Bild: Helmut Schütz

„Hilf, dass wir würd‘ge Gäste sein“

Seit der Apostel Paulus davon gesprochen hat, dass man das Abendmahl auch „unwürdig“ feiern kann, haben sich Christen immer wieder gefragt, worin denn die Würdigkeit beim Abendmahl besteht. „Wir halten uns oftmals nicht für würdig, vor dich zu treten, und doch lädst du uns immer wieder ein. Wenn wir nur deinem Wort vertrauen, dann sind wir in deinen Augen würdig.“

Gäste beim Tischabendmahl an Gründonnerstag 2016 in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Gäste beim Tischabendmahl an Gründonnerstag 2016 in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Abendmahl am Tisch am Gründonnerstag, 24. März 2016, 19.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen
Orgelvorspiel

Guten Abend, liebe Gemeinde!

Wir – Prädikantin Gaby Engel und ich, Pfarrer Helmut Schütz – begrüßen Sie alle herzlich im Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag, den wir an Tischen vor den Altarstufen der Pauluskirche feiern. Wie gewohnt schließt sich unmittelbar an den Gottesdienst ein gemeinsames Grüne-Soße- Essen an, zu dem alle herzlich eingeladen sind.

Wir feiern Gottesdienst und Abendmahl:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Prädikantin Gaby Engel und Pfarrer Helmut Schütz
Prädikantin Gaby Engel und Pfarrer Helmut Schütz

Liebe Gemeinde, es ist Gründonnerstag, der Tag an dem wir an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern erinnern. Es ist das letzte Mal, dass Jesus mit all seinen Jüngern zusammen ist und mit ihnen speist. Wir versuchen jedes Jahr aufs Neue diese Situation nachzuempfinden, indem wir uns ebenfalls an einen gedeckten Tisch setzen und ebenfalls essen und trinken. Heute wollen wir uns zuvor Gedanken machen, wie wir das Andenken an das letzte Abendmahl würdig gestalten. Es geht uns heute um die Frage, mit welcher Haltung wir zum Abendmahl kommen.

Welchen Respekt erweisen wir Jesu Opfertod am Kreuz, wenn wir das Abendmahl einnehmen? Erfassen wir überhaupt die immense Bedeutung des Abendmahls, wenn wir uns in den üblichen Abendmahlskreis stellen? Sind wir uns jedes Mal bewusst, dass nur Jesu Tod am Kreuz den Worten, die er damals zu seinen Jüngern sprach, die Bedeutung verleiht, die sie für alle Menschen haben? „Jesu Leib für uns gegeben, Jesu Leib für uns ans Kreuz geschlagen.“ Nicht für sich, sondern für uns alle hat Jesus sich foltern lassen, die Frage ist also, sind wir bereit zu akzeptieren, dass wir mit Fehlern behaftet sind und mit der Feier des Abendmahls Gott diese Fehler bringen, damit er sie von uns nimmt und seinen Geist neu in uns pflanzt. Man könnte das Abendmahl quasi als eine Art innere Reinigung auffassen oder vielleicht auch eine Art Auftragen einer Schutzschicht auf die Seele.

Das Abendmahl ist eine heilige Handlung, eins der beiden Sakramente unserer Kirche neben der Taufe. Es ist darum immer mit einer besonderen Ehrfurcht betrachtet und gefeiert worden. Seit der Apostel Paulus davon gesprochen hat, dass man das Abendmahl auch „unwürdig“ feiern kann, haben sich Christen immer wieder gefragt, worin denn die Würdigkeit beim Abendmahl besteht.

Als Leitmotiv für diese Feier dient ein Satz aus dem Lied 219, das wir jetzt gemeinsam singen. Dort heißt es in der zweiten Strophe: „Hilf, dass wir würd‘ge Gäste sein.“

1. Herr Jesu Christ, du höchstes Gut, du Brunnquell aller Gnaden, wir kommen, deinen Leib und Blut, wie du uns hast geladen, zu deiner Liebe Herrlichkeit und unsrer Seelen Seligkeit zu essen und zu trinken.

2. O Jesu, mach uns selbst bereit zu diesem hohen Werke, schenk uns dein schönes Ehrenkleid durch deines Geistes Stärke. Hilf, dass wir würd’ge Gäste sein und werden dir gepflanzet ein zum ewgen Himmelswesen.

3. Bleib du in uns, dass wir in dir auch bis ans Ende bleiben; lass Sünd und Not uns für und für nicht wieder von dir treiben, bis wir durch deines Nachtmahls Kraft eingehn zur Himmelsbürgerschaft und ewig selig werden.

