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Zwei Hohepriester mit dem Namen Jesus

Der Hohepriester Jeschua oder Jesus, von dem Sacharja erzählt, erfährt Vergebung von Gott. Unser Hoherpriester Jesus ist nach dem Hebräerbrief uns anderen Menschen gleich und doch auch nicht gleich: Jesus ist fähig zu leiden, insofern ist er schwach wie wir. Jesus gerät in Versuchung wie wir, aber er kann allen Versuchungen widerstehen. Im Gegensatz zu uns ist er ohne Sünde.

Ein Mann in Priestermantel und Kapuze steht mit ausgebreiteten Armen vor einem einfachen Holzkreuz in der Wüste unter einem gelben Himmel mit glühender Sonne
Wie soll man sich das vorstellen, dass Jesus für uns ein Hoherpriester ist? (Bild: kalhhPixabay)

#predigtGottesdienst am Sonntag Invokavit, den 13. März 2011, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich in der Pauluskirche. Am Aschermittwoch hat die Passionszeit begonnen. In dieser Zeit denken wir über das Leiden Jesu nach. Ist Jesus, weil er gelitten hat, ein schwacher Mensch gewesen? Im Gegenteil, sagt die Bibel. Er ist der mächtigste Helfer, den es gibt. Darüber hören wir mehr in der Predigt.

Unser Bläserkreis beteiligt sich heute an der Begleitung von zwei Liedern. Herr Dritsch spielt die Trompete, Herr Boeck das Flügelhorn und Herr von Weyhe das Tenorsaxophon.

Passionslied 98: Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Liebe wächst wie Weizen, ihr Halm ist grün wie die Hoffnung. Wir dürfen auf die Liebe hoffen, die Jesus gelebt hat und die uns tragen und erfüllen will, weil Gott die Liebe ist.

Kommt, lasst uns ihn anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

Liebe ist bedroht. Wenn sie stirbt wie ein Weizenkorn, das in die Erde fällt, dann lebt sie wieder auf und bringt neue Frucht hervor. Was wird aus ihr, wenn das Samenkorn der Liebe in Gestein und Gestrüpp oder zwischen Dornen verloren geht, wenn diese Welt über die Liebe Gottes das Todesurteil spricht und die Leiche Jesu in ein Felsengrab einsperrt? Wir müssen es hart ausdrücken, was mit der Passion Jesu gemeint ist: Da ist Gott selber bedroht – bedroht durch Sünde, die sich auflehnt gegen Gottes Liebe, die es nicht ertragen kann und will, auf Gott angewiesen zu sein. Gott, rette uns aus dieser Sünde! Wir rufen zu dir:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Die Nacht wird kommen und sie wird vorübergehen. Das Weizenkorn wird in die Erde fallen und sterben und ein neuer Keim dringt aus dem Acker in den Morgen. Am Karfreitag wird Jesus sterben, am Sabbat im Grab liegen. Unfassbar, was Menschen dem Sohn Gottes antun, was Gott sich in seinem Sohn antun lässt. Und ebenso unfassbar: Der dritte Tag wird erscheinen und mit ihm das neue Leben Christi.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist gross Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Großer Gott, lass uns lernen, was die Passion deines Sohnes Jesu Christi bedeutet: Du überwindest Böses durch Gutes, tödlichen Hass durch deine Liebe. In deiner scheinbaren Schwäche liegt deine größte Stärke. Lass uns allen Versuchungen widerstehen, dem Bösen mehr Macht zuzutrauen als dir. Darum bitten wir dich im Vertrauen auf Jesus Christus, unsern Herrn. „Amen.“

Wir hören die Schriftlesung aus dem Evangelium nach Matthäus 4, 1-11:

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde.

2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.

3 Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.

4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«

5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels

6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.«

7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«

8 Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit

9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.

10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! denn es steht geschrieben: »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«

11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.

Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege. Amen. „Amen.“

Glaubensbekenntnis
Passionslied 88, 1-2+5-6:

1. Jesu, deine Passion will ich jetzt bedenken; wollest mir vom Himmelsthron Geist und Andacht schenken. In dem Bilde jetzt erschein, Jesu, meinem Herzen, wie du, unser Heil zu sein, littest alle Schmerzen.

