Bild: Helmut Schütz

Biblisch-koranisch erzählen mit Handpuppen

Statue des Johann von Nepomuk auf der Alten Lahnbrücke in Limburg - im Hintergrund der Limburger Dom
Statue des „Brückenheiligen“ Johann von Nepomuk auf der Alten Lahnbrücke in Limburg

Der Leiter des Amtes für katholische Religionspädagogik im Bistum Limburg hatte mich eingeladen, beim heutigen Fortbildungstag zur Theorie und Praxis des Religionsunterrichts („konfessionell, gemischt, kooperativ, interreligiös, interkulturell?“ über meine interreligiösen Erfahrungen im evangelischen Kindergarten einer Gießener Stadtrandgemeinde zu berichten.

Vier Erzieherinnen und eine Grundschullehrerin beteiligten sich an meinem Workshop und waren begeistert von den Möglichkeiten, mit Hilfe von Handpuppen Geschichten aus der Bibel und aus dem Koran zu erzählen. Dabei können sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede beider Traditionen deutlich werden, aber immer bleiben die Handpuppen gute Freunde, auch wenn sie ganz verschieden über Gott oder bestimmte Personen und Dinge aus ihren heiligen Schriften denken.

Gerne gingen die Teilnehmerinnen auf den Vorschlag ein, meine Gestaltungsvorschläge für Stuhlkreise im Kindergarten auf der Bibelwelt als Anregung für eigene Puppenspiele im Kindergarten oder in der Grundschule in Anspruch zu nehmen.

Ich empfahl Ihnen außerdem, in meiner Arbeit „Geschichten teilen“ den englischen Religionspädagogen John M. Hull und die deutsche Befürworterin einer Religionsbildung für Kinder in allen pädagogischen Einrichtungen, Christa Dommel, kennenzulernen, die sich an den fünf Wirkfaktoren „Sprache und Kommunikation“, „Geschichten aus der Geschichte“, „Liebe“, „Erfahrung“ und „Macht“ orientiert.

Wer daran interessiert ist, kann sich auch an mich wenden (kontakt@bibelwelt.de), um eine Datei zu erhalten, die dabei hilft, im Koran Texte zu finden, die mit biblischen Texten zusammenstimmen.

Den Auftakt des Workshops bildete – wie konnte es anders sein – ein Puppenspiel, in dem die Puppen selbst erläuterten, worum es bei dieser Art des Handpuppenspiels geht:

Fünf Frauen am Tisch mit den Handpuppen Fischli, Zappi, Nappi, Gabi und Lutz in der Hand - außerdem sitzt Jamal auf dem Tisch.
Die Teilnehmerinnen am Workshop „Biblisch-koranisch erzählen“ beim Puppenspiel mit den Handpuppen

Lutz: Hey, Gabi, hier sind ja gar keine Kinder!

Gabi: Aber Lutz, du weißt doch, der Pfarrer Schütz ist doch heute gar nicht im Kindergarten.

Lutz: Ach, stimmt ja. Wir sollen den Großen erzählen, was wir im Kindergarten gemacht haben.

Gabi: Genau. Hallo Leute! Ich bin die Gaby. Ich sehe aus wie ein Gespenst, aber ich bin eine Engelpuppe. Aber eigentlich bin ich so ähnlich wie ein Mädchen im Kindergarten oder in der Schule.

Lutz: Und ich bin Lutz. Ich sehe aus wie ein Teufelchen. Aber eigentlich bin ich wie ein Junge. Und Gabi sagt immer, dass ich frech bin.

Gabi: Stimmt gar nicht immer. Manchmal bist du ja auch lieb.

Lutz: Aber heute streiten wir uns nicht, OK? Wir müssen doch noch allen unsere Freunde vorstellen.

Gabi: Ja. Am besten rufen wir sie jetzt mal alle her!

Beide: (rufen:) Zaaaappi! Fiiiiischliiiii! Jamaaaaal!

Fischli: Guten Morgen! Ich bin ein Pinguin, aber ich heiße Fischli. Ich erzähle gerne Geschichten aus der Bibel. Am liebsten von Jesus oder von Paulus aus dem Neuen Testament.