Gaby Engel und Helmut Schütz
Gaby Engel und Helmut Schütz

Ein hohes Werk ist es, gemeinsam das Abendmahl zu begehen. Unsere Lieder zum Abendmahl versuchen das Geheimnis zu umschreiben, um das es im Abendmahl geht. „Bleib du in uns, dass wir in dir auch bis ans Ende bleiben“, damit wird angedeutet, dass Jesu mit seiner Liebe in uns bleiben soll, und diese Liebe kann uns zu einer Gemeinschaft zusammenschließen, die wir den Leib Jesu nennen. Wenn wir also in einer Gemeinde von sehr verschiedenen Menschen füreinander da sind, bleiben wir in Jesus, im Leib Christi, bis zu unserem Lebensende vereinigt. Diese Vereinigung mit Jesus und miteinander hier am Tisch erfahren wir, indem wir Brot und Kelch miteinander teilen. Wir essen ein Stück Brot, wir trinken einen kleinen Kelch voll Saft des Weinstocks, wozu? „Zu deiner Liebe Herrlichkeit“, sagt uns das Lied, „und unsrer Seelen Seligkeit“. Gottes Liebe soll sich unter uns herrlich entfalten, auf wunderbare, kaum glaubliche Weise. Und dadurch dürfen wir mit unserem innersten Wesen ein Glück erfahren, das unvergänglich ist: mit einem Wort – Seligkeit!

Aber wie begehen und empfangen wir nun das Abendmahl auf würdige Weise? Der Apostel Paulus hat dazu in seinem 1. Brief an die Gemeinde in Korinth geschrieben (1. Korinther 11):

17 Dies aber muss ich befehlen: Ich kann‘s nicht loben, dass ihr nicht zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt.

18 Zum ersten höre ich: Wenn ihr in der Gemeinde zusammenkommt, sind Spaltungen unter euch; und zum Teil glaube ich‘s.

19 Denn es müssen ja Spaltungen unter euch sein, damit die Rechtschaffenen unter euch offenbar werden.

20 Wenn ihr nun zusammenkommt, so hält man da nicht das Abendmahl des Herrn.

21 Denn ein jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg, und der eine ist hungrig, der andere ist betrunken.

22 Habt ihr denn nicht Häuser, wo ihr essen und trinken könnt? Oder verachtet ihr die Gemeinde Gottes und beschämt die, die nichts haben? Was soll ich euch sagen? Soll ich euch loben? Hierin lobe ich euch nicht.

23 Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot,

24 dankte und brach‘s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.

25 Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.

26 Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

27 Wer nun unwürdig von dem Brot isst oder aus dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig sein am Leib und Blut des Herrn.

28 Der Mensch prüfe aber sich selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke aus diesem Kelch.

29 Denn wer so isst und trinkt, dass er den Leib des Herrn nicht achtet, der isst und trinkt sich selber zum Gericht.

So hat also Paulus in seinem 1. Brief an die Korinther bemängelt, dass die Gemeinde sich nicht würdig zum Abendmahl versammelt. Sie begeht nicht gemeinsam die Abendmahlsfeier, sondern einige sind hungrig, während andere betrunken sind. Paulus fordert nun von ihnen eine gemeinsame Feier mit einer vorherigen Überprüfung des eigenen Gewissens, denn diejenigen, die in seinen Augen unwürdig sind, essen und trinken sich selbst zum Gericht. Unwürdig sind in seinen Augen hauptsächlich diejenigen, die ihr eigenes Mahl zu sich nehmen und damit die anderen, die nichts haben, beschämen. Denn für Paulus gilt: sooft die Gemeinde von diesem Brot isst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt sie den Tod des Herrn, bis er kommt. Dies können sie aber nur gemeinsam tun und nicht jeder für sich, denn auch Jesus hat mit seinen Jüngern gemeinsam gegessen und getrunken. Ein wichtiges Merkmal der Abendmahlsfeier ist nämlich die Gemeinschaft, dass man sich versammelt, um sich gemeinsam an Jesus und seine Taten zu erinnern. Denn es heißt zwei Mal: „das tut zu meinem Gedächtnis“. Die Feier des Abendmahls ist mehr als ein Ritual, es birgt immer das gemeinsame Erinnern an Jesu Opfer für uns, und gerade die Erinnerung an die Teilnehmer des letzten Abendmahls stellt klar, dass jeder eingeladen ist, auch derjenige, der Jesus verrät. Wir müssen nicht frei von Schuld sein, um am Abendmahl teilzunehmen, wir müssen uns nur im Klaren sein, dass wir der Vergebung bedürfen.

