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3 mal 7 Ermahnungen des Apostels Paulus

Wir alle haben Gaben, Talente, Fähigkeiten. Aber nicht jeder die gleichen. Also gebt einerseits nicht übertrieben mit dem an, was ihr könnt! Und tut andererseits nicht so, als ob ihr überhaupt nichts könnt! Dann wird Paulus konkret. Er zählt jede Menge Ermahnungen auf, ich habe in unserem Predigttext insgesamt 21 gezählt, die ich in 3 Staffeln zu je 7 zusammenfasse.

Zehn verschiedene Figuren, die einander an der Hand halten, vor einem Puzzle, das noch nicht fertig ist
Die menschliche Gemeinschaft muss Hand in Hand mit ihren Gaben arbeiten (Bild: Gerd AltmannPixabay)

#predigtGottesdienst am 2. Sonntag nach Epiphanias, den 17. Januar 2010, um 10.00 Uhr in der evangelischen Pauluskirche Gießen

Guten Morgen, liebe Gemeinde!

Ich begrüße alle herzlich im Gottesdienst mit dem Wort zur Woche aus dem Evangelium nach Johannes 1, 17:

Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

2. Sonntag nach Epiphanias, so heißt dieser Sonntag. Epiphanias ist das Fest der Erscheinung des Sterns von Bethlehem am 6. Januar. An den Sonntagen danach besinnen wir uns in der Kirche auf das Licht, das durch Jesus Christus in die Welt gekommen ist. Heute geht es in der Predigt um Dinge, die wir als Christinnen und Christen tun können, damit es in der Welt heller wird.

Bei der Liedbegleitung wirken in diesem Gottesdienst außer unserem Organisten Stefan Michels noch drei weitere Herren mit: Herr Boeck mit dem Alt-Horn, Herr Dritsch mit der Trompete und Herr von Weyhe mit dem Tenor-Saxophon.

Lied 66, 1-2+7:

1. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude; A und O, Anfang und Ende steht da. Gottheit und Menschheit vereinen sich beide; Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah! Himmel und Erde, erzählet’s den Heiden: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden.

2. Jesus ist kommen, nun springen die Bande, Stricke des Todes, die reißen entzwei. Unser Durchbrecher ist nunmehr vorhanden; er, der Sohn Gottes, der machet recht frei, bringet zu Ehren aus Sünde und Schande; Jesus ist kommen, nun springen die Bande.

7. Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden: komme, wen dürstet, und trinke, wer will! Holet für euren so giftigen Schaden Gnade aus dieser unendlichen Füll! Hier kann das Herze sich laben und baden. Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden.

Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. „Amen.“

Wir feiern Gottesdienst, wir beten Gott an, den großen, den allmächtigen Gott, der mit seiner Kraft das ganze Weltall umspannt, den kein noch so großer Himmel fassen kann. Wir sehen uns staunend einem so großen Gott gegenüber, dem wir dennoch wichtig sind, der uns nahe kommt, in der Gestalt eines Menschen, im Stall geboren, am Kreuz gestorben.

Kommt, lasst uns anbeten! „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“

So nahe kommt uns Gott in Jesus Christus, so eng rückt er uns auf die Pelle, so hautnah geht uns sein Evangelium an, dass es uns dabei auch schon mal angst und bange werden kann. Denn wenn Jesus unseren Schaden heilen will, dann lenkt er auch unseren Blick auf das, was in uns kaputt ist, was bei uns nicht in Ordnung ist. Und wenn Jesus uns aus der Sünde herausreißt, traut er uns ja zu, vieles besser zu machen. Das kann auch eine Zumutung sein: zu erkennen, wo wir bequem und unaufmerksam sind und wo die Verantwortung für unsere Taten und Untaten beginnt. Wir rufen zu dir, Gott:

Herr, erbarme dich! „Herr, erbarme dich, Christe, erbarme dich, Herr, erbarm dich über uns!“

Mit Psalm 130 beten wir:

4 Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte.

5 Ich harre des HERRN, meine Seele harret, und ich hoffe auf sein Wort.

6 Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen; mehr als die Wächter auf den Morgen

7 hoffe Israel auf den HERRN! Denn bei dem HERRN ist die Gnade und viel Erlösung bei ihm.

8 Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.

Lasst uns Gott lobsingen! „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen. Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schade. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat; nun ist groß Fried ohn Unterlass, all Fehd hat nun ein Ende“.

Der Herr sei mit euch „und mit deinem Geist.“

Gott, unser Begleiter und Lehrer, lass uns dein Wort hören und verstehen und Lehren daraus ziehen für unser Leben. Darum bitten wir dich im Namen Jesu Christi, unseres Herrn. „Amen.“

Wir hören den Predigttext aus dem Brief des Paulus an die Römer 12, 4-16:

4 Wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben,

5 so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied,

6 und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß.

7 Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er.

8 Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn. Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er’s gern.

9 Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an.

10 Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.

11 Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn.

12 Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

13 Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft.

14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht.

15 Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.

16 Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen. Haltet euch nicht selbst für klug.

Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren. Halleluja. „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Glaubensbekenntnis

Wir singen aus dem Lied 3 die Strophen 1-2 und 5-6. Es steht im Gesangbuch unter den Adventsliedern, handelt aber auch davon, wie Jesus Licht und Erleuchtung in die Welt bringt. Singen wir es als Bitte um Durchblick, Lichtblicke und neue Einsichten:

1. Gott, heilger Schöpfer aller Stern, erleucht uns, die wir sind so fern, dass wir erkennen Jesus Christ, der für uns Mensch geworden ist.

2. Denn es ging dir zu Herzen sehr, da wir gefangen waren schwer und sollten gar des Todes sein; drum nahm er auf sich Schuld und Pein.

5. Wir bitten dich, o heilger Christ, der du zukünftig Richter bist, lehr uns zuvor dein‘ Willen tun und an dem Glauben nehmen zu.

6. Lob, Preis sei, Vater, deiner Kraft und deinem Sohn, der all Ding schafft, dem heilgen Tröster auch zugleich so hier wie dort im Himmelreich. Amen.

Gott gebe uns ein Herz für sein Wort und Worte für unser Herz. Amen.

Liebe Gemeinde, an Gott glauben und Gottes Willen tun, das gehört untrennbar zusammen. Wer wirklich auf Gott vertraut, dem wird von Gott auch viel zugetraut. Und wer Gutes tun will, braucht viel Durchhaltevermögen, viel Vertrauen in die dafür notwendige Kraft, er braucht, obwohl es mancher vielleicht nicht so nennen würde, ein tiefes Gottvertrauen.

Der Apostel Paulus schreibt in seinem Römerbrief in den ersten elf Kapiteln viel vom Gottvertrauen. Im zwölften kommt er dann zum Fazit: Das Gottvertrauen hat Folgen. Glaube wirkt sich aus in Taten. In welcher Weise das geschieht, haben wir im Predigttext vorhin schon einmal im Ganzen gehört. Jetzt sehen wir uns Stück für Stück an, wie Paulus uns die Sache mit den guten Taten erklärt:

4 Wie wir an einem Leib viele Glieder haben…,

5 so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied.

Mit den Konfirmanden haben wir gerade beim Thema Taufe einen ähnlichen Text von Paulus besprochen. Das Bild vom Leib, von den verschiedenen Körperteilen, die trotz ihrer verschiedenen Aufgaben alle zusammengehören, hat es ihm besonders angetan. Er wendet es auf die christliche Gemeinde an und will damit unseren Blick auf die anderen lenken, die mit uns zur Kirche gehen, ja sogar auf die, die wir selten oder nie hier sehen,die aber trotzdem zu uns gehören. Eine Kirchengemeinde, die ernsthaft Christus nachfolgen will, ist kein Verein von Einzelgängern, sondern eine Solidargemeinschaft, in der man füreinander eintritt und in der jeder seinen Platz und seine Aufgabe finden kann. „Untereinander ist einer des andern Glied“, sagt Paulus; das heißt ja: Wir gehören so eng zusammen, als ob wir zusammengewachsen wären. Das geht fast ein bisschen zu weit, wenn wir uns das illustriert vorstellen. Aber Paulus will uns aufrütteln, vielleicht sogar ein bisschen ärgern, indem er dermaßen übertreibt. Ihm ist es wichtig, dass wir nicht denken: Was gehen mich die andern in der Gemeinde an? Sondern zum Beispiel wenn wir hier zusammenkommen, dann ist jeder einzelne in unserer Gemeinschaft wichtig; jeder soll zu seinem Recht kommen, soll die Zeit im Gottesdienst nicht als verlorene Zeit ansehen, sondern für sich etwas Wertvolles mit nach Hause nehmen. Damit meine ich natürlich nicht das Inventar der Kirche; die Gesangbücher und Einrichtungsgegenstände sollen schon hier bleiben. Ich meine, dass derjenige, der hier eine Stunde der Ruhe und Besinnung sucht, der innere Kraft auftanken will oder etwas Neues aus der Bibel hören will, darin auch nicht gestört werden sollte. Das ist ein Appell an Konfis, von denen es einigen schwerfällt, so lange stillzusitzen, ohne rumzuhampeln. Aber wenn ihr klar kriegt: Hier ist nicht Schulhof, hier ist nicht Party, hier sind Menschen, die singen gern und beten zu Gott und hören gern mit Konzentration die Predigt, dann könntet ihr euch überlegen: Warum höre ich nicht auch einfach mal zu? Vielleicht sagt der Pfarrer da vorne ja zwischendurch etwas Interessantes für das eigene Leben.

Umgekehrt fällt es manchmal auch Erwachsenen schwer, jeden hier im Gottesdienst willkommen zu heißen. Ich nehme noch einmal die Konfis als Beispiel; ich habe schon Gottesdienstbesucher gehört, die gesagt haben: Ich gehe nicht so gern in die Kirche, wenn Konfirmanden da sind, die nerven mich nur! Aber wenn wir den Paulus ernst nehmen, dann sagt er uns: Auch die Konfis gehören zur Gemeinde dazu. Die Mädels und Jungs brauchen die Erfahrung, dass sie hier in der Kirche gern gesehen sind. Dann kriegen sie vielleicht etwas von dem mit, wie und warum Christen auf Gott hören und zu ihm beten. Beim Abendmahl spüre ich in letzter Zeit ganz besonders, wie eng wir als Gemeinde zusammengehören, obwohl wir so verschieden sind und uns manchmal auch auf die Nerven gehen.

Hören wir weiter auf Paulus. Auch für ihn ist der Gedanke wichtig, dass in der Gemeinde nicht alle gleich sind, obwohl alle gleichwertig zusammengehören:

Wie [in] einem Leib … nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben,

6 … haben [wir] verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist.

Das heißt: Wir alle haben Gaben, Talente, Fähigkeiten. Aber nicht jeder die gleichen. Der eine kann dies, die andere kann das, und niemand ist dadurch besser als ein anderer, denn jede Gabe kommt aus der Gnade Gottes. Alles, was wir können, ist uns von Gott geschenkt. Im Bild von dem Leib steckt also auch eine doppelte Ermahnung: Einerseits: Gebt nicht übertrieben mit dem an, was ihr könnt! Auf der anderen Seite: Tut nicht so, als ob ihr überhaupt nichts könnt!

Dann wird Paulus konkret. Er zählt jede Menge Ermahnungen auf, ich habe in unserem Predigttext insgesamt 21 gezählt, die ich in 3 Päckchen oder Staffeln zu je 7 zusammenfasse. Zuerst nennt er 7 Begabungen, die in der Gemeinde wichtig sind, zusammen mit Anleitungen, wie man diese Gaben in sinnvolle Taten umsetzt. Nr. 1:

Ist jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß.

Prophetisch reden, das geht so: jemand hört genau auf Gottes Wort und redet den Menschen ins Gewissen. Dem Paulus ist dabei wichtig, dass so ein Prophet wirklich erst einmal auf Gott hört, bevor er behauptet, im Namen Gottes zu reden; dazu gehört ein großes Vertrauen auf Gott und die Zuversicht, dass Gottes Heiliger Geist einem die richtigen Worte einfallen lässt. Nr. 2:

7 Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er.

Die Gabe der Amtsausübung ist wichtig für Politiker, Beamte und sonstige Menschen, denen Macht verliehen wurde. Macht darf nicht Selbstzweck sein; man hat sie nicht, um andere zu beherrschen und selber groß dazustehen, sondern um anderen zu dienen. Das sollte selbstverständlich sein, aber wir wissen, das ist es leider nicht immer und überall. Nr. 3:

Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er.

Die Gabe der Lehre ist hoffentlich allen ausgebildeten Lehrern gegeben, die nach Kräften gefordert sind, ihren Schülern etwas beizubringen, auch wenn viele von ihnen das nicht zu würdigen wissen. Aber auch andere können lehren. Eltern sind die ersten Lehrer ihrer Kinder, und jeder, der etwas kapiert hat, kann es seinem Mitmenschen erklären. Nr. 4:

8 Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er.

Das Wort Ermahnung greift eigentlich zu kurz. Paulus meint mehr: die Gabe des Tröstens und der Ermutigung. Menschen, die sich einfühlsam auf andere einstellen und zu ihnen „einen Draht aufbauen“, werden auch dann gehört, wenn ein kritisches Wort fällig ist. Nr. 5:

Gibt jemand, so gebe er mit lauterem Sinn.

Eine Gabe ist auch die Bereitschaft zum Geben, zur Hilfe mit materiellen Gütern. Das Wort „lauter“ meint ein Geben mit reinen, sauberen Absichten, ohne Hintergedanken. Wer gibt, um Vorteile zu erzielen oder nur um sein Gewissen zu beruhigen, dessen Hilfe kommt nicht wirklich hilfreich an. Nr. 6:

Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig.

Im Blick auf die Leitung der Gemeinde ermahnt Paulus alle Führungskräfte, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Ein Vorgesetzter muss auch Vorbild sein, damit man ihn als Autorität anerkennt. Und schließlich die 7. Gabe:

Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er’s gern.

Auch die Barmherzigkeit ist für Paulus eine Begabung. Sie besteht darin, die besondere Not eines anderen Menschen zu sehen und sich darum zu kümmern. Für Paulus ist wichtig, dass man das gern tut; wenn man es nur widerwillig macht, weil man es tun muss, liegt wenig Segen darauf. Das spürt der, dem man hilft. Ein ehrliches Nein ist manchmal besser, als wenn man jemandem etwas gibt, nur um ihn loszuwerden. Aber wie schafft man es, Menschen gern zu helfen? Vielleicht indem man sich erinnert, dass man selber auch schon Barmherzigkeit erfahren hat und jederzeit wieder Hilfe brauchen könnte.

Nach der Aufzählung dieser 7 besonderen Begabungen dreht sich in einer 2. Staffel von 7 Ermahnungen alles um die große Begabung, die allen Christen geschenkt ist: die Gabe der Liebe. Wieder fangen wir an mit Nr. 1:

9 Die Liebe sei ohne Falsch.

Mit Liebe meint Paulus hier eine praktische Solidarität, ein ehrliches Eintreten füreinander. Er fände es schlimm, wenn man sich beim Abendmahl die Hände reicht zum Zeichen der Gemeinschaft, aber hintenherum schlecht übereinander redet. Nr. 2:

Hasst das Böse, hängt dem Guten an.

Liebe ist mit einer klaren Haltung gegenüber Gut und Böse verbunden. Am Guten sollen wir „kleben“, so steht es wörtlich im Griechischen; es soll uns zur zweiten Natur werden, Gutes zu tun. Das Böse dagegen ist zu verabscheuen. Aber aufgepasst! Paulus sagt nicht: Ihr sollt die Bösen hassen. Er unterscheidet zwischen der Person und ihren Taten. Wer Böses tut, kann dieses Böse auch lernen zu hassen und zu lassen. Das sollen wir uns selber und auch anderen zutrauen. Nr. 3:

10 Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich.

Dass hier in der Lutherbibel von der brüderlichen Liebe die Rede ist, ist schlicht ein Übersetzungsfehler, denn „philadelphia“ bezieht die Schwestern selbstverständlich mit ein. Um eine Liebe wie unter Geschwistern geht es dem Paulus. Jeder, der Brüder oder Schwestern hat, weiß: eine solche Geschwisterbeziehung ist nicht ohne Konflikte denkbar, aber sie ist letzten Endes davon geprägt, dass man sich im Ernstfall aufeinander verlassen kann und dass man den andern so akzeptieren muss, wie er eben ist. Nr. 4:

Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.

Hier kommt das Wort Liebe nicht vor, aber dem Sinn nach ist mit Ehrerbietung das gleiche gemeint, und zwar vor allem in Beziehungen zu Menschen, die uns nicht so nahe stehen; wir würden heute eher von Achtung und Respekt reden. Jeder darf erwarten, dass man ihn mit Respekt behandelt. Aber wie verschafft man sich Achtung und Respekt? Paulus sagt: der beste Weg ist, beides nicht für sich selbst zu fordern, sondern zuerst dem anderen Ehre zu entbieten. Respektiere ich den anderen, dann fordere ich ihn dazu heraus, mich ebenfalls respektvoll zu behandeln. Nr. 5:

11 Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt.

Hier warnt Paulus davor, zwar notgedrungen zu tun, was einem aufgetragen ist, aber nicht mit dem Herzen dabei zu sein. „Dienst nach Vorschrift“ ist ja eine Methode des Protests gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen. Wer beim Einsatz für die Gemeinde nur noch mit Unlust dabei ist, sollte überprüfen, warum die Liebe zu diesem Einsatz dermaßen abgekühlt ist. In der nächsten Ermahnung, Nr. 6, gibt Paulus eine Antwort, wie man Trägheit überwinden kann:

Seid brennend im Geist.

Wir kennen den Ausdruck „Feuer und Flamme sein“. Aber es ist schwer, die Begeisterung für eine Aufgabe über lange Zeit durchzuhalten. Darum brauchen wir den Heiligen Geist Gottes, der in uns immer wieder neu ein Feuer entfacht, um genug Energie für die Dinge zu haben, die uns am Herzen liegen.

Der 7. Punkt fasst zusammen, was man in der Gemeinde und für die Gemeinde tun kann:

Dient dem Herrn.

Wörtlich steht da: leistet Sklavenarbeit für den Herrn. Das klingt krass. Paulus meint das paradox: Wir sind frei, wenn wir uns Jesus unterwerfen, denn er überlastet uns nicht, er trägt uns Aufgaben auf, durch die wir nicht entwürdigt werden, er befreit uns von bösen Mächten, von inneren Zwängen, von Abhängigkeiten aller Art.

Zum Schluss folgt ein weiteres Siebenerpäckchen mit Ermahnungen. Die 3. Staffel dreht sich um das Zusammenleben mit anderen Menschen innerhalb und außerhalb der Gemeinde. Nr. 1:

12 Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.

Paulus macht uns Mut, das Leben weder zu schwer noch zu leicht zu nehmen. In traurigen Zeiten dürfen wir Kraft von Gott erbitten, um durchhalten zu können. Da Gott unsere Hoffnung nicht enttäuscht, haben wir Grund zur Freude sogar mitten im Leid. Das alles hängt nicht von unseren Kräften ab, darum ermahnt Paulus zur Beharrlichkeit im inneren Gespräch mit Gott: von ihm dürfen wir erwarten, dass er auf uns hört. Weiter Nr. 2:

13 Nehmt euch der Nöte der Heiligen an.

Vom Geben und von der Barmherzigkeit war schon die Rede. Hier wird Paulus noch konkreter; um das zu verstehen, muss ich diesen Satz aber etwas wörtlicher übersetzen: „Nehmt Anteil an den Bedürfnissen derer, die zu Gott gehören“. Heilige, das sind alle in der Gemeinde, alle, die auf Gott vertrauen. Diese Heiligen, also wir alle, sind nicht bedürfnislos, immer wieder brauchen wir Unterstützung, Anerkennung, Herausforderung, Ermutigung, Beistand. Und diese Bedürfnisse sind nicht nur Privatsache jedes einzelnen, sie gehen alle in der Gemeinschaft an, wie Paulus schon in der Einleitung gesagt hatte: Wer Anteil nimmt an dem, was dem anderen fehlt, trägt dazu bei, dass keiner Mangel leiden muss. An 3. Stelle gibt Paulus dafür ein Beispiel:

Übt Gastfreundschaft.

Dieser Punkt war damals besonders wichtig, weil Paulus und andere Christen auf ihren Reisen ein Dach über dem Kopf brauchten. Gastfreundschaft üben wir heute in unseren Kirchen und Gemeindehäusern, wenn wir auch Menschen willkommen heißen, die nicht zu unserer Gemeinde oder Konfession gehören. Gastfreundschaft ist auch als Haltung in einer multikulturellen Gesellschaft wichtig, zu der unser Land geworden ist. Wörtlich steht da im Griechischen: Ihr sollt nachjagen der „philoxenia“, also der Liebe zum Fremden; es ist dem Paulus also durchaus bewusst, dass es schwer ist, Vorurteile gegenüber Menschen zu überwinden, die einem nicht vertraut sind, vor denen man vielleicht sogar Angst hat.

Noch schwerer ist die 4. Ermahnung des 3. Siebenerpäckchens zu befolgen:

14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht.

Hier geht es um Menschen, die einem nicht nur fremd und unvertraut sind, sondern die uns tatsächlich feindselig gegenüberstehen. Ihnen sollen wir nicht den Tod an den Hals wünschen, sondern für sie Gottes Segen erbitten. Das war schon ein Gebot von Jesus gewesen, Paulus hält daran fest, so schwer das auch fällt.

Die 5. Ermahnung der 3. Staffel ist ein Spruch des Paulus, den vielleicht viele von Ihnen kennen:

15 Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.

Hier ruft Paulus dazu auf, im Hier und Jetzt zu leben, die Freude miteinander zu genießen und in der Trauer einander beizustehen.

Es folgt an 6. Stelle die etwas ausführlichere vorletzte Ermahnung:

16 Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen.

Das sind zwar zwei Sätze, beide gehören aber eng zusammen. Im ersten Satz sagt Paulus: Euer Sinn soll auf das Gleiche gerichtet sein. Im zweiten Satz: Und dieses Gleiche ist nicht beliebig. Es gibt nämlich Unterschiede in eurer Gemeinde, und damit sollt ihr anders umgehen, als man das anderswo tut. Woanders streben einige nach den sogenannten höheren Dingen, und wer dabei nicht mitkommt, hat eben Pech gehabt. In der christlichen Gemeinde soll niemand auf der Strecke bleiben, nur weil er vielleicht weniger gebildet ist als andere oder nicht so viel Geld hat. Vor allem Menschen mit Belastungen und Problemen dürfen wissen, dass sie in der Gemeinde willkommen sind und Ansprechpartner finden können.

Kommen wir zum 7. und letzten Punkt der 3. Staffel von Ermahnungen:

Haltet euch nicht selbst für klug.

Das klingt wie ein Aufruf zur Bescheidenheit und Zurückhaltung. Aber genauer übersetzt, sagt uns Paulus: „Seid nicht klug bei euch selbst“, dreht euch mit eurer Klugheit nicht nur um euren eigenen Kram! Wirklich klug werden wir nur dann, wenn wir auch einfühlsam sind für die Probleme anderer.

So können wir die 21. Ermahnung des Paulus mit seinem Anfangsbild vom Leib der Gemeinde verknüpfen. Wir gehören zusammen, als wären wir zusammengewachsen, und davon spüren wir etwas, wenn wir einander aufmerksam zuhören und uns einfühlen in die Welt, wie sie die anderen erleben.

Dieses Mitfühlen und gemeinsame Klugwerden führt wie von selbst dazu, dass wir einander auch hilfreich zur Seite stehen. So dienen wir Jesus, unserem Herrn; so bringen wir sein Licht der Liebe in unserer Gemeinde zum Leuchten. Amen.

Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben. Amen.
Lied 72:

1. O Jesu Christe, wahres Licht, erleuchte, die dich kennen nicht, und bringe sie zu deiner Herd, dass ihre Seel auch selig werd.

2. Erfülle mit dem Gnadenschein, die in Irrtum verführet sein, auch die, so heimlich ficht noch an in ihrem Sinn ein falscher Wahn;

3. und was sich sonst verlaufen hat von dir, das suche du mit Gnad und ihr verwund’t Gewissen heil, lass sie am Himmel haben teil.

4. Den Tauben öffne das Gehör, die Stummen richtig reden lehr, die nicht bekennen wollen frei, was ihres Herzens Glaube sei.

5. Erleuchte, die da sind verblend’t, bring her, die sich von uns getrennt, versammle, die zerstreuet gehn, mach feste, die im Zweifel stehn.

6. So werden sie mit uns zugleich auf Erden und im Himmelreich hier zeitlich und dort ewiglich für solche Gnade preisen dich.

Lasst uns beten!

Jede Fürbitte beschließe ich mit den Worten „Du, Gott des Lebens“, und Sie antworten bitte mit dem Ruf: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Gott im Himmel, du lässt uns leben im Licht der Liebe deines Sohnes. Wir bitten dich: Erleuchte uns durch deinen Geist, dass wir erkennen und auch tun, was dein Wille ist. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Bei der Erdbeben-Katastrophe in Haiti hat es viele tausend Tote gegeben. Wir beten für die Toten und alle, die um sie trauern; wir beten für die Verletzten und für die, die alles verloren haben und deren Leben zerbrochen ist. Wir beten für alle, die jetzt spontan und planvoll Hilfe organisieren. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Wir beten für alle Familien. Wir beten besonders für die, deren Leben miteinander schwierig oder bedroht ist; für Kinder, die misshandelt und missbraucht werden; für Männer und Frauen, die als Eltern und als Partner scheitern. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Wir beten für alle Menschen, die auf der Flucht sind vor Hunger, Ungerechtigkeit und Krieg; wir beten für alle, die keine Heimat mehr haben, und für die, die sie aufnehmen. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

Wir beten für alle Männer und Frauen, die sich im Geist Gottes um die Einheit der Christen bemühen und die das Miteinander und die Zusammenarbeit der verschiedenen Konfessionen voranbringen. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich erhöre uns!“

Wir beten für alle Menschen in Israel und Palästina, die unter der politischen Lage, unter Diskriminierung und Terror zu leiden haben; wir beten besonders auch für die Christen, die dort leben. Du Gott des Lebens: „Wir bitten dich, erhöre uns!“

In der Stille bringen wir vor Gott, was wir außerdem auf dem Herzen haben:

Gebetsstille und Vater unser
Lied 66, 8-9:

8. Jesus ist kommen, die Ursach zum Leben. Hochgelobt sei der erbarmende Gott, der uns den Ursprung des Segens gegeben; dieser verschlinget Fluch, Jammer und Tod. Selig, die ihm sich beständig ergeben! Jesus ist kommen, die Ursach zum Leben.

9. Jesus ist kommen, sagt’s aller Welt Enden. Eilet, ach eilet zum Gnadenpanier! Schwöret die Treue mit Herzen und Händen. Sprechet: wir leben und sterben mit dir. Amen, o Jesu, du wollst uns vollenden. Jesus ist kommen, sagt’s aller Welt Enden.

Abkündigungen

Empfangt Gottes Segen:

Der Herr segne euch und er behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf euch und gebe euch seinen Frieden. „Amen, Amen, Amen!“

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