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Lohnt sich eigentlich unser Glaube?

Spielen wir uns auf, als seien wir die Herren über andere Menschen oder sogar über Gott, und vergessen, dass wir Gottes Kinder sind, dann erinnert Jesus an das, was Sache ist zwischen Gott und uns. Wir sind nur etwas, weil er uns geschaffen hat. Wir können geben, weil er uns gegeben hat.

Jesus lehrt seine Jünger, die um ihn herumstehen oder sitzen, in unterschiedlichen Haltungen, betend, abwehrend, die Hände ausstreckend
Jesus lehrt seine Jünger unter anderem in Gleichnissen (Bild: gmaccio0Pixabay)

#predigtGottesdienst am Sonntag Septuagesimä, den 15. Februar 1987 um 9.30 Uhr in Beienheim, um 10.30 Uhr in Heuchelheim und um 13.00 Uhr in Dorn Assenheim, und am 8. März in Weckesheim
Lied EKG 214, 1+4 (EG 250):

1. Ich lobe dich von ganzer Seelen, dass du auf diesem Erdenkreis dir wollen eine Kirch erwählen zu deines Namens Lob und Preis, darinnen sich viel Menschen finden in einer heiligen Gemein, die da von allen ihren Sünden durch Christi Blut gewaschen sein.

4. Wir wolln uns nicht auf Werke gründen, weil doch kein Mensch vor Gott gerecht; und will sich etwas Gutes finden, so sind wir dennoch böse Knecht. Mit Glauben müssen wir empfangen, was Christi Leiden uns bereit’; im Glauben müssen wir erlangen der Seelen Heil und Seligkeit.

Lesung: Matthäus 20, 1-16a

1 Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg einzustellen.

2 Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg.

3 Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere müßig auf dem Markt stehen

4 und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist.

5 Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dasselbe.

6 Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da?

7 Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand eingestellt. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg.

8 Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten.

9 Da kamen, die um die elfte Stunde eingestellt waren, und jeder empfing seinen Silbergroschen.

10 Als aber die ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und auch sie empfingen ein jeder seinen Silbergroschen.

11 Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn

12 und sprachen: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichgestellt, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben.

13 Er antwortete aber und sagte zu einem von ihnen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen?

14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem letzten dasselbe geben wie dir.

15 Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du scheel drein, weil ich so gütig bin?

16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

EKG 312, 3-5 (im EG nur Strophe 3):

3. Auf Gott steht mein Vertrauen, sein Antlitz will ich schauen wahrhaft durch Jesus Christ, der für mich ist gestorben, des Vaters Huld erworben und so mein Mittler worden ist.

4. Die Sünd mag mir nicht schaden, erlöst bin ich aus Gnaden umsonst durch Christi Blut. Kein Werk kommt mir zu Frommen; so will ich zu ihm kommen allein durch christlich Glauben gut.

5. Ich bin ein unnütz Knechte, mein Tun ist viel zu schlechte, denn dass ich ihm bezahl damit das ewig Leben; umsonst will er mirs geben und nicht nach meim Verdienst und Wahl.

Predigttext: Lukas 17, 7-10

7 Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch?

8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken?

9 Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war?

10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Liebe Gemeinde!

Warum geht ein Arbeiter jeden Tag seiner Arbeit nach? Will er vom Chef jeden Tag ein Lob bekommen, einen Händedruck, ein besonderes Dankeschön? Nein, in der Regel reicht es ihm, wenn das Geld in der Lohntüte stimmt.

Warum tragen viele Konfirmanden Zettel aus, für Supermärkte, für die Verleger von Anzeigenblättern? Wohl nicht, weil sie anschließend vom Filialleiter oder vom Anzeigenchef besonders geehrt werden, sondern weil sie sich etwas eigenes Geld verdienen wollen.

Wenn ein Kellner im Lokal, in dem ein Gast sich gerade sein Essen bestellt hat, plötzlich sagen würde: Sehen Sie mal, ich habe schon den ganzen Tag gearbeitet, jetzt möchte ich bei Ihnen mit essen; und er würde sich zu dem Gast setzen und erwarten, dass der Gast ihn bedient; dann würde dieser eigentümliche Kellner sicher hinausgeworfen, denn so etwas sieht sein Arbeitsvertrag nicht vor. Der Kellner hat anders geregelte Essenszeiten.

Ein ähnliches Beispiel erzählt Jesus. Ein Gleichnis aus dem Arbeitsleben, wie wir es heute kaum noch kennen, aber wie es damals selbstverständlich war. Herr und Knecht, ihre Rollen waren klar verteilt, der eine hatte zu bestimmen und durfte sich bedienen lassen, der andere hatte seine Pflicht zu erfüllen und wurde dafür mit dem nötigsten Lebensunterhalt versorgt. Das war damals der Arbeitsvertrag – nach unseren Maßstäben nicht sehr gerecht, aber es war eben so. Kein Knecht wäre auf die Idee gekommen, vom Herrn mehr zu erwarten, ebensowenig wie der Kellner, der Arbeiter, die Zettelausträger in den modernen Beispielen.