Wir singen das Lied 228:

Er ist das Brot, er ist der Wein

Die Frage „wer ist würdig, um am Abendmahl teilzunehmen?“ hat auch die Reformatoren der Kirche vor 500 Jahren beschäftigt. Der deutsche evangelische Reformator Dr. Martin Luther hat das Heilige Abendmahl unter dem Titel „Das fünfte Hauptstück – Das Sakrament des Altars“ in seinem Kleinen Katechismus behandelt und folgendermaßen beschrieben (im Gesangbuch kann man das unter der Nummer 806.5 nachlesen):

Zum ersten: Was ist das Sakrament des Altars?

Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt.

Zum zweiten: Was nützt denn solch Essen und Trinken?

Das zeigen uns diese Worte: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden; nämlich, dass uns im Sakrament Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte gegeben wird; denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.

Zum dritten: Wie kann leiblich Essen und Trinken solch große Dinge tun?

Essen und Trinken tut’s freilich nicht, sondern die Worte, die da stehen: Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden. Diese Worte sind neben dem leiblichen Essen und Trinken das Hauptstück im Sakrament. Und wer diesen Worten glaubt, der hat, was sie sagen und wie sie lauten, nämlich: Vergebung der Sünden.

Zum vierten: Wer empfängt denn dieses Sakrament würdig?

Fasten und leiblich sich bereiten ist zwar eine feine äußerliche Zucht; aber der ist recht würdig und wohl geschickt, wer den Glauben hat an diese Worte: „Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden.“ Wer aber diesen Worten nicht glaubt oder zweifelt, der ist unwürdig und ungeschickt; denn das Wort „Für euch“ fordert nichts als gläubige Herzen.

Martin Luther stellt die Frage nach dem Nutzen des Essens und Trinkens und wie man dieses Sakrament würdig empfangen kann. Seiner Meinung nach ist die Sündenvergebung der zentrale Aspekt des Abendmahls, da es in den Einsetzungsworten ja heißt: „für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden“. Daher empfängt nur derjenige, der diesen Worten glaubt, das Abendmahl würdig. Nach Luthers Überzeugung kommt es also nicht darauf an, ob wir unsere Sünden schon alle vor Gott gebracht haben, sondern ob wir den Worten Jesu glauben. Denn nur wenn wir glauben, dass Jesus für uns gestorben ist, also seinen Leib für uns gegeben hat und sein Blut für uns vergossen hat und dadurch unsere Schuld auf sich genommen hat, dann empfangen wir das Abendmahl würdig. Das bedeutet: uns wird vergeben, weil wir dies so glauben, wir vertrauen darauf, dass die Worte Jesu wahr sind, und deshalb dürfen wir mit unserer Schuld zum Abendmahl kommen. Kein Mensch darf uns das verwehren, denn dies würde ja bedeuten, dass dieser Mensch uns die Vergebung Gottes nicht zugestehen will. Doch diese Entscheidung liegt ganz alleine bei Gott, nur er selbst kann uns vergeben. Daher sind alle, die an die Worte: „Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden“ glauben, zum Tisch des Herren eingeladen.

Den Worten Martin Luthers ist zu entnehmen, dass zu seiner Zeit viele Christen sich auf das Abendmahl durch eine Zeit des Fastens vorbereitet haben. Er lehnt das nicht ab, sondern hält es für eine feine „Zucht“, also eine Maßnahme, um sich selbst zu disziplinieren und das Abendmahl als etwas ganz Besonderes aus allen anderen Mahlzeiten herauszuheben. Noch heute gibt es auch evangelische Christen, die nüchtern bleiben, also überhaupt nichts essen, bevor sie das Abendmahl zu sich nehmen, was ich allerdings bei einem Abendmahl, das wie am heutigen Gründonnerstag wirklich am Abend stattfindet, doch etwas problematisch finde.