2. Meine Seele sehen mach deine Angst und Bande, deine Schläge, deine Schmach, deine Kreuzesschande, deine Geißel, Dornenkron, Speer- und Nägelwunden, deinen Tod, o Gottessohn, der mich dir verbunden.

5. Wenn mir meine Sünde will machen heiß die Hölle, Jesu, mein Gewissen still, dich ins Mittel stelle. Dich und deine Passion lass mich gläubig fassen; liebet mich sein lieber Sohn, wie kann Gott mich hassen?

6. Gib auch, Jesu, dass ich gern dir das Kreuz nachtrage, dass ich Demut von dir lern und Geduld in Plage, dass ich dir geb Lieb um Lieb. Indes lass dies Lallen – bessern Dank ich dorten geb -, Jesu, dir gefallen.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, woran liegt es, dass Menschen an Jesus glauben? Was macht ihn so attraktiv, so glaubwürdig – oder sollen wir sagen: so beliebt?

Beliebt ist Jesus, als er auf der Erde lebte, eine ganze Weile. Leute laufen ihm nach, die aus ihm einen König machen wollen. Sein enger Vertrauter Judas hat ihn vielleicht nur deswegen an seine Feinde verraten, weil er damit rechnet, dass Jesus dann den Kampf gegen die Herrschenden im Land und in Rom eröffnen werde.

Aber das Zeug zu einem dauerhaft beliebten Politiker hat Jesus nicht. Sonst hätte er wohl die Einflüsterungen des Teufels als Ratschläge für gute Werbekampagnen dankend aufgenommen. Brot aus Steinen machen, Bungee-Jumping vom Tempel ohne Seil als publikumswirksame Aktion. Nein, Jesus will nicht beliebt sein um jeden Preis, er will auf Gottes Wort hören und es in die Tat umsetzen: die Zehn Gebote, die Nächsten- und Feindesliebe, einen ehrlichen und barmherzigen Umgang mit sich selbst und anderen.

Und gerade das Letztere fällt uns so schwer: Einerseits ehrlich und offen zu sehen, wie oft wir etwas falsch machen, schuldig werden, uns und andere irgendwie belügen. Und andererseits einen Weg zu finden, um Schuld, Fehler und Lüge zu überwinden, ohne sie einfach wegzureden oder Gras darüber wachsen zu lassen.

Einer von vielen Gründen, an Jesus zu glauben, kann sein, dass er ein Experte für den Umgang mit Schuld ist. Darüber möchte ich mit Ihnen und euch nachdenken und lese dazu den Predigttext zum heutigen Sonntag, der im letzten Jahr „dran“ gewesen wäre, über den ich aber noch nie gepredigt habe. Er steht in einem Brief der Bibel, der ohne Absenderangabe „an die Hebräer“ gerichtet ist (Hebräer 4, 14-16):

14 Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis.

15 Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.

16 Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.

Dass wir uns unter einem Hohenpriester kaum noch etwas vorstellen können, liegt unter anderem an diesem Text. Seit Jesus sind alle anderen Hohenpriester überflüssig geworden. Aber damals haben sie eine entscheidende Funktion in der jüdischen Religion und Politik. Der Hohepriester ist der Oberste aller anderen Priester im Tempel, und seit das Land von fremden Völkern besetzt und regiert wird und keinen eigenen König mehr hat, ist er auch die höchste politische Autorität für das Volk der Juden. Vor allem aber ist er zuständig dafür, dass die Opfer für Gott ordnungsgemäß dargebracht werden. Dabei geht es nicht um ein Geschäft mit Gott, nicht um ein Opfer als Gegenleistung für Vergebung, sondern die Opfer sind ein Zeichen dafür, dass die Menschen ihre Bitte um Vergebung wirklich ernst meinen. Darum muss ein Opfertier auch fehlerlos sein. Es gehört sich nicht, Gott irgendwelchen Fleischabfall zu opfern, den eh niemand mehr essen will. Ebenso darf ein Priester keine Gebrechen haben; den Dienst für Gott sollen nicht solche Menschen leisten, die für keine andere Arbeit taugen. Der Hohepriester muss noch mehr als alle anderen Priester ein Vorbild und ohne Fehler sein. Im 3. Buch Mose – Levitikus 21, 10-15, gibt es für ihn genaue Vorschriften: er soll (Vers 10)

sein Haupthaar nicht wirr hängen lassen und seine Kleider nicht zerreißen[,]

darf sich an keinem Toten verunreinigen und keine Frau heiraten, die schon einmal mit einem anderen Mann Verkehr gehabt hat. Nicht einmal das Heiligtum darf er verlassen (Vers 12),

dass er nicht entheilige das Heiligtum seines Gottes.