Und dann sagt Jesus: So auch ihr! Wen spricht er an?

Spricht er zu armen Leuten, dass sie sich ihren reichen Herren nicht widersetzen sollen? Das ist hier gar nicht sein Thema.

Oder redet er zu Leuten, die Schwierigkeiten haben mit dem Glauben, dass sie es sich ja nicht zu leicht machen sollen? Auch darum geht es Jesus nicht. Er will keinen Untertanengeist, keinen knechtischen Geist hervorrufen oder verstärken.

Vielmehr spricht er gerade zu solchen Leuten, die sich wie die Herren vorkommen. Die sich aufspielen, als wären sie frömmer, gerechter, besser als andere Leute. Sie mokieren sich über Jesus, weil er eine Ehebrecherin begnadigt, weil er sich bei einem betrügerischen Zöllner zum Essen einlädt, und weil er lieber mit dem Abschaum der Menschheit zusammen ist als mit den Pharisäer und Schriftgelehrten, die es immer ernst gemeint haben mit dem Glauben und mit Recht und Ordnung.

Diesen Leuten sagt Jesus: Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen ist, dann sprecht: Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren!

„Unnütze Knechte!“ Das ihnen! Das ist stark! Wie oft haben damals die Herren über ihre Sklaven dieses abwertende Wort gebraucht : „Unnütze Knechte!“ Und nun gebraucht Jesus dieses Wort, um den selbsternannten Herren einen Spiegel vorzuhalten: Herren seid ihr? Wohl gar noch Herren über Gott? Nein! Gott gegenüber seid ihr Knechte; von Gott trennt euch ein größerer Abstand als der Abstand zwischen einem Sklaven und seinem Herrn.

Nun sind wir es gewohnt, uns von den Pharisäern und Schriftgelehrten zu distanzieren. So wie die wollen wir nicht sein. Aber ist nicht auch in uns etwas von der Art dieser selbstherrlich Glaubenden? Fragen wir uns nicht auch manchmal: Lohnt sich eigentlich unser Glaube? Was springt für mich dabei heraus? Hat man denn nicht wenigstens ein bisschen Dank und Anerkennung verdient, wenn man sich für Gott und für seinen Nächsten einsetzt?

Jesus meint offensichtlich, dass einer, der wirklich zum Glauben gekommen ist, so nicht mehr fragen muss. Einer, der sich von Gott geliebt weiß, hat das nicht mehr nötig.

Wir verdanken Gott ja alles, was wir sind und haben – unser Leben, die uns anvertraute Umwelt, unsere Fähigkeiten und Talente, unsere Mitmenschen, auf die wir angewiesen sind. Wir haben alles, was wir für ein erfülltes Leben brauchen, was wollen wir denn noch mehr? Wollen wir besser sein als andere? Wollen wir uns etwas verdienen, was wir längst umsonst bekommen können, nämlich Gottes Liebe?

Das ist das Tragische an der Geschichte so vieler Menschen, vielleicht auch an unserer eigenen Geschichte: dass wir immer wieder meinen; wir müssten uns anstrengen, um von Gott endlich einmal ein bisschen Anerkennung und Liebe zu bekommen. Und wir vergessen und übersehen die allereinfachste und schönste Tatsache des Glaubens: dass Gott uns längst liebt, ohne unser Zutun, dass er uns nachgeht, uns trägt, uns begleitet, so wie liebende Eltern es mit ihren Kindern tun.

Warum ist uns das nicht genug? Warum meinen wir, wir müssten von Gott noch mehr bekommen? Vielleicht weil uns auch in einem Leben mit Gott viele unangenehme Dinge geschehen können. Schmerzen und Anstrengungen bleiben uns nicht erspart. Wir werden von Gott sogar ziemlich hart rangenommen, wenn es darum geht, dass wir die Menschen so lieben sollen, wie er uns geliebt hat, sogar unsere Feinde. Ein Leben mit Gott ist kein bequemes Leben. Es ist erfüllt – erfüllt mit Liebe, Frieden, Vertrauen, Hoffnung, Zuversicht. Aber es ist nicht ohne Leid, Trauer, Schmerz, Arbeit und Mühe.

Es ist nicht ganz einfach für uns, das zu begreifen, dass das größte Geschenk Gottes an uns seine Liebe ist. Er nimmt uns wichtig, unser Name ist in seinem Buch des Lebens aufgeschrieben, darauf kommt es an, so lange wir leben und auch dann noch, wenn wir sterben. Wenn das für uns klar ist, können wir getrost leben und allem ins Auge sehen, was uns begegnet. Dankbar können wir sein für alles, was uns Freude macht. Und auch Schmerzliches können wir bewältigen, weil wir von der Liebe Gottes nicht fallengelassen werden.