Für Luther kann eine solche Vorbereitung die eigentliche Würdigkeit zum Abendmahl nur äußerlich unterstützen, und diese hängt ganz allein am Glauben an diese Worte: „Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden.“

Lasst uns diesen Gedanken nun noch einmal dadurch vertiefen, dass wir das Lied 217 singen, in dem wir die Trauer über unsere Sünde ebenso zum Ausdruck bringen können wie die Bitte um wahre Reue und wahren Glauben:

1. Herr Jesu Christe, mein getreuer Hirte, komm, mit Gnaden mich bewirte. Bei dir alleine find ich Heil und Leben, was mir fehlt, kannst du mir geben. Kyrieleison. Dein arm Schäflein wollest du weiden auf Israels Bergen mit Freuden und zum frischen Wasser führn, da das Leben her tut rührn. Kyrieleison.

2. All ander Speis und Trank ist ganz vergebens, du bist selbst das Brot des Lebens, kein Hunger plaget den, der von dir isset, alles Jammers er vergisset. Kyrieleison. Du bist die lebendige Quelle, zu dir ich mein Herzkrüglein stelle; lass mit Trost es fließen voll, so wird meiner Seele wohl. Kyrieleison.

3. Lass mich recht trauern über meine Sünde, doch den Glauben auch anzünde, den wahren Glauben, mit dem ich dich fasse, mich auf dein Verdienst verlasse. Kyrieleison. Gib mir ein recht bußfertig Herze, dass ich mit der Sünde nicht scherze noch durch falsche Sicherheit mich bring um die Seligkeit. Kyrieleison.

4. Du rufest alle, Herr, zu dir in Gnaden, die mühselig und beladen; all ihre Missetat willst du verzeihen, ihrer Bürde sie befreien. Kyrieleison. Ach komm selbst, leg an deine Hände und die schwere Last von mir wende, mache mich von Sünden frei, dir zu dienen Kraft verleih. Kyrieleison.

Unsere Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ist ja eine evangelische Kirche der Union, dass heißt, lutherische und reformierte Christen finden beide in ihr Platz. Reformierte Christen berufen sich vor allem auf die Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin.

1563 erschien in Heidelberg ein Katechismus, der versuchte, die verschiedenen Richtungen der Reformation in eine einheitliche Lehre zu bringen. Wir lesen einige der dort behandelten Fragen zum Sakrament des Heiligen Abendmahls, die im Gesangbuch unter der Nr. 807 zu finden sind:

Frage 75: Wie wirst du im Heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

Christus hat mir und allen Gläubigen befohlen, zu seinem Gedächtnis von dem gebrochenen Brot zu essen und von dem Kelch zu trinken. Dabei hat er verheißen:

Erstens, dass sein Leib so gewiss für mich am Kreuz geopfert und gebrochen und sein Blut für mich vergossen ist, wie ich mit Augen sehe, dass das Brot des Herrn mir gebrochen und der Kelch mir gegeben wird.

Zweitens, dass er selbst meine Seele mit seinem gekreuzigten Leib und vergossenen Blut so gewiss zum ewigen Leben speist und tränkt, wie ich aus der Hand des Dieners empfange und leiblich genieße das Brot und den Kelch des Herrn, welche mir als gewisse Wahrzeichen des Leibes und Blutes Christi gegeben werden.

Frage 81: Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

Alle, die sich selbst um ihrer Sünde willen missfallen und doch vertrauen, dass Gott sie ihnen vergeben hat und dass auch die bleibende Schwachheit mit dem Leiden und Sterben Christi zugedeckt ist, die aber auch begehren, mehr und mehr ihren Glauben zu stärken und ihr Leben zu bessern. Wer aber unbußfertig und heuchlerisch zum Abendmahl kommt, isst und trinkt sich selbst zum Gericht.

Im Heidelberger Katechismus ist auch vom Glauben die Rede, vom Vertrauen auf die Vergebung der Sünde wie bei Martin Luther. Aber zusätzlich wird sehr stark eine klare Sündeneinsicht betont und die Verurteilung fehlender Reue und jeder Heuchelei. Dass unsere menschliche Schwachheit mit dem Leiden und Sterben Christi zugedeckt wird, entspricht dem hebräischen Wort in der Bibel, das wir mit Vergebung übersetzen: Unsere Sünde wird bedeckt. Damit wird ernstgenommen, dass die Folgen der Sünde nicht ungeschehen gemacht werden können; die Bedeckung der Sünde macht es uns aber möglich, umzukehren, uns im Vertrauen auf Jesus von der Sünde zu verabschieden und ein neues Leben zu beginnen.

Welche Fragen werden im Heidelberger Katechismus zum Abendmahl besprochen? Da ist zum einen die Frage, ob wir wirklich Anteil an Christi Opfer haben und wie wir das beim Abendmahl wahrnehmen. Weiterhin geht es auch um die wohl bekannteste Streitfrage, nämlich ob während des Abendmahls eine Verwandlung stattfindet, und schließlich wird noch die Frage behandelt, wer denn nun zum Abendmahl kommen darf.