Aber genügen solche Vorschriften, um sicherzustellen, dass ein Hoherpriester wirklich ein Vorbild ist? Es werden Hohepriester sein, die Pilatus auffordern, Jesus zu kreuzigen, indem sie sagen (Johannes 19, 15):

Wir haben keinen König als den Kaiser.

Äußerlich mögen diese Männer den Anforderungen an das Hohepriesteramt genügen, aber sie wissen nicht einmal mehr, dass jeder König in Israel sich allein vor Gott zu verantworten hat. Sie laden selber Schuld auf sich und haben keine Autorität mehr, Menschen zu vergeben und sie zur Umkehr zu führen.

Interessant finde ich, dass schon im Alten Testament, im Buch des Propheten Sacharja, von einem Hohenpriester namens Jesus oder Jeschua erzählt wird, der ein Problem mit seiner eigenen Unreinheit hat. Er gehört zu den Heimkehrern aus der babylonischen Gefangenschaft und ist wie ein Holzscheit aus einem Feuer gerissen und vor dem Verbrennen bewahrt geblieben (Sacharja 3, 2). Die Ereignisse in Krieg und Verbannung haben im Leben Jeschuas Spuren hinterlassen; er jat unreine, ja regelrecht mit Kot verdreckte Kleider an (Sacharja 3, 3). Nach dem Buchstaben der Tora Gottes macht ihn das ungeeignet für den Dienst als Hoherpriester, darum muss sich Jeschua „vor dem Engel Gottes“ verantworten, „und der Satan stand zu seiner Rechten, um ihn zu verklagen“ (3, 1). Aber der Engel verteidigt Jeschua gegen den Satan (Sacharja 3, 2):

2 Der HERR schelte dich, du Satan! … Ist dieser nicht ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerettet ist?

Danach lässt der Engel dem Jeschua die unreinen Kleider ausziehen mit den Worten (Sacharja 3, 4):

4 Sieh her, ich nehme deine Sünde von dir und lasse dir Feierkleider anziehen.

Schon damals hängt die Autorität des Hohenpriesters also nicht von äußerlicher Reinheit oder Unreinheit ab, sondern ob ihm seine Sünde vergeben ist.

Und dann sagt der Engel im Auftrag Gottes (Sacharja 3, 8-10):

8 Höre nun, Jeschua, du Hoherpriester: Du und deine Brüder, die vor dir sitzen, sind miteinander ein Zeichen; denn siehe, ich will meinen Knecht, »den Spross«, kommen lassen.

9 Ich … will die Sünde des Landes wegnehmen an einem einzigen Tag.

10 Zu derselben Zeit … wird einer den andern einladen unter den Weinstock und unter den Feigenbaum.

So wird der Hohepriester Jesus oder Jeschua zum Zeichen für den Knecht Gottes, den Spross aus dem Königshaus Davids, für den Messias, der kommen soll. Und dieser Messias ist für uns Christen niemand anders als Jesus Christus. Der ruft die Menschen verschiedener Völker und Nationen dazu auf, einander unter den eigenen Weinstock und Feigenbaum einzuladen, also jede Feindschaft zu überwinden. Und der wird es sein, der die Sünde des ganzen Landes, ja sogar aller Menschen, an einem einzigen Tag wegnehmen wird.

Nach dem Hebräerbrief ist Jesus der wahre Hohepriester, nicht weil er im Tempel zu Jerusalem ordnungsgemäß angestellt ist, sondern weil er „die Himmel durchschritten“ hat. Die menschlichen Hohenpriester lassen ihn an das Holz hängen, damit halten sie ihn für verflucht, sogar in Gottes Augen (Galater 3, 13). Aber Gott erweckt ihn vom Tod und holt ihn zu sich in den Himmel. Dort ist und bleibt er eins mit Gott, eins mit dem, was Gott will. Jesus ist also kein Hoherpriester, der irgendwelche Tiere schlachtet und zum Opfer darbringt. Das einzige Opfer, das er darbringt, ist er selber. Und selbst das tut er nicht mit eigener Hand.