Und wenn wir selber Gutes tun, dann geben wir immer nur ein kleines Stückchen der Liebe zurück, die wir von Gott empfangen haben. Nie kommen wir damit an ein Ende. Nie geben wir Gott mehr zurück, als er uns vorher gegeben hat, und das gilt sogar für den größten Heiligen, den wir kennen. Nicht einmal Jesus wollte, dass man ihn einen guten Menschen nennt. Auch seine Güte, seine Liebe war nur möglich, weil sie die Güte seines himmlischen Vaters widerspiegelte.

Wer das kapiert hat, der fragt nicht mehr: Lohnt sich der Glaube überhaupt? Für den ist „Glauben“ dasselbe wie „Dankbar sein“. Und dann ist Glauben auch das Gleiche wie „Aktiv werden“, etwas tun mit dem, was einem Gott gegeben hat. Leute, die auf diese Art glauben, die halten nicht anderen Leuten ihren Unglauben vor, sondern die tun einfach das, was ihnen selbstverständlich erscheint und was sie möglich machen können. Sie bezeugen anderen ihren Glauben, sie helfen in kirchlichen Gruppen mit, sie tragen Kirchenblättchen aus wie ein Zettelausträger, aber ohne dafür Geld zu bekommen. Natürlich gibt es in der Kirche auch geregelte Dienste, die bezahlt werden, das hat seinen guten Sinn, aber der Sinn der Kirche und des Glaubens würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn alles was man für die Kirche tut, nur um einer besonderen Anerkennung willen getan würde. Unsere Gemeinde ist nur dann lebendig, wenn sie aus dankbaren Gliedern am Leib Christi besteht wenn wir uns der Liebe bewusst werden, die Gott uns täglich schenkt, und von dieser Liebe weitergeben.

Also nochmal: Mit seinem Gleichnis vom Herrn und von den unnützen Knechten will Jesus uns nicht sagen, dass wir vor Gott immer im Staub kriechen und uns untertänig verhalten müssten. An anderen Stellen der Bibel wird ja ausdrücklich gesagt, dass wir nicht mehr Knechte Gottes, sondern seine geliebten Kinder sein sollen. Aber wenn wir uns aufspielen, als seien wir die Herren über andere Menschen oder sogar über Gott, und wenn wir vergessen, dass wir Gottes Kinder sind, dann erinnert uns Jesus an das, was wirklich Sache ist zwischen Gott und uns. Wir können nur etwas sein, weil er uns geschaffen hat. Wir können nur geben, weil er uns gegeben hat. Wir können nur lieben, weil er uns liebt.

Ein so hervorragender Mann unserer Kirche wie Martin Luther hat das noch am Ende seines Lebens in einem berühmt gewordenen Satz ausgedrückt: „Wir sind Bettler, das ist wahr.“ Aber das war kein resignierter, trauriger Satz. Es war der Ausdruck eines zuversichtlichen, kindlichen Glaubens an den Gott, auf den er im Leben und im Sterben vertrauen konnte. Mehr brauchte er auch kurz vor dem Tod nicht zu wissen, als dieses: die Erfüllung, den letzten Sinn seines Lebens würde Gott ihm schenken. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Lied EKG 244, 1-3 (EG 343):

1. Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ, ich bitt, erhör mein Klagen; verleih mir Gnad zu dieser Frist, lass mich doch nicht verzagen. Den rechten Glauben, Herr, ich mein, den wollest du mir geben, dir zu leben, meim Nächsten nütz zu sein, dein Wort zu halten eben.

2. Ich bitt noch mehr, o Herre Gott – du kannst es mir wohl geben –, dass ich nicht wieder werd zu Spott; die Hoffnung gib daneben; voraus, wenn ich muss hier davon, dass ich dir mög vertrauen und nicht bauen auf all mein eigen Tun, sonst wird’s mich ewig reuen.

3. Verleih, dass ich aus Herzensgrund den Feinden mög vergeben; verzeih mir auch zu dieser Stund, schaff mir ein neues Leben; dein Wort mein Speis lass allweg sein, damit mein Seel zu nähren, mich zu wehren, wenn Unglück schlägt herein, das mich bald möcht verkehren.

Fürbitten, Vaterunser, Abkündigungen und Segen
EKG 244, 4 (EG 343):

4. Lass mich kein Lust noch Furcht von dir in dieser Welt abwenden; beständig sein ans End gib mir, du hast’s allein in Händen; und wem du’s gibst, der hat’s umsonst, es mag niemand erwerben noch ererben durch Werke deine Gunst, die uns errett’ vom Sterben.

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