgen einer Welt an, in der es hell wird für Israel und die Völker in einer Gemeinschaft des Friedens. Auch wir dürfen zuversichtlich hoffen auf das Friedensreich Gottes, wir dürfen es tätig erwarten.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende.

Der Herr sei mit euch! „Und mit deinem Geist!“

Barmherziger Gott, lass das aufgehende Licht aus der Höhe uns besuchen, lass es uns erscheinen, wo wir sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, lass deinen Morgenstern aufgehen in unseren Herzen, in unserer Gemeinde, in unserer Welt. Lass uns deinen Willen erkennen, lass ihn uns gemeinsam tun und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. Das erbitten wir von dir im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 17, 1-9:

1 Nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.

4 Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.

5 Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!

6 Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr.

7 Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8 Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein.

9 Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis
Lied 161:

1. Liebster Jesu, wir sind hier, dich und dein Wort anzuhören; lenke Sinnen und Begier auf die süßen Himmelslehren, dass die Herzen von der Erden ganz zu dir gezogen werden.

2. Unser Wissen und Verstand ist mit Finsternis verhüllet, wo nicht deines Geistes Hand uns mit hellem Licht erfüllet; Gutes denken, tun und dichten musst du selbst in uns verrichten.

3. O du Glanz der Herrlichkeit, Licht vom Licht, aus Gott geboren: mach uns allesamt bereit, öffne Herzen, Mund und Ohren; unser Bitten, Flehn und Singen lass, Herr Jesu, wohl gelingen.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Wir hören zur Predigt 2. Petrus 1, 16-19:

16 Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen.

17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.

19 Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.

Liebe Gemeinde, nach dem 2. Petrusbrief sind es Berichte von Augenzeugen, die uns die Kraft und das Kommen des Herrn Jesus Christus bezeugen. Aus der Sicht des engsten Jüngerkreises Jesu heißt es da ausdrücklich: „Wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen.“ Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln oder Mythen gefolgt, wir haben uns keine Geschichten über Jesus selber ausgedacht.

Allerdings: Was heißt hier Augenzeuge? Wie kann man Gottes Herrlichkeit sehen? Der 2. Petrusbrief begründet das Sehen der Herrlichkeit mit dem Hören einer Stimme, die zu Jesus kam und die Gott auch die Jünger hören ließ. Und dann ist die Rede vom Wort der Propheten, dass es scheint als ein Licht an einem dunklen Ort. Die Augenzeugen der Herrlichkeit Gottes bezeugen also in erster Linie, was sie gesehen haben – mit ihren Ohren!

Mit den Ohren sehen, das ist paradox, aber nicht so verrückt, wie es sich anhört. Blinde Menschen tun das sowieso, ähnlich wie gehörlose Menschen mit den Augen hören. Schauen wir uns heute einmal Bilder zur Predigt an (und wer unter uns blind ist, wird sich wie gewohnt mit den Ohren ein Bild von ihnen machen müssen), und bedenken wir dabei, dass wir in diesen Bildern ein Wort anschauen, das geschieht: die Jünger erfahren Jesus als Mensch gewordenes Wort Gottes, ein Wort, das heilt und tröstet, das aufrüttelt aus scheinbarer Sicherheit und aufrichtet aus Mutlosigkeit. Sie hören Worte, die auch in ihrem Leben geschehen sollen, indem sie zur Tat werden.

Eine Ikone der orthodoxen Kirche haben wir den Gottesdienst über an der Wand gesehen (hier auf der Bibelwelt zeige ich eine andere als im Gottesdienst). Sie stellt dar, wie Jesus auf einem Berg vom Licht Gottes verklärt wird. Die orthodoxe Kirche nennt diese Szene Metamorphose, Verwandlung. Für einen Augenblick ist es den Jüngern nicht mehr verborgen, sondern offenbar, dass Jesus in einer Person wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich ist.

Wiederholung des Bildes von oben, aber nur die obere Hälfte mit Elia, Jesus und MoseDrei Berge sehen wir auf dem Bild, rechts steht Mose auf dem Berg Sinai, wo er die Wegweisung Gottes in die Freiheit empfangen hat, links der Prophet Elia auf dem Berg Karmel, auf dem er den Anbetern der versklavenden Götter dieser Welt entgegengetreten ist. In der Mitte sehen wir Jesus auf dem Berg der Verklärung; ob mit diesem Berg der nur 562 Meter hohe Berg Tabor in der Nähe von Nazareth gemeint war oder der 2759 Meter hohe Hermon, der weit im Norden in Richtung Damaskus lag, kann uns egal sein.