Es ist auch nicht Gott, der Vater, der eigenhändig seinen Sohn schlachtet. Vollstrecker dieses Opfers sind Menschen in ihrer Verstrickung in Sünde und Schuld. Jesus fällt menschlichen Machenschaften zum Opfer und verzichtet auf Rache. Stattdessen bietet er seinen Folterern und Mördern und allen Sündern Vergebung an, die Chance zur Umkehr. So deutet der Hebräerbrief den Justizmord an Jesus um: Hier gelingt es nicht etwa den Feinden Jesu, Gottes Sohn zu töten, Jesus buchstäblich mundtot zu machen. Nein, hier bringt der einzig wahre Hohepriester Gottes das einzig wahre Opfer dar, das Menschen retten kann: sich selbst. Er verzichtet auf den Erhalt des eigenen Lebens und erhält gerade so alle Gewalt im Himmel und auf Erden.

Der Hebräerbrief betont nun besonders, dass dieser Hohepriester Jesus uns anderen Menschen gleich ist und doch auch nicht gleich: Jesus ist fähig zu leiden, insofern ist er schwach wie wir alle. Jesus gerät in Versuchung wie wir alle, aber er kann allen Versuchungen widerstehen. Im Gegensatz zu uns ist er ohne Sünde.

Was heißt das eigentlich: ohne Sünde sein? Was Sünde ist, kann man von zwei Seiten her beschreiben.

Erstens ist Sünde Trennung von Gott. In Jesus ist kein noch so kleiner Anteil vorhanden, der nicht im Einklang mit Gott stünde. Das darf man nicht missverstehen. Gemeint ist nicht, dass Jesus als leibhaftiger Gott auf der Erde herumlaufen würde, vielleicht so wie in dem Film „Bruce allmächtig“. Nein, Jesus auf der Erde ist ganz und gar Mensch, aber anders als wir anderen ist er eins mit Gott, sein Wille stimmt vollkommen mit Gottes Willen überein.

Zweitens ist Sünde wörtlich übersetzt eine „Zielverfehlung“. Jesus dagegen verfehlt sein Lebensziel nicht. Menschlich gesehen scheint er zu scheitern, als Spielball menschlicher Machtinteressen. Aber sein Lebensziel ist Gott und alles, wofür Gott steht: Liebe, Gerechtigkeit, Frieden, und dieses Ziel verliert er nie aus den Augen, nicht einmal, als er am Kreuz hängt.

Was bedeutet es für uns, auf den großen Hohenpriester Jesus zu vertrauen? Im Hebräerbrief steht, dass er auf einem „Thron der Gnade“ sitzt. Wir müssen also keine Angst vor ihm haben, sondern können uns jederzeit an ihn wenden, „wenn wir Hilfe nötig haben“. Und diese Hilfe besteht darin, dass er „Barmherzigkeit und Gnade“ für uns übrig hat.

Manche würden sagen: Was sollen wir mit einer solchen Hilfe anfangen? Ist es Barmherzigkeit und Gnade, wenn in Japan Menschen in einem Erdbeben umkommen und Angst haben müssen vor einer Atomkatastrophe?

Vielleicht besteht die Hilfe, die Jesus uns geben kann, zuerst einmal darin, dass er uns lehrt, in guten Zeiten dankbar zu sein und angesichts von Katastrophen nicht zu verbitterten Zynikern zu werden. Jesus lebt ja nun wirklich kein sorgenfreies Leben, ist aber trotzdem der glücklichste Mensch auf Erden, wie Dorothee Sölle einmal gesagt hat. Er ruft die Menschen zu einem Leben im Reich Gottes, teilt ihre Sorgen, nimmt vielen ihre Lasten ab, fordert andere auf, ihr Kreuz und die Lasten anderer mitzutragen.

Jesus weiß: er und wir sind Kinder eines Gottes, der die Menschen liebt. Zwar gibt es Unglück, Schmerz und Tod. Doch all das kann ertragen, ja sogar überwinden, wer die Liebe Gottes nicht verliert. Wer im Vertrauen auf Gott stirbt, geht nicht verloren. Wer Schmerz und Unglück erleidet, kann sich trotzdem liebevoll getragen wissen von seiner Familie, von Freunden, von Mitchristen, von Gott.