Die erste Frage wird so beantwortet, dass das Kreuzgeschehen in die Abendmahlshandlungen übertragen wird. Obwohl wir bei der Kreuzigung nicht Augenzeugen waren, können wir uns dennoch als Augenzeugen verstehen, wenn wir das gebrochene Brot und den Kelch, der uns gegeben wird, sehen. So wie Jesus seinen Jüngern das Brot brach und gab, so reichen auch wir einander das Brot. So wahrhaftig wir das gebrochene Brot sehen, so wahrhaftig ist Jesu Leib am Kreuz für uns geopfert worden. So wahrhaftig wir den Rebensaft in unseren Kelchen sehen, so wahrhaftig ist Jesu Blut für uns vergossen worden. Wenn wir essen und trinken, dann tun wir das immer zu Erinnerung an Jesu Opfer am Kreuz und an sein letztes Mahl mit seinen Jüngern, da er in dieser Gemeinschaft sein Gedächtnis verankert hat.

Doch das Essen und Trinken ist noch etwas mehr als das bloße Erinnern an die damalige Gemeinschaft und das Opfer am Kreuz, es beinhaltet auch die Aufnahme des heiligen Geistes in uns. Es findet zwar keine wirkliche Verwandlung des Brotes in den Leib Christi statt, aber das gemeinsame Essen und Trinken stärkt uns von innen. Die Bewusstmachung, das Jesus für uns gelitten hat, soll unsrer Seelen sättigen und zum ewigen Leben führen.

Die Frage nach den würdigen Teilnehmern am Abendmahl wird wie folgt beantwortet: Es dürfen alle kommen, die sich selbst um ihrer Sünde willen missfallen und doch vertrauen, dass Gott sie ihnen vergeben hat und dass auch die bleibende Schwachheit mit dem Leiden und Sterben Christi zugedeckt ist, die aber auch begehren, mehr und mehr ihren Glauben zu stärken und ihr Leben zu bessern. Diejenigen, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen, die schließt der Heidelberger Katechismus vom Abendmahl aus. Im Grunde bedeutet das einen Ausschluss derer, die von sich selbst denken, sie hätten die Vergebung nicht nötig, weil sie sich selbst schon gerecht sprechen. Damit treffen sich alle Ansichten in dem Punkt, dass alle zum Abendmahl eingeladen sind, die den Worten Jesu „für dich gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden“ glauben und wissen, dass sie der Vergebung bedürfen. Also alle, die sich bewusst sind, dass außer Jesus keiner frei ist von Sünde. Alle, die mit den Worten des Zöllners beten: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Jesus lädt alle ein, die sich von ihm einladen lassen. Er hat sich für alle geopfert, damit alle gerettet werden können. Nur wer sich selbst für gerecht hält, ist nicht würdig, zum Tisch des Herren zu kommen.

Wir singen aus dem Lied 218 die Strophen 1 und 5 und 6, um uns noch weiter in den Sinn des Heiligen Abendmahls zu vertiefen:

1. Schmücke dich, o liebe Seele, lass die dunkle Sündenhöhle, komm ans helle Licht gegangen, fange herrlich an zu prangen! Denn der Herr voll Heil und Gnaden will dich jetzt zu Gaste laden; der den Himmel kann verwalten, will jetzt Herberg in dir halten.

5. Jesu, meine Lebenssonne, Jesu, meine Freud und Wonne, Jesu, du mein ganz Beginnen, Lebensquell und Licht der Sinnen: hier fall ich zu deinen Füßen; lass mich würdiglich genießen diese deine Himmelsspeise mir zum Heil und dir zum Preise.

6. Jesu, wahres Brot des Lebens, hilf, dass ich doch nicht vergebens oder mir vielleicht zum Schaden sei zu deinem Tisch geladen. Lass mich durch dies heilge Essen deine Liebe recht ermessen, dass ich auch, wie jetzt auf Erden, mög dein Gast im Himmel werden.

Wir wollen nun Abendmahl feiern. Wir gedenken all der Leiden, die Jesus auf sich genommen hat, um uns mit dir, gnädiger Gott, zu versöhnen. Wir bitten dich: sieh nicht auf unsere Fehler, sondern blicke auf unsere aufrichtigen Herzen, die des Trostes bedürfen. Verzeih uns unsere Kleingläubigkeit und erquicke unsere Seelen. Stärke unsere Gemeinschaft und lass deinen Geist in uns wohnen.