Der Ikonenmaler stellt die drei Berge sowieso stilisiert dar. Nach der biblischen Erzählung sind Mose und Elia mit Jesus auf einem Berg im Gespräch versammelt; hier steht zugleich jeder mit den Füßen auf seinem eigenen Berg, aber ihre Gestalten ragen so weit in den Himmel hinein, dass sie kaum noch von dieser Erde sind.

Ganz anders die Jünger. Die Gewalt der himmlischen Erscheinung wirft sie buchstäblich um, einer fällt ganz zur Erde nieder, bei den beiden anderen bauschen sich die Gewänder im Wind des heiligen Geistes, aber alle drei wagen es kaum, nach oben zu blicken.

Die stürzenden Jünger auf der Ikone der Verklärung ChristiNur so viel zu dieser Ikone, die etwa 400 Jahre alt ist. Sie zeigt, was für orthodoxe Ikonenmaler normalerweise zur Darstellung der Verklärung Jesu dazu gehört. Ein anderer Maler konnte die gleiche Szene aber durchaus auch ein wenig anders gestalten. Und eine solche andere Version dieses Bildes, die aus Griechenland stammt, finde ich so interessant, dass ich sie jetzt mit Ihnen etwas genauer anschauen möchte; Sie können sie sogar mit nach Hause nehmen, denn sie ist auch auf dem Zettel abgedruckt, der in Ihrem Gesangbuch liegt.

Zweite Ikone von der Verklärung ChristiHier sehen wir das Bild jetzt auch an der Wand. Manches ist gleich. Auch hier drei Berge mit Mose, Elia und Jesus, auch hier drei Jünger, die am Fuß des mittleren Berges liegen. Aber dann gibt es auch Unterschiede, die mir auffallen, zum Beispiel in der Farbgebung. Warum trägt hier Mose ein rotes und Elia ein grünes Gewand?

Vielleicht weil das Gesetz, das Mose von Gott auf dem Sinai empfängt, das Gesetz der Liebe ist.

Es soll helfen, im Einklang mit Gott und mit uns selbst und mit anderen Menschen zu leben.

Und Elia, grün wie die Hoffnung gekleidet, steht für die Propheten Israels.

Durch ihre Stimme ringt Gott um die Zukunft seines Volkes. Er befreit es, er ermahnt es, er bestraft es, aber er lässt es niemals fallen.

Jesus in seiner blauen Farbgebung deute ich so, dass er die Treue Gottes selbst verkörpert. Er stößt weder Mose noch Elia von sich weg, er bleibt seinem Volk und seinen Überlieferungen treu.

Zugleich verwandelt der von Gottes Licht verwandelte Jesus in seiner Treue zu den Menschen auch die ganze irdisch geschaffene Welt. Ein Viereck versinnbildlicht die Welt, zwei blaue Vierecke, vor denen Jesus erscheint, bilden hier, übereinandergelegt, das achtzackige Symbol der Vollendung.

Interessant finde ich, dass Mose und Elia hier eigentlich nicht auf zwei Bergen, sondern auf zwei Brücken stehen; sie sind beauftragt, durch die wegweisende Stimme Gottes eine Brücke zwischen Gott und den Menschen zu schlagen, aber diese Brücke führt doch über einen Abgrund, in den der Mensch jederzeit abstürzen kann. Jesus hat festen Grund unter den Füßen; er selbst ist der feste Grund unseres Vertrauens auf Gott, eben weil sich in ihm selbst die Treue Gottes zu uns verkörpert.

Aber nun zu den Jüngern. Ich denke, dieser Maler hatte Humor. Gleich zwei der Jünger purzeln vor Schreck über die Stimme aus der lichten Wolke kopfüber den Berg hinunter. Er malt die drei in so charakteristisch unterschiedlicher Weise, dass ich denke, er meint damit verschiedene Typen von Christen.

Da ist einer, auf der rechten Seite, grün gekleidet wie Elia, der am tiefsten gestürzt ist und dessen Hand im Bodenlosen verschwindet. Mich erinnert diese Darstellung an den tiefen Fall des Petrus. Der will wie Jesus auf dem Meer wandeln, und dann kriegt er Angst vor Wind und Wellen und versinkt im Meer seiner Angst. Der hat ein sooo großes Mundwerk, als er Jesus ewige Treue schwört, und dann will er ihn nicht kennen, drei Mal verleugnet er ihn. So lange Petrus seine Hoffnung auf sich selber setzt und die Abgründe der eigenen Seele noch nicht kennt, läuft er Gefahr, tief zu fallen.

