Bild: Pixabay

„Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!“

Was hat der Trauspruch aus der Offenbarung mit einer Eheschließung zu tun? Christus begehrt Einlass in unser Herz. Er tut es auf die gleiche Weise, in der Liebende einander um Gegenliebe bitten. Er überwältigt uns nicht ohne unser Einverständnis. Er liebt uns mit der Liebe des Vaters im Himmel und wartet auf unsere Antwort.

Ein unscheinbarer Türklopfer, der nur aus einem verrosteten Ring mit einem daran geknoteten Stück Stoff an einem rostigen Schild besteht, ist mit Nägeln an einer uralten Holztür befestigt.
Gottes Klopfen an unserer Herzenstür kann leicht überhört werden (Bild: H Kılıç auf Pixabay)
Einzug in die Kirche
Lied 316, 1-3: Lobe den Herren
Eröffnung (Begrüßung und Eingangsgebet) (katholischer Pfarrer)

Liebes Brautpaar! Liebe Festgemeinde!

Als Trautext habe ich für Sie beide den Bibelvers genommen, der schon Ihr Konfirmationsspruch gewesen ist, liebe Frau … . Er steht in der Offenbarung des Johannes 3, 20 und lautet:

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.

Was hat eine Eheschließung mit einer Tür zu tun? Mit dem Anklopfen an einer Tür? Mir ist da allerhand eingefallen, was uns helfen kann, die Gedanken und Gefühle dieses Festtages in Worte zu fassen.

Zunächst einmal denke ich an die Türschwelle, über die früher einmal der Bräutigam seine frisch angetraute Braut zu tragen pflegte. Auch wenn heute nicht alles alte Brauchtum mehr üblich ist, auch wenn heute der Übergang vom Miteinander-Gehen zum Verlobtsein, zum Miteinander-Wohnen und zur Eheschließung ein eher fließender geworden ist, so bedeutet die Ehe doch immer noch das Überschreiten einer Schwelle. Von der Unverbindlichkeit einer Liebesbeziehung, die jederzeit abgebrochen werden kann, sind Sie zu einer Entscheidung gelangt, die verbindlich ist, bis der Tod Sie scheidet. Und abgesehen von der rechtlichen Stellung als Eheleute stehen Sie nun auch dem Kreis der Verwandten und Freunde in einer anderen Rolle gegenüber: Sie gehören eindeutig zusammen, sind ein Ehepaar, die Verhältnisse sind klar. Kommt es nun einmal zu Konflikten, geht die Beziehung zum Ehepartner vor gegenüber Freunden und Eltern oder anderen Verwandten; und es kann mit Dankbarkeit erfüllen, wenn all diese Menschen in der Umgebung eines Ehepaares stützend und entlastend tätig werden, damit diese Ehe gelingt. Heute feiern Sie zusammen, ich wünsche Ihnen ein frohes, ausgelassenes Fest, das Sie von Herzen genießen können; und wenn dann, liebe Hochzeitsgäste, an einem andern Tag diese beiden bei Ihnen anklopfen, werden Sie sicher ihre Hilfe nicht versagen. Wir leben davon, dass wir unsere Türen voreinander nicht hermetisch verschlossen halten.

Das gilt nun noch mehr von der Beziehung beider Ehepartner selbst. Sie heiraten, weil Sie einander liebgewonnen haben. Ihre Liebe hat sicher schon ein gutes Stück Wachstum hinter sich, von der ersten Verliebtheit zu einer Liebe, die mehr vom Partner kennt als nur sein Sonntagsgesicht. Aber so gut Sie einander heute schon kennen – eine Liebe kann nur bestehen bleiben und wachsen in der Ehe, wenn beide nicht aufhören, offen zu bleiben füreinander. Eins muss beim andern anklopfen, manchmal auch Geduld haben und auf eine Reaktion warten; nie darf Gewalt oder Nötigung die eheliche Beziehung bestimmen, und wenn das der Fall sein sollte, dann ist es höchste Zeit, darüber zu sprechen, bevor es zu spät ist. Notfalls auch mit einem Außenstehenden, mit einem Freund oder Pfarrer oder anderen Berater. Der Partner ist auch in der Ehe nicht einfach frei verfügbarer Besitz; nicht umsonst ist im Eheversprechen auch die gegenseitige Achtung des Ehepartners mit eingeschlossen. Auch daran mag Sie Ihr Trauspruch immer erinnern: Vor der Tür stehen und anklopfen ist besser als Türen zuschlagen oder mit Gewalt öffnen.

Bisher habe ich allgemein menschlich über Türen gesprochen. Aber der Trauspruch ist ja ursprünglich ein biblisches Wort und hat noch eine viel weitreichendere Bedeutung. Er steht in der Offenbarung des Johannes, d. h. in den Aufzeichnungen eines Mannes, der um das Jahr 100 nach Christi Geburt mit allen Sinnen besonders empfänglich für Botschaften aus dem himmlischen Reich Gottes gewesen ist. So hörte Johannes auch die Stimme des zu seinem himmlischen Vater erhöhten Christus, der u. a. diesen Satz sagte:

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an.

Christus begehrt Einlass in unser Herz. Er tut es auf die gleiche Weise, in der Liebende beieinander um Gegenliebe bitten. Er überwältigt uns nicht ohne unser Einverständnis. Er bietet uns seine Liebe an, d. h. er liebt uns einfach, er erinnert uns daran, wie reich wir vom Vater im Himmel beschenkt sind, er verspricht uns, immer bei uns zu sein, und wartet auf unsere Antwort.

Wenn uns immer bewusst wäre, wer da an der Tür unseres Herzens anklopft! Es ist ja nicht irgendein Sektenprediger, der uns in die Abhängigkeit von seiner Gruppierung bringen möchte. Es ist auch nicht ein über den Dingen schwebender weltfremder Frömmler, der uns in den Niederungen unseres weltlichen Alltags nicht helfen könnte. Nein, es ist Gott selber, der Urgrund der Welt, in dessen Hand das ganze Weltall liegt, ohne den nichts da wäre, auch nicht wir selbst. Gott selbst ist so groß, ein so souveräner Herr über alle Dinge, dass er sich sogar so klein machen kann und uns als Mensch unter Menschen gegenübertreten kann, und zwar als ein sanfter Mensch, eben einer, der bei uns anklopft.

Dieses Klopfen ist natürlich auch leicht überhörbar; und ich verurteile niemanden, der in alle der Unruhe unserer Tage die Stimme und das Klopfen Gottes an unserer Herzenstür überhört. Jedenfalls können wir nicht Menschen zum Glauben überreden oder nötigen, wenn ein Mensch einfach die Ohren verschließt und nicht auf die Botschaft Jesu hören will. Aber die Einladung zum Hören können wir laut werden lassen. Vielleicht auch Gelegenheiten nutzen wie einen solchen Gottesdienst, in dem wir einmal innehalten und auch in uns hineinhorchen können, ob wir zwischen all den Mächten und Kräften, die an unserer Seele Interesse haben und hin- und her-ziehen und -zerren, auch das leise Anklopfen Jesu vernehmen, der uns zu sich ruft und uns damit zu uns selbst kommen lassen will.

Ja, wenn wir Jesus bei uns einlassen, dann kommen wir in Wahrheit zu uns selbst. Mit dem Vertrauen zu Jesus gewinnen wir auch ein Vertrauen darauf, dass wir selbst geliebt sind, dass wir nicht fürchten müssen, jemals zu kurz zu kommen, dass es nie falsch sein kann, selber Liebe zu üben. Wir sind geliebt und können Liebe weitergeben. Uns wird vergeben, und wir können auch selber verzeihen. In einer Trauung zitiere ich immer gern aus dem Hohenlied der Liebe des Paulus, in dem er die Liebe Jesu beschreibt, mit der er uns geliebt hat; und diese Liebe kann auch auf uns abfärben (1. Korintherbrief 13, 4-8.13):

Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, der trägt keinem etwas nach; es freut ihn nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemand auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit großer Geduld. Niemals wird die Liebe vergehen. Auch wenn alles einmal aufhört – Glaube, Hoffnung und Liebe nicht. Diese drei werden immer bleiben; doch am höchsten steht die Liebe.

Der tiefe Sinn einer kirchlichen Trauung liegt ja auch darin begründet, dass wir Gott darum bitten, dass er unser menschliches Ja zueinander durch sein göttliches Ja umschließt, dass er unserer menschlichen Liebe durch seine göttliche Liebe Kraft und Beständigkeit verleiht, mit einem Wort, dass er uns seinen Segen schenkt.

Noch eine letzte Bemerkung zum Thema „Türen“. Wie ich hörte, gab es in den letzten Tagen auch einmal das Problem, dass Sie in die Kirche wollten, um sie zu schmücken, und die Tür war verschlossen. Jedenfalls die Tür, zu der sie hinein wollten. Das kommt immer wieder vor, dass wir vor verschlossene Türen kommen, auch im Raum der Kirche. Manchmal verlieren wir dann schnell die Geduld und versuchen es gar nicht noch einmal, anzuklopfen, oder eine andere Tür zu suchen, oder nach dem Schlüssel zu fragen. Aber es ist eine gute Sache, wenn wir nicht die Geduld verlieren, gerade mit unseren Mitchristen in der Kirche, zu der wir doch alle gehören, die wir alle mittragen oder eben auch schwächen, wenn wir ihr den Rücken kehren. Ich möchte Sie ermutigen, von der Kirche – von beiden Kirchen, katholisch oder evangelisch – viel zu erwarten, wenn Sie Ihre Ehe inmitten unserer Gemeinden führen. Kirche kann ein Rückhalt sein, ein Ort, wo wir füreinander da sind, eine Stelle, wo wir Aufgaben wahrnehmen, die wichtig sind, um wirklich auch Gemeinde aufzubauen und wachsen zu lassen. Christliche Familien, gerade auch evangelisch-katholische Ehen, können zum Gemeindeleben viel mehr beitragen, als es bisher der Fall ist.

Damit genug der langen Rede.

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an!

So spricht Jesus zu ihnen, und wenn Sie sich ihm anvertrauen, wird Ihnen alles andere zufallen – dann wird die Liebe zwischen Ihnen wachsen, Segen wird von Ihnen auch auf Ihre Umgebung ausstrahlen, Ihr Leben wird ein erfülltes Leben sein. Amen.

Lied 322, 1-4: Nun danket all und bringet Ehr
Anrede – Fragen – Ringübergabe (katholischer Pfarrer)
Fürbitten (evangelischer Pfarrer):

Allmächtiger und barmherziger Gott, Du hast die Ehe gestiftet. Wir bitten dich um deinen Segen für die Ehe, zu der sich dieses Paar zusammengeschlossen hat. Du willst, dass Mann und Frau in der Ehe eins werden. Wir bitten dich um wachsendes Verständnis füreinander, um aufrichtigen Respekt voreinander, um anhaltende Zuneigung zueinander. Du willst, dass eins dem andern den Weg zeige zu dir. Lass uns lernen voneinander, was uns der Wahrheit näher bringt, was unseren Glauben reicher macht, was uns im Miteinander der verschiedenen Konfessionen voranbringt. Komm, heiliger Geist der Liebe, du Geist Jesu und des Vaters im Himmel! Festige den ehelichen Bund von … und … durch die Liebe, mit der Christus uns geliebt hat und die du in unser Herz geben willst. Amen.

Gemeinsam beten wir mit den Worten Jesu:

Vater unser
Lied 331, 1+10+11: Großer Gott, wir loben dich
Entlassung (katholischer Pfarrer) und Auszug aus der Kirche

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars stimmen Sie seiner Veröffentlichung zu (siehe Datenschutzerklärung). Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.