Jesus weiß außerdem: es gibt einen schlimmeren Tod als das einfache Sterben am Ende des Lebens. Wer sich von Gott verabschiedet, wer an keine Liebe mehr glaubt, wem jeder Mitmensch egal geworden ist, wer „über Leichen geht“, um egoistische Ziele zu erreichen, der ist lebendig schon tot, gefangen in der Sünde.

Das weiß Jesus nicht aus der Erfahrung dessen, der in dieser Sünde gelebt hat. Er weiß es, weil er dieser Sünde zum Opfer fällt. Man verrät und verleugnet ihn, nimmt ihn gefangen und foltert ihn. Seine Feinde verurteilen und kreuzigen ihn, seine Freunde verlassen ihn. All das erleidet Jesus, in einem scheinbar sinnlosen Tod.

Und so bleibt Jesus Gott und sich und uns anderen Menschen treu. Er teilt unser Leid und trägt die Folgen unserer Sünde. Er steht an der Seite von Menschen, die unschuldig oder schuldig zu Opfern werden. Und er konfrontiert Menschen, die zu Tätern werden, mit den Folgen ihrer Taten und ruft sie zu einer echten Umkehr im Vertrauen auf Vergebung (Lukas 23, 34):

Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.

Und wenn wir uns weder als Opfer noch als Täter fühlen, weil wir nur im Fernsehen, in der Zeitung oder im Internet vom Erdbeben und der Kernschmelze im Atomreaktor berichtet bekommen? Dann will und Jesus ermutigen: Macht euch bewusst, wo ihr nicht nur als Beobachter lebt, sondern wo ihr selber Verantwortung tragt, für euch selbst oder für andere Menschen.

Vor dem Thron der Gnade des Hohenpriesters Jesu können wir uns auf Gott besinnen. Er schenkt uns Gnade und Barmherzigkeit schon darin, dass wir unser begrenztes, endliches, kostbares Leben auf der dünnen Erdkruste unseres Planeten Erde leben dürfen. Dieses Leben wird nicht wertlos, wenn es kürzer ist als andere, und es ist nicht automatisch am sinnvollsten, wenn es über Hundert Jahre dauert. Kostbar bleibt unser Leben dadurch, dass wir es im Einklang mit Gott führen, dass wir uns von seinen guten Geboten leiten lassen. Natürlich tut es weh, Schmerzen und Leid ertragen zu müssen; aber es kann uns trösten, dass unser Hoherpriester Jesus Christus mit uns und unserer Schwachheit mitleiden konnte. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 97: Holz auf Jesu Schulter
Fürbitten und Gebetsstille und Vater unser

Wir singen aus dem Lied 83 die Strophen 4 bis 6. Es sind Strophen, mit denen wir uns der Liebe und Hilfe, der Wärme und Nähe Jesu Christi anvertrauen können:

4. Mein Lebetage will ich dich aus meinem Sinn nicht lassen, dich will ich stets, gleich wie du mich, mit Liebesarmen fassen. Du sollst sein meines Herzens Licht, und wenn mein Herz in Stücke bricht, sollst du mein Herze bleiben; ich will mich dir, mein höchster Ruhm, hiermit zu deinem Eigentum beständiglich verschreiben.

5. Ich will von deiner Lieblichkeit bei Nacht und Tage singen, mich selbst auch dir nach Möglichkeit zum Freudenopfer bringen. Mein Bach des Lebens soll sich dir und deinem Namen für und für in Dankbarkeit ergießen; und was du mir zugut getan, das will ich stets, so tief ich kann, in mein Gedächtnis schließen.

6. Das soll und will ich mir zunutz zu allen Zeiten machen; im Streite soll es sein mein Schutz, in Traurigkeit mein Lachen, in Fröhlichkeit mein Saitenspiel; und wenn mir nichts mehr schmecken will, soll mich dies Manna speisen; im Durst soll’s sein mein Wasserquell, in Einsamkeit mein Sprachgesell zu Haus und auch auf Reisen.

Abkündigungen

Gott segne dich und er behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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