Mit der linken Hand greift er sich an den Mund, als ob er sich selber warnen wollte vor allzu voreiligen Worten. Auch hier auf dem Berg war er es, der eben noch Hütten bauen wollte, um mit Jesus, Mose und Elia zusammen leben zu können. Kaum bekommt er es mit der Stimme Gottes selber zu tun, bläst sie ihn um wie ein Sturmwind. Wer von uns findet sich in Petrus wieder, wer kennt dieses Schwanken zwischen himmelhochjauchzend – zu Tode betrübt, zwischen Selbstüberforderung und Resignation?

Der in der Mitte trägt ein rotes Gewand wie Mose. Ob der Maler in ihm den Jünger abbildet, den Jesus lieb hat, den Johannes? Der preist in seinem Evangelium als oberstes Gebot Jesu die Liebe und schreibt im ersten seiner Briefe: „Niemand hat Gott je gesehen, aber wenn ihr einander liebt, so ist Gott in euch.“ Aber mich verwundert, dass dieser Jünger es sich im Fallen regelrecht gemütlich macht. Mit der rechten Hand auf dem Boden abgestützt, das Kinn auf die linke Hand gelegt, verkörpert er den Typ des nachdenklichen Menschen. Nur – wer tut das in einer solchen Haltung? Ist er dabei, ohne Blickkontakt mit Jesus, ohne auf seine Stimme zu hören, sich seine eigenen Fabeln auszudenken, sich zu entfernen von dem Wort der Schrift, der Propheten, dem Wort Gottes selbst? Wer kennt das von sich, dass man meint zu wissen, wo es lang geht und sich seiner Überzeugungen sicher ist, aber in manchen Augenblicken kommen einem dann doch Zweifel an einem Gebäude von Überzeugungen, die man sich selber zusammengebastelt hat?

Der dritte Jünger wirkt am unscheinbarsten in seinem erdfarbenen Gewand. Will der Maler in ihm den Jünger Jakobus sehen, dann ist es einer, von dem wir in den Evangelien sehr wenig erfahren. Später ist er einer der ersten, die den Märtyrertod für den Glauben an Jesus Christus erleiden. Er ist als einziger aufrecht stehen geblieben, er blickt als einziger in die Höhe, und er zeigt mit seinem rechten Zeigefinger als einziger auf Jesus.

Seine linke Hand hält er zu sich gewandt, in Richtung auf sein Gesicht, als wollte er das Licht, das von Jesus her zu ihm hinstrahlt, in sich aufnehmen. Er antwortet auf das Licht und auf die Stimme vom Himmel, indem er sich selber Jesus zuwendet und auch die anderen aufmerksam macht: „He, steht doch auf, bleibt nicht liegen, seht das Licht, hört die Stimme, lernt von Jesus, wie er das, was Mose und die Propheten gelehrt haben, für uns zum Leuchten bringt.“ Was in der Erzählung der Bibel Jesus den Jüngern sagt: „Steht auf, fürchtet euch nicht!“, das setzt er auf dem Bild in die Tat um.

Wenn wir nun dem Zeigefinger des Jakobus folgen, was sehen wir dann? Wir sehen Jesus, wie Gottes Treue durch ihn hindurchstrahlt, und wir sehen Mose und die Propheten, wie sie sich zu Jesus hinbeugen und ihm die Ehre als dem Sohn Gottes geben. Auf ihn sollen wir hören. Allerdings können wir auf ihn nur hören, indem wir zugleich das Wort der beiden anderen mithören, denn Jesus stößt Mose und Elia nicht von sich weg, sie reden mit ihm, und er bringt das Licht, das sie an einen dunklen Ort dieser Welt im Volk Israel gebracht haben, an allen dunklen Orten überall in der Welt zum Leuchten. Unser Text zur Predigt im 2. Brief des Petrus bringt es so auf den Punkt:

17 [Jesus] empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.

19 Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.

Also wer auf Jesus hört, soll zugleich auf die Worte der Propheten hören, von Mose bis Elia, von Jesaja und Jeremia bis Johannes dem Täufer. Denn dass der Morgenstern des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe in unseren Herzen aufgeht, ist keine Selbstverständlichkeit. Das ist ein Geschenk. Wir haben darüber keine Verfügungsgewalt. Aber wir können den Anbruch des hellen Tages in unserem Leben schon tätig erwarten, auch wenn wir um uns herum zunächst nur viel Finsternis sehen und selbst vom Morgenstern keinen Schimmer wahrnehmen. Wir können etwas tun. Wir können auf die Propheten hören, wie sie das Licht Gottes an dunkle Orte auf dieser Erde gebracht haben. Wir können von ihnen zu lernen, das Gleiche zu tun: auf die Stimme Gottes hören, gute Worte weitergeben und selber in die Tat umsetzen. Wir können auf Christus hören, wie er uns in der Vollmacht und Treue Gottes die Schrift auslegt. Dann bleibt die Botschaft des Mose und der Propheten für uns kein erdrückendes Gesetz und keine vernichtende Strafpredigt, sondern wir hören sie als Wegweisung in die Freiheit, als eine Einführung in die Liebe, als eine Schule der Gerechtigkeit für Israel und für die Völker. Ja, Gott, erfüllen uns mit dem Vertrauen auf dich, mit der Liebe, in der wir füreinander einstehen, und richte unsere Füße auf den Weg dieses Friedens. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 450:

1. Morgenglanz der Ewigkeit, Licht vom unerschaffnen Lichte, schick uns diese Morgenzeit deine Strahlen zu Gesichte und vertreib durch deine Macht unsre Nacht.

2. Deiner Güte Morgentau fall auf unser matt Gewissen; lass die dürre Lebens-Au lauter süßen Trost genießen und erquick uns, deine Schar, immerdar.

3. Gib, dass deiner Liebe Glut unsre kalten Werke töte, und erweck uns Herz und Mut bei entstandner Morgenröte, dass wir, eh wir gar vergehn, recht aufstehn.

4. Ach du Aufgang aus der Höh, gib, dass auch am Jüngsten Tage unser Leib verklärt ersteh und, entfernt von aller Plage, sich auf jener Freudenbahn freuen kann.

5. Leucht uns selbst in jener Welt, du verklärte Gnadensonne; führ uns durch das Tränenfeld in das Land der süßen Wonne, da die Lust, die uns erhöht, nie vergeht.

Lasst uns beten. In jede Fürbitte, die ich mit „Jesus, Licht der Welt“ beende, stimmen Sie bitte mit dem Ruf ein: „Christus, erleuchte die Welt!“

Jesus Christus, du bist als Licht der Welt erschienen; auf dem Berg der Verklärung sahen dich deine Jünger als das wahre Wort des treuen Gottes Israels, das in die Welt hineinleuchtet. Wir danken dir, dass du die Dunkelheiten der Herzen und der ganzen Schöpfung überwindest.

So bitten wir heute für die Menschen, die sich bemühen, auf dein Wort zu hören und danach zu handeln, und auch für die, die noch unterwegs sind zu dir. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Wir bitten dich für die Menschen in Kenia, Pakistan und im Heiligen Land, für Kinder, Frauen und Männer überall, wo das Dunkel der Gewalt herrscht, für die Opfer von Gewalt auf unseren Straßen und Bahnhöfen, aber auch für junge Menschen, die gewalttätig werden, dass sie Hilfe finden, um von zerstörerischen Wegen umzukehren. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Wir bitten dich für alle, die politische Verantwortung tragen, auch für die Wählerinnen und Wähler, die in zwei Wochen hier in Hessen einen neuen Landtag wählen, dass sie trotz der Unzulänglichkeiten von Politikern ihre Stimme nicht einfach verschenken. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Wir bitten dich für Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ausländischen Wurzeln, für Menschen, die arbeiten wollen und keine Arbeit finden. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Wir bitten dich für Babies, die schon am Anfang ihres Lebens nicht willkommen sind, für ihre Mütter und Väter und alle, die ihnen helfen wollen, für arme Kinder und Familien in Not, mitten in unserer reichen Gesellschaft. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Unser Bruder Jesus Christus, so viel Dunkelheit ist unter den Menschen, die du liebst. Du teilst ihre Trauer und Angst; Ihnen und uns schenkst du Hoffnung und Freude. Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

In der Stille bringen wir vor dich, was wir ganz persönlich auf dem Herzen haben:

Gebetsstille

Jesus, Licht der Welt: „Christus, erleuchte die Welt!“

Vater unser
Lied 74:

1. Du Morgenstern, du Licht vom Licht, das durch die Finsternisse bricht, du gingst vor aller Zeiten Lauf in unerschaffner Klarheit auf.

2. Du Lebensquell, wir danken dir, auf dich, Lebend’ger, hoffen wir; denn du durchdrangst des Todes Nacht, hast Sieg und Leben uns gebracht.

3. Du ewge Wahrheit, Gottes Bild, der du den Vater uns enthüllt, du kamst herab ins Erdental mit deiner Gotterkenntnis Strahl.

4. Bleib bei uns, Herr, verlass uns nicht, führ uns durch Finsternis zum Licht, bleib auch am Abend dieser Welt als Hilf und Hort uns zugesellt.

Abkündigungen

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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