Pfarrer Helmut Schütz spricht die Einsetzungsworte des Heiligen Abendmahls
Pfarrer Helmut Schütz spricht die Einsetzungsworte des Heiligen Abendmahls

Wir halten uns oftmals nicht für würdig, vor dich zu treten, und doch lädst du uns immer wieder ein. Wenn wir nur deinem Wort vertrauen, dann sind wir in deinen Augen würdig. Es ist deine unerschöpfliche Liebe, die uns mit dir und allen Menschen versöhnt.

Bevor wir Brot und Kelch teilen, sprechen wir die Worte, die uns Jesus selbst zu beten gelehrt hat:

Vater unser

Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach‘s und gab‘s seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis.

Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl, dankte, gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Solches tut, so oft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.

Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser. Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser. Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, gib uns deinen Frieden. Amen.

Gaby Engel und Helmut Schütz nach der Austeilung des AbendmahlsKommt, denn es ist alles bereit. Sehet und schmecket, wie freundlich der Herr ist!

Nehmt und gebt weiter, was euch geschenkt ist, lasst uns das Brot des Lebens teilen.

Herumreichen der Körbe

Trinkt aus dem Kelch, der uns mit Gott versöhnt und uns mit allen zusammenschließt, die auf ihn vertrauen.

Austeilen der Kelche

Wir singen nach dem Abendmahl das Lied 214:

1. Gott sei gelobet und gebenedeiet, der uns selber hat gespeiset mit seinem Fleische und mit seinem Blute; das gib uns, Herr Gott, zugute. Kyrieleison. Herr, du nahmest menschlichen Leib an, der von deiner Mutter Maria kam. Durch dein Fleisch und dein Blut hilf uns, Herr aus aller Not. Kyrieleison.

2. Der heilig Leib, der ist für uns gegeben zum Tod, dass wir dadurch leben. Nicht größre Güte konnte er uns schenken, dabei wir sein solln gedenken. Kyrieleison. Herr, dein Lieb so groß dich zwungen hat, dass dein Blut an uns groß Wunder tat und bezahlt unsre Schuld, dass uns Gott ist worden hold. Kyrieleison.

3. Gott geb uns allen seiner Gnade Segen, dass wir gehn auf seinen Wegen in rechter Lieb und brüderlicher Treue, dass uns die Speis nicht gereue. Kyrieleison. Herr, dein Heilig Geist uns nimmer lass, der uns geb zu halten rechte Maß, dass dein arm Christenheit leb in Fried und Einigkeit. Kyrieleison.

Nun lasst uns gemeinsam Fürbitte halten.

Gaby Engel und Helmut Schütz
Gaby Engel und Helmut Schütz

Wir bitten für alle, die in deiner Kirche Dienst tun, mögen sie immer guten Mutes sein. Für alle unsere Geschwister auf der ganzen Welt, lass ihre Hoffnung niemals enden und stärke sie in all ihrem Tun. Für alle Menschen, die unterwegs sind: begleite sie auf ihrem Weg und sei für sie Heimat, egal wo sie gerade sind.

Wir bitten für die Mächtigen in aller Welt, lenke ihre Gedanken weise, damit sie Wege des Friedens finden. Denen, die Krieg führen, öffne die Augen für dein Wort und den Wert des Lebens, damit sie lernen, auf friedlichen Wegen zu gehen.

Wir bitten für alle Menschen, die in Brüssel Opfer des Terrors geworden sind. Die Toten nimm bei dir auf, den Verletzten schenke Heilung sowohl körperlich als auch geistig, den Angehörigen schenke Trost.

Barmherziger Gott, wir bitten dich, lass nicht zu, dass die Terroristen einen Keil zwischen die Religionen treiben. Hilf uns und unseren muslimischen Freunden, das der Dialog verstärkt wird. Denn du bist der Gott des Lebens und der Liebe. Befreie die Menschen von Hass und Vergeltungssucht. Amen.

Abkündigungen

Vor dem Grüne-Soße-Essen, zu dem Frau Häuser, Herr Heinrich, Frau Jung, Frau Klimas und Frau Schau Grüne Soße beigesteuert haben, bitten wir Gott um seinen Segen:

Der Herr segne dich, und er behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden. Amen.

Orgelnachspiel
Grüne-Soße-Essen

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