Zappi: Frieden wünsche ich euch, Schalom! Ich bin eine Schildkröte, schon ganz alt, und ich heiße Zappi. Ich erzähle am liebsten Geschichten von vor gaanz, gaanz langer Zeit. Von Adam und Eva. Von Abraham und Josef und Mose und Samuel und David.

Jamal: Salaam auch von mir, ich bin Jamaal. Das ist ein schöner arabischer Name, und der Name heißt auch „Schönheit“.

Lutz: Ach, und ich dachte, das heißt „Kamel“.

Jamal: Das dachte der Pfarrer Schütz auch, deswegen hat er mich ja so genannt. Aber „Kamel“ heißt auf Arabisch „Jamal“ mit kurzem „a“ hinten. Aber warum sollte ein Kamel einfach „Kamel“ heißen. Ich heiße gerne Jamaal!

Gabi: Jetzt erzähl doch noch kurz, woher du kommst und was du den Kindern so alles erzählst.

Jamal: Ich komme aus Arabien, und ich erzähle Geschichten aus dem Koran.

Lutz: Ob die hier alle wissen, was der Koran ist?

Gabi: Lutz, sei nicht so frech. Die wissen das bestimmt.

Jamal: Wahrscheinlich hast du es selber vergessen, lieber Lutz. Der Koran ist in Arabien von dem Propheten Muhammad aufgeschrieben worden. Er hat gesagt: Die Worte in dem Koran kommen von Gott.

Zappi: Und die Juden und die Christen sagen: Die Bibel kommt von Gott. Sie ist unser heiliges Buch.

Fischli: Die Juden haben aber nicht den Teil, wo Jesus drin vorkommt. Den haben nur die Christen.

Jamal: Und der Koran ist das heilige Buch der Muslime.

Gabi: Der Jamaal kommt also mit in den Kindergarten, weil da auch muslimische Kinder sind und nicht nur christliche.

Lutz: Und er hat schon viel erzählt, was im Koran von Jesus und Abraham, Mose und Josef und all den anderen Propheten steht. Das ist nämlich manchmal etwas anders als in der Bibel. Oft aber auch gleich.

Nappi: Hey, mich habt ihr ganz vergessen!

Lutz: Ach, Nappi, musst du schon wieder meckern?

Nappi: Ach, Lutz, musst du schon wieder streiten?

Gabi: O je, Nappi hat Recht, er darf uns doch auch begrüßen.

Nappi: Hallo, ich bin Nappi. Eigentlich heiße ich Sch-nappi, aber als ich noch klein war, konnte ich das „Sch“ nicht sprechen. Erzählt ihr jetzt wieder eine Geschichte?

Zappi: Aber was für eine Geschichte sollen wir denn erzählen?

Nappi: Vielleicht die, wo wir das Lied gesungen haben: „Alles muss klein beginnen“.

Gabi: Ja, das war ein schönes Lied!

Lutz: Aber warum muss alles immer klein beginnen?

Fischli: Na ja, weil alles, was groß wird, erst einmal klein ist und wachsen muss.

Lutz: Und warum bist du dann so klein geblieben?

Fischli: Ich bin halt ein kleiner Pinguin, und das ist gut so.

Jamal: Und ich bin für ein Kamel auch ganz schön klein.

Zappi: Trotzdem seid ihr groß genug und super Freunde!

Gabi: Dann erzählt doch noch mal die Geschichten von etwas, was klein anfängt und dann ganz groß wird.

Jamal: Im Koran steht: „Gott schämt sich nicht, von einer kleinen Mücke zu erzählen, um etwas Wichtiges zu erklären.“ (Sure 2, 26)

Nappi: Was erzählt er denn von der Mücke?

Jamal: Von der Mücke erzählt er dann doch nicht. Aber von einer Fliege. „Hört gut zu! Es gibt Leute, die sagen: ‚Wir sind stärker als Gott!‘ Aber sie können nicht einmal eine kleine Fliege erschaffen, sogar wenn sie es alle zusammen versuchen. Eine kleine Fliege kann ihnen sogar etwas wegnehmen, und sie kriegen es nicht wieder zurück, so schwach sind sie in Wirklichkeit!“ (Sure 22, 73)

Lutz: Wie kann eine Fliege einem etwas wegnehmen?

Gabi: Mir hat eine Fliege schon oft Marmelade weggenommen.

Nappi: Und wenn eine Fliege in meine Milch fällt, dann mag ich sie gar nicht mehr trinken.

Zappi: Da muss ich an einen Spruch aus der Bibel denken: „Tote Fliegen verderben gute Salben.“

Lutz: Für die Fliege ist das aber auch nicht schön, wenn sie in die Milch oder in die Salbe fällt und dann tot ist.

Zappi: Das stimmt. Der Spruch meint aber auch: Wer denkt, eine kleine Dummheit ist nicht so schlimm, der macht vielleicht auch große Dummheiten. (Prediger 10, 1)

Fischli: Jesus hat auch mal von etwas ganz Kleinem erzählt: „Der Himmel ist wie ein kleines Senfkorn.“

Nappi: Das geht doch gar nicht. Senfkörner kenne ich. Die sind im Glas, wo Gurken drin sind. Die sind soooo klein. Und oben der Himmel, der ist soooo groß.

Gabi: Aber Jesus meint das doch anders, als „Gleichnis“.

Fischli: Das hast du dir gut gemerkt, Gabi. Der Himmel von Gott, der ist zwar groß, so groß wie Gott selbst. Aber er ist auch unsichtbar, so unsichtbar wie Gott selbst.

Lutz: Und darum meinen viele Leute: Gott und seinen Himmel gibt es gar nicht.

Fischli: Stimmt. Aber Jesus weiß es besser. Der Himmel ist da, wo man sich lieb hat. Gott hat ja alle Menschen lieb. Und wenn wir uns lieb haben, fängt schon hier der Himmel an.

Nappi: Das ist schön. Aber ich verstehe immer noch nicht, was das mit einem Senfkorn zu tun hat.

Fischli: Jesus sagt: „Das Senfkorn ist das kleinste von allen Samenkörnern. Aber wenn man es in die Erde pflanzt, dann wächst es und wird größer als andere Pflanzen. Es wird ein richtiger Baum, und die Vögel unter dem Himmel wohnen in seinen Zweigen.“ (Matthäus 13, 31-32)

Lutz: Der Himmel ist also wie Liebe, die erst klein ist und dann ganz groß wird, wie ein schöner, schattiger Baum, mit viel Platz für Vogelnester?

Gabi: Das hast du schön gesagt, lieber Lutz.

Jamal: Im Koran gibt es auch ein Gleichnis mit einem Samenkorn, aber nicht mit Senf, sondern mit Getreide. „Wer Sachen für arme Menschen spendet und nichts zurück haben will, der ist wie ein Samenkorn, aus dem sieben Ähren wachsen, mit hundert Körnern in jeder Ähre.“

Nappi: Aber aus einem Menschen wachsen doch keine Getreidehalme heraus mit vielen Körnern drin!

Jamal: Nein, Nappi, aber Menschen können Gutes tun, andern eine Freude machen. „Gott belohnt Menschen, die Gutes tun. Sie müssen keine Angst haben und nicht für immer traurig sein.“ (Sure 2, 261 und 262) So steht es im Koran.

Lutz: Zappi, weißt du auch noch eine Geschichte?

Zappi: Ich weiß eine schöne Geschichte vom Volk Israel. Leute fragen: Warum hilft Gott dem Volk Israel besonders gern? Ist Israel besser oder größer als andere Völker? „Nein“, sagt Mose, der Prophet: „Israel ist nicht das größte, sondern das kleinste von allen Völkern. Aber es gehört zu Gott, weil Gott es lieb hat.“ (Deuteronomium 7, 6-8)

Fischli: So fängt die Liebe von Gott mit dem kleinen Volk Israel an. Und mit Jesus geht diese Liebe weiter. Der will die Liebe von Gott zu allen Menschen bringen, vor allem zu den Kindern. Die liebt Jesus so sehr, dass er sagt: „Ihnen gehört der Himmel!“ (Matthäusevangelium 19, 14)

Jamal: Im Koran steht auch: „Gott liebt alle, die ihn lieben. Er vergibt alles und ist barmherzig.“ (Sure 3, 31) Unsere Religionen sind verschieden, doch eins glauben wir alle: Gott hat besonders die Kinder lieb!

Gabi: Das hast du schön gesagt zum Schluss.

Alle: Und jetzt sagen wir euch alle: „Tschüss